Der Maßregelvollzug, also die Umsetzung der den Freiheitsentzug ermöglichenden Maßregeln der Besserung und Sicherung, befindet sich seit einiger Zeit in einem grundlegenden Strukturwandel. Seit Einführung des Gesetzes gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24.11.1933 wurde der Maßregelvollzug stets als Aufgabe der Landeskrankenhäuser angesehen. Seit Einführung des Grundgesetzes ist es den Ländern im Rahmen ihrer konkurrie-renden Gesetzgebung gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG vorbehalten, den Maßregelvollzug durchzuführen. Dies führt zu deutlichen Unterschieden in der Ausgestaltung des Maßregelvollzugs der einzelnen Länder. Fast unmerklich und ohne Erregung großen Interesses der Presse wurde An-fang des 21. Jahrhunderts der Maßregelvollzug sowohl in Mecklenburg-Vorpommern, in Thüringen als auch in Sachsen-Anhalt privatisiert. Während die Privatisierung des Strafvollzugs stets öffentliche Debatten nach sich zog, wurde die Öffentlichkeit auf die Zustände im Maßregelrecht erst nach den Beschlüssen des AG Flensburg und zweitinstanzlich des LG Flensburg im Jahr 2005 aufmerksam. Es ist erstaunlich, dass sich die Privatisierung des hoheitlichen Maßregelvollzugs in nahezu jedem Bundesland durchgesetzt hat, obwohl die Übertragung hoheitlicher Aufgaben im Bereich des Strafrechts auf Private fast einstimmig abgelehnt wird. Mag es auch auf den ersten Blick selbstverständlich erscheinen eine Privatisierung von „Kernaufgaben“ des Staates abzulehnen, so bedarf es dennoch einer umfassenden Prüfung. Hinzu tritt, dass die materiellen Voraussetzungen der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Privatisierung bisher in keiner Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts maßgeblich und abschließend geklärt worden sind. Lediglich die neueren Entscheidungen des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs und des OLG Frankfurts haben sich bisher intensiver mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben der Privatisierung im Maßregelvollzug beschäftigt. Das OLG Frankfurt befasst sich darin mit den bereits vollzogenen Privatisierungsvorgängen in Hessen und befindet diese für rechtmäßig. Inwieweit eine Privatisierung im Maßregelvollzug sowohl im Allgemeinen als auch speziell im Fall Hessen verfassungsrechtlich zulässig ist, soll in der vorliegenden Arbeit untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Privatisierung und Maßregelvollzug.
- I. Maßregelvollzug
- II. Privatisierung
- 1. Formen der Privatisierung.
- a) Die Vermögensprivatisierung
- b) Die formelle Privatisierung
- c) Die materielle Privatisierung
- d) Die funktionale Privatisierung
- aa) Der Verwaltungshelfer
- bb) Der Beliehene
- III. Beteiligungen Privater im Maßregelvollzug
- 1. Gründe der Privatisierung
- 2. Mögliche Privatisierungsformen im Maßregelvollzug – Überblick
- 3. Konkrete Realisierung der Maßregelvollzugsprivatisierung im Bundesgebiet
- IV. Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung im Maßregelvollzug.
- 1. Notwendige Staatsaufgaben und das Gewaltmonopol des Staates.
- 2. Art. 33 Abs. 4 GG.
- a) Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 4 GG
- b) Der Umfang des Funktionsvorbehalts
- c) Ausnahmen vom Funktionsvorbehalt
- 3. Das Demokratieprinzip Art. 20 Abs. 2 GG
- C. Privatisierungsansätze in Hessen.
- I. Die Gestaltung des Maßregelvollzugs in Hessen.
- 1. Gesetzliche Grundlage
- 2. Akzeptanz der Privatisierung
- II. Verfassungsrechtliche Bewertung des Maßregelvollzugs in Hessen.
- D. Fazit
- Formen der Privatisierung im Maßregelvollzug
- Rechtliche Rahmenbedingungen der Privatisierung
- Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung
- Privatisierung im Maßregelvollzug in Hessen
- Akzeptanz und Bewertung der Privatisierung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Privatisierung im Maßregelvollzug unter besonderer Berücksichtigung des Bundeslandes Hessen. Sie untersucht die verschiedenen Formen der Privatisierung, analysiert die rechtlichen Rahmenbedingungen und die verfassungsrechtlichen Grenzen sowie die konkrete Anwendung in Hessen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Privatisierung im Maßregelvollzug ein und stellt die Relevanz der Thematik dar. Kapitel B behandelt die Privatisierung und den Maßregelvollzug im Allgemeinen. Es werden die verschiedenen Formen der Privatisierung erläutert, die Gründe für die Privatisierung im Maßregelvollzug aufgezeigt und die möglichen Formen der Privatisierung im Maßregelvollzug dargestellt. Kapitel C widmet sich den Privatisierungsansätzen in Hessen, analysiert die Gestaltung des Maßregelvollzugs in Hessen und betrachtet die verfassungsrechtliche Bewertung. Das Fazit fasst die zentralen Ergebnisse der Arbeit zusammen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Privatisierung, Maßregelvollzug, Verfassungsrecht, Funktionsvorbehalt, Hessen, Staatsaufgaben, Rechtssicherheit, Akzeptanz, und Bewertung.
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- Svenja Gelshorn (Autor), 2010, Privatisierung im Maßregelvollzug, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/160112