Die konzeptionellen Elemente von Empowerment im Kontext von Sozialpädagogik / Soziale Arbeit


Hausarbeit, 2010

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffsklärungen für den Kontext dieser Arbeit
2.1 Der Methodenbegriff im engeren Sinne
2.2 Definition eines Konzeptes nach Geißler; Hege

3 Die Inhalte von Empowerment
3.1 Der Vorwurf: Die Defizitperspektive
3.2 Die Antwort: Die Philosophie der Menschenstärke
3.2.1 Empowerment als Grundhaltung bzw. Leitidee
3.2.2 Empowerment als Prozess

4 Die Ziele von Empowerment

5 Die Umsetzung von Empowerment
5.1 Der methodische Charakter der Realisierungsstrategien
5.2 Methoden bei Herriger
5.3 Empowerment-Training: Praxisbeispiel einer Methode

6 Zusammenfassung & Diskussion

7 Literatur

1 Einleitung

„Empowerment kann nicht als eine Methode oder als professionelles Handwerkszeug angesehen werden [...].“ (Stark 1996, S. 159; Auslassung: M.T.) Diese absolute Aussage aus einem zum Thema Empowerment viel zitierten Buch, zum Beispiel in Galuskes „Methoden der Sozialen Arbeit“ (2009, S. 267) und Herrigers „Empowerment in der Sozialen Arbeit“ (2006, S. 251), liefert vom Autor einen klaren Standpunkt darüber ab, in welchem Kontext der Empowermentbegriff offenbar nicht anzuwenden sei. Jedoch wurde ich bei meinen Recherchen zum Thema Empowerment sehr früh damit konfrontiert, dass sich ein Kapitel zu Empowerment im oben aufgeführten Handbuch „Methoden der Sozialen Arbeit“ finden lässt. Ein klarer Widerspruch, der mich dazu veranlasste, mich näher mit der Problematik auseinander zu setzen. Immerhin wird der zunehmend etablierte Begriff „Empowerment“ mittlerweile in vielen Bereichen des Sozial- und Gesundheitswesen, inklusive der Ausbildungsberufe, mit einem gewissen Selbstverständnis verwendet. Und es ist zu vermuten, dass die Verbreitung weiter zunehmen wird. Eine Vorstellung von den Möglichkeiten zur Betrachtung dieses Fachterminus ist daher wichtig.

Vordergründiges Ziel dieser Arbeit ist dabei die Bearbeitung der These, dass Empowerment auch methodische Aspekte besitzt, wodurch es den Charakter eines vollständigen Konzept im Sinne von Geißler und Hege bekommen würde. So fordert Galuske zum Beispiel. „Notwendig wäre folglich, den Empowerment- Ansatz methodisch weiterzudenken, d.h. vorhandene Ansätze zu strukturierten Hilfen zur Gestaltung sozialpädagogischer Praxis zu entwickeln.“ (2009, S. 267)

Eine Annäherung an die verschiedenen Betrachtungswinkel von Empowerment, also als Grundhaltung oder als Prozess, sowie dessen Ziele werden in den Kapiteln 3 und 4 beschrieben. Das Kapitel 2 beschäftigt sich dafür mit der Klärung der notwendigen Begriffe. Das Kapitel 5 analysiert empowerment- bezogene Methoden und ein aktuelles Modellprojekt, welches einen detaillierten Ablauf eines „Empowerment-Trainings“ inklusive seiner Verfahren/Techniken schildert, und dabei die methodische Anwendbarkeit und Relevanz von Empowerment aufzeigt.

2 Begriffsklärungen für den Kontext dieser Arbeit

2.1 Der Methodenbegriff im engeren Sinne

Definitionen, die den Begriff Methode im engeren Sinne betrachten, beziehen sich ausschließlich auf die Art und Weise der Vermittlung von Inhalten zwischen einzelnen Personen, bewegen sich also auf der Mikroebene. So definiert Schilling Methoden als das „planmäßige Vorgehen zur Erreichung eines Zieles; der erfolgreiche Weg zum Ziel; eine spezifische Art und Weise zu handeln. [...] Methoden sind Formen des Herangehens an Aufgaben zur Lösung von Zielen und/oder Problemen. Methoden sind erprobte, überlegte und übertragbare Vorgehensweisen zur Erledigung bestimmter Aufgaben und Zielvorgaben.“ (Schilling 2008, S. 104f.; Auslassung: M.T.)

Unter Methoden im engeren Sinne ist also eine klare Trennung von der Methode zu den Inhalten und Zielen einer Handlung zu verstehen. Gerade die Formulierung „übertragbare Vorgehensweisen“ macht dies deutlich. Auf pädagogische Prozesse übertragen, bedeutet dies eine Trennung von den bewusst gewählten pädagogischen Verfahrensweisen zur Vermittlung von Lernzielen, also den Methoden, und den Fragen des Inhaltes. So wurde es zum Beispiel von Galuske mit Bezug auf Klafki beschrieben (vgl. Galuske 2009, S. 25).

Im Fall des Empowerments sind, wie diese Arbeit noch zeigen wird, die Fragen der Inhalte und Ziele klar mit den Fragen des „wie gelange ich dort hin?“ verknüpft. Und da unsere These die Frage aufwirft, ob Empowerment vielleicht eigene methodische Aspekte besitzt, die sich aus dem Empowermentgedanken heraus oder aus anderen Bereichen stammend entwickelt haben könnten, benötigen wir noch ein erweitertes, subtileres Verständnis vom Begriff Methode.

2.2 Definition eines Konzeptes nach Geißler; Hege

Solche weiter gefassten Definitionen sehen den Methodenbegriff in Abhängigkeit zu den Inhalten und Zielen. Methoden werden dabei zusammen mit Konzept und Verfahren/Technik in einen Rahmen integriert. Dieses Modell bezieht sich auf die Autoren Geißler und Hege und wird anhand seiner drei Elemente im folgenden näher erläutert (vgl. Geißler; Hege 2007, S. 20-27)

Das Konzept bildet demnach das Dach des Gesamten. Ziele, Inhalte, Methoden und Verfahren werden hier in einen sinnvollen Zusammenhang gebracht. Methoden sind dem Konzept untergeordnet. Unter ihnen versteht man demzufolge die personen- und gegenstandsadäquate Planung eines Vorgehens. Das heißt, sie müssen den jeweiligen Bedürfnissen des Subjektes und der Gesamtheit des Problems angepasst sein. Sind also im Gegensatz zu Schilling nicht beliebig von einer Situation auf die Andere und von einem Konzept auf das Andere übertragbar. Handlungsgrundsätze eines Konzeptes werden demnach nicht primär durch intuitives Handeln bestimmt, z.B. auf Grundlage einer „Grundhaltung Empowerment“, sondern durch bewusst planvolles, situations- und zieladäquates Handeln (vgl. Galuske 2009, S. 27). Den Methoden sind die Verfahren/Techniken untergeordnet. Sie sind die Einzelelemente von Methoden und unterscheiden sich zu denen durch ihre Komplexität. Einzelne Methoden besitzen demnach ein Portfolio an Verfahren/Techniken.

3. Die Inhalte von Empowerment

3.1 Der Vorwurf: Die Defizitperspektive

Der Vorwurf, der von Seiten der Vertreter des Empowerments an die Adresse der professionellen Helfern gerichtet ist, setzt vor allem am Selbstverständnis des Blickwinkels gegenüber ihren Klienten an. So würden die Klienten als Defizit- und problembehaftete Wesen gesehen, die der Fürsorge der Öffentlichkeit bedürfen.

Entstanden ist dieses „Vorstellungsbild eines defizitären und tief beschädigten Lebens“ (Herriger 2006, S. 67) nach Auffassung der Autoren durch die strukturierte Anwendung von praktischen und theoretischen beruflichen Alltagswissen. Zu finden ist es auf den Ebenen der medizinischen und der sozialtheoretischen Deutungsmuster in Form von Modellen der Körper-Seele- Pathologie und des fehlgeschlagenen Lebensmanagements (ebd., S. 68f.).

Dabei übersetzen die professionellen Helfer und Helferinnen „biographisch eingefärbtes privates Problemmaterial (ebd., S. 66) der Klienten in bearbeitbare Standartprobleme. Erst dann kann dieser oder diese Handlungsfähigkeit gegenüber dem konkreten Fall erlangen (vgl. ebd.). So könnten für jeden nachvollziehbare Falltypiken entstehen, die retrospektiv eine Geneseerkennung und prospektiv eine Prognose erlauben. Folgt man der Argumentation von Herriger, so „formulier[t] [dies] ,zwischen den Zeilenʻ ein Menschenbild, dass die Adressaten sozialer Dienstleistungen allein im Lichte tiefgreifender Hilflosigkeit und Unfähigkeit wahrnimmt.“ (ebd., S.67; Anpassung, Einfügung: M.T.)

Es ergeben sich weitere Konsequenzen. Will der Klient die Beziehung und die Aussicht auf Unterstützung nicht scheitern lassen, ergibt sich für ihn oder für sie ein Zwang. Er hat Compliance zu zeigen, also den vorgegebenen Regeln des Experten zu folgen. Durch die Abhängigkeit gegenüber den fremdbestimmenden Fürsorgesystemen von Experten verlieren die Betroffenen weiterhin ihre Ressourcen zur Lebensbewältigung. So meint Stark zum Beispiel: „Professionelle Hilfen im psychosozialen Bereich können zwar zu individuellen und kollektiven Problemlösungen beitragen, haben aber oft gleichzeitig passivierende Auswirkungen und verfestigen und erweitern so tendenziell die Hilfsbedürftigkeit vieler KlientInnen.“ (Stark 1996, S. 25) Herriger sieht diesen Prozess der erlernten Hilflosigkeit sogar als eine Art Circulus vitiosus: „Am Ende des von der Defizit-Perspektive geleiteten Hilfekontraktes steht so ein unendlicher Regreß [sic!] in die Hilflosigkeit.“ (Herriger 2006, S. 71f.; Einfügung: M.T.)

3.2 Die Antwort: Die Philosophie der Menschenstärke

3.2.1 Empowerment als Grundhaltung bzw. Leitidee

Einen Ausweg aus diesem Dilemma sehen die Autoren des Empowerments vor allem durch einen Perspektivwechsel. Nicht mehr die Defizite und Abhängigkeiten eines Subjektes bestimmen seine Betrachtung, sondern seine Fähigkeiten und verborgenen Stärken, die es ihm erlauben, Phasen der Hilflosigkeit durch die Entwicklung von Selbstbestimmung und Autonomie zu überwinden. Herriger bezeichnet dieses „Vertrauen in die Stärken der Menschen, in produktiver Weise die Belastungen und Zumutungen der alltäglichen Lebenswirklichkeit zu verarbeiten“, als den „Kern und Kristallisationspunkt aller Empowerment-Gedanken.“ (Herriger 2006, S. 72) Stark fordert bei einer Anwendung von Empowerment als Grundhaltung die „Reformulierung der klassischen Ziele und Konzepte psychosozialer Versorgung“, weg von „den Defiziten von Personen oder Umständen“, dazu hingehend „die Stärken der Menschen zu entdecken und zu entwickeln“ (Stark 1996, S. 116).

Herriger geht detaillierter auf die ethischen Grundlagen einer „Haltung Empowerment“ ein und formuliert sechs Bausteine, die dabei zu beachten sind:

1. Das Vertrauen in die Fähigkeit eines jeden Einzelnen zu Selbstgestaltung und gelingendem Lebensmanagement
2. Die Akzeptanz von Eingen-Sinn und der Respekt auch vor unkonventionellen Lebensentwürfen der Klienten psychosozialer Arbeit
3. Das Respektieren der „eigenen Wege“ und der „eigenen Zeit“ des Klienten und der Verzicht auf strukturierte Hilfepläne und eng gefasste Zeithorizonte
4. Der Verzicht auf entmündigende Expertenurteile über die Definition von Lebensproblemen, Problemlösungen und wünschenswerten Lebenszukünften
5. Die Orientierung an der Lebenszukunft des Klienten
6. Die Orientierung an einer „Rechte-Perspektive“ und ein parteiliches Eintreten für Selbstbestimmung und soziale Gerechtigkeit (vgl. Herriger S. 74-80)

3.2.2 Empowerment als Prozess

Der Empowermentprozess ist ein Entwicklungsprozess. Aus Abhängigkeit, Ausgrenzung, nicht vorhandener Kontrolle, wahrgenommer Fremdbestimmung, Stigmatisierung, Diskriminierung, Machtlosigkeit oder dem Gefühl von Verlust heraus, entwickelt sich eine Selbstaneignung von Ressourcen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die konzeptionellen Elemente von Empowerment im Kontext von Sozialpädagogik / Soziale Arbeit
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für berufliche Fachrichtung)
Veranstaltung
Einführung in die Sozialpädagogik und Berufsfeldanalyse
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
18
Katalognummer
V161884
ISBN (eBook)
9783640755264
ISBN (Buch)
9783640755318
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Auf eine nähere Auseinandersetzung mit generellen Kritikpunkten am Empowerment-Gedanken muss diese Arbeit aus Umfangsgründen leider verzichten. Hierzu seien die im Literaturverzeichnis aufgeführten Werke von Herriger (2006) und Galuske (2009) empfohlen.
Schlagworte
Empowerment, Stärkeperspektive, Defizitperspektive, Selbstbemächtigung, Sozialpädagogik, Soziale Arbeit, Methoden, Aspekte, Elemente, Konzept, Selbstbestimmung
Arbeit zitieren
Martin Telschow (Autor:in), 2010, Die konzeptionellen Elemente von Empowerment im Kontext von Sozialpädagogik / Soziale Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/161884

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