Notwendige Voraussetzungen zur Ermittlung des Humankapitalwertes und Ansatzpunkte zur Steigerung des Humanpotentials bei der METRO C&C GmbH


Diploma Thesis, 2001

110 Pages, Grade: 1,4


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitende Betrachtung
1.1 Problemstellung
1.2 Vorgehensweise

2. Darstellung des Mehrwertes im Unternehmen
2.1 Mehrwertbetrachtung im Controlling
2.1.1 MVA als Maßstab für Wertsteigerung
2.1.2 Entstehung und Grundanliegen des EVA
2.1.3 Berechnung des EVA
2.1.4 Zusammenhang zwischen MVA und EVA
2.1.5 Umsetzung von EVA im Tagesgeschäft
2.1.6 Kritik am EVA-System
2.2 Mehrwertbetrachtung im Human Resource Management
2.2.1 Der „Faktor Mensch“ schafft Mehrwert
2.2.2 Wertschöpfung durch den produktiven Einsatz vom Umgang mit Wissen
2.2.3 Darstellung des Humankapitals als „intangible asset“
2.2.4 Ausgewählte Ansätze zur Erfolgsmessung von Wissen
2.2.4.1 Marktwert-Buchwert-Relation
2.2.4.2 Intangible Assets Monitor
2.2.4.3 Balanced Score Card
2.2.5 Probleme bei der Bewertung von immateriellen Vermögen
2.2.6 Kritische Betrachtung der Ansätze zur Wissensbewertung

3. Ansatzpunkte des Personalmanagements zur Steigerung von Humankapital
3.1 Rekruitment als Steuerungsinstrument zum Ausbau von Humankapital
3.1.1 Analyse des Arbeitsmarktes als notwendige Voraussetzung zur Sicherung und zum Aufbau von Humankapital
3.1.2 Entwicklungstendenzen des Arbeitsmarktes führen zum „war for talents“
3.2 Qualifikation und Kompetenz als wertschaffende Komponenten des Humankapitals
3.2.1 Qualifikation als Komponente zur Erschließung von Spezialwissen
3.2.2 Handlungskompetenz als erfolgsentscheidende Variabel im „operativen business“
3.3 Bedeutung der Personalentwicklung als Teil der Organisationsentwicklung
3.3.1 Struktureller Wandel der Personalentwicklung
3.3.2 Die Personalentwicklung im Kontext strategischen Managements
3.3.3 Grundsätze, Programme und Instrumente der Personalentwicklung
3.4 Mitarbeiterbindung durch modernes Personalmanagement
3.4.1 Mögliche Komponenten zur Sicherung und Kompetenzsteigerung von „High Potentials“
3.4.2 “Improving Performance” als Systemresultante
3.5 Entwicklung einer Leitbildkultur als Voraussetzung zur Entwicklung des Humankapitals in einem international expandierenden Unternehmen

4. Systematischer Aufbau von Humankapital entlang der Wertschöpfungskette bei METRO C&C
4.1 Identifizierung und Transfer von basisrelevantem Wissen
4.2 Identifizierung und Transfer von Best-Practise-Ansätzen im „operativen business“
4.3 Identifizierung von Experten im Unternehmen
4.4 Wissens- und Lernplattform „House of Knowledge“

5. Fazit

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitende Betrachtung

1.1 Problemstellung

Im Zeitalter von Globalisierung, Internationalisierung und Liberalisierung ist es von entscheidender Bedeutung, sich von seinen Mitbewerbern und Konkurrenten auf dem Weltmarkt abzuheben und zu profilieren. Dies gelingt meist nur durch eine individuelle Strategie des Unternehmens, um dem Konkurrenzdruck der Mitbewerber standzuhalten. Als Maß der Abgrenzung zu anderen Unternehmen ist der Beweis von Einzigartigkeit und Wertigkeit gegenüber den Shareholdern notwendig, um deren Vertrauen und Loyalität zu gewinnen. Denn sie sind die Investoren in Unternehmen. Vor allem die Wertschöpfung eines Unternehmens liegt im Fokus von Aktionären. Sie beziehen Informationen über die Wertsteigerung des Unternehmens durch finanzielle Kennzahlen wie den ROI oder die Gesamtkapitalrendite und legen Wert auf den Shareholder Value. Traditionell steuern viele Konzerne ihr Geschäft mit kapitalorientierten Kennzahlen. Doch reichen diese kapitalorientierte Kennzahlen aus, um den gesamten Unternehmenswert und die Leistungsfähigkeit des Unternehmens vollständig und objektiv zu repräsentieren?

Bisher schien es so, als würde der Kapitalmarkt ein den Wert des Menschen verachtendes System sein , “ein System, in dem Beschäftigte nur Kosten sind, die den Gewinn der Aktionäre reduzieren.”[1] Doch das Paradigma gerät ins Wanken. Speziell in der New Economy schwindet die Kraft zur Kapitalbildung bei dienstleistungsintensiven Betrieben mit hochpreisigem Personalbestand dramatisch. Aus klassischen Management-Konzepten, wie bspw. der Preisführerschaft und aggressivem Marketing lassen sich nicht mehr ohne weiteres Marktanteile und daraus entstehend Kapitalzuwachs generieren. Zur Zeit haben Finanzexperten einen neuen Erfolgsfaktor in ihren ökonomischen Modellen entdeckt: den Menschen! Es scheint, als ob produktive Mitarbeiter, deren Erträge höher sind als deren Kosten, als der wichtigste wertschaffende Faktor angesehen werden. Der Mensch wird zum bedeutsamen Werttreiber der Aktienkurse und steht somit plötzlich auf der Gewinnerseite des Aktionärskapitalismus. Das spiegeln Ergebnisse einer Umfrage wider, nach der Unternehmen bereits dreiviertel des generierten Mehrwertes auf spezifisches Wissen zurückführen.[2] Doch dieser Mehrwert durch spezifisches Wissen, der ein wichtiger Key Performance Indikator des Humankapitals ist, taucht durch die ausschließlich finanzielle Betrachtung des Faktors Kapital in den Bilanzen oder Analysereports erst gar nicht auf. Der Wert des Humankapitals kann in den „intangible assets“, den schwer zu ermittelnden Unternehmenswerten enthalten sein, deren Betrachtung bisher noch keine große Bedeutung zukam. Dies liegt sicherlich darin begründet, dass für deren Evaluation keinen einheitlichen Maßstab existiert. Eine Bewertung der Qualifizierung, die sich in fachlicher Qualifikation, fachlichen wie allgemein methodischem Wissen, sowie sozialer wie fachlicher Kompetenzen ausdrückt, ist durch eine ausschließliche quantitative Analyse traditioneller Zahlenwerke sicherlich nicht herleitbar. Dies lässt auf die Schwachstellen der finanziellen Performance Measurement Konzepte schließen.

Doch speziell in unserer Wissensgesellschaft, in der der Mensch als Wissensträger und Produzent von Innovationen fungiert, ist es entscheidender denn je das Wissenskapital des Unternehmens zu ermitteln und die Humankapital-Rendite aus geeigneten Indikatoren abzuleiten. Der Mensch liefert mit seinen individuellen Fähigkeiten den entscheidenden Beitrag zum Unternehmenswert. Firmen richten in ihrem Bemühen um kapitalgenerierende Innovationen ihr Augenmerk noch zu oft ausschließlich auf die Optimierung ihrer Systeme. Eine prozessorientierte Unternehmensführung analysiert den „work flow“[3] auf kapitalvernichtende und kapitalgenerierende Teilprozesse und bezieht im günstigsten Fall den Mitarbeiter als Träger von Prozessen als den Faktor der Prozessorientierung ein, über den sich Ergebnisveränderungen am stärksten beeinflussen lassen. Aus diesem Blickwinkel kann die Strategie des Shareholder Value nur erfolgreich sein, wenn sie mit einer Unternehmenspolitik verbunden ist, die den Mitarbeiter als wesentlichen Faktor des Unternehmenskapitals betrachtet. Dazu zählt die Einbindung der Mitarbeiter in das Unternehmen, indem ihnen mehr Verantwortung übergeben wird, sie qualifiziert und vorhandene Potentiale aktiviert und ausgebaut werden.[4]

Dem Human Ressource Management kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Bei steigender Bedeutung des Faktors Mensch im Unternehmen müssen die Ressourcen des Menschen effektiv eingesetzt und gefördert werden, um den größtmöglichen Nutzen daraus zu ziehen. “Das Management von Loyalität, Identität und Wissen ist der Schlüssel zu wertschaffender und zukunftsgerichteter Personalarbeit.”[5] Dies macht eine aktive Gestaltung von Arbeits- und Organisationsstrukturen sowie die Entwicklung und Einbindung von Mitarbeitern in unternehmerische Entscheidungen und Prozesse nötig.

1.2 Vorgehensweise

Im Vorfeld der Arbeit soll darauf hingewiesen werden, dass kein konkretes Projekt zum Thema „Humankapital“ bei METRO Cash & Carry bekannt ist und vorliegt. Die Diplomarbeit stellt vielmehr eine Diskussion über den theoretischen Grundsatz der notwendigen Voraussetzung der Humankapital-Ermittlung sowie der Steigerungsmöglichkeiten des Humanpotentials bei METRO C&C dar. Dafür wird das Großhandelsunternehmen kurz vorgestellt.

METRO Cash & Carry bietet unter dem Namen METRO und MAKRO in 19 Ländern gewerblichen Kunden und institutionellen Großverbrauchern ein breites und tiefes Food-Sortiment mit besonderer Kompetenz im Frischebereich sowie ein breites Non-Food-Sortiment zur betrieblichen Generalversorgung. Mit seiner Sortimentskompetenz offeriert METRO C&C seit dem Jahr 1964 professionellen Kunden bedarfsgerecht „Alles unter einem Dach“ und ist somit für gewerbliche Käufer die flexible Versorgungsquelle auf höchstem Leistungsniveau.

Nach Erläuterung der Problemstellung und der Vorgehensweise der Diplomarbeit im ersten Kapitel, stellt die Arbeit im zweiten Kapitel den Mehrwert im Unternehmen auf zwei Sichtweisen dar. Die Sichtweise des Mehrwertes im Controlling offeriert dem Leser anhand von Kennzahlen wie EVA und MVA die Methode der Wertschöpfungsermittlung als traditionelles und finanzielles Performance Measurement Konzept im operativen Geschäft der METRO C&C. Im Gegenzug dazu folgt die Mehrwertbetrachtung unter Sichtweise des Human Resource Managements. Dabei wird vor allem die Bedeutung des Menschen, also das Humankapital als „intangible asset“ im Hinblick auf den Wertschöpfungsbeitrag im Unternehmen unterstrichen. Die Schwierigkeit der Bewertung dieser Komponente wird unter ausgewählten Ansätzen der Erfolgsmessung von Wissen, wie auch durch eine abschließende Kritik der Bewertungsansätze näher erläutert. Diese Darstellung der unterschiedlichen Sichtweisen zur Ermittlung des Mehrwertes im Unternehmen soll dem Leser die notwendigen Voraussetzungen und Ansatzpunkte zur Ermittlung des Humankapitalwertes aufzeigen.

Das anschließende Kapitel führt ausgewählte Ansatzpunkte des Personalmanagements zur Steigerung des Humankapital an. Das Steuerungsinstrument „Rekruitment“ stellt dabei den ersten Schritt zum Ausbau des Humankapitals dar. Darauf aufbauend erfolgt eine Analyse des Arbeitsmarktes, die auf Entwicklungstendenzen zur Sicherung von Humankapital im „war for talents“ schließen lässt. Die Bedeutung von Qualifikation und Kompetenz als bedeutende wertschaffende Komponenten des Humankapitals wird anschließend erläutert. Nicht außer Acht gelassen werden darf unter der Personalmanagementbetrachtung die Personalentwicklung. Sie trägt als Teil der Organisationsentwicklung einen entscheidenden Beitrag zur systematischen Steigerung des Humankapitals im Unternehmen bei. Dies vollzieht sich in Form von Grundsätzen, Programmen und Instrumenten der Personalentwicklung, wodurch eine Steigerung der Qualifikation der Mitarbeiter zu erreichen ist. Darauf aufbauend muss es Ziel jedes Unternehmens sein, eine Mitarbeiterbindung zur Sicherung des Humankapitals im Unternehmen anzustreben, was mit Hilfe eines modernen Personalmanagements realisiert werden soll. Die Entwicklung einer Leitbildkultur stellt die Grundvoraussetzung dar, damit das Humankapital in einem international expandierenden Unternehmen effizient entfaltet und entwickelt werden kann. Das Beispiel des „Mission Statement-Konzepts“ als „METRO-spezifisches Instrumentarium“ zur Entwicklung einer Leitbildkultur verdeutlicht dies.

Im vierten Kapitel wird dargestellt, wie das Humankapital im operativen Geschäft der METRO C&C entlang der Wertschöpfungskette systematisch aufgebaut werden kann. Die Wertschöpfungskette wird über die Identifizierung und den Transfer von basisrelevantem Wissen, über Best-Practise-Ansätzen im „operativen business“, weiter über die Identifizierung von Experten im Unternehmen bis hin zur Wissens- und Lernplattform des „House of Knowledge“ aufgebaut.

Rückblickend zeigt das Fazit die Problematik der Ermittlung des Humankapitals im Vergleich zum EVA-System und weist auf die steigende Bedeutung des Humankapitals im Unternehmen im Hinblick auf dessen Wertschöpfungsbeitrag zum Unternehmenserfolg hin.

2. Darstellung des Mehrwertes im Unternehmen

Ein zentrales Thema der Diplomarbeit ist der Begriff „Wert“. Aus diesem Grund ist eine vorangestellte Definition dieses Begriffes für die gesamte Diplomarbeit und besonders für das inhaltliche Verständnis des zweiten Kapitels hilfreich. In der Literatur wird der Wertebegriff überwiegend synonym zum Nutzenbegriff verwendet. Demnach stellt der Wert allgemein eine Messgröße für die Zielerreichung bzw. für die Zielwirksamkeit einer Maßnahme dar. Der Begriff des Wertes ist somit nicht objektiv isoliert zu definieren, sondern kann nur subjektiv betrachtet werden. Auch der Begriff der Evaluation beinhaltet als „Be-wertung“ diese subjektive Komponente. Folglich ist der Unternehmenswert nur aus jeweils der Sicht einer Anspruchsgruppe des Unternehmens bestimmbar.[6]

2.1 Mehrwertbetrachtung im Controlling

2.1.1 MVA als Maßstab für Wertsteigerung

Wann hat ein Unternehmen Wert geschaffen? Ausgehend von dieser Frage soll das Unternehmen hinsichtlich seines wirtschaftlichen Mehrwertes analysiert werden.

Ein wesentliches Kriterium aus Sicht des Kapitalmarktes für dessen Beurteilung ist sein Marktwert. Dieser setzt sich aus dem Börsenkurs multipliziert mit der Anzahl der Aktien plus dem Wert des Fremdkapitals zusammen.[7] So ist es für viele Unternehmen ein Anreiz, sich an der Börse notieren zu lassen. Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens ist nicht der absolute Marktwert entscheidend, sondern das Verhältnis zwischen Marktwert und investiertem Geschäftsvermögen[8], wie Anlage 1 illustriert. Die alleinige periodische Betrachtung des Marktwertes hat noch keine Aussagekraft, ob und um wie viel das Unternehmen seinen Wert gesteigert hat. Das illustrieren die beiden Grafiken aus Anlage 2. Die Differenz zwischen Marktwert und Geschäftsvermögen ist der vom Unternehmen zusätzlich geschaffene Mehrwert, der „Market Value Added“ (MVA).[9]

MVA = Marktwert des Unternehmens – Geschäftsvermögen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Börsenkurs ´ Anzahl der ausgegebenen Aktien + Fremdkapital

Wie kommt nun eine Wertsteigerung zustande?

Im MVA kommt aus Sicht des Kapitalmarktes die Fähigkeit von Unternehmen zum Ausdruck, das Geschäftsvermögen so erfolgreich einzusetzen, dass zusätzlicher Wert geschaffen wird. Ein hoher MVA reflektiert hohe Erwartungen der Investoren hinsichtlich einer zukünftigen erfolgreichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens, was sich in Form von Kurssteigerungen und Dividendenzahlungen widerspiegelt.[10] Die Steigerung des MVA ist ein zentrales Ziel für das gesamte Unternehmen.

Für nicht börsennotierte Gesellschaften lässt sich der MVA jedoch als externer, von den Kapitalmärkten vorgegebener Erfolgsmaßstab nicht feststellen. Des weiteren eignet sich der MVA auch nicht als wertorientiertes Steuerungselement für das operative Geschäft. Die Gründe dafür sind auf Kursschwankungen am Aktienmarkt zurückzuführen. Diese würden, resultierend aus der MVA-Formel, den Marktwert je nach Marktlage steigen oder fallen lassen. Der Marktwert lässt sich zum einen durch Faktoren bestimmen, die das Unternehmen beeinflussen kann, wie beispielsweise das Humankapital, andererseits kann der Kurs aber auch durch Veränderungen des gesamten Marktniveaus schwanken, worauf die Unternehmensführung keinen Einfluss hat. Tätigkeiten des Managements, die auf eine Wertsteigerung abzielen (vgl. Kap. 2.1.5), können dadurch falsch ausgerichtet sein. Vom Steuerungsinstrument EVA verspricht man sich Abhilfe.

2.1.2 Entstehung und Grundanliegen des EVA

Zu Beginn der 80er Jahre wurde EVA von Joel Stern und Bennet Stewart[11] entwickelt.[12] Das System des Economic Value Added (EVA) ist ein Steuerungs- und Managementsystem, das dem Unternehmen ermöglichen soll, alle strategischen und operativen Entscheidungen im Hinblick auf das Unternehmensziel der Wertsteigerung auszurichten.[13] Es lässt sich für die Investitionsanalyse, sowie für Planungs-, Steuerungs- und Vergütungszwecke einsetzen.[14] So entschloss sich beispielsweise die METRO AG 1998, das EVA System als Kern ihres wertorientierten Führungskonzeptes einzuführen. Im Zuge der konzernweiten Einführung wurde das Steuerungsinstrument im Jahr 2000 in der METRO Großhandelssparte C&C implementiert.

Der Maßstab für die wertorientierte Performancemessung ist die Verbesserung des EVA unter Berücksichtigung der langfristigen Erwartungen der Investoren. Nur wenn es dem Unternehmen gelingt, seine Shareholder zufrieden zu stellen und sie von einem lohnenden finanziellen Engagement der Investition in das Unternehmen zu überzeugen, kann die langfristige Kapitalausstattung des Unternehmens gesichert werden. Traditionell wird der Geschäftserfolg an Renditekennziffern, wie beispielsweise der Eigenkapital- oder der Gesamtkapitalrendite gemessen. Empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Kennzahlen nur eingeschränkt geeignet sind, die Fähigkeit eines Unternehmens zur Wertsteigerung abzubilden. Die Optimierung dieser traditionellen finanziellen Kennzahlen kommt nämlich nicht konsequenterweise einer Optimierung der Wertsteigerung gleich. Eine Unternehmenssteuerung nach Kapitalrendite läuft Gefahr, dass das Kapital nicht dort investiert wird, wo es den meisten Wert erzeugen kann. Weiterhin muss das Management berücksichtigen, dass nicht solche Projekte abgelehnt werden, die die Gesamtkapitalrendite reduzieren, aber dennoch Wert generieren.[15]

2.1.3 Berechnung des EVA

EVA stellt eine Zahl dar, die man mit der volkswirtschaftlichen Größe des „Residualeinkommens“[16] in Beziehung setzen kann.[17] Der EVA ist die Differenz des Betrags von den Gewinnen einer Periode und den Kosten des gesamten eingesetzten Kapitals.[18] Dieses Residualeinkommen, wird von Nationalökonomen auch als ökonomischer Gewinn bezeichnet. Stern Stewart nennt diese Größe “Economic Value Added”, somit “wirtschaftliche Wertschöpfung”. Entscheidend zur Herleitung des EVA und für dessen Verständnis ist der Grundsatz, dass sämtliches eingesetztes Kapital eine risikoadäquate Verzinsung erbringen muss.[19] Zusätzlicher Unternehmenswert wird erst dann geschaffen, wenn Gewinne über die Kapitalkosten hinaus erwirtschaftet werden.[20] Der EVA läßt sich wie folgt berechnen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kapitalkostensatz ´ Geschäftsvermögen

Die Bestandteile der EVA-Formel:

- Das Geschäftsergebnis drückt den operativen Gewinn vor Finanzierungskosten, jedoch nach Abzug der Ertragssteuer aus.
- Das Geschäftsvermögen umfasst das während einer betrachteten Zeitperiode gebundene Anlage- und Nettoumlaufvermögen
- Der Kapitalkostensatz spiegelt das Risiko einer Investition in die METRO AG wider (er beträgt vertriebslinienübergreifend bei der METRO AG 7%).
- Die Kapitalkosten errechnen sich aus der Multiplikation des Kapitalkostensatzes mit dem Geschäftsvermögen. Sie stellen die erwartete Entlohnung der Investoren für das zur Verfügung gestellte Kapital und das eingegangene Risiko dar.[21]

2.1.4 Zusammenhang zwischen MVA und EVA

Wichtig für das Verständnis des EVA im Zusammenhang mit der Betrachtung des MVA ist, dass es sich bei dem MVA im Gegensatz zum EVA um eine rein statische Größe handelt. Der MVA, als Momentaufnahme des Unternehmenswertes, ist der kumulierte Betrag, um den ein Unternehmen den Aktionärswert zu einem bestimmten Zeitpunkt erhöht oder verringert hat.[22] Er entspricht der Börsenschätzung des Kapitalwertes oder Netto-Barwertes, also der Summe der diskontierten Cashflows im Unternehmen.[23]

In bezug auf die METRO AG bedeutet dies, dass der MVA sich aus der Summe aller von den Investoren erwarteten zukünftigen EVA zusammensetzt, die über alle Vertriebslinien, Projekte und Investitionen hinweg auf den heutigen Tag abgezinst, also vergleichbar gemacht werden. Gelingt es dem Unternehmen, diese Erwartungen zu übertreffen, steigt der MVA und der Aktienkurs entwickelt sich damit überproportional. Die Abbildung 1 visualisiert den Zusammenhang von MVA und EVA.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Zusammenhang von EVA und MVA[24]

Hieraus zeigt sich, dass eine Steigerung des EVA der beste Weg ist, den MVA zu erhöhen. Indes resultiert eine Steigerung des EVA nicht durch die Höhe des absoluten EVA, den das Unternehmen in einer Periode erwirtschaftet, sondern durch eine Steigerung des EVA im Vergleich zum Vorjahr, dem sogenannten „ Delta EVA “. Nur dann, wenn die tatsächlich erreichte EVA Verbesserung in der Zukunft auch der erwarteten EVA Verbesserung entspricht, werden die von den Aktionären auf den gesamten Mehrwert der METRO AG geforderten Kapitalkosten verdient. Zusätzlicher Mehrwert wird somit erst dann geschaffen, wenn die erwartete Verbesserung übertroffen wird.[25]

Allerdings ist festzuhalten, dass es keine Kennzahl gibt, die zu 100% mit dem MVA korreliert. Dies liegt darin begründet, dass die Aktienbewertung, die den MVA maßgeblich determiniert, von einer Fülle von Faktoren abhängig ist. Dennoch ist EVA im Vergleich zu anderen Renditekennzahlen die am besten geeignete Kennzahl zur Darstellung des Unternehmenswertes. “EVA, unlike NOPAT or other earning measures like net income or earnings per share, is systematically linked to market value. It should provide a better predictor of market value than other measures of operating performance.” [26]

2.1.5 Umsetzung von EVA im Tagesgeschäft

Wesentlicher Vorteil des EVA-Systems ist dessen Anwendbarkeit auf allen Ebenen des operativen Geschäftes. Für die METRO C&C bedeutet dies, dass jedem Marktleiter und auch jedem anderen Mitarbeiter verdeutlicht werden kann, wie er zur Steigerung des EVA und somit zur Wertsteigerung des Unternehmens beitragen kann. EVA schafft eine gemeinsame Sprache zwischen den Hierarchieebenen. Anhand eines sogenannten „ EVA-Treiberbaums “ können die Haupteinflussgrößen auf die Wertsteigerung auf jeder Ebene des operativen Geschäfts veranschaulicht werden (vgl. Anlage 3).[27] „Value driver“[28] im Tagesgeschäft können an drei operativen Stellen zur Verbesserung des EVA umgesetzt werden. Sie gehen aus der EVA Formel hervor.

1) Steigerung des Geschäftsergebnisses

Im operativen Geschäftsbereich kann dieses Ziel im Großmarkt einerseits durch eine Umsatzsteigerung auf gleicher Fläche mittels hoher Servicebereitschaft erfüllt werden. Eine Verbesserung des Kostenmanagements, wie z.B. die Optimierung des Einsatzes von Vollzeit- und Teilzeitarbeitskräften, sowie eine Erhöhung des Lagerumschlags andererseits wären weitere Möglichkeiten, die Rendite der bestehenden Geschäfte ohne zusätzliche Kapitalbindung zu verbessern. Aus der Management-Perspektive betrachtet, trägt eine Vereinfachung von Prozessen zur Steigerung des Geschäftsergebnisses bei. Eine beschleunigte Entscheidungsfindung ist dabei oftmals notwendig, die auf einer optimalen Informationsbereitstellung zur konsistenten Wissens-generierung basiert.

2) Wachstum durch Investition in Prozesse mit positivem EVA

Hierbei wäre eine Markteröffnung in einem bereits vom Unternehmen erschlossenem Land denkbar. Die Markteinführung neuer Sortimente oder Serviceleistungen, Akquisitionen und strategische Investitionen zur Verbesserung der Wettbewerbsposition, wie auch die Förderung von Innovationen zählen zu Investitionen, bei denen das Geschäftsergebnis in höherem Maße steigen kann und sollte als die Kapitalkosten.

3) Abbau von unproduktivem Vermögen

Um einen Abbau von unproduktivem Vermögen zu gewähren, ist eine Erhöhung des Lagerumschlages und die Optimierung des Lagerbestandes hilfreich. Eine Restrukturierung von nicht betriebsnotwendigen Sachanlagen, sowie der Abbau von Geschäften mit schwacher Wettbewerbsposition sind weitere Stellhebel, die Einfluss auf die Steigerung des EVA bewirken.

2.1.6 Kritik am EVA-System

In wiefern eignet sich nun die EVA Kennzahl zur Beurteilung der Wertsteigerung? Zur Berechnung des EVA-Wertes dienen die Daten aus Bilanz und GuV. Diese Zahlen liefern jedoch nur in begrenztem Maße Informationen zur Beurteilung der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens.[29] Das liegt in erster Linie an den Bilanzierungsvorschriften nach HGB und den bilanzpolitischen Spielräumen. So sind beispielsweise durch den Gläubigerschutz und dem damit verbundenen Vorsichtsprinzip die Buchwerte oft von der wirtschaftlichen Realität entfernt. Davon abhängend eignen sich die Daten nicht direkt zu einer realitätsnahen aussagekräftigen EVA-Berechnung. Um das zu verhindern, muss im Rahmen der EVA-Ermittlung eine sehr aufwändige Anpassung der buchhalterischen Werte durchgeführt werden. Fundamentale, basis-, handelsspezifische Anpassungen und solche mit Genehmigungspflicht werden vollzogen, um die bestehenden Ergebnis- und Vermögensgrößen im internen Rechnungswesen auf das Geschäftsvermögen und das Geschäftsergebnis überzuleiten.[30] Dabei ist eine buchhalterische Verzerrung nicht auszuschließen. Ein weiterer Kritikpunkt am EVA-System liegt darin, dass es keine 100% Korrelation zwischen EVA und MVA gibt (vgl. Kap. 2.1.4). Allerdings bleibt festzuhalten, dass die Korrelation von EVA mit dem MVA von allen untersuchten Kennzahlen am höchsten ist.[31]

Es besteht kein Zweifel, dass mit EVA und MVA ein großer Fortschritt in der Kontrolle der Informationen über die Geschäftsentwicklung gemacht wurde. Durch Aufnahme des Begriffs „Zusatzwert“ („Value Added“) in die Geschäftentwicklung wird deren zukünftiger Kern getroffen: die Bestimmung des Input hört auf, wodurch die Aufmerksamkeit dem Output (geschaffenem Wert) gewidmet wird.

Jedoch gibt es auch offene Fragen, auf die MVA und EVA keine Antwort geben. Zum Beispiel die Frage, warum gleiche Kapitalmengen einen verschiedenen Zusatzwert erzielen können. Denn wo liegen die Ursachen, wenn z.B. Microsoft mit nur 3.000 Millionen Dollar Kapital einen Wert von ca. 18.000 Mio. Dollar erwirtschaftet, während IBM mit ca. 70.000 Mio. Dollar Kapital etwa 17.000 Mio. Dollar Wert verliert. Wie soll man erklären, dass einerseits 15.000 Arbeitskräfte soviel Wert erzeugen, wie ihn andererseits 250.000 Arbeitskräfte vernichten?[32]

MVA und EVA können darauf keine Antwort geben, weil sie Kennzahlen darstellen, die eng mit den Kapitalkosten und dem Kapitalverlauf in Verbindung stehen und eine Aussage dadurch nicht möglich ist. Das Entscheidende im Hinblick auf die Wertschöpfung für das Unternehmen bleibt heute noch vielmals übersehen. Eine Rückbesinnung des Unternehmers ist notwendig: er soll Wert schaffen und dabei nicht nur die Kosten kontrollieren und diese niedrig halten. Eine Verlagerung der Kostenkontrolle zur Wertschöpfungsorientierung ist als Revolution der Erfolgsmessung unumgänglich. Unternehmen messen generell ihren Input: Wie viel Material und Beschäftigte mit qualifizierter Ausbildung werden gebraucht, um eine Aufgabe zu erledigen? Demgegenüber muss jetzt aber der Schwerpunkt bei der Erfolgsmessung auf dem Output liegen, also auf dem Zusatzwert, den Mitarbeiter schaffen und auf deren Potential. Das bedeutet, der Ansatzpunkt liegt bei den Beschäftigten und ihrem Wissen, ihren Einstellungen, ihrem Verhalten und ihren Kompetenzen, also dem Humankapital. Was bei der bisherigen Mehrwertbetrachtung fehlt, sind Informationen über diejenigen, die den Wert schaffen. Demnach muss das neue Informationssystem über den Geschäftserfolg zwei Komponenten beinhalten. Zum einen die Fokussierung auf die aus dem operativen Geschäft abzuleitenden Informationen zur Wertschöpfung und zum anderen die Fokussierung auf Informationen über diejenigen, die diesen Wert schaffen.[33] Unter dieser Voraussetzung lassen sich Indikatoren zur Ermittlung des Humankapitals analysieren. Auf diese Evaluation wird in Kapitel 2.2.3 noch näher eingegangen.

2.2 Mehrwertbetrachtung im Human Resource Management

2.2.1 Der „Faktor Mensch“ schafft Mehrwert

Jahrelang wurden Belegschaften von der Unternehmensführung und den Shareholdern nur unter Personalkostenaspekten betrachtet und bilanziert. Doch nun erlebt die momentane Wissens- und Informationsgesellschaft einen Paradigmenwechsel: “In the former period, land and “real” assets such as long-lived equipment were capitalized, while labor and technology were treated as expenses. Yet in today’s environment, often the most important assets a firm possesses are people and technological know-how – in addition to capabilities, knowledge, and the ability to innovate.”(Finnegan, Crespi, Hernandez 1997) [34]

Heute ist erwiesen, dass profitables Beschäftigungswachstum Shareholder Value schafft.[35] Selbst die Investoren erkennen: “People Value schafft Shareholder Value!” [36] Diese neue Denkweise kommt aus Amerika. Während dort in den 80er Jahren die meisten Kurzzeitanleger interessiert waren Personal abzubauen, Unternehmen auszudünnen, Konzerne zu teilen, um sehr schnell Profit zu erwirtschaften, zielen viele große amerikanische Anleger heute eher auf den langfristigen Gewinn[37] ab und begleiten die langfristige Entwicklung der an Wertschöpfung orientierter Unternehmen. Diese Unternehmenspolitik ist durch starke Vorstände, eine gute Nachfolgeplanung und eine starke Unternehmenskultur gekennzeichnet, wobei eine Fokussierung auf den Menschen im Unternehmen ersichtlich wird.[38] Doch was macht den Menschen nun zum Werttreiber des Unternehmens?

Produktionsfaktoren generieren seit jeher im Transformationsprozess als Output in Form von neuen Produkten einen gewissen Wert. Doch mittlerweile sind es nicht mehr die klassischen Produktionsfaktoren wie Arbeit, Boden, Kapital und Betriebsmittel, die heute in unserer Wirtschaft zählen, sondern es ist das Wissen der Mitarbeiter im Unternehmen sowie das organisationale Wissen der Unternehmung insgesamt. Es verzeichnet momentan in dienstleistungsintensiven Betrieben den höchsten Wertezuwachs[39]. Jeder Mensch nimmt in Verbindung mit seiner Betrachtung der Umwelt Informationen auf, und speichert sie, in Verbindung mit seinen Idealen, Gefühlen, Werten und schon vorhandenem Wissen, als sein „individuelles Wissen“ [40] im Kopf ab. Das Wissen der Unternehmung, und dabei vor allem das implizite Wissen, ist immer an Personen gebunden. Wissen ist keine statische Komponente, sondern unterliegt permanenter Veränderung. Da im Rahmen von Arbeitsprozessen das Wissen verändert und auch bewertet wird, ist bei der Wissensbewertung zu klären, über welche Kriterien die Bewertung aus Sicht des Unternehmens erfolgt.

2.2.2 Wertschöpfung durch den produktiven Einsatz vom Umgang mit Wissen

Ziel des Unternehmens soll sein, durch das Anwenden von Wissen Wert zu schaffen. Diese Wertschöpfung lässt sich über „Key Performance Indikatoren“[41] wie Produktivität und Innovation bemessen[42]. Die wahre Herausforderung der Unternehmen liegt nun darin, die Produktivität der “Knowledge- and Service-worker” zu erhöhen. Das bedeutet, die Wissenspotentiale der Mitarbeiter optimal zu identifizieren, zu nutzen, zu entwickeln und zu erhalten, sowie ihnen den Zugang zu geeigneten Wissensträgern zu ermöglichen. Zurückzuführen ist das durch die momentane Veränderung der Rolle des Menschen im Sozialtrakt des Unternehmens. Der Mensch wird unter Wissensgesichtspunkten vom Mitarbeiter zum Mitdenker. Die Folge ist eine abnehmende Rolle der körperlichen Arbeitskraft, hin zur steigenden Bedeutung der Arbeitsintelligenz[43], wodurch eine Erhöhung der menschlichen Wertschätzung zu verzeichnen ist. Der Mensch als Wissensträger ist somit das entscheidende Element der Wertschöpfung von Wissen. Im Gegensatz zu implizitem Wissen stellt explizites Wissen, das in Form von Daten relativ einfach mittels EDV verarbeitet und auch außerhalb der Köpfe von Mitarbeitern gespeichert wird (wie zum Beispiel auf Datenbanken, Dokumenten, etc.), nicht den gleichen Wert wie das personengebundene Wissen, „embodied knowledge“, dar. Die Interpretationsleistung des Menschen bestimmt, wie die Information des Senders aufgenommen und letztendlich als „embodied knowledge“ abgespeichert und weiterverarbeitet wird. Ermöglicht wird diese Interpretation durch menschliche Komponenten wie Intelligenz, Qualifikation, Kompetenz, Potential und Motivation. Diese Faktoren gilt es zielgerecht zu fördern, um den Wert der menschlichen Leistung für das Unternehmen zu steigern. Das personengebundene implizite Wissen ist sehr schwer zu imitieren. Die Fähigkeit des Menschen, implizites Wissen mit explizitem zu verbinden, kennzeichnet die Einzigartigkeit und Wertigkeit des Menschen als Wissensträger und Wissensschöpfer. Ein Unternehmen, welches die Leistungspotentiale seiner Mitarbeiter erkennt, besitzt gute Grundvoraussetzungen durch Profilierung dieser Komponenten auf dem Markt der „global player” Wettbewerbsfähigkeit zu repräsentieren. Von gleicher Bedeutung ist die Fähigkeit des Unternehmens, die Träger des Humankapitals, d.h. die Mitarbeiter, solange es geht an das Unternehmen zu binden (vgl. Kap. 3.4). In einer Zeit, in der sich Mitarbeiter zunehmend als „Selbst-GmbH“ oder „Ich-AG“ sehen, indem sie selbstverantwortlich ihre Aufgaben erfüllen wollen, definieren sie die Loyalität des Unternehmens oftmals anders als bisher. Es ist schwierig für das Unternehmen, mit den Mitarbeitern den „gleichen Weg zu gehen“. Um qualifizierte Mitarbeiter mit ihren unterschiedlichsten „skills“[44] und Anforderungen an das Unternehmen zu binden, muss es attraktiv für den Mitarbeiter auf dem Markt sein.

2.2.3 Darstellung des Humankapitals als „intangible asset“

Das Humankapital zählt zu den immateriellen Kapitalarten, die synonym mit den intellektuellen Kapitalarten gesetzt werden können. Das Humankapital setzt sich aus Wissen, Fähigkeiten und Innovationsvermögen zusammen, das Mitarbeiter zum Ausführen von Aufgaben in der Firma benötigen. Diese Komponenten werden stark von den Werten, der Kultur und der Philosophie eines Unternehmens beeinflusst[45] und unterliegen im Zeitverlauf ebenso wie der Faktor Wissen einer Veränderung. Das bedeutet sie sind nicht konstant gleichwertig und sind somit unter Berücksichtigung externer Marktbedingungen in einen fließenden und permanenten “Change Management-Prozess” einzubeziehen. Daher ist nachvollziehbar, dass das Humankapital bei der Bewertung immer nur zu einem bestimmten Zeitpunkt, also statisch betrachtet werden kann. Wichtig bei der Ermittlung von Humankapital ist ebenso die zukünftige Betrachtung der Entwicklung von Wissen. Wissensbrokern dient diese vorausschauende Betrachtung bei der Ermittlung von Trends, Kundenwünschen und Wettbewerberverhalten zur Bemessung der erzielbaren Wertschöpfung. Die Humankapitaldefinition von T. Stewart bezeichnet Humankapital als das Wissen, das Mitarbeiter besitzen müssen (z.B. Erkennung von Kundenwünschen), um Kunden zufrieden zu stellen, um daraus letztendlich Nutzen bzw. Umsatzrendite zu erzielen.[46]

Die Bedeutung des intellektuellen Kapitals lässt sich am besten anhand einer Metapher veranschaulichen. Stellt man ein Unternehmen als lebenden Organismus in Form eines Baumes dar, so verkörpern der Stamm, die Äste und die Blätter, Jahresberichte, Quartalsberichte, Firmenprospekte und andere Dokumente. Der intelligente Anleger durchforscht diese auf der Suche nach Früchten, die er ernten kann. Bewertet dieser aber nur die jetzigen grünen Blätter und die Farbe der Früchte auf deren Gesundheitsgrad, so begeht er einen Fehler. Denn was ist mit dem versteckten Wurzelwerk des Baumes, aus dem sich ableiten lässt, wie gesund der Baum in den nächsten Jahren sein wird? Ein Studium der Wurzeln eines Unternehmens, das heißt die Bemessung der verborgenen dynamischen Faktoren, wozu auch das Humankapital zählt, ist deshalb speziell für die zukünftige Betrachtung der Leistungsfähigkeit wertvoll.[47] Den Saft, der im Baum fließt, der das Wachsen und Gedeihen des Baums fördert, verkörpern die Menschen.[48]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Strukturierung der Kapitalarten[49]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zur Veranschaulichung der Strukturierung des Unternehmenskapitals dient unter Beachtung anderer Verfasser[50] vor allem Skandias Intellectual Capital Wertschema (vgl. Abbildung 2). Skandia definiert dabei intellektuelles Kapital als Besitz von Wissen, angewandter Erfahrung, Organisationstechnik, Kundenbeziehungen und professioneller Fertigkeiten.[51]

Das verkannte Problem des immateriellen Vermögens ist, dass der Markt nur selten Wertschöpfung auf intellektuelle Werte zurückführt. Dies ist mit den traditionellen Regeln der Buchführung zu begründen. Überschreitet der Kaufpreis für ein Unternehmen den Nettobuchwert der Bilanz, ist der Aufpreis unter anderem auf intellektuelle Vermögenswerte, wie Patente, Kundenbeziehung, Markenwert, Image, usw. abzuleiten. Da die allgemeinen Regeln der Buchführung es nicht gestatten, Geld für etwas auszugeben, was nicht messbar und somit auch „nicht-existent“ ist, wird die Differenz von Nettobuchwert und Kaufpreis als “good will” bezeichnet. Diesem Posten wird aber nur geringe Aufmerksamkeit in der Bilanz geschenkt.

2.2.4 Ausgewählte Ansätze zur Erfolgsmessung von Wissen

“Um den Erfolg des Wissensmanagements messbar zu machen, ist das Unmögliche nötig: die kontextgebundene Ressource Wissen muss objektivierbar gemessen werden.“ [52]

Die unterschiedlichen Abgrenzungen des Begriffes „Wissen“ im Zusammenhang mit dem Begriff des „immateriellen Vermögens“ führen in der Theorie zu divergierenden Ansätzen[53], die Wissensbasis, die sich aus individuellen und kollektiven Wissensbeständen zusammensetzt, zu bewerten (vgl. Anlage 4).[54] Die deduktiv summarischen Ansätze stellen die Unterschiede zwischen Marktwert und Buchwert in monetärer Form dar. Sie erklären die Unterschiede zwischen diesen beiden Größen jedoch nicht oder nur teilweise. Die induktiv analytischen Ansätze hingegen beschreiben und bewerten die Elemente der Wissensbasis mit dem Ziel, Ansatzpunkte zu ihrer Entwicklung zu liefern.[55]

Aus methodischen Gründen wird an dieser Stelle „Wissen“ von dem „immateriellem Vermögen“, „ intangible asset“, abgegrenzt. Immaterielles Vermögen kann bei der Wissensbewertung neben der organisationalen Wissensbasis noch einmal zusätzlich durch den Markenwert, das Image und den Kundenstamm bestimmt werden. Kunden sind nur dann Teil der wissensorientierten Organisation, wenn das Wissen der Kunden oder über Kunden der Organisation verfügbar gemacht wird. Bei einer solchen wissensorientierten Organisation ist es erforderlich, dieses Wissen permanent verfügbar zu haben und zu analysieren, um dadurch kurz- und mittelfristige Maßnahmen (z.B in Bezug zur Kundenbindung) abzuleiten sowie die Strategie zu überprüfen und auch weiterzuentwickeln. Ein Unternehmen das diesbezüglich erfolgreich operiert, gilt als flexible und innovative Organisation, die hierdurch „added value“ generieren kann.

2.2.4.1 Marktwert-Buchwert-Relation

Die deduktiv summarische Marktwert-Buchwert-Relation stellt den einfachsten Ansatz zur Berechnung des immateriellen Vermögenswertes dar. Der Börsenwert wird durch Multiplikation der Aktienanzahl mit dem Börsenkurs ermittelt wobei anschließend die Subtraktion von den aus der Bilanz ersichtlichen Buchwert des Unternehmens erfolgt. Als Ergebnis ist der Marktwert zu verzeichnen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diesem Ansatz liegt zugrunde, dass alles, was nicht in der Bilanz enthalten ist und die Differenz zum Marktwert bildet, als immaterielles Vermögen zu bezeichnen ist. Problematisch bei dieser Methode ist die Festsetzung des Marktwertes. Am Beispiel Microsoft lässt sich das belegen: im Frühjahr 2000 sackte der Börsenwert der Firma nach dem Urteil der Kartellbildung enorm ab. Dem Ansatz nach würde das bedeuten, dass bei der Bewertung durch die Analysten der Wert des immateriellen Vermögens als ein geringerer als bisher angesetzt wurde. Der Börsenwert ist aber von vielen externen Einflussgrößen abhängig, die nicht mit der organisationalen Wissensbasis korrelieren. Ein weiterer Kritikpunkt an der Marktwert-Buchwert-Relation ist der Aspekt des Buchwertes. Er kann aufgrund unterschiedlicher Abschreibungsverfahren divergieren und ist meist unter Gesichtspunkten der “stillen Reserve” niedriger angesetzt. Ein Vergleich mit anderen Unternehmen ist somit schwierig.[56]

Die Analyse des Quotienten von Marktwert und Buchwert wäre ein besserer Ansatz. Das wird durch ein Benchmarking mit ähnlichen Wettbewerbern ermöglicht, die in der selben Wirtschaftszone sind und von den gleichen exogenen Faktoren beeinflusst werden. Ein über eine bestimmte Zeitspanne abnehmender Verlauf des Quotienten lässt darauf schließen, dass nicht genügend in die organisationale Wissensbasis, die Pflege der Marke oder die Entwicklung des Images und ihre transparente Darstellung investiert wurde.[57]

2.2.4.2 Intangible Assets Monitor

K. E. Sveiby geht davon aus, dass sich der Marktwert eines Unternehmens aus dem sichtbaren Vermögen („visible equity“) und dem immateriellen Vermögen („intangible asset“) zusammensetzt. Dabei clustert er die immateriellen Vermögenswerte nach drei Gruppen: der externen Struktur, der internen Struktur und der Kompetenz der Mitarbeiter (vgl. Abb.3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Marktwert eines Unternehmens nach Sveiby[58]

Im induktiv analytischen „Intangible Asset Monitor“ werden die aus der Grafik dargestellten Strukturelemente nach den Indikatoren Wachstum, Erneuerung, Effizienz und Stabilität beurteilt.[59] Problematisch dabei ist die Abgrenzung der Indikatoren. Teilt man die Kunden in die Gruppen imagefördernde, organisationsfördernde und kompetenzfördernde Kunden ein und betrachtet diese, kann man bspw. argumentieren, dass organisationsfördernde Kunden auch unter dem Gesichtspunkt der Kosteneffizienz zu betrachten sind, wenn sie z.B. „Just-in-Time-Lieferungen“ und einen „24-h-Service“ fordern.[60] Kennzahlen unterschiedlichen Aggregationsniveaus und Bedeutungsgehaltes werden also nebeneinander gestellt, wodurch keine sehr aussagekräftige Beurteilungen zur Darstellung des immateriellen Vermögenswert zustande kommen.

[...]


[1] Nölting, A. (Wert Mensch, 2000)

[2] vgl. Feldhoff, E.; Riese, C. (Jahresabschluß, 2000); S.167

[3] „Arbeitsfluss“, Arbeitsablauf; meist prozessorientiert und abteilungsübergreifend

[4] vgl. Sattelberger, T. (Shareholder Value, 1999); S.7

[5] Sattelberger, T. (Wissenskapitalisten, 1999); S.18

[6] vgl. Wunderer, R.; Jaritz, A. (Personalcontrolling, 1999); S.28f

[7] vgl. Stern Stewart (EVA, 2000); S.6

[8] setzt sich aus Eigenkapital und Fremdkapital zusammen

[9] vgl. Lieber, R. (Wealth Creator, 1996); S.107

[10] vgl. Stern Stewart (EVA, 2000), S.6

[11] amerikanische Management Consultants

[12] vgl. Grant, J. (EVA, 1997); S.1

[13] vgl. Stern Stewart (EVA, 2000); S.4

[14] vgl. Stern Stewart (EVA, 2000); S.7

[15] vgl. Stern Stewart (EVA, 2000); S.8

[16] Differenzbetrag von Gewinn und Gesamtkosten

[17] vgl. Ehrbar, A. (EVA, 1999); S.27

[18] vgl. Fisher, A. (Stockholder Wealth, 1996); S.105f

[19] vgl. Tully, S. (EVA Advantage, 1999); S.210

[20] vgl. Dodd, J. (EVA, 1996); S.26f

[21] vgl. Stern Stewart (EVA, 2000), S.8

[22] vgl. Ehrbar, A. (EVA, 1999); S.68

[23] vgl. Ehrbar, A. (EVA, 1999), S.69

[24] vgl. Stern Stewart (EVA, 2000); S.9

[25] vgl. Stern Stewart (EVA, 2000); S.10

[26] vgl. Biddle, G.; Bowen, R.; Wallace, J. (EVA, 1997); S.300

[27] vgl. Stern Stewart (EVA, 2000); S. 15

[28] Werttreiber = Die Analyse von Werttreiber ermöglicht die Bewertung und Ermittlung von Haupteinflussgrößen (Stellhebel) auf die Wertsteigerung. Durch Variation einzelner Stellhebel lassen sich mit EVA Treiberbäumen auch die Wertsteigerungspotentiale von Arbeitsabläufen und Geschäftsplänen untersuchen. Aus: Stern Stewart (EVA, 2000), S. 24

[29] vgl. Ehrbar, A. (EVA, 1999), S.173

[30] vgl. Stern Stewart (EVA, 2000); S.11

[31] vgl. Fisher, A. (Stockholder Wealth, 1996); S.105

[32] vgl. Schneider, U. (Intellektuelles Kapital, 1996); S. 162

[33] vgl. Schneider, U. (Intellektuelles Kapital, 1996); S. 162f

[34] Sattelberger, T.(Wissenskapitalisten, 1999); S.33

[35] Nölting, A. (Werttreiber Mensch, 2000)

[36] Sattelberger, T. (Wissenskapitalisten, 1999); S.34

[37] z.B. Pensions-Fonds, die in den Jahren 2010-2015 gute Rendite abwerfen sollen

[38] vgl. Sattelberger, T. (Wissenskapitalisten, 1999); S.34

[39] vgl. Sveiby, K. (Wissenskapital, 1998); S.24f

[40] setzt sich aus „implizitem Wissen“ (schwer formulierbar, subjektiv) und „explizitem Wissen“ (formal, beschreibbar) zusammen

[41] Schlüsselfaktoren, die zur Leistungserstellung eines Unternehmens von Bedeutung sind

[42] vgl. Zimmerl, O.; Zwingmann, N.. (Wissensmanagement-Prozess, 2000); S.12

[43] vgl. North, K. (Unternehmensführung, 1999); S. 119

[44] Geschick, Fertigkeiten und Fähigkeiten

[45] vgl. Edvinsson, L.; Brünig, G. (Wissenskapital, 2000); S.19

[46] vgl. Stewart, T. (Produktionsfaktor, 1998); S.100

[47] vgl. Edvinsson, L.; Brünig, G. (Wissenskapital, 2000); S.18f

[48] vgl. Stewart, T. (Produktionsfaktor, 1998); S.93

[49] vgl. Edvinsson, L.; Brünig, A. (Wissenskapital, 2000); S.44

[50] Hall, Edvinsson, Sullivan, Stewart und Roos führen ebenfalls Ansätze zur Strukturierung von immateriellen Kapital auf

[51] vgl. Edvinsson, L.; Brünig, G. (Wissenskapital, 2000); S.38

[52] Roehl, H; Romhardt, K. (Ressource Wissen, 1997); S.44

[53] Neben den dargestellten Ansätzen gibt es noch weitere Bewertungsverfahren: „Tobin’s q“, „Calculated Intangible Value“, „Intellectual Capital Navigator“, „Skandia Navigator“

[54] Vgl. North, K; (Unternehmensführung, 1999); S.187

[55] vgl. North, K.; Probst, G.; Romhardt, K (Wissen messen, 1999); S.161

[56] vgl. Kaps, G. (Erfolgsmessung, 2001); S.16f

[57] vgl. North, K. (Unternehmensführung, 1999); S. 189

[58] vgl. Sveiby, K. (Wissenskapital, 1998); S.31

[59] vgl. North, K.; Probst, G; Romhardt, K. (Wissen messen, 1999); S.161

[60] vgl. North, K. (Unternehmensführung, 1999); S. 193

Excerpt out of 110 pages

Details

Title
Notwendige Voraussetzungen zur Ermittlung des Humankapitalwertes und Ansatzpunkte zur Steigerung des Humanpotentials bei der METRO C&C GmbH
College
Karlsruhe University of Cooperative Education  (FB Wirtschaft)
Grade
1,4
Author
Year
2001
Pages
110
Catalog Number
V16290
ISBN (eBook)
9783638211857
File size
877 KB
Language
German
Keywords
Notwendige, Voraussetzungen, Ermittlung, Humankapitalwertes, Ansatzpunkte, Steigerung, Humanpotentials, METRO, GmbH
Quote paper
Katharina Krauß (Author), 2001, Notwendige Voraussetzungen zur Ermittlung des Humankapitalwertes und Ansatzpunkte zur Steigerung des Humanpotentials bei der METRO C&C GmbH, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16290

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