In Ungarn hat
in den vergangenen Jahren die innenpolitische Lage immer stärkeren Einfluss auf
die Gestaltung der Außenpolitik gewonnen. Nach der Vollendung der Integration in
NATO und EU ist vor allem die Frage der ethnisch-ungarischen Minderheiten immer
stärker in den Vordergrund getreten. Gleichzeitig bemühte sich Ungarn seinen
neuen Bündnisverpflichtungen nachzukommen, weil es zur Wahrung seiner nationalen
Sicherheit an der langfristigen Stabilität von NATO und EU interessiert ist.
Der konkrete Forschungsgegenstand dieser Arbeit ist die Außenpolitik der
Republik Ungarn in den Jahren von 2004 bis 2009. Der zeitliche Fokus der Arbeit
liegt somit auf den ersten fünf Jahren der EU-Mitgliedschaft des Landes.
Dieser Zeitraum stand im Wesentlichen unter der Ägide von Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány, der im Jahr 2004 die Regierungsverantwortung übernahm und im Frühjahr 2009 zurücktrat. Mangels wirklicher militärischer Bedrohungen
dank der NATO-Mitgliedschaft, erschien zu letzt die Frage der Energieversorgung
als die größte Bedrohung für die ungarische nationale Sicherheit. Eine Bedrohung
ginge hier im Zweifelsfall vom Hauptenergielieferanten Russland aus. Die Minderheitenfrage
ist hingegen eng mit dem Verhältnis Ungarns zu seinen Nachbarstaaten
verknüpft muss mittlerweile als die größte Herausforderung für die ungarische Außenpolitik
betrachtet werden. Sie gewann in den letzten Jahren eine immer größere
Bedeutung für die konkrete Politikgestaltung. Gleichzeitig verringerte sich der starke
Einfluss, den die EU durch den Konformitätsdruck des EU-Aufnahmeverfahrens
seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ausgeübt hatte. In den Jahren
nach dem EU-Beitritt standen deshalb paradoxerweise nicht europäische Themen,
wie die Vertiefung der europäische Integration im Mittelpunkt der ungarischen Außenpolitik,
sondern regionale Konflikte mit den Nachbarstaaten und die Situation
der ethnisch-ungarischen Minderheiten.
Dass diese Themen so stark an Bedeutung gewannen, hängt aber nicht nur mit einer
Veränderung der äußeren Rahmenbedingungen zusammen, sondern auch mit
der machtpolitischen Konstellation im Inneren des Landes. Die innenpolitische
Schwäche der sozialistischen Regierung erlaubte es der rechten Opposition, sich
auf diesen Feldern zu profilieren und sich zum Teil sogar in die Gestaltung der Außenpolitik
einzumischen. Dies sollte sich als Vorspiel zum veränderten außenpolitischen Ton der Regierung Orban ab 2010 erweisen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Voraussetzungen der Betrachtung
- Außenpolitik - Eine Definition für den Fall Ungarns
- Forschungsstand und Vorgängerstudien
- Geschichte, Geographie und traditionelle Beziehungen
- Die Geschichte des ungarischen Staates - ein Kurzabriss
- Exkurs: Die ungarische Geographie und ihre politische Bedeutung
- Sicherheitslage, Auslandseinsätze und NATO-Mitgliedschaft
- Ungarns Sicherheitslage, historische Lehren und die aktuelle ungarische Sicherheitsstrategie
- NATO-Mitgliedschaft und Auslandseinsätze
- Einführung
- Die ungarische Rolle in Afghanistan
- Ungarn und der Irakkrieg seit 2003
- Innenpolitische Folgen und Bilanz der NATO-Mitgliedschaft
- Der Fall Kosovo
- Die Frage der ungarischen Minderheiten und die Nachbarschaftspolitik
- Einführung
- Die Beziehungen zur Slowakei
- Die Beziehungen zu Rumänien
- Die Beziehungen zu Slowenien
- Die Beziehungen zu Kroatien
- Die Beziehungen zu Serbien
- Die Beziehungen zur Ukraine
- Besondere Beziehungen
- Die russisch-ungarischen Beziehungen und die Frage der Energiesicherheit
- Ungarn und Österreich
- Ungarn und die EU
- Der EU-Beitritt und seine Folgen
- Exkurs - Wirtschaftsintegration und Innenpolitik
- Aussichten
- Theoretische Einordnung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Außenpolitik der Republik Ungarn im Zeitraum von 2004 bis 2009, insbesondere die ersten fünf Jahre der EU-Mitgliedschaft. Sie analysiert die wichtigsten Determinanten, die die ungarische Außenpolitik in dieser Phase geprägt haben, wie die Anforderungen der Mitgliedschaft in den westlichen Bündnissen, die Sorge um die nationale Sicherheit und die Frage der ethnisch-ungarischen Minderheiten. Die Arbeit betrachtet dabei auch die Rolle der Innenpolitik, insbesondere in Bezug auf die Auswirkungen auf die Außenpolitik.
- Die Rolle der NATO-Mitgliedschaft und die damit verbundenen Herausforderungen
- Die Frage der ethnisch-ungarischen Minderheiten in den Nachbarstaaten
- Die Bedeutung der Energiesicherheit und die Beziehungen zu Russland
- Der Einfluss der EU-Mitgliedschaft auf die ungarische Außenpolitik
- Die Bedeutung der bilateralen Beziehungen zu den Nachbarstaaten und zu wichtigen Partnern
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Forschungsgegenstand und die Zielsetzung der Arbeit vor. Es wird auf die Herausforderungen für Ungarn nach dem EU-Beitritt und die Bedeutung der Innenpolitik für die Gestaltung der Außenpolitik hingewiesen.
Das zweite Kapitel beleuchtet die Voraussetzungen der Betrachtung. Es wird eine Definition von Außenpolitik im Zusammenhang mit Ungarn vorgestellt und der Forschungsstand sowie die wichtigsten Vorgängerstudien zum Thema erläutert.
Im dritten Kapitel werden die Geschichte Ungarns, die geographischen Gegebenheiten und die traditionellen Beziehungen des Landes betrachtet. Hier wird die historische Entwicklung des ungarischen Staates und die Bedeutung der geographischen Lage für die politische Entwicklung des Landes dargestellt.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit der Sicherheitslage Ungarns, den Auslandseinsätzen und der NATO-Mitgliedschaft. Es werden die wichtigsten Aspekte der ungarischen Sicherheitspolitik, die historischen Lehren und die aktuelle Sicherheitsstrategie diskutiert. Der Abschnitt behandelt auch die Rolle Ungarns in der NATO und die Teilnahme an Auslandseinsätzen, insbesondere im Irak und in Afghanistan.
Das fünfte Kapitel analysiert die Frage der ungarischen Minderheiten in den Nachbarstaaten und die Nachbarschaftspolitik Ungarns. Es wird die Bedeutung der Minderheitenfrage für die ungarische Außenpolitik diskutiert und die bilateralen Beziehungen zu den wichtigsten Nachbarstaaten, wie der Slowakei, Rumänien, Slowenien, Kroatien, Serbien und der Ukraine, beleuchtet.
Das sechste Kapitel befasst sich mit besonderen Beziehungen Ungarns, insbesondere mit Russland, Österreich und der EU. Es wird die Frage der Energiesicherheit und die Bedeutung der Beziehungen zu Russland untersucht. Darüber hinaus wird die Beziehung zu Österreich und die Bedeutung des EU-Beitritts für Ungarn dargestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Außenpolitik Ungarns seit dem EU-Beitritt im Jahr 2004. Wichtige Schlüsselwörter sind: ungarische Außenpolitik, EU-Mitgliedschaft, NATO-Mitgliedschaft, Sicherheitspolitik, Energiesicherheit, ethnisch-ungarische Minderheiten, Nachbarschaftspolitik, Russland, Österreich, bilaterale Beziehungen, Innenpolitik.
- Citar trabajo
- Ullrich Müller (Autor), 2009, Die Außenpolitik der Republik Ungarn seit der EU-Mitgliedschaft, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164221