Kindheits- und Jugendprobleme als Herausforderung für alternative Konzepte in Erziehung und Bildung


Etude Scientifique, 2011

114 Pages


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Kindheits- und Jugendprobleme
1.1 Weibliche Sozialisationsprobleme
1.2 Männliche Sozialisationsprobleme
1.3 Schulangst und Schülersuizid
1.4 Mobbing in der Schule
1.5 ADHS - moderne Zappelphilippe
1.6 Drogenmissbrauch

2. Alternative Konzepte der Pädagogik
2.1 Die Kunsterziehungsbewegung
2.2 Die Landerziehunhsheimbewegung
2.3 Das Lichtschulheim Lüneburger Land
2.4 Maria MONTESSORIs Pädagogik
2.5 Rudolf STEINERs Waldorf-Pädagogik
2.6 Alexander S. NEILLs Summerhill-Schule
2.7 Celestin FREINETs Pädagogik
2.8 Janusz KORCZAKs Rechte des Kinder
2.9 Paulo FREIREs Alphabetisierungs- und Bewusstseins-Bildung

3. Richtungsweisende Perspektiven
3.1 Die Indigo-Kinder
3.2 Multiple Intelligenzen
3.3 Konfliktlösung durch Mediation
3.4 Werte-Erziehung
3.5 Positive Erziehung
3.6 Bildung für die Zukunft

Ausblick:

Fächerübergreifende Bildungsaufgaben

Literaturverzeichnis

Einleitung

Kinder und Jugendliche in Deutschland können sich glücklich schätzen. Sie wachsen auf in einem der zehn wohlhabendsten Ländern der Erde in einer freiheitlich-demokratischen Zivilgesellschaft, einer fortgeschrittenen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft, in einer Situation der sozialen Sicherheit und im Frieden. Es ist zwar nicht alles vollkommen, aber krasse Ausbeutung, Sklaverei und völlige Chancenlosigkeit sind überwunden. Die Emanzipation und Gleichstellung der Mädchen und Frauen ist weiter fortgeschritten als in den überwiegenden, ärmeren und rückständigeren Ländern der Erde. Die Möglichkeiten der freien Entfaltung der Persönlichkeit und der Talente sind größer als in der Mehrzahl aller Staaten des Erdballs. Die soziale Durchlässigkeit ist nicht absolut, aber doch besser als in Jahrtausenden zuvor.

Und dennoch ist ein größerer Teil der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen in Deutschland nicht glücklich. Zahlreiche Kindheits- und Jugendprobleme schmälern die Freude am Leben.

Schulschwierigkeiten, wie psychische Störungen, Schulangst, Schulabsentismus, Schülerselbstmord, Leistungs- oder Teilleistungs-Störungen oder Prüfungsängste sind weit verbreitet. Individuelle Gründe mögen Minderwertigkeitsgefühle, Schüchternheit oder mangelndes Selbstwertgefühl sein. Schulische Gründe können in Mobbing durch die lieben Mitschüler, Identifikationsschwierigkeiten mit der Lehrperson, Leistungsdruck oder entmutigenden Zensuren, ja sogar im Selektionssystem des Schulwesens und in mangelnder Förderung, quasi einer strukturellen Gewalt (GALTUNG) gesucht werden.

Durch eine Lese-Rechtschreib-Schwäche, eine Dyskalkulie, ein ADHS, ein Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom oder sogar eine verkannte Hochbegabung, ein unentdecktes Indigo-Phänomen weicht die ursprüngliche Freude an der Einschulung oft schnell einer krassen Ernüchterung.

Behinderte Kinder, Kinder mit Migrationshintergrund und von Armut betroffene Kinder haben ihre besonderen Schwierigkeiten.

Schülerinnen im jugendlichen Alter leiden an Identitätsfindungsstörungen wie Pubertäts-Magersucht, Fettsucht oder Ess-Brechsucht durch Schlankheitswahn, Schönheitsideal und Attraktivitätsklischees.

Die Identitätsfindungsschwierigkeiten der Knaben und männlicher Jugendlicher äußert sich zu oft in Aggression, Gewalt und Jugendkriminalität. Die Maskulinitäts-Klischees in den Massenmedien machen es zarten Jungen schwer, zu ihrer Sensibilität zu stehen.

Die Gefahr des Missbrauchs legaler Drogen, wie Alkohol und Nikotin, aber auch illegaler Drogen, wie Haschisch, Kokain und Extasy, wird im Jugendalter durch den sozialen Druck der Gleichaltrigengruppe gefördert.

Subkulturen der Jugendlichen bieten Zugehörigkeit und einen sozialen Uterus, bergen jedoch auch Gefahren der Desintergration. Skin-Heads, Grufties, Gothics bis hin zu religiösen Santanssekten und rechtsextremistischen Kameradschaften finden leicht begeisterbare Anhänger unter Schülern.

Im vorliegenden Text sollen im ersten Kapitel exemplarisch einige der oben genannten Kindheits- und Jugendprobleme ausführlicher erörtert werden.

Im zweiten Kapitel wird die Frage erörtert, inwieweit alternative Konzepte der Erziehung und Bildung zur Persönlichkeitsstabilisierung der heranwachsenden Kinder und Jugendlichen beitragen könnten.

Als reformpädagogische Bewegung bezeichnet man Reformen innerhalb der Pädagogik zwischen ca. 1900 und 1933, zum Teil bis in Gegenwart und Zukunft reichend. Es handelte sich um eine internationale Bewegung der fortgeschrittenen westlichen Industrieländer. Sie wurde vom damaligen Zeitgeist, von sozialen Strömungen wie der Französischen Revolution, der Arbeiterbewegung (Karl MARX), der Frauenbewegung, der Jugendbewegung und der Lebensreform beeinflusst.

Als Vordenker sind Jean-Jacques ROUSSEAU, Johann-Heinrich PESTALOZZI, CONDORCET, Paul de LAGARDE, Julius LANGBEHN („Rembrandt“) und Friedrich NIETZSCHE zu nennen. Charakteristika bestehen in der Ablehnung der Zuchtschule, von Zwang und Prügelstrafe. Beispiele für die damlas exzessiv verbreitete Prügelstrafe finden sich bei Lloyd de MAUSE: „Hört ihr die Kinder weinen?“ Gemeinsamkeiten der refpormpädagogischen Richtungen bestehen in der Ablehnung der Buchschule und der Wissens-Eintrichterung, der Ablehnung blasser Theorie, und der Praxisferne. Pädagogik solle vom Kinde ausgehen (Ellen KEY).

Die Richtungen der Reformbestrebungen führten zur Landerziehungsheim-Bewegung, Arbeitsschul-Bewegung, Kunsterziehungs-Bewegung, zu Modellschulen, zur Erwachsenenbildung in Arbeiter- Bildungsvereine, Volkshochschulen, Ländlichen Heimvolkshochschulen.

Prominenteste Vertreter der Landerziehungsheimbewegung waren Hermann LIETZ, Paul GEHEEB, Gustav WYNEKEN und Kurt HAHN.

An Internationalen Pädagogen sind John DEWEY („learning by doing“) und KILPATRICK ( Projektmethode) in den USA, Alexander S. NEILL (Repressionsarme Erziehung in Summerhill) in Groß-Britannien, Maria MONTESSORI aus Italien, Celestin FREINET in Frankreich, Janusz KORCZAK („Rechte des Kindes“) in Polen und MAKARENKO (Revolutionspädagogik) in der Sowjet-Union Russland zu nennen.

Nach dem II. Weltkrieg erlangten Paulo FREIRE (Alphabetisierung und Pädagogik der Unterdrückten in Brasilien) und Chris GRISCOM mit ihrem Konzept des Spirituellen Globalem Lernen in der Nizhoni-Schule in Neu-Mexiko Aufmerksamkeit.

Einflussreiche Pädagogen in Deutschland waren Wilhelm LIEBKNECHT (Arbeiterbildung), Siegfried BERNFELD (Jüdisch- sozialistische Pädagogik), Otto Felix KANITZ (Sozialistische Pädagogik), Otto RÜHLE (Proletarische Erziehung), Helene LANGE (Mädchenbildung), August AICHHORN (Psychoanalytische Pädagogik ), Georg KERSCHENSTEINER (Berufsschulwesen), Peter PETERSEN (Jena-Plan- Schule), Hugo GAUDIG, Berthold OTTO (Modell-Schulen), Rudolf STEINER (Waldorf- Pädagogik aus Österreich, Deutschland und der Schweiz) , Kurt HAHN (Erlebnis-Pädagogik) aus Deutschland und England.

Einige Auswirkungen der Reformpädagogischen Bewegung sind bis in die Gegenwart erhalten: Offener Unterricht, Wochenplan, Freiarbeit, Handlungsorientierter Unterricht, Projektmethode, Epochen- Unterricht, Berichtszeugnisse, Bewegte Schule, Jahrgangsübergreifende Lerngruppen, Umwelt-Erziehung, Wald-Pädagogik, Zirkus-Pädagogik, Reit-Pädagogik, Tierschutz-Erziehung, tiergestützte Pädagogik, Internationale Schulen, Internationale Schülerbegegnungen, UNESCO-Modellschulen.

Das vorliegende Buch enthält ein drittes Kapitel, in dem exemplarisch einige ausgewählte neuartige Konzepte der erziehungswissenschaftlich relevanten Psychologie und Spiritualität sowie zukunftsweisende Gedanken der Erziehung und Bildung formuliert werden. Multiple Intelligenzen, Werte-Erziehung und Indigo-Kinder stehen unter anderem im Fokus der Erörterungen.

Zum Abschluss der Ausführungen werden mögliche Themen für ein zukunftsweisendes Curriculum in der Erzieher- und Lehrer-Ausbildung aufgelistet.

Mein Dank gilt den engagierten Studierenden der Leuphana Universität zu Lüneburg. Dieses Buch wäre ohne ihr in Seminaren, Vorlesungen, schriftlichen Referaten, Examensarbeiten und mündlichen Prüfungsthemen bekundetes Interesse nicht entstanden. Ich wünsche meinen ehemaligen Studenten und Studentinnen Kraft, Ausdauer und Optimismus bei der Erziehungs- und Bildungsarbeit.

1. Kindheits- und Jugendprobleme

Der Mensch, wenn er ins Leben tritt,

ist weich und schwach,

und wenn er stirbt,

so ist er hart und stark.

Die Pflanzen, wenn sie ins Leben treten,

sind weich und zart,

und wenn sie sterben,

sind sie dürr und starr.

Darum sind die Harten und Starken

Gesellen des Todes,

die Weichen und Schwachen

Gesellen des Lebens.

LAO-TSE

1.1 Weibliche Sozialisationsprobleme

Die Identitätsfindungsschwierigkeiten jugendlicher Mädchen äußern sich in intrapsychischen Konflikten, die autoplastisch, introvertiert, sich gegen die eigne Person richten. Depressionen, Selbstschädigungen und Essstörungen sind die häufigsten Formen abweichenden Verhaltens bei weiblichen Jugendlichen. Beispiehaft sei hier die „Anorexia nervosa“(griech), Appetitlosigkeit angeführt. Die Magersucht gibt sich durch eine starke Abnahme des Körpergewichts aufgrund extremer Ablehnung der Nahrungsaufnahme zu erkennen. Es kann von einer Selbstaushungerung durch Unterdrückung von Appetit und Hungergefühlen gesprochen werden.

Familiendynamische Einzelfallstudien untersuchen die familiären Einflüsse bei der Entstehung dieser Krankheit.Vorgetäuschte Harmonie oder Pseudo-Harmonie innerhalb der Familie lässt der weiblichen Heranwachsenden wenig Möglichkeit zur Abgrenzung. Es wird nicht über Gefühle und Gedanken gesprochen. Der Familienstil ist geprägt durch Leistungsorientierung, Ordnung und Perfektionismus. Die weiblichen Kinder unterliegen einem hohen Erwartungsdruck und versuchen, den Ansprüchen der Eltern gerecht zu werden. Oft lebt die Mutter die Wichtigkeit des Schlank-Seins vor und kritisiert die Figur des eigenen Kindes. Obwohl äußerlich alles intakt scheint, fehlt es an „Nestwärme“ an emotionaler Wärme und Verständnis.

Neben den familiären Einflussgrößen spielen auch soziokulturelle Faktoren eine große Rolle.

Individuelle Vorstellungen einer Kultur und Epoche, was als schön und erstrebenswert gilt, können sehr unterschiedlich ausfallen. Man denke an die fülligen weiblichen Gestalten des Malers RUBENS. Westliche Überschussgesellschaften und deren Medien suggerieren jedoch seit 1960 zunehmend das Bild einer schlanken und sportlichen Frau als erstrebenswertes Ideal. Frauen werden von vielen Männern nach dem Aussehen beurteilt. Mit dem Begriff Schlankheit werden Begriffe wie Intelligenz, Erfolg oder Gesundheit assoziiert. Es scheint eine Forderung der Gesellschaft, ab der Pubertät das Kindsein abzulegen und sich schnell auf die Rolle als Frau einzustellen. Die Krankheit wird bei Magersüchtigen und anderen Essgestörten als ein Ausweg aus der geforderten Angepasstheit an die geschlechtsspezifische Rollenverteilung der Gesellschaft gesucht. Es besteht bei diesen jungen Menschen ein starker Wunsch, von allen geliebt zu werden. Sie erhalten aus ihrer Bedürftigkeit heraus zu wenig Bestätigung und Aufmerksamkeit vom sozialen Umfeld.

Geschlechtsspezifische Aspekte

Weibliche Geschlechtsrollenstereotype üben trotz allen Gleichstellungsbemühungen im letzten Viertel des Zwanzigsten Jahrhunderts immer noch eine gewichtigen Einfluss während er weiblichen Sozialisation aus. Immer noch werden Mädchen und Frauen als:


- passiv,
- eher selbstschädigend als aggressiv,
- angepasst,
- unauffällig und
- legal
eingeschätzt.

Typische Mädchen sind demnach:

- zärtlicher,
- dankbarer,
- hübsch und niedlich,
- (früh) hilfsbereit,
- spät selbständig und
- häuslicher.

Frauen flüchten in psychische Störungen, um nicht aufzufallen. Problemlösungen erfolgen individuell und isoliert. Psychomotorische Störbilder weiblich devianten Verhaltens sind überwiegend intraversiv, introvertiert, internalisiert, also nach innen gekehrt. Typische psychische Störungen sind Anorexia nervosa, die Magersucht, und die Bulimia nervosa, die Ess-Brech-Sucht.

Die Magersucht ist eine Erkrankung, die durch massive Angst vor Gewichtszunahme oder Fettleibigkeit gekennzeichnet ist. Die Magersucht äußert sich in Essunlust und übermäßigem Bewegungsdrang, was zu extremem Gewichtsverlust führt. Angst und ständige übermäßige Sorge um Gewicht und Figur führen bei der Bulimie zu Episoden, bei denen die betroffene Person in kurzer Zeit sehr viel isst und sich der Nahrung anschließend durch absichtliches Erbrechen, Abführmittel oder Fasten wieder entledigt oder mit starker körperlicher Anstrengung versucht, das Gewicht zu verringern.

Essstörungen sind Erkrankungen, bei denen es aufgrund von „krank machenden“ seelischen Belastungen zu körperlichen Schäden kommt. Hat während der letzten 20 Jahre an Häufigkeit zugenommen. Ursache v. a. das Schönheitsideal Dünnsein. Essstörungen werden entweder als Sucht oder als psychosomatische Erkrankung eingeordnet.

Engerer Sinn: Essgewohnheiten, die gesundheits- bzw. lebensgefährdend sind.

Weiterer Sinn: Permanentes auf sein Gewicht achten, indem man nicht isst, wann, was und soviel man will und regelmäßig Diäten macht, um abzunehmen.

Versuch, die Nahrungsaufnahme und damit den Körper zu manipulieren.

Vordergründiges Ziel: Gewichtsabnahme bzw. –kontrolle

„Esssucht“ stellt eine begriffliche Nähe zu anderen Süchten her.

Aber: Essstörungen sind etwas anderes als so genannte „stoffgebundene Süchte“ wie Drogensucht oder Alkoholabhängigkeit. Einige Verhaltensweisen Essgestörter können jedoch suchtartigen Charakter annehmen: Kontrollverlust, Wiederholungszwang, soziale Isolation.

Häufig treten Essstörungen gleichzeitig mit anderen körperlichen Folgeerkrankungen oder psychischen Begleiterkrankungen und Abhängigkeiten auf, wie z.B. Bluthockdruck, Diabetes mellitus, Depressionen, Ängsten, Medikamentenmissbrauch, Alkoholabhängigkeit.

Essstörungen können auch in Kombination mit einer Selbstverletzungsproblematik wie z.B. Schneiden mit Messern, Klingen oder Scherben, Zufügen von Brandwunden, Beißen, Haare ausreißen usw. auftreten.

Essstörungen scheinen Lösungsversuche für tiefer liegende seelische Probleme, Ausweg, Flucht oder Ersatz für verdrängte Gefühle und Bedürfnisse, stummen Protest oder Ablehnung zu sein.

Befriedigung durch Essen bzw. Hungern ergibt scheinbar eine schnelle Erleichterung, Erleben von Sicherheit und Selbständigkeit. Kurzzeitbefriedigung: Betroffene brauchen Wiederholungen. Eigendynamik der Essstörung. Betroffene verlieren die Kontrolle über das wahllose In- sich- Hineinstopfen großer Nahrungsmengen oder über die Verweigerung von Nahrungsaufnahme.

Ergebnis: Sie fühlen sich ausgeliefert.

Bei den Essstörungen unterscheidet man drei verschiedene Krankheitsbilder:

die Anorexia nervosa (Magersucht),

die Bulimia Nervosa (Ess- und Brechsucht), sowie

die Adipositas (Fettsucht)

Essstörungen galten früher als „typisch weibliche“ Erkrankung. Heute erkranken auch Jungen und Männer. Häufiger sind jedoch immer noch Mädchen und Frauen in ihrem Essverhalten gestört. Essstörungen treten über die gesamte Altersspanne auf. Im Jugendalter, vor allem in der Pubertät, besteht eine größere Gefahr, eine Essstörung zu entwickeln. Vor allem im Alter zwischen 14 und 18 Jahren. Es gibt auch Ersterkrankungen vor dem 10. und nach dem 25. Lebensjahr. Im Durchschnitt erkranken die Patienten an Bulimie zwischen dem 18. und 35. Lebensjahr.

Etwa 5 Millionen Männer und mehrheitlich Frauen in Deutschland leiden an Essstörungen.

Diäten können Vorläufer, und auch "Einstiegsdroge" für ein gestörtes Essverhalten oder eine Essstörung sein. Neben Diäten versuchen viele Menschen durch exzessiven Sport, Hungern,einseitige, eingeschränkte Ernährung (restriktives Essverhalten), die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln und den Missbrauch von Medikamenten, wie beispielsweise Appetitzügler, Abführmittel und Entwässerungsmittel, zu ihrem Wunschgewicht zu gelangen.

Auch chirurgische Eingriffe wie z. B. Fettabsaugen werden immer häufiger von jungen Frauen in Betracht gezogen, trotz gesundheitlicher Risiken.

8% der 6-17-jährigen Mädchen wiegen zu wenig.

50% aller Mädchen unter 15 Jahren halten sich zu dick, bei Normal- oder Untergewicht.

90% der weiblichen Teenager wollen abnehmen.

66% aller 11-19-jährigen Jungen und Mädchen möchten dünner sein.

73% der Frauen finden ein Gewicht unterhalb des Normalgewichts am attraktivsten.

Magersucht, Anorexia nervosa

“Hungern gab mir Halt und Sicherheit. Hungern half mir, meine Angst vor dem Leben zu bewältigen, meine Angst vor dem Selbständigwerden, der Verantwortung, dem Aufgeben meines Kindseins, meine Angst vor dem Erwachsenwerden. Hungern half mir, die Rolle des hilflosen, bedauernswerten Kindes aufrechtzuerhalten.” reflektiert eine Betroffene.

”Asketischer Typ”: Gewichtsreduzierung durch Hungern.

”Hyperorektischer Typ”: Gewichtsreduzierung durch Hungern, Essen von kalorienarmen Speisen, Einnahme von Abführmitteln. Herbeiführen von Erbrechen ähnlich wie bei der Bulimie: Erbrechen infolge eines Heißhungeranfalls.

Magersucht- Symptome: Gewichtsverlust und intensive Furcht vor einer Gewichtszunahme.

Störung in der Art und Weise, wie das eigene Körpergewicht oder die eigene Figur erlebt wird.

Übermäßiger Einfluss von Körpergewicht oder Figur auf die Bewertung der eigenen Person oder Leugnung des Ernstes des gegenwärtigen niedrigen Körpergewichts. Äußeres Erscheinungsbild: auffallend dünn. Magersüchtige sind oftmals hoch sensibel für die Bedürfnisse anderer. Sie können sich verbal gut mit Freunden, Bekannten und Verwandten auseinander setzen. Der Zugang zu ihrer eigenen Gefühlswelt ist ihnen jedoch sehr schwer möglich.

Typisch für Magersucht ist die Abwehr der Introspektion. Fehlender Kontakt zum eigenen Körper und dessen Bedürfnissen. Der Körper wird als Feind erlebt und bekämpft. Ständiges Wiegen und sich zu dick fühlen herrschen vor. Der Kopf kontrolliert und steuert.

Die Kontrolle vermittelt das Gefühl, autonom und selbständig zu sein. Manchmal übertriebene Sparsamkeit und extremer Reinlichkeitssinn, Ablehnung jeglicher lustbetonter Betätigung, eine ausgesprochen spartanische Lebensweise. Rückzugsverhalten. Schwarzweißdenken und depressive Verstimmungen. Ritualisiertes Essverhalten. Extrem langsames Essen, extrem heiß oder kalt essen.

Verzehr von Baby- oder Kindernahrung, breiiger Kost. Bevorzugung von kalorienarmen Nahrungsmitteln und Getränken, meist sehr einseitige Nahrungsauswahl. Essen vortäuschen, kauen und ausspucken. Kochen, backen, Rezepte sammeln und andere zum Essen animieren.

Vieles im Stehen machen. Sich Kälte aussetzen. Exzessiv Sport treiben. Tragen von schweren Taschen/Rucksäcken. Die Betroffenen verweigern sich über lange Zeit, sich ihre Krankheit einzugestehen.

10-15% aller Magersüchtigen sterben an ihrer Magersucht!

Es besteht die Gefahr, dass die Magersucht chronisch wird.

Bereits jede dritte Schülerin (zwischen 12 bis 20 Jahren) leidet an Frühformen von Essstörungen, bei 14% dieser Altersgruppe besteht bereits ein sehr hohes Risiko für die Entwicklung einer Magersucht.

Etwa 5 Millionen Menschen , davon die allermeisten weiblichen Geschlechts, in Deutschland leiden an Essstörungen.

3,7 Millionen davon haben gefährliches Untergewicht.

100 000 Menschen, insbesondere Frauen, leiden demnach an Magersucht.

Die Zahl der Magersüchtigen verdreifachte sich in den letzten zehn Jahren.

30% der Magersüchtigen sind chronisch krank.

30% der Magersüchtigen sind nach einer Behandlung geheilt.

30% der Magersüchtigen erfahren eine Spontanheilung.

10% aller Magersüchtigen sterben an ihrer Magersucht.

Folgeschäden:

Absinken des Stoffwechsels, des Pulses, des Blutdrucks und der Körpertemperatur. (-> Müdigkeit, Frieren und Verstopfung). Hormonelle Veränderungen (Trockene Haut, brüchige Haare, Ausbleiben der Menstruation, Veränderung der Körperbehaarung, Osteoporose (Verringerung der Knochendichte). Mangel an lebensnotwendigen Elektrolyten (Kochsalz, Magnesium oder Kalium) durch Fasten und den Gebrauch von harntreibenden Medikamenten oder Abführmitteln.

Verschiebungen des Säuregehaltes im Blut (Kaliummangel + Säuremangel führen zu schweren Herzrhythmusstörungen). Verkrampfungen und eine schnelle Ermüdbarkeit der Muskulatur.

Anstieg des Harnsäurespiegels durch zu wenig Flüssigkeitsaufnahme -> Nierenstörungen.

Langjähriger Kaliummangel kann die Nierenfunktion dauerhaft schädigen.

Durchblutungsstörungen mit Kältegefühlen an den Händen und Füßen, bis hin zu Erfrierungen.

Veränderungen der Sexualhormone treten schon nach einer Gewichtsabnahme von wenigen Kilogramm ein und können zu Unregelmäßigkeiten des Zyklus und zu einer Einschränkung der Fruchtbarkeit führen (unerfüllter Kinderwunsch).

Psychische Folgen:

Ständiger zwanghafter Vergleich mit anderen Menschen. Starkes Kontrollbedürfnis. Schuldgefühle, wenn etwas schmeckt. Angst vor eigenen Bedürfnissen. Selbsthass, Geiz, Zwanghaftes Verhalten (Waschen/Putzen), Sozialer Rückzug , Depressive Verstimmungen. Teilweise selbstverletzendes Verhalten. Abnahme der Konzentrationsfähigkeit.

Adipositas, Fettsucht, Übergewicht

Fettsucht ist ein körperlicher Zustand, bei dem im Fettgewebe unter der Haut und in anderen Organen zu viel Fett eingelagert ist.

Übergewicht entsteht, wenn dem Körper ständig mehr Nährstoffe zugeführt werden, als er verbraucht. Diese werden dann in Form von Fett deponiert.

Die optimalen Körperfettanteile bei Männer liegen zwischen 11-17% und bei Frauen zwischen 19 und 22%. Werte unter 3% bei Männern und unter 11% bei Frauen sind genauso ungesund, wie Fettanteile über 30%.

Tabelle BMI (Body Measurement Index) - Werte

Normalgewicht 20,0 - 24,9

Übergewicht 25,0 - 29,9

Adipositas Grad I 30,0 - 34,9

Adipositas Grad II 35,0 - 39,9

Adipositas Grad III > 40

Formel BMI:

„Gewicht in Kilogramm (Kg) / Körpergröße (m2)“

Ca. 10% der Fettsüchtigen (hauptsächlich Frauen) zeigen das Syndrom nächtlichen Essens (night-eating syndrom).

Bei ca. 5% der Fettsüchtigen findet sich das Syndrom der Fressorgien (binge eating). Sie leiden unter einem gestörtem Sättigungsgefühl.

Zusatzerkrankungen:

Hoher Blutdruck, Erhöhung der Blutfette, Schlafstörungen, Arthrose der großen Gelenke, Schlaganfall, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemnot, Diabetes, Gallensteine.

Das Risiko Krebs zu bekommen steigt und ist höher als bei Alkohol- und Tabakgenuss.

Fettsucht kann das Leben verkürzen und zu einem vorzeitigem Tod führen.

Selbstbild: Fettsüchtige empfinden ihre Körper als ekelerregend. Sie haben das Gefühl, von anderen mit Feindseligkeit und Verachtung betrachtet zu werden.

Grund: extreme Unsicherheit, geringes Selbstvertrauen und gestörtes Sozialverhalten, soziale Isolation.

Psychosomatische Ursachen (z.B. Depressionen, Einsamkeit).

Krankheitsbedingte Fettsucht wird durch eine Unterfunktion bestimmter Hormondrüsen erzeugt. Dies gilt für ca. 10% der Fettleibigen.

Genetische Ursachen: Erbanlagen können zu einer vermehrten Nahrungsaufnahme, zu einem verminderten Energieumsatz oder einer bevorzugten Energiespeicherung in Form von Fett führen.

Behandlungsmethoden

Mehr körperliche Bewegung (z.B. in einer Gruppe).

Ernährungsumstellung mit Hilfe eines Ernährungsberaters.

Emotionale Unterstützung.

Stärkung des Selbstwertgefühls.

Operationsmethoden: Magenverkleinerung: Durch den kleineren Magen stellt sich schnell ein Sättigungsgefühl ein.

Magenballon: Der Ballon füllt den Magen partiell. Der Fettleibige verspürt ein Gefühl der Sättigung. Der Ballon kann bis zu sechs Monaten im Magen verbleiben.

Magenschrittmacher: Es werden elektrische Impulse in den Magen sendet. Dieser elektrische Stimulus beeinflusst die Wirkung der Muskeln des Magens. Beim Essen empfinden der Fettleibige schneller ein Gefühl der Sättigung.

Fettsucht eine Wohlstandskrankheit?

Der zunehmende Wohlstand hat einen wesentlichen Einfluss auf unsere Essgewohnheiten:

unausgewogene Ernährung, fettreiche Fast- Food- Snacks, zu üppige Portionen, sowie stark gesüßte Erfrischungsgetränke.

Früher war es für den Körper überlebensnotwendig, Energiereserven in Form von Fettdepots zu haben, um die Zeiten der Nahrungsknappheit zu überstehen.

Die Anteile von Fett in Lebensmitteln sind in den letzten 30 Jahren von 20% auf 43% gestiegen.

Bulimie, Ess-Brech-Sucht

Bulimia nervosa , griech. “bulimos“ - Ochsenhunger.

einzelne Berichte bereits in der Antike.

RUSSEL (1979) - Eigenschaften wissenschaftlich beschrieben.

Zuwachs in der letzten 20 Jahren.

hohe Dunkelziffer.

2-4 % bei den 18 bis 35jährigen Frauen.

95% aller Erkrankten sind weiblich.

Alter bei Erkrankungsbeginn etwas höher als bei Anorexia nervosa.

auch Folge der Magersucht.

Symptome:

wiederholte Attacken von Heißhunger gefolgt von selbst herbeigeführtem Erbrechen.

Fressattacken: Nahrungsmittel, die sonst tabu sind,

bis zu 50.000 Kalorien pro Attacke.

Frequenz der Attacken: 1-2 pro Woche bis 20 pro Tag.

heimlich; tiefes Schamgefühl.

Mundraub,

Schulden,

auch Erbrechen einer normalen Mahlzeit.

andere Mittel: Abführmittel, Appetitzügler etc.

ständige Beschäftigung mit Essen.

Unter - oder Übergewicht

schlankes Körperideal

Hintergrund:

individuelle Leidensgeschichte.

sehr kontrolliert, Lebensbereich gut im Griff.

Frauen: schlechte Erfahrung im Bereich der Sexualität.

entwickelt aus Magersucht.

Beeinträchtigung der Gefühlswelt.

niedriges Selbstwertgefühl.

Folgen:

emotionale Einsamkeit.

Teufelskreis durch “Effektivität“.

Entwicklung einer Suchterkrankung oder Borderline-Persönlichkeit.

Elektrolytentgleisung, Kreislaufprobleme, Abführmittelmissbrauch, Vergrößerung der Speicheldrüsen, Zahnschmelzeffekte, Durchfall und Verstopfung, Verhornungsmale am Handrücken.

Schönheitsideale und Attraktivitätsklischees

Amerikanische Schauspielerinnen früher BMI von 20-25, heute 18,5.

18,5 eigentlich unterernährt.

Modelgewicht früher 8% unter Durchschnitt, heute 20%.

Körperfettanteil bei Models & Schauspielerinnen bei 10%, normal sind 25%.

Schaufensterpuppe heute 10 cm weniger Hüftumfang und 5 cm dünnere Oberschenkel.

Im Vergleich zu lebendigen Frau 13,5 cm weniger Hüfte und 10 cm dünnere Oberschenkel.

Barbie-Puppen!

„Gewinner“: Mode – und Kosmetikbranche, Schönheitschirurgie, Pharmaindustrie mit Appetitzüglern, Lebensmittelindustrie mit Lightprodukten.

Brigitte Umfrage bei Frauen

gutes Aussehen von deutschen Frauen höher bewertet als in den 70ern.

57 % glauben gutes Aussehen fördert Chancen im Berufsleben.

32 % - gutes Aussehen fördert Chancen im Privatleben (1978: 51 %).

94 % machen sich schön für Wohlbefinden und Selbstsicherheit.

3 % (1978: 14 %) für sich selbst.

Schönheit Frage des Alters – NEIN

41 % zufrieden mit Aussehen ( 1978: 56 %).

25 % halten sich für schöner als Durchschnitt (1978: 17 %).

gesünder leben = gutes Aussehen: 85 %.

gutes Aussehen leichter, weil weniger Kinder: 79 %.

viele mit Körper nicht zufrieden –

a ) gesellschaftliche Norm

b) eigene Schönheitsvorstellungen

Modeschöpfer, Werbefachleute, Showstars.

Opfer unserer eigenen Einstellung.

Entwicklung von Scham, Hemmungen, Ängsten und ernsten psychischen Störungen.

Schönheitsideale vergänglich.

relativer Begriff.

Geringes Selbstwertgefühl.

Körper annehmen

Unser Körper ist der einzige Ort,

in dem wir leben können.

Behandeln Sie ihn deshalb gut und vor allem:

Nehmen Sie ihn an.

Wandel des Schönheitsideals:

Steinzeit: Dickleibigkeit als Schönheitsideal, weil Garant für die „Aufzucht“ der nächsten Generation. Die Venus von Willendorf als „Traumfrau“.

Griechische Klassik: Ausgewogene Proportionen: Körper und Geist harmonisch im Einklang.

Aus heutiger Sicht wirkt dieses Ideal eher mollig und stämmig.

Renaissance: Wie schwanger erscheinender Bauch, Arme, Beine und Brust zeigten sich eher unscheinbar und mager.

Barock: Üppig, doch kristallisierte sich das Ideal „schmale Taille“ heraus. Die Frauen zwangen sich ins Korsetts, um dem Ideal zu entsprechen.

Im 20. Jahrhundert änderte sich das Schönheitsideal grundlegend. Was bis dahin das Korsett geleistet hatte, musste nun am Körper selbst abgespeckt werden. Die erste Schlankheitswelle kam ins Rollen.

2. Weltkrieg: Weibliche Formen wieder gefragt. Mütterlichkeit wurde propagiert. Die gut genährten, vollbusigen Damen galten auch noch in der Nachkriegszeit als schön, denn die Fülle zeugte von Reichtum.

In den 60ern: das Schlanksein setzte sich wieder durch.

Marilyn Monroe und Liz Taylor: lange Beine, schmale Taille und großer Busen.

Später Model Twiggy: knabenhafte, magersüchtig erscheinende Frauen.

Prominente mit Essstörungen:

Johanna von Orleans

Kaiserin Sissi

Kronprinzessin Victoria

Heather Locklear

Matt Damon

Sven Hannawald

Tom Hanks

Franz Kafka

Franziska van Almsick

Geri Halliwell

Paula Abdul

Lady Diana

Elton John

Jane Fonda

Therapeutische und pädagogische Interventionsmöglichkeiten

Therapieziele: eigene Gefühle ausdrücken. Eigene Verantwortung übernehmen können.

Übermäßigen Leistungsdruck und Perfektionismus abbauen. Abbau von Hemmungen und Ängsten im Umgang mit dem Essen. Normales Einkaufen. Erfahrung von Hunger und Sättigung.

Grundkenntnisse über eine gesunde Ernährung. Den eigenen Körper wieder spüren lernen.

Selbstvertrauen erlangen.

Ambulante und stationäre Therapie.

Gewichtskontrolle: Minimumgewicht und Maximumgewicht vereinbaren. Essprotokoll, was wann, wo, wie und aus welchem Grund gegessen wurde. Über Gefühle während und nach dem Essen sprechen und einen anderen Umgang mit dem Essen erlernen.Einüben von Veränderungsstrategien.

Entwicklung von Strategien mit dem Essen besser umzugehen. Auslösesituationen für den negativen Umgang mit dem Essen finden, damit das Essen wieder ein positives Erlebnis werden kann.

Musiktherapie und Musikpädagogik: Rezeptives Musikhören oder aktives Musizieren.

Allgemeine Förderung der Kommunikationsbereitschaft und der emotionalen Äußerung

In der Kunsttherapie und Kunstpädagogik wird die Kunst genutzt, um Menschen bei ihren persönlichen Schwierigkeiten zu helfen. Malen, Bildhauerei und das Gestalten mit Ton sind dabei Techniken, die zum Einsatz kommen können.

Erlebnistherapie und Erlebnispädagogik: Klettergarten, Canyoning, Streichelzoo, Kinobesuche, Konzertbesuche und Besuche diverser Veranstaltungen. Freizeitaktivitäten / Vergnüglichkeiten, Radfahren / Schwimmen etc., Ausflüge und Teilnahme an Workshops, Segelschiff-Törns auf Traditionsseglern.

Reittherapie, Hippotherapie, oder tiergestützte Pädagogik mit Pferden: Ziel ist, den eigenen Körper wieder spüren zu lernen und einen besseren Bezug zu ihm zu bekommen.

Therapeutisches Schwimmen und Schwimmpädagogik, zum Beispiel Schwimmen mit Delfinen, hat den gleichen Nutzen wie auch die Reittherapie. Die Wahrnehmungsfähigkeit für den eigenen Körper soll verbessert werden. Man fühlt sich im Wasser leichter und einfach schwerelos.

Ernährungsberatung: gesunde Ernährung, Fehlernährung und deren Folgen kennen lernen.

Lebensmittel einkaufen, zubereiten und diese dann in „normale“ Portionen einteilen und gemeinsam verzehren. Einen realistischen Blick in Bezug auf das Essen gewinnen.

Gesundheitserziehung

Aufgabe der Gesundheitserziehung ist es Menschen zu unterstützen, sich gesundheitsrelevanter Verhaltensweisen bewusst zu werden, selbstbestimmte gesundheitsbewusste Entscheidungen treffen zu können, Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen und sich aktiv an der Gestaltung einer gesundheitsförderlichen Umwelt zu beteiligen.

Aufgaben der Schule ergeben sich aus dem hohen Anteil überernährter Kinder und Jugendlicher, der steigenden Aggressivität und Gewaltbereitschaft, der besonderen Gefährdungen durch Nikotin, Alkohol und illegale Drogen sowie der steigenden Zahl allergiekranker Kinder und Jugendlicher. Auf diese Probleme und Aufgaben kann die Schule oft nur unzureichend reagieren!

Frühere Konzepte zur Gesundheitserziehung bestanden aus Wissensvermittlung und Abschreckung, Appelle an die Vernunft, strikte kognitive Unterweisung und stereotype Abschreckung, Drohungen, Angst und Schock. Diese Konzepte waren weitgehend erfolglos und verfehlten ihr Ziel. Es ist eine Diskrepanz zwischen Wissen und Verhalten festzustellen.

Gegenwärtige Konzepte zur Gesundheitserziehung sind ganzheitliche Konzepte. Es geht um die Anleitung und Einübung von Verhaltensweisen, die die psychische, physische und soziale Gesundheit des Menschen erhalten und fördern können.„Lernen durch aktives Tun“, „Lernen an beispielhaftem Verhalten“.

Gefördert werden sollen die Handlungskompetenz, die Sozialkompetenz und die Entscheidungskompetenz.

Ziele der Gesundheitserziehung

Die Schüler sollen Möglichkeiten zur Verbesserung der Lebensbedingungen erkennen, entwickeln und erproben, Kenntnisse und Einsichten über eine gesunde Lebensführung gewinnen und für Belange individuellen Wohlbefindens sensibel werden und Selbstwertgefühl entwickeln und ihr physisches wie psychisches Selbst-Bewusstsein stärken.

Themenfelder der Gesundheitserziehung

Grundkenntnisse über den eigenen Körper und die Psyche;

Gesunderhaltung des Körpers;

Richtige Ernährung;

Seelische Gesundheit;

Sexualerziehung;

Suchtprävention;

Körperpflege;

Unfallverhütung;

Krankheiten und Behinderungen.

Mögliche Erfahrungsfelder könnten die Anlage eines Schulgartens und der biologische Anbau von Obst und Gemüse, die Gestaltung gemeinsamer Frühstückspausen und die gemeinsame Zubereitung von Mahlzeiten aus vollwertigen Lebensmitteln werden. Eine Rhythmisierung des Schulvormittags, bei der Phasen der Arbeit und Entspannung gleichermaßen zur Geltung kommen, wäre sinnvoll. Die Umgestaltung des Klassenraums im Sinne einer "Schule zum Wohlfühlen" wäre durchaus einen Versuch wert.

1.2 Zur Sozialisation der Jungen

SCHNACK und NEUTZLING beschreiben in ihrem viel diskutierten Buch „Kleine Helden in Not – Jungen auf der Suche nach Männlichkeit“ (1990 ) die Schwierigkeiten der Jungen bei ihrer Identitätsfindung. Den Autoren zufolge kann man sagen, dass es keine ausschließlich glückliche Kindheit gibt. Diese existiert nur in den Wünschen liebender Eltern und in den sentimentalen Erinnerungen erwachsener Menschen, denn : Jeder Säugling empfinde schon Gefühle wie Angst, Verlassenheit, Enttäuschung, etc. Jedes Kind müsse irgendwann Gefühle von Abhängigkeit und Selbstbehauptung erleben. Jeder wird irgendwann auch den liebendsten Vater als Konkurrenten und Rivalen in Bezug zur Liebe zur Mutter erleben.

Der ständige Wunsch nach immer glücklichen Kindern kann negative Auswirkungen haben. Laut SCHNACK und NEUTZLING versuchen Kinder immer den Erwartungen der Erwachsenen zu entsprechen und haben dann das Problem, dass sie, wenn sie stets nur immerzu glücklich sein sollen, nicht mehr wissen, an wen sie sich mit ihrem Unglück wenden sollen. „Eltern können ihre Kinder nicht vor den Dramen der ersten Lebensjahre bewahren, sie können ihnen nur helfen, sie durchzustehen.“( SCHNACK/NEUTZLING 1990, S.15 )

Zur Bedeutung der Mutter in der Kleinkindzeit

Die erste Person, die jeder Mensch in seinem Leben liebt, ist die Mutter, also weiblich.

Kinder werden von einer Frau ausgetragen, geboren und meistens auch gestillt. Die ersten Gefühle, positive wie negative, schon im Mutterleib und bei der Geburt, die ein Mensch erfährt, sind mit dem weiblichen Körper und der Persönlichkeit der Mutter verbunden. Die Mutter-Kind-Beziehung ist eine besondere Beziehung. Auch ein Vater, der sich sehr bemüht, hat gegen die enge Mutter-Kind-Beziehung keine Chance.

Die Mutter-Sohn-Beziehung: Laut SCHNACK und NEUTZLING kann man schon im Kleinkindalter einen bestimmten Unterschied zwischen der Mutter-Sohn-Beziehung und der Mutter-Tochter-Beziehung erkennen: Es besteht bei der Mutter-Sohn-Beziehung eine Asymmetrie der Geschlechter. Der Junge hat von Anfang an in der Mutter ein adäquates Sexualobjekt. Beim Heranwachsen stellen Jungen fest, dass sie anders sind als die Mutter. Dies führt bei den Jungen schon sehr früh zu einem Identitätsbruch und der Junge ist gezwungen, sich eine neue Identität zu suchen. Dabei orientiert er sich an den Rollenangeboten, die ihm unsere Gesellschaft anbietet. Ein Junge kann seine Identität aber nur finden, wenn er sich von seiner Mutter abgrenzt. Dies ist wiederum für die Jungen sehr schmerzhaft, da er sich aus der „paradiesischen“ innigen Mutter-Kind-Symbiose der ersten Lebensjahre lösen muss. Dabei muss er akzeptieren dass die Mutter groß ist und bestimmt und er klein ist. Er muss lernen, dass eine dominante, aber auch sehr anziehende Mutter ihm seine noch unsichere geschlechtliche und personale Identität nicht wegnimmt.

Problematische Mutter-Rollen

1. Die stolze Mutter hält ihre Kinder für etwas Besonderes und hat Angst, dass man deren Gewöhnlichkeit erkennt. Sie „managed“ ihren Sohn, lobt ihn oft, um ihn zu Höchstleistungen anzuspornen. Sie kümmert sich nur um ihren Sohn, nie um ihre eigenen Belange. Sie projiziert ihre eigenen Omnipotenzwünsche auf ihren Sohn. Sie vermittelt ihrem Sohn, dass er ein außergewöhnlicher Mensch ist, aber nur mit Hilfe seiner Mutter. Als Erwachsene bleiben die Söhne oft unter den Fittichen der Mutter.

Die stolze Mutter sieht den Sohn als Konkurrenten zu ihrem Ehemann oder

Lebenspartner.

2. Die kontrollierende Mutter bestimmt immer, was für ihren Sohn das Beste ist. Der Vater, Ehemann oder männliche Lebenspartner hat keine Chance, bei der Erziehung des Sohnes mitzuwirken. Sie erledigt die Haushaltspflichten perfekt. Sie pflegt die Kontakte zu den Lehrern ihres Sohnes und zu den Eltern der Spielkameraden ihres Sohnes. Der Sohn kann vor seiner Mutter eigentlich nichts geheim halten. Sie hört ihrem Sohn immer zu, wenn er Probleme hat. Diese Mutter verplant die Nachmittage ihres Sohnes mit Aktivitäten, wie Fußballtraining, Klavierüben, Nachhilfestunden etc.. Sie selten offen streng, aber hat ihren Sohn dennoch unter Kontrolle.

3. Die kämpfende Mutter hat positive wie negative Aggressivität. Sie hat immer das Gefühl, dass sie ihren Sohn verteidigen muss.

„Die Söhne kämpfender Mütter haben grundsätzlich schlechte Lehrerinnen. Schon im Sandkasten werden sie von ungezogenen Bälgern malträtiert. Sie bekommen entweder viel zu viel oder zu wenig Schulaufgaben auf. Werden Sie krank, dann geraten sie an einen inkompetenten Arzt“ (SCHNACK/NEUTZLING 1990, S.109 ).

Die Söhne werden auch oft aggressiv. Die Sozialkompetenz des Sohnes ist oft wenig entwickelt, weil ihm immer gezeigt wird, dass er eigentlich im Recht sei. Diese Mutter müsste eigentlich für sich selbstkämpfen, da sie bei genauerem Hinsehen eine äußerst schutzbedürftige Frau ist.

4. Die Mitmach-Mutter engagiert sich sehr für ihren Sohn, so sehr, dass sie ihm keinen eigenen Freiraum lässt. Sie ist eine „gute“ Mutter, bastelt, malt, spielt, etc., und unterhält den Sohn den ganzen Tag lang. Sie unternimmt die Aktivitäten mit dem Sohn aber nur, weil sie mit sich selbst und ihrer Zeit nichts anzufangen weiß. Die Mutter beschäftigt sich mehr mit ihren Kindern als mit ihrem Mann. Als Erwachsene können die Söhne sich nur schwer aus der engen Mutter-Sohn-Beziehung lösen. Die Söhne haben als Erwachsene oft das Gefühl, dass sie ihrer Mutter etwas schuldig sind und mögen sie deshalb nicht „allein“ lassen.

5. Die Mutter als Putze

„Die Putze lässt sich gefallen, dass sie und ihre Arbeit abgewertet werden. Meistens ist sie mit einem Mann verheiratet, dem die Angst aus dem Hemdkragen kriecht; der um sich haut, weil er sich sonst wehrlos fühlen würde, und der bedient werden will“. (SCHNACK/NEUTZLING 1990, S. 112)

Sie hat oft einen dominanten und brutalen Mann. Sie putzt aus Leidenschaft gern. Der Sohn leidet darunter, dass die Mutter vom Vater immer wieder „heruntergeputzt wird.

„ Die Ablösung von einer so oder anders abgewerteten Mutter ist schwieriger, als sie auf den ersten Blick erscheint, denn weder für liebevolle noch für Abhängigkeitsgefühle des Sohnes ist Platz genug vorhanden. Wie kann er die Mutter heiß lieben, wenn sie so wenig Achtung erfährt? Wie kann er sich klein und abhängig von der Putze fühlen? Er verdrängt, was er tun müsste – anstatt groß zu werden, lernt er dreckige Witze.“ (SCHNACK/NEUTZLING 1990, S. 113)

Die Rolle des Vaters

Väter sind schon im Kleinkindalter wichtig für Jungen. Ein Vater kann vom ersten Tag an seinem Kind Wärme, Liebe und Befriedigung geben. Ein Baby kann sehr früh zwischen Vater und Mutter unterscheiden.

Nach SCHNACK und NEUTZLING soll ein Vater am Anfang nicht so sein wollen wie die Mutter, sondern er soll einfach nur dazu beitragen, der Mutter und dem Kind eine glückliche Anfangszeit zu ermöglichen. Wenn ein Junge auch zarten und liebevollen Körperkontakt von dem Vater erfährt, fällt ihm der Ablöseprozess von der Mutter leichter. Wenn ein Baby die Mutter negativ erlebt, z.B. wenn sie weggeht, wird der Vater von dem Kind besonders gebraucht. Der Vater kann hier also helfen, die Beziehung zur Mutter zu lockern.

Der Vater zeigt dem Sohn ein „Modell“, dass man einer Frau, der Mutter, sehr nah sein kann, obwohl man eine eigene Identität und Autonomie besitzt. Wenn ein Vater zu Hause im Haushalt mithilft, wird auch aus dem Sohn kein Pascha werden. Im Gegenzug aber , wenn ein Vater sich zu Hause nur bedienen lässt, wird auch der Sohn nicht lernen, ein eigenes Leben zu führen.

Wenn der Vater sich mit der Mutter streitet, wieder verträgt und mit ihr zusammen Entscheidungen trifft, dann wird der Sohn auch als Erwachsener nicht der Meinung sein, dass man „Weiber“ klein halten muss, um zu bestehen, und er sieht, dass das Bemühen um Selbstständigkeit, nichts mit einem Geschlechterkampf zu tun hat.

Im Normalfall ist in der heutigen Gesellschaft der Vater bereit, alles zu bezahlen , aber ansonsten hält er sich auch heute noch gern von den Kindern fern. Nach der Geburt eines Kindes konzentrieren sich die meisten Männer stärker auf den Beruf. Jungen spüren, dass Männer Macht haben, dass der Vater „draußen“ etwas wichtiges macht. Im Normalfall wird , so vermittelt uns es die Gesellschaft unterbewusst, die Arbeit des Vaters als wichtiger betrachtet als die Arbeit der Mutter zu Hause. Die Macht des Vaters ist aber abstrakt, da sich seine Wichtigkeit außerhalb abspielt. Zu Hause wird der Vater oft als schwach erlebt.

Die Zeit , die ein Junge in der heutigen Zeit mit seinem Vater verbringt, ist in der heutigen Zeit zwar sehr gering, aber von großer Bedeutung. Der Vater hilft dem Jungen, sich aus der Symbiose mit der Mutter zu lösen. Der Junge kann sich mit dem Vater identifizieren und identifiziert sich somit mit dem männlichen Geschlecht.

Problematische Rollen als Vater

1. Der Große-Bruder-Vater k onkurriert mit seinen Kindern um die Fürsorge seiner Frau. Er fühlt sich benachteiligt. Er empfindet seine Frau als zu mächtig. Manchmal lehnt er sich gegen sie auf, aber schließlich gibt er bei Entscheidungen immer nach. Er kann seine Kinder beim Spielen nicht gewinnen lassen. Er ist oft nörgelig mit seinen Kindern, und korrigiert diese ständig. Er kann seinen Kindern ein guter Spielkamerad sein, und hat dadurch auch manchmal Kontakt mit den weichen Charaktereigenschaften seines Sohnes. Er nimmt keine Erwachsenenposition in der Familie ein. Er vermittelt dem Sohn unbewusst, dass man als Mann in der Nähe einer Frau nicht bestehen kann. Er bringt mit seinem Verhalten seinen Sohn in Loyalitätskonflikte, entweder der Mutter gegenüber, wenn er den Gefühlen seines Vaters folgt, oder seinem Vater gegenüber, denn die Versuchung ist groß, an Stelle des Vaters, der Mann im Haus zu sein.

2. Der bedeutende Vater meint, er mache alles richtig und wisse alles. Seine Familie erreicht materiell mehr als andere Familien. Er hat Angst vor den weichen Seiten seines Sohnes und reagiert auf diese aggressiv und abschätzig. Auf die Dauer nervt er seine Familie mit seinem Verhalten. Seine Söhne haben es schwer, denn sie müssen akzeptieren, dass sie zur Zeit alles schlechter machen als der Vater.

„Sein Sohn lernt, dass Mann sich dicke tun muss, um gegenüber Frauen zu bestehen.“ (SCHNACK/NEUTZLING 1990, S.93).

Der Sohn erlebt seinen Vater sehr widersprüchlich: Entweder zu mächtig oder zu schwach. Der bedeutende Vater hat oft „missratene“ Söhne.

3. Der alternative Vater hat sich vom traditionellen Rollenbild gelöst und kümmert sich sehr fürsorglich um seine Kinder. Aber es existiert ein Konkurrenzverhältnis zwischen ihm und seiner Frau. Er ist ein braver angepasster Mann, der wenig Wert auf sein sein äußeres Erscheinungsbild legt. Er ist der Ansicht, dass Frauen besser sind als Männer. Er grenzt sich anderen Männern gegenüber stark ab. Er ist im geheimen ein sehr machtorientierter Mensch.

„Seinen Verzicht auf eine (ihm an sich zustehende) erfolgreiche Rolle in der Männerwelt hält er für sehr edelmütig, wodurch ihm entgeht, wie viel Furcht er davor hat, dass er dort versagen könnte.“ ( SCHNACK/NEUTZLING 1990, S. 98).

Er hat ein sehr enges Verhältnis zu seinem Sohn. Seine Söhne sind im sozialen Leben oft sehr schüchtern, zu Hause hingegen frech und aufmüpfig. Öfters beenden alternative Väter ihr Engagement zu Hause nach geraumer Zeit und stürzen sich ins Berufsleben.

4. Der Frauen-verachtende-Vater meint, seine Frau sei ein Dummchen oder eine Schlampe. Er liebt Männergesellschaften und dreckige Witze. Er kommt abends immer sehr spät nach Hause. Er ist der Meinung, dass seine Frau alles falsch macht und sagt ihr das auch ständig.

„Sein Sohn, der den ganzen Tag mit dieser blöden Frau, die seine Mutter ist, zusammenlebt und von ihr versorgt wird, gerät in unüberbrückbare schwere Loyalitätskonflikte, die ihn oft dazu bringen, die Familiendynamik zu übernehmen und so viel Unfug oder Mist zu produzieren, dass seine Eltern gar nicht anders können, als sich zusammenzutun.“ ( SCHNACK/NEUTZLING 1990, S. 96)

Die Söhne spüren oft, dass ihr Vater eigentlich sehr viel Angst hat.

Der Mythos der männlichen Überlegenheit

„ Jungen müssen überlegen sein und sich durchsetzen können. Sie dürfen keine Angst zeigen, nicht zaghaft oder vorsichtig sein. Ihre Körper sollen gut funktionieren und ständig über sich hinauswachsen.“ ( SCHNACK/NEUTZLING 1990, S.75 )

Die Autoren werten dies als den Mythos der männlichen Überlegenheit. Jungen müssen demnach körperlich stärker sein als die Mädchen, und deswegen schlägt man Mädchen nicht. Unsere ganze Kultur ist insgesamt davon geprägt, dass Jungen bzw. Männer stärker und mächtiger sind. Für Jungen steht von vornherein fest, dass sie besser und mächtiger sind. Alle Erfahrungen, die an der grundsätzlichen Überlegenheit zweifeln lassen, müssen Jungen verdrängen oder umwerten. Gefühle ,die Schwäche zeigen, werden von Jungen bzw. Männern überkompensiert und dies wird als normales männliches Verhalten dargestellt. Männer und Jungen müssen sich immer „cool“ und stark geben, damit man ihre Schwäche niemals erkennen kann. Wie die Gesellschaft die Jungen sieht, zeigen auch die Spielzeuge, die Jungen angeboten werden und nach denen sie verrückt sind, z.B. Pokemon, HeMan, etc..

Die Erwartungen der Eltern an die Söhne

Zu Hause wünschen sich vor allem Mütter einen angepassten und liebevollen Sohn, der sich im Kindergarten aber durchsetzt, hart ist und etwas aushält. Jungen werden schon früh dazu animiert, ängstliche und schwache Gefühle zu unterdrücken. Dieser Identitätskonflikt spiegelt sich in der Realität wider: Jungen sind zu Hause oft anschmiegsam, aber außerhalb lehnen sie Zärtlichkeiten ab. Dies bleibt oft bestehen bis ins Erwachsenenleben. Im Berufsleben als Karrieremann zeigen sie keine Gefühle, weil sie sich keine Blöße geben wollen. Im Privatleben jedoch werden oft regressive Wünsche ausgelebt.

Jungen in der Schule

Theoretisch sollen Jungen und Mädchen gleiche Bildungschancen bekommen. In der Praxis sieht es aber immer noch anders aus: Zahlreiche Untersuchungen haben ergeben, dass die Mädchen in unserem Schulsystem benachteiligt werden. Geschlechtsdifferente Schulforschung wird jedoch fast ausschließlich von Frauen betrieben, so kann eine gewisse Subjektivität sicher nicht ganz ausgeschlossen werden. So kommen Schulforscherinnen zu dem Ergebnis, dass sich die Jungen im Unterrichtsgeschehen in den Vordergrund drängen. Sie werden öfter drangenommen, sie reden öfter und länger. Insgesamt erhalten sie zwei Drittel der Aufmerksamkeit der Lehrer. Sinkt der Aufmerksamkeitsanteil fühlen sie sich sofort benachteiligt und reagieren mit Protest.

Tore SKINNINGSRUD (1984) schreibt, dass Jungen und Mädchen unterschiedliche Interaktionsstrategien verfolgen: Während Jungen eher die Kompetenz der Lehrerin in Frage stellen und konkurrenzorientiert arbeiten, stellen die Mädchen Verständnisfragen, die der ganzen Klasse zugute kommen. Gegenüber den Mädchen verhalten sich die Jungen herablassend. Spricht ein Mädchen, hören weniger Jungen zu. Jungen zeigen eine geringere soziale Kompetenz. Sie sind weniger konfliktfähig und haben Schwierigkeiten über eigene Probleme und Probleme innerhalb der Klasse zu reden. Sie können sich zusätzlich schlechter in Andere hineinfühlen. Weibliche Interessenfelder treten aufgrund der Angst vor männlichem Protest in den Hintergrund. Mädchen nehmen dagegen bestimmte Themen eher stillschweigend hin.

Laut SCHNACK und NEUTZLING verbergen sich hinter der Sucht nach Aufmerksamkeit jede Menge Selbstzweifel, Unsicherheit, und das Gefühl von Unterlegenheit:

„Nach unserem Eindruck lässt die Schule viel zu oft die Jungen mit unrealistischen Selbstentwürfen allein und wartet stumpf ab, bis wieder ein neuer Schwung Männer fertig gebacken ist: Außen hart und innen pappig.“ ( SCHNACK/NEUTZLING 1990, S.138).

Schulische Überlegenheit der Mädchen

30 % mehr Jungen als Mädchen besuchen wegen mangelnder Schulreife einen Schulkindergarten

Währen das Verhältnis von Jungen zu Mädchen an Gymnasien und Realschulen recht ausgewogen ist, ist der Jungenanteil an der Hauptschule erhöht und an Sonderschulen auffällig erhöht:

Sonderschule für Sprachbehinderte 71 %

Sonderschule für Körperbehinderte 59 %

Sonderschule für geistig Behinderte 57%

Sonderschule für Sehgeschädigte: 58%

Sonderschule für Lernbehinderte 60%

Sonderschulen für Verhaltensgestörte stellen mit 79 % männlichen Schülern fast reine Jungenschulen dar.

Über 60 Prozent der Schulentlassungen ohne Hauptschulabschluss fallen auf das männliche Geschlecht.

Feministisch orientierte Forschung hat herausgefunden, dass Jungen mit zunehmendem Alter immer selbstbewusster werden. Sie verarbeiten ihre Bewertungen selbstdienlicher als die Mädchen. Es beginnt eine Rebellion, gegen Anforderungen, die die Schule an sie richtet. Lässigkeit zählt in diesem Stadium zu dem meistgeschätzten Jungeneigenschaften. Sich zu melden und womöglich preiszugeben, dass man nichts versteht, könnte als Schwäche gewertet werden. Viel eher bietet es sich an, die Lehrerin zu attackieren, den Unterricht zu stören und anschließend den Lernstoff für unsinnig zu erklären. Gute Noten werden mit links erreicht, übermäßiger Arbeitseinsatz könnte ansonsten schnell den Titel des Strebers bescheren.

SCHNACK und NEUTZLING werten diese oft zwanghaften Verhaltensmuster als versteckte Zeichen für Angst. So würden Jungen in Angsttests mittels Fragebogen zwar besser abschneiden als die Mädchen, andere Verfahren der Angstmessung (z.B. Leitfähigkeit der Haut) zeigen jedoch keine Unterschiede im Angstvorkommen der Geschlechter. Jungen scheint es nur weniger erlaubt zu sein, diese Angst zu zeigen.

SCHNACK/NEUTZLINGs Appell richtet sich somit an die Schulen:

„Die Schule müsste mehr als bisher den Jungen beibringen, mit angstvollen Situationen, Schwächen und unangenehmen Gefühlen umzugehen. Nicht damit sie wie das Kaninchen vor der Schlange erstarren, sondern damit sie lernen, dass Angst zum Leben dazugehört. Auch zu einem Männerleben.“ (Vgl. a.a.O.,S.147)

Männer und Alkohol

Jungen sollen, so feministische Sozialisationsforscherinnen, eindeutig länger gestillt werden als Mädchen. Ob dies der Wahrheit entspricht, sei dahingestellt. Eins scheint jedoch sicher: Jungen (und Männer) haben den größeren Durst. So trinken Jungen und Männer im Alltag deutlich mehr als Mädchen und Frauen und sie beginnen früher damit. Bevorzugt wird Bier getrunken. Von insgesamt 1,8 Millionen Alkoholkranken in der BRD sind rund 70 % männlichen Geschlechts. Die meisten Jungen fangen etwa im Alter von 9 bis 14 Jahren an, Alkohol zu trinken. Sie wollen sich so in der Gruppe beweisen. Alkohol wird nicht etwa aus Wohlgefallen am Geschmack, sondern aus Nervenkitzel getrunken und das verbotenen Trinken wird als Mutprobe angesehen. Natürlich gilt zu beweisen, wer den größten Schluck vertragen kann. Einige Jungen erfahren dabei einen für sie positiven Nebeneffekt, sie verlieren ihre Hemmungen: Betrunkene Männer und Jungen weinen, sie grölen, sie umarmen sich, sie kichern oder sie werden brutal und fühlen sich in der Gruppe bedeutender. Der Alkohol-Rausch scheint in der Männerwelt die einzige akzeptierte Möglichkeit zu sein, ein Anlehnungs- und Schutzbedürfnis auszudrücken, ohne das Gesicht zu verlieren.

„Besonders männlich und identitätsstiftend ist es, eine große Mengen von Alkohol zu vertragen, also saufen zu können wie ein Loch, und dennoch zu stehen wie eine Eins. Die körperliche Belastung eines Besäufnisses muss mit links weggesteckt werden. Wer selbst mit einem Brummschädel am nächsten Tag noch etwas leisten kann, beweist die gebotene körperliche Unverwüstlichkeit, denn er genügt der männlichen Verhaltensmaxime: Weitermachen, auch wenn`s weh tut!“ (SCHNACK/NEUTZLING 1990, S. 222)

„Ein Kasten Bier!- das schafft so gut wie keine Frau: Auch in Spielsalons wird man lange suchen müssen, um ein Mädchen oder eine Frau zu finden, die sich stundenlang in nervtötende und abzockende Automaten vertieft, als sei sie ein Teil der Maschine. Spielsucht ist eine reine Männerangelegenheit. Und überhaupt: die Welt von blauem Dunst, krachenden Humpen, ratternden Automaten, Urin, Schweiß, Blut und Morgendämmerung ist vor allem eine männliche.“ (Ebd., S.223)

Männer und Homosexualität

Moderne Männer betonen immer wieder, dass sie selbstverständlich nichts gegen Homosexuelle haben. Schwulenfeindlichkeit in der Öffentlichkeit wird verpönt. Dennoch hegen laut SCHNACK und NEUTZLING die meisten von ihnen in Gegenwart von Schwulen unangenehme Gefühle, zumeist in Verbindung mit der Erleichterung, von der Natur doch „richtig“ gepolt worden zu sein. Denn Untersuchungsergebnisse zeigen, dass homosexuelle Männer im Vergleich zu heterosexuellen Männern keineswegs ungewöhnliche Mutter-Kind- oder Vater-Kind- Beziehungen aufzuweisen haben. Auch wenn die Eltern sich lieber ein Mädchen gewünscht hätten, spielte dies keine Rolle.

„ Einen Jungen mit `du schwule Sau` zu beschimpfen, gehört zu den schlimmsten, was andere Jungen ihm antun können. Dabei weiß kein Junge so genau, was Schwulsein überhaupt bedeutet. Die Botschaft die in diesen Worten steckt, ist nicht, dass zwei männliche Wesen sich lieben. Die vernichtende Wirkung dieser Gehässigkeit beruht vielmehr auf der Vorstellung, dass ein Schwuli nicht nur kein richtiger, sondern gar kein Junge ist. Jungen belegen das Schimpfwort schwul mit allem, was sie als unmännlich erleben. Irgendwer in der Klasse führt das Wort ein, und die Panik, als schwul bezeichnet zu werden, breitet sich aus, als gebe es dafür einen genetischen Befehl.“ ( SCHNACK/NEUTZLING 1990, S. 210 )

Große Bedeutung im Leben junger homosexueller Männer hat das Urteil der Eltern. Aus Angst von ihren Eltern verstoßen zu werden, verschweigen viele die Wahrheit. Fast immer wird die Mutter als Erste eingeweiht, nicht zuletzt, um dem Vater die Sache möglichst schonend beizubringen.

Auf Jungen lastet schnell der Verdacht der Homosexualität. Nicht zuletzt sorgen schon die Eltern dafür, dass sie wenig Möglichkeiten haben, unterschiedliche Rollen auszuprobieren. Zärtliche Annäherungen, die nicht mindestens den Anschein erwecken, dass man sich nur raufen will, werden sofort mit einem harten „Bist du schwul, oder was?“ unterbunden.

Sensible, zurückhaltende und vorsichtige Jungen laufen immer Gefahr, sich durch ihr unmännliches Verhalten verdächtig zu machen. Die Angst, als schwul zu gelten, presst die Jungen in ein Korsett, das sie zur Abgrenzung von allem Weichen und potentiell Weiblichen zwingt. Die Vielfalt ihrer körperlichen und seelischen Erfahrungen wird so stark eingeschränkt.

1.3 Schulangst und Schüler-Suizid

Von derzeit gut 12 Millionen Schülern in Deutschland verweigern nach Schätzungen etwa 5% die Schule. Gründe sind Angst vor Mobbing oder Versagen, sowie intellektuelle Überforderung. Schulangst tritt in den verschiedenen Entwicklungsstufen auf und hat dementsprechend unterschiedliche Ursachen, wie zum Beispiel Trennungsangst, Leistungsdruck, Versagensängste.

Zur Definition der Angst: Angst ist ein allgemeines und dauerhaftes Gefühl, dessen Auftreten nicht immer nur von einem konkreten Objekt oder Ereignis abhängt. Angst spiegelt das Gefühl einer allgemeinen Schwäche und das Gefühl, bestimmte Gefahren nicht bewältigen zu können, wider. Ängstlichkeit gilt als Charaktereigenschaft. Angst ist ein „Gefahrenschutzinstinkt“, der hilft, als gefährlich eingeschätzte Situationen abzuwenden.

Zur Definition von Schulangst: Schulangst ist eine spezielle Erscheinungsform der Angst. Sie ist eine Reaktion auf Bedrohungen oder Gefahren in Bezug auf Schule.

Verschiedene Formen der Angst von Schülern sind Lern- und Leistungsangst, zum Beispiel Prüfungsangst, Schullaufbahnangst, Angst vor schlechten Noten, Sitzen bleiben, Schulversagen und Stigmatisierungsangst, Angst vor der Bloßstellung, der Lächerlichmachung, dem Prestigeverlust.

Schulangst setzt sich aus den Komponenten Trennungsangst, Strafangst, Personenangst, vor Lehrkräften, vor dem Schulleiter, vor den Mitschülern, Konfliktangst, Institutionsangst wegen der Größe, Unüberschaubarkeit und Komplexität der Schule und Neurotischer Angst, zum Beispiel Angst vor der Angst, zusammen.

Symptome von Schulangst sind Magenprobleme, das sogenannte „Schul-Bauchweh“, Übelkeit und Essstörungen, Müdigkeit und Erschöpfungszustände, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Alpträume, Verhaltensauffälligkeiten wie Trödeln vor der Schule, Aggressionen, Depressionen, Nägel kauen, Einnässen und Schulverweigerung.

Leistungsdruck entsteht oft durch zu hohe Erwartungen der Eltern, Lehrkräfte und Mitschüler und wird verstärkt durch das Notensystem. Das Ziffern-Zensuren-System erzeugt Blockaden durch Angst.Durch die diskreditierende Wirkung schlechter Schulnoten können soziale Ängste in Bezug auf das Verhältnis zu Lehrkräften und Mitschülern entstehen. Je höher die Schulform, desto problematischer kann das Verhältnis zu Lehrkräften und Mitschülern bei schlechten Ziffern-Benotungen sein.

Weiterhin gibt es die Angst, als „Streber“ zu gelten. Gruppenzwänge, z.B. Kleidung als Statussymbol, können zu Ausgrenzungen und Angst führen. Beklagt wird auch eine anscheinend zunehmende Gewaltentwicklung durch Beschädigen, Belästigen, Mobben und Erpressen, die bei sensiblen Schülern zu großer Angst führt.

Welche Möglichkeiten der Reduktion von Schulangst sind denkbar?

Durch den Lehrer und die Schule: Verbesserung der allgemeinen Atmosphäre innerhalb des Klassenverbandes, des Schul- und Klassenklimas, sowohl zwischen Lehrer und Schülern, als auch unter den Schülern, durch: Wertschätzung, einfühlendes Verstehen, Kongruenz, Authentizität (Vgl. TAUSCH und TAUSCH 1992, ROGERS 1998.)

Eine weitere Interventionsmöglichkeit besteht in der Vermittlung positiver Angstverarbeitungsstrategien und Thematisierung von Angst im Unterricht, zum Beispiel durch Gespräche, Rollenspiele oder Zeichnungen. Die Schüler für eigene Ängste sensibilisieren, die eigenen Angsterfahrungen systematisch analysieren und den Zusammenhang zwischen Motiv und Entstehung der Angst aufdecken das könnte versuchsweise zur Minderung des Angstgefühls oder Angst erzeugenden Verhaltens bei den Beteiligten beitragen.

Zensuren sollten von individuellen Leistungsbeurteilungen abgelöst werden, wie es zum Beispiel in den Waldorfschulen und in manchen Modellschulen erfolgreich praktiziert wird. Individuelle Lernfortschritte und Erreichung bestimmter Lernziele sind dann der Maßstab für Leitungsbeurteilungen. Schülern werden ihre Lernfortschritte eher bewusst und sie schätzen ihre Fähigkeiten höher ein, wenn ihre Leistungen unabhängig von denen ihrer Mitschüler bewertet werden.

Eine wesentliche Rolle spielt auch die Einstellung der Eltern bei der Reduktion von Schulangst.

Es sollte keine zu hohe Erwartungshaltung an das Kind gestellt werden. Das Kind sollte nicht zu Verhaltensweisen und Interessenschwerpunkten genötigt werden, die dem Wesen des Kindes nicht entsprechen. Es könnten auch mannigfaltige außerschulische Erlebnisse innerhalb und außerhalb der Familie geschaffen werden. So könnte eine Steigerung des Selbstwertgefühls durch Freizeitaktivitäten und Hobbys gelingen. Ein Schüler, der zum Beispiel neben der Schule in einer Rockband aktiv mitspielt, ein Instrument dazu erlernt; eine Schülerin, die in der freien Zeit ihr Pferd pflegt und reitet; ein Schüler, der Mitglied einer nicht-kriminellen Subkultur ist; Jugendliche, die am Computer zwar umstrittene, aber dennoch spannende Spiele, oft in einem Lokale Area Network, mit anderen gemeinsam zocken; weibliche Jugendliche, die in einem Gospel-Chor chanten oder an einem Yoga-Kurs teilnehmen; diese und viele weitere Beispiele können verdeutlichen, wie in alternativen Lebensbereichen außerhalb des Schulwesens ein gutes Selbstwertgefühl erworben werden kann.

Schülerselbstmord

Als Suizid, Freitod oder Selbsttötung bezeichnet man die absichtliche – oft vorher angedrohte – Vernichtung des eigenen Lebens durch Vergiften, Erhängen, Ertränken, Erschießen, Öffnen der Pulsadern etc. ,entweder erklärbar als auf freiem Entschluss beruhend, in ausweglos erscheinenden Situationen; bei Überzeugung von der Sinnlosigkeit des weiteren Lebens, oder als krankhafte Zwangshandlung in Depressionen und Psychosen.

Im Jahr 2002 nahmen sich in Deutschland 11.163 Menschen das Leben. Damit liegt die Selbstmordquote bei 13,5 (auf 100.000 Einwohner). Alle 4 Minuten gibt es in Deutschland einen Selbstmordversuch, alle 45 Minuten nimmt sich ein Mensch das Leben. Die Motive sind überwiegend unheilbare Krankheiten, Schwermut und Nervenleiden.

Jährlich begehen mehr als 500 Kinder und Jugendliche Selbstmord, über 15.000 Selbstmordversuche werden rechtzeitig entdeckt. Selbstmord ist nach Verkehrsunfällen die zweithäufigste Todesursache unter Jugendlichen.

Das ist eine erschreckende Bilanz, vor allem, wenn bedacht wird, dass Deutschland zu einem der zehn wohlhabendsten Ländern der Welt gehört, ein gutes Schulwesen aufgebaut hat und ein ziviler Sozialstaat ist, in dem die Menschenrechte weitreichend gewährleistet sind. Millionen von Flüchtlingen schätzen sich glücklich, wenn sie eine Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland erlangen und damit Elend, Bürgerkrieg und Verfolgung abschütteln können. Um so tragischer und skandalöser erscheint es, wenn in diesem Land der Länder junge Menschen nicht mehr leben wollen.

Stufen zum Suizid

1. Der Wunsch, tot zu sein.

Diesen Wunsch haben viele, denen alles zu viel wird oder die ihren Partner verlieren. Normalerweise ist dieser suizidale Gedanke jedoch nur „theoretisch“ und löst sich nach dem Überwinden der schwierigen Situation wieder auf.

2. Der Wunsch, Selbstmord zu begehen.

Der Wunsch zu sterben wird häufiger und mit einer deutlichen Verbitterung geäußert. Der Gedanke entwickelt sich langsam zur Eigendynamik und erhält konkrete Wunschqualitäten. Der Betroffene teilt sich nun nicht mehr so viel mit und entwickelt eine private Welt der Vernichtung.

3. Die intensive Beschäftigung damit, wie man es ausführen will.Auseinandersetzung mit verschiedenen Möglichkeiten der Selbsttötung und die Nicht-Beteiligung anderer Menschen. Es entstehen so genannte passive Selbstmordqualitäten. Die eigene bewusste Kontrolle geht nun endgültig verloren und der Suizident wird von seinen Zwangsvorstellungen regiert. Nun fängt er an in zwanghafter Weise von seinen Phantasien zu erzählen.

Ursachen von Schülerselbstmord

Der Begriff „Schülerselbstmord“ erweckt den Eindruck, als ob die Schule die alleinige Verantwortung dafür tragen würde. Schule kann Anlass dafür sein, dass ein junger Mensch in eine akute psychische Krise gerät. Die Ursachen sind aber vielfältig und umfassen meist mehrere Lebensbereiche, oft reichen sie bis in die Kindheit. Die Schule kann als zweitwichtigster Lebensraum unter ungünstigen Umständen eine schwere Konfliktsituation darstellen. Die Schule kann also zur Entstehung akuter psychischer Krisen beitragen, ist aber nie der alleinige ursächliche Faktor für einen Selbstmordversuch oder für einen Selbstmord. In einer Studie der Universitätsklinik Leipzig wurden als Ursachen vor allem Entwicklungs- und Belastungsstörungen, Versagensängste sowie Überforderung im Zusammenhang mit der Schule festgestellt.

Warnsignale

Abrupte Verhaltensänderungen im Essverhalten, Änderung der Alltagsgewohnheiten, Abwendung von Freunden, Familie und Interessen, Konzentrations- und Leistungsschwankungen, Flucht in eine Traumwelt, Alkohol-, Drogen- und Medikamentenmissbrauch und aggressives Verhalten können Warnsignale darstellen. Als weitere Warnsignale können gezielte oder ungezielte Selbstmorddrohungen, eigene frühere suizidale Handlungen oder Depressionen gelten. Viele jugendliche Suizidenten laufen vorher von zu Hause weg.

In Deutschland existiert im Gegensatz zu vielen anderen Ländern der Erde ein gut ausgebautes Schulwesen, das theoretisch den Kindern und Jugendlichen aller Sozialschichten und Bevölkerungsgruppen eine weitgehend kostenlose Bildung ermöglicht. Und doch entwickeln diese Schulfabriken ein Leistungs- und Verachtungssystem, das viele Schüler triumphieren lässt, wenn sie zu den Schülern mit anerkannt guter Leistung gehören, und andere in die Scham, in die Verzweiflung, in die Angst bis hin zum Suizid treibt. Das deutsche Schulwesen ist zu sehr am Selektionsprinzip orientiert. Wir Deutsche sind Meister im Selegieren und Selektieren, von der Bahnsteigrampe in Ausschwitz, wo die gefangenen Menschen in Arbeitsfähige und Vernichtensunwerte gesondert wurden, bis hin zu jeder Schulklasse, in der die Kinder für zukünftige Lebenschancen ausgesiebt werden. Das Schulsystem muss sich wieder auf seine Förderungsfunktion besinnen. Jedes Kind sollte, wie in den Schulsystemen Schwedens, Finnlands und Norwegens, gefördert werden. Obwohl die Suizidrate unter Schülern trotz aller vorbildlicher Schulbemühungen in Finnland sehr hoch liegt. Insofern ist es schon wichtig, dass den Lehrern nicht alle Schuld für schwieriges Schülerverhalten angelastet wird.

ADL-AMINI hat eine Krisenpädagogik entwickelt. Krisen stellen damit Wendepunkte im Lebensweg dar. Oft sind Reifungskrisen hilfreich beim Wachsen und Werden. Die Geburt selbst, Zahnungsbeschwerden, Kinderkrankheiten und Abnabelungsprozesse von den Eltern stellen oft Krisen dar, die zum Wachsen und Reifen beitragen. Der Eintritt in Kindergarten und Schule werden oft krisenhaft erlebt. Der Tod von Haustieren und später von Großeltern, Verwandten und Eltern gehören als Krisen zum Leben dazu. In China ist das Schriftzeichen für Krise und Chance das gleiche. Die Krise bietet die Chance zum Wandel, zur Veränderung zum Zuwachs an Erfahrung und Kraft. Im medizinischen Bereich bedeutet Krise oft ein Schwanken zwischen Leben und Tod. In der Wirtschaft bedeutet Krise einen Niedergang der Wirtschaftsleistungen und des Wohlstandes. Im Eheleben bedeutet Krise oft die Erschütterung der Verlässlichkeit und der Harmonie der Partnerschaft.

Im Bildungswesen bedeutet Krise oft die Gefährdung einer gewünschten Karriere durch schlechte Schulnoten, Schulwechsel auf niedriger bewertete Schulstufen und Nichtbestehen von Abschlussprüfungen. Krisenpädagogik soll bei der positiven Umdeutung der Ereignisse bei der Bewältigung der Krise helfen. Ein Nichtbestehen einer Prüfung kann zum Beispiel als Weichenstellung des Schicksals gedeutet werden. Opfer von Mobbing zu werden, kann so gedeutet werden, dass das Schicksal den Schüler für Ungerechtigkeit und unsoziales Verhalten sensibilisieren will, um später ein Leben lang für Fairness einzutreten. Schlechte Schulnoten können derart interpretiert werden, dass der Schüler nach mehr Geduld ruft, dass er ein Spätzünder ist, dessen Entwicklung langsamer verläuft als die der Mitschüler. Oder dass schlechte Zensuren in einem bestimmten Fach nur eine Teilleistungsstörung sind, die nicht die gesamte Persönlichkeit des Schülers verunglimpfen. Vielleicht ist der Schüler nicht zum Sportler, Musiker, Mathematiker oder deutschem Dichter geeignet. Dennoch eignet ihm eine menschliche Würde auch beim Nichterfüllen von Spitzenleistungsnormen.

Vielleicht gelingt es einer derartigen Krisenpädagogik die Krise zu entdramatisieren und Schülersuizide zu verhindern.

1.4 Mobbing in der Schule

Bislang relativ unbemerkt in Deutschland hat sich seit über 20 Jahren in benachbarten europäischen Ländern eine Mobbing-Forschung zum Schul- und Bildungssektor entwickelt (Vgl. KERSCHER, Mobbing, München 2008, vgl. dort die folgenden und zusätzliche Literaturangaben). Empirische Studien (Vgl. den Überblick bei NIEDL 1995, S. 13 ff.) wurden durchgeführt in Finnland (BJÖRNQUIST u.a. 1982, LAGERSPETZ u.a. 1982), in Norwegen (MELVEIT-KLEPPA u.a. 1980), in Dänemark (PEDERSEN 1975), in Spanien (FONSECA u.a. 1989), in Irland (O'MOORE/HILLERY 1989) in England (YATES/SMITH 1989) und in Schweden (HANSSON 1975).

Übereinstimmende Resultate dieser Studien sind, dass zwischen 2% und 8% der befragten Schülerinnen und Schüler berichteten, dass sie mindestens einmal pro Woche oder öfters von anderen gemobbt werden. Zwischen 2% und 4% der Schülerlnnen berichteten, dass sie selbst andere Mitschülerinnen mobben. Eine Forschungsübersicht von MUNTHE (1989, S. 70) berichtet über Extremwerte bis zu 27 % Mobbing an vereinzelten Schulen.

In Deutschland hat sich der Mobbing-Diskurs auf das Thema »Mobbing am Arbeitsplatz« konzentriert (Vgl. LEYMANN 1993, 1995; KOCH/KERSCHER 1998).

Eine Schul-Mobbing-Studie (Vgl. HANEWINKEL/EICHLER 1999) in Schleswig-Holstein ergab folgendes: Zwischen 10% und 20% von N=15.000 Schülerinnen aus 47 Schulen fühlen sich als direkte Mobbing-Opfer. Hinzu kommen 5% bis10%, die sich als indirektes Mobbing-Opfer fühlen (Gefühl der Ausgrenzung, der Marginalisierung) (Vgl. OLWEUS 1996; vgl. KASPER 1998).

Konkret äußern sich die Mobbing-Handlungen im Schulbereich im Verhältnis Schüler-Schüler als Schlagen, Bedrohen, Hänseln, Verspotten, Nachäffen. Sich-lustig-machen, Abwerten, Beschimpfen, Anschreien, Ausgrenzen, Wie-Luft-behandeln, Trietzen, Unterdrücken, Quälen. In der Oberstufe des Gymnasiums herrschen sublimere Methoden der psychischen Gewalt und verbaler Agressivität vor. Nur jedes zweite Opfer informiert die Eltern, nur jedes dritte die Lehrer, weil den Schülerlnnen die Sündenbock-Rolle peinlich ist.

NIEDL (1995. S. 13 ff.) hat eine Übersicht über die Resultate der internationalen empirischen Studien zum Täter-Opfer-Profil gegeben. Demnach scheint das Persönlichkeitsprofil der Agressorlnnen charakterisierbar zu sein durch Eigenschaften wie Aggressivität, Unfähigkeit zur Empathie, Ängstlichkeit, teilweise durch sadistische, neurotische, asoziale und ängstliche Züge, überwiegend physische Stärke. Diese Schülerlnnen entstammen oft einem Sozialisationsumfeld, das durch Gewalt, geringe Zuneigung, wenig Regelsetzung in bezug auf Disziplin, geringe Überwachung des Verhaltens signifikant zu beschreiben ist.

Die empirischen Studien ergaben hinsichtlich des Persönlichkeitsprofils der gemobbten SchülerInnen Auffälligkeiten wie »dick«, »klein«, »schwach«, »bebrillt«, »körperbehindert«, »andere Haufarbe«, » andere Mundart«, »Akzent«, »geringes Selbstvertrauen«, »geringer Beliebtheitsstatus«, »Strebertum«. Die Mobbing-Opfer-Rolle scheint bei Kindern und Jugendlichen oftmals noch nicht verfestigt und konsolidiert zu sein, sondern oft noch situationsabhängig und reversibel. Ein Schüler oder eine Schülerin, die in einer bestimmten Situation gemobbt wird, muss nicht auch in anderen Situationen gemobbt werden. Vielmehr bedingt ein Situationswechsel eine höhere Wahrscheinlichkeit, die betroffene Person vor weiterem Mobbing zu schützen. Eine Veränderung der Schul- und Klassen-Situation, z.B. durch Sensibilisierungsmaßnahmen oder Gruppen-Neuordnung, von der Veränderung der Sitzordnung bis hin zum Klassen- oder Schulwechsel, kann helfen.

KASPER (1998) hat dargelegt, dass nicht nur das Mobbing auf Schülerebene ein Problem darstellt, sondern Mobbing existiert auch in Konstellationen Lehrer-Schüler, Schüler-Lehrer, Lehrer-Lehrer. Auch Schul- und Lehrerkollegien sind oft Brutstätten der Mobbing-Intrigen.

In Skandinavien (Vgl. OLWEUS 1986) sind Präventionsprogramme gegen Mobbing an Schulen entwickelt worden, die von 1994 bis 1996 in Schleswig-Holstein erprobt wurden. Dazu zählen verschiedene konkrete Maßnahmen wie Thematisierung und Sensibilisierung durch Fragebögen und der Diskussion der Ergebnisse auf Schulebene. Das Aufstellen von Regeln gegen das Mobbing in den Schulklassen gemeinsam mit Schülerinnen und Lehrerinnen analog zur Betriebs- oder Dienstvereinbarung in Betrieben stellt eine weitere konkrete Maßnahme dar. Des Weiteren zählen zu den Maßnahmen Rollenspiele über Mobbing, Einrichtung eines Kontakttelefons und Verbesserung der Pausenaufsicht sowie Umgestaltung der Schulhöfe. Im Zusammenhang mit dem Diskurs über »Gewalt an Schulen« werden zur Zeit Schüler-Konflikt-Lotsen-Projekte, sogenannte Mediatoren-Projekte an Schulen erprobt (Vgl. FALLER 1998).

Beim Mobbing handelt es sich um ein komplexes Problem, das mit moralischen Idealen wie Demokratisierung und Humanisierung, mit struktureller Gewalt, paradoxen Tendenzen und dialektischen Entwicklungen in der postmodernen, spätkapitalistischen Gesellschaft zu tun hat und die Pädagogik und Sozialpädagogik zur Besinnung auf ethische Grundfragen verweist.

Der Verfasser war Zeuge eines Falles von Mobbing an einem norddeutschen Gymnasium. Ein befreundeter Rechtsanwalt und dessen Ehefrau hatten Zwillings-Töchter, die das Gymnasium gemeinsam in der gleichen 11. Schuklasse besuchten. Eines der Mädchen hatte seit der Geburt eine Augenfehlstellung, die trotz mehrfacher Operationen im Kindesalter nicht behoben werden konnte. Nun wurde diese schielende Schwester von mehreren nahezu gleichaltrigen Knaben gemobbt. Seit mehr als einem Jahr äfften die Jungen das Mädchen nach, wenn es sich mündlich am Unterrichtsgeschehen beteiligte. Sie lachten es aus und verdrehten die eigenen Augen willentlich, um sich über das Mädchen lustig zu machen. Das Mädchen wurde immer unsicherer und traute sich nicht mehr zu melden. Um einen Wortbeitrag zu liefern. Das Mobbing wurde so unerträglich, dass die Jugendliche sich nicht mehr zur Schule traute und des öfteren erkrankte. Endlich vertraute sich das unglückliche junge Mädchen der Schwester an, die ein Gespräch mit Mutter und Vater vermittelte. Die Eltern sahen den Schulerfolg ihrer Tochter gefährdet und forderten die Schulleitung zu einer vorgerichtlichen Aussprache auf. Zunächst gingen Schulleitung und Klassenlehrer davon aus, dass es Mobbing an ihrer Schule nicht gäbe. Doch bald schon wurde eine Versammlung der betroffenen Schülerinnen und Schüler mit deren Eltern und Vertretern der Schule anberaumt. Der Verfasser wurde gebeten, in der Art eines Mediators zunächst einen populärwissenschaftlichen Einblick in den Stand der Mobbing-Forschung zu geben, sodann als Moderator das Gespräch zu leiten. Oberstes Ziel sollte dabei sein, dass die männlichen Mobber ihr Gesicht wahren konnten, die Betroffene jedoch klar und deutlich, ausführlich und mit Gefühlsäußerungen ihre Kränkungen und Verletzungen artikulieren konnte. Die Aussprache zwischen den Beteiligten verlief sachlich und auf einer Meta-Ebene. Eine Veränderung der Sitzordnung und ein Androhen eines Schulverweises für die Knaben im Falle desfortgesetzten Mobbing reichten in diesem Falle, um einen glimpflichen Ausgang für alle Betroffenen zu erzielen. Dem gemobbten jungen Mädchen gelang schließlich die Abitur-Prüfung mit gutem Erfolg als Voraussetzung für ein Jura-Studium.

1.5 ADHS - moderne Zappelphilippe

Was bedeutet und ist ADS? ADS ist die Abkürzung für Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom, angeblich eine Entwicklungsstörung, die sich beim heranwachsenden Kind vor allem in einer Verzögerung der folgenden zwei Bereichen zeigt:

Mangelnde Aufmerksamkeit: das Kind wird leicht abgelenkt, hat Mühe Aufgaben zu beenden.

Mangelnde Kontrolle der Impulsivität und motorischen Aktivität: das Kind handelt impulsiv, häufig der Situation nicht angepasst, bewegt sich übermäßig (ADHS), wobei der Buchstabe H Hyperaktivität bedeutet.

ADS Verlauf

Hyperaktive Kinder werden meist bereits vor dem Schuleintritt auffällig. Es wurde eine große Stabilität der Symptome vom Kindergarten- bis ins Grundschulalter festgestellt. Im Jugendalter gibt es typischerweise eine Verringerung der Symptomatik (Rate der weiterhin Auffälligen: 30-70%).

Die hyperaktive Störung bleibt häufig bis ins Erwachsenenalter erhalten.

Einzelne Symptome persistieren in etwa zu 50-80% der Fälle, das volle Syndrom bleibt in ca. 30% aller Fälle erhalten. Die Prognose ist relativ am günstigsten für motorische Unruhe (Hyperaktivität), weniger für Impulsivität und Aufmerksamkeitsdefizit.

Warum leidet man unter ADS? Es wurde die Annahme einer früh erworbenen Hirnfunktionsstörung, evtl. verursacht durch Alkoholmissbrauch der Mutter während der Schwangerschaft oder ein sehr geringes Geburtsgewicht (MCD, Minimale Cerebrale Dysfunktion) geäußert. Da weder ein Virus noch ein Bazillus als Auslöser gefunden worden ist, wird als wichtigster Faktor wird eine genetische Veranlagungen angenommen. Bereits der Verfasser des Bilderbuches "Struwwelpeter", HOFFMANN, kannte das ADHS-Syndrom. Seine lustig-makabre Bildergeschichte, heute würden wir auf Englisch Comic oder auf Japanisch Manga sagen, handelt vom bösen Ende eines unartigen Zappelphilippe.

Es ist bisher keine primäre Ursache dingfest gemacht worden, aber verstärkend wirken ungünstige Familienverhältnisse (Störung der Eltern-Kind-Beziehung, soziale Unterschicht).

Allgemeine Kriterien für die Erfassung von ADHS:

Kriterien für Unaufmerksamkeit:

Mindestens 6 Monate lang mindestens 6 der folgenden Symptome in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß:

Das Kind

- ist häufig unaufmerksam gegenüber Details oder macht Sorgfaltsfehler;
- ist häufig nicht dazu in der Lage, die Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten;
- hört häufig scheinbar nicht hin;
- kann oft Erklärungen nicht folgen oder Aufgaben nicht erfüllen;
- ist häufig beeinträchtigt, Aktivitäten zu organisieren;
- vermeidet ungeliebte Aufgaben, die geistiges Durchhaltevermögen erfordern;
- verliert häufig Gegenstände;
- wird häufig von externen Stimuli abgelenkt;
- ist im Verlauf der alltäglichen Aktivitäten oft vergesslich.

Kriterien für Impulsivität:

Mindestens 6 Monate lang mindestens eines der Symptome in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß:

Das Kind

- platzt häufig mit der Antwort heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt ist;
- kann häufig nur schwer warten, bis er/sie an der Reihe ist;
- unterbricht und stört andere häufig (z.B. deren Spiel oder Gespräch);
- redet häufig übermäßig viel, ohne angemessen auf soziale Beschränkungen zu reagieren;

Kriterien für Hyperaktivität:

Mindestens 6 Monate lang mindestens 3 der Symptome in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß:

Das Kind

- zappelt häufig mit Händen oder Füßen oder rutscht auf dem Stuhl herum;
- steht häufig in der Klasse oder in anderen Situationen auf;
- läuft häufig herum oder klettert exzessiv;
- hat häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen;
- ist häufig unterwegs, viel beschäftigt;

Verhalten zur Gesellschaft und Auswirkungen:

Im Umgang mit anderen sind Personen, die unter ADS leiden, distanzlos und einnehmend und neigen zu starkem Egoismus. Unstetes Verhalten wird in in Phasen ausgelebt, z.B. extreme Fürsorge und direkt folgendes „Fallenlassen“ der Person. Daher gibt es oft wenig Akzeptanz von der Gemeinschaft und es besteht die Gefahr der Isolation der Betroffenen.

Therapie-Interventionsbedarf entsteht, wenn das Kind in seiner Entwicklung stark negativ beeinflusst wird oder die Symptome das Kind und seine Umwelt stark belasten. Eine Therapie sollte mehrdimensional angelegt sein und dort angreifen, wo es zu Problemen kommt: beim Kind, in der Schule, in der Familie, bezüglich der Hyperaktivität, Aufmerksamkeitsstörungen etc. .

Oft werden einzig und allein durchblutungs-, und rezeptorenaktivierende Aufputschmittel wie z.B. Ritalin verordnet. Das Medikamnt Ritalin unterdrückt ADS-Symptome. Es handelt sich dabei um eine sehr weit verbreitete Pharmakotherapie.

Pro-Argumente

Die permanente und lang dauernde Einnahme dieses Medikamentes zeitigt eine Stabilisierung des Selbstwertgefühls, eine Verbesserung der sozialen Beziehungen, größere Beliebtheit, Verminderung der oppositionellen und aggressiven Symptomatik und eine Verbesserung schulischer Leistungen.

Diese positiven Auswirkungen der Einnahme von Ritalin ermöglichen vielfach erst andere Interventionen (inkl. Sonderpädagogische Förderung).

Angeblich besteht keine Gefahr der Abhängigkeit und die Nebenwirkungen seien selten bzw. unbedeutend.

Contra-Argumente

Die Wirkung sei rein symptomatisch und verschwindet wieder beim Absetzen des Medikaments. Mögliche negative Spätfolgen sind noch ungeklärt. Das Kind, der Jugendliche wird ruhig gestellt – mit Zentral-Stimulantien, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen!

Möglicherweise sind diese Kinder und Jugendlichen gar nicht krank, sondern nur sehr lebendig und vital. Eltern und Lehrer huldigen einem Ideal der abstrakten Schreibtischtätigkeit oder Computertätigkeit in einem modernen Großraumbüro mit stundenlangem Stillsitzen, Bewegungsarmut und permanenter Konzentration. Unsere Vorfahren waren jedoch seit Tausenden von Jahren Jäger und Sammler, körperlich tätige Knechte, Mägde, Bauern und Handwerker, ungelernte Arbeitskräfte und Soldaten, immer in Aktion, immer in Bewegung. Und Kinder sind ubiquitär, überall auf der Welt, in allen Kulturen überwiegend vital, beweglich und aktiv.

Viele Ärzte werden von Chemiekonzernen einseitig informiert und gesponsert, die ein starkes Interesse am Absatz ihrer ADHS-Medikamente haben, da es sich um ein Milliarden schweres Geschäft handelt. Diese Chemieunternehmen sind orientiert am Profit und am Aktienmarkt. Sie finanzieren Kongresse, Tagungen und Ärztefortbildungen. Sie leisten finanzielle Unterstützung für Publikationen in Fachzeitschriften und Buchverlagen. So wird einerseits hilfreiche Information und Aufklärung über das Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitäts-Defizit-Syndrom geleistet, andererseits findet ein oft überzogener Propaganda-Feldzug statt, der jedes vitale Kind der Krankheit verdächtigt. Inzwischen werden immer neue, finanziell unabhängige Untersuchungs-Resultate bekannt, die von einer übertrieben unangebracht leichtfertigen Verschreibung von Psycho-Stimulantien, wie dem Medikament Ritalin, berichten.

Es gibt folgende weitere Therapie- Möglichkeiten:

psychodynamische oder familientherapeutische Therapie;

Haltetherapie, Bioenergetik, Umgebungsbeeinflussung;

Therapie der sekundären Symptome;

Konzentrationsübungen, Psychomotorik;

Kognitive – und Verhaltenstherapie;

Einsatz operanter Techniken;

Verstärkung, Token-Systeme;

Response-Cost, Auszeiten;

Selbstkontrollprogramme, Selbstmanagement;

Selbstbeobachtung der Verhaltensprobleme und angemessenes Reagieren;

Selbstverstärkung für erfolgreiche Situationsbewältigung;

Selbstinstruktionstraining, verbale Selbststeuerung durch Reflexion und inneren Monolog;

Signalkarten für das Selbstinstruktionstraining im Rahmen von THOP (DÖPFNER et al. 1998)

Wirksamkeitsvergleiche:

Psychopharmakotherapie ist wirkungsvoller als verhaltenstherapeutische Interventionen, was die ADHS-Symptomatik betrifft und etwa gleich wirksam, was oppositionelles und aggressives Problemverhalten, emotionale Störungen, soziale Kompetenz und die Eltern-Kind-Beziehung betrifft (MTA Cooperative Group, 1999).

Multimodale Interventionen haben sich in den meisten Studien einer Psychopharmakotherapie als überlegen erwiesen. Die Überlegenheit betrifft vermutlich vor allem die Langzeitwirksamkeit (SATTERFIELD et al. 1981) „Eine Kombination medikamentöser mit psychologischen und pädagogischen Interventionen ist auf jeden Fall indiziert“ (DÖPFNER 2001).

Ein Paradigmenwechsel, ein Wechsel der Perspektive , führt oft zu überraschenden Ergebnissen. Eltern, Erzieher, Lehrer und Ärzte entdecken damit ganz neue Dimensionen des kindlichen und jugendlichen Verhaltens. Howard GARDNERs Theorie der Multiplen Intelligenzen etwa, könnte Fingerzeig auf sportliche, tänzerische oder musische Begabungen bei vordergründig hyperkinetischem Verhalten sein. Die Theorie über INDIGO-Kinder gibt Anregungen zum Überdenken der Chemiekonzern-gestützten Krankheits-Definition. Aus dieser revolutionären Perspektive mögen sich unter den medikamentös ruhig gestellten Kindern und Jugendlichen womöglich Hochbegabte befinden, die als Kinder für die Bewältigung der Zukunft der Menschheit wertvolle spezielle Fähigkeiten entfalten könnten. So abwegig scheint die These denn doch nicht, dass ungeduldige Eltern, Erzieher und Lehrer gehorsame, unterwürfige und bequeme Kinder wünschen, die früher durch seelische und körperliche Misshandlungen gefügig gemacht wurden (Vgl. Lloyd de MAUSE 1980 ), heute elegant durch Rauschmittel-Pillen matt gesetzt werden.

Udo LINDENBERG singt passender Weise auf der Schallplatte: "Votan Wahnwitz" (1975): "Gut geschluckt am Morgen - und ein Tag ohne Sorgen". Er dachte wahrscheinlich noch nicht an Ritalin, eher an Aldous HUXLEYs kulturkritischen Zunkunfts-Roman "Schöne neue Welt". Immerhin - die Multinationalen Pharma Unternehmen gehen von schätzungsweise 500.000 überwiegend männlichen Kindern und Jugendlichen mit ADHS-Syndrom aus, denen mit Medikamenten wie Ritalin der Schulbesuch versüßt und der häusliche Friede gerettet werden könnten. Was Erziehung, Pädagogik und Bildung noch nicht gelingt, nämlich die Aufmerksamkeit der Schüler durch ein erlebnisreiches Familienleben und einen spannenden Unterricht zu fesseln, das scheinen die unter das Betäubungsmittelgesetz fallenden Drogen zu schaffen. Zumindest helfen sie auf sanfte Art und Weise, die Harmonie im Elternhaus und die Disziplin im Klassenzimmer ohne die früher üblichen strengen Strafen aufrecht zu erhalten.

1.6 Drogenmissbrauch

Umgangssprachlich wird das Wort Droge in unserer Gesellschaft für Rauschmittel verwendet. Das Wort Droge beinhaltet jedoch mehr: es wird als pflanzlicher und synthetischer Wirkstoff definiert, welcher auf das zentrale Nervensystem eines Menschen wirkt. Drogen können veränderte Bewusstseinszustände auslösen, die Stimmung verändern und Gefühle und Handlungen beeinflussen. Definition der WHO (Weltgesundheitsorganisation): Drogen sind Substanzen, die direkt auf das zentrale Nervensystem einwirken und somit eine psychoaktive Wirkung haben. Es kommt zu einer Veränderung der Strukturen oder Funktionen im lebenden Organismus. Besonders betroffen sind Sinnesempfindungen, Stimmungslage, Bewusstsein und Verhalten.

Diese Definition umfasst Drogen wie z.B. Opiate, Kokain, Cannabis und Exstasy, ebenso Alkohol, Tabak, Kaffee und viele Medikamente.

Legale und illegale Drogen

Drogen werden unterteilt in legale und illegale Drogen. Legale Drogen sind mehr oder weniger in die Gesellschaft integriert; sie sind zwar legal, können jedoch enorme negative Folgen haben und unter anderem zu Krebs, Herz- und Kreislauferkrankungen führen.

Legale Drogen:

- Alkohol
- Tabak (Nikotin)
- Kaffee und Tee (Koffein)
- Schnüffelstoffe (Benzin, Ethanol)
- Arzneimittel (z.B. Schlaf- und Beruhigungsmittel, Antidepressiva) Illegale Drogen:
- Cannabis
- Heroin
- Speed
- Extasy
- LSD

Erwerb, Besitz und Handel von illegalen Drogen ist in Deutschland verboten, ihr Konsum jedoch nicht.

Als weiche Drogen werden LSD und Cannabis bewertet. Sie werden inhaliert oder oral eingenommen, sie müssen nicht injiziert werden. Sie führen nicht zu einer körperlichen Abhängigkeit.

Als harte Drogen werden alle Opiate (z.B. Heroin) bezeichnet. Sie werden injiziert und führen zu einer physiologischen Abhängigkeit. Es gibt auch Mischformen, wie z.B. Kokain. Es kann zwar auch injiziert werden, führt aber vorwiegend zu einer psychischen Abhängigkeit.

Merkmale und Auswirkungen legaler Drogen:

Es erfolgt eine Auflistung einzelner Drogen, ihrer Wirkungsweisen und ihrer Merkmale:

Alkohol gilt als legale Droge, ist eine farblose Flüssigkeit. Alkohol wirkt stimmungssteigernd, baut Hemmungen und Ängste ab und macht kontaktfreudiger. Größere Mengen können zu Gereiztheit und Aggressionen führen. Koordination, Reaktionsvermögen und Sprache werden mit zunehmender Menge beeinträchtigt. Alkoholkonsum kann seelisch und körperlich abhängig machen. Schwere Schäden an Leber, Herz und Nervensystem entstehen bei regelmäßigem hohen Konsum.

Nikotin besteht aus aufbereiteten Blättern der Tabakpflanze. Wirkt bei Stress beruhigend, bei Niedergeschlagenheit anregend und ist stark Sucht erzeugend. Schwere Folgeschäden: Verkalken oder Verengen der Blutgefäße durch Durchblutungsstörungen und Schädigung der Atmungsorgane.

Medikamente sind legale Drogen, die zum Teil suchterzeugend sind. Beispiele:

Beruhigungsmittel wirken entspannend, angstlösend und euphorisierend. Gleichgewichtsstörungen möglich. Bei hohem Konsum können Aggressionen auftreten bis hin zu Realitätsverlust. Starke seelische Abhängigkeit.

Schlafmittel wirken entspannend, beruhigend und euphorisierend. Gleichgewichts- und Sprachstörungen sind möglich. Überhöhte Dosis kann zum Tod führen. Langzeitschäden können Depressionen, Wahnvorstellungen oder Interessenlosigkeit sein. Starke seelische und z.T. auch körperliche Abhängigkeit sind Folge des Schlafmittel-Missbrauchs..

Schmerzmittel wirken anregend und lindern körperliche Schmerzen. Koordinationsschwierigkeiten und Bewusstseinstrübungen sind die Folgen bei zu hoher Dosis. Der Schlafmittel-Missbrauch führt zu starker seelischer Abhängigkeit. Körperliche Folgen sind u.a. Schädigung der Nieren.

Merkmale und Auswirkungen illegaler Drogen.

Auflistung einzelner Drogen, ihrer Wirkungsweisen und ihrer Merkmale:

Cannabis ist ein Hanfgewächs. Der Genuss hebt die Stimmung, macht redselig und führt zu Entspannung und innerer Ruhe. Psychische Abhängigkeit entsteht bei hohem Konsum. Langzeitschäden sind Bronchial- und Lungenerkrankungen, sowie Psychosen und Halluzinationen.

Amphetamine und Extasy sind beides synthetisch hergestellte Substanzen, sogenannte Zentral-Stimulantien. Ihre Einnahme führt niedrig dosiert zu einem Gefühl von Stärke und Euphorie. Hunger, Schmerz und Müdigkeit werden unterdrückt. Beschleunigte Atemfrequenz, Unruhe und Zittern sind die Folgen bei zu hoher Dosis. Sie führen zu einer psychischen Abhängigkeit.

Heroin wird durch chemische Prozesse aus dem Rohopium des Schlafmohns gewonnen. Es ist eine halbsynthetische Droge, ein Derivat des Morphiums. Heroin wirkt unter anderem entspannend, schmerzlindernd und stark euphorisierend. Der Droge haftet ein hohes körperliches und seelisches Abhängigkeitspotential an. Es entstehen schwere psychische, körperliche und soziale Folgen, meist bis hin zur Verelendung und dem totalen Zerfall bei ständigem Konsum. Überdies ist eine Infizierung mit Hepatitis und HIV durch nicht sterile Spritzen möglich.

Kokain ist ein weißes, kristallartiges Pulver, das aus aus Blättern des Kokastrauches gewonnen wird. Es führt zu erhöhter Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit und wirkt euphorisierend. Schnell entsteht eine psychische Abhängigkeit und starke psychische, körperliche und soziale Probleme sind die Folgen bei ständigem Konsum.

Geschichtliche Aspekte der Drogen

Seit 8000 bis 5000 v.Chr. sind dem Menschen natürliche Rauschmittel wie z.B. der Mohnsaft (Opium) bekannt. Haschisch und Kokain gibt es ebenfalls seit Jahrtausenden, vorwiegend in Asien. Meistens wurden Drogen als Heilmittel verwendet; erst später dienten sie auch als Rauschmittel. Bis ins 19. Jahrhundert waren Hanf und Opium als Volksmedizin weit verbreitet. Der Anbau von Hanf wurde im 17. und 18. Jahrhundert sowohl in Europa als auch in Nordamerika von den Regierungen gefördert. Konsum von Cannabis als Droge wurde toleriert. Es gab eine weite Verbreitung der Drogen zu Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert in Europa und Nordamerika. Der Vertrieb von kokain-, cannabis-, alkohol-, heroin- und morphinhaltigen Arzneimitteln war bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts ohne jegliche gesetzliche Reglementierung, zum Beispiel Kokainbeimischung in dem Erfrischungsgetränk Coca-Cola.

Später wurden Gesetze gegen den legalen Drogenvertrieb erlassen. Nach dem zweiten Weltkrieg erfolgte ein Verbot aller Drogen, die die geistige Gesundheit schädigen. Ab den 1960er Jahren im Zuge der Hippie- und Studentenbewegung und der Zunahme des globalen Transport- und Handelswesens erfolgte eine Renaissance des Drogenkonsums unter Jugendlichen. Heute werden vorrangig die neuen „Modedrogen“ wie z. B. Extasy auf Disco-Partys, aber auch Alkohol in großen Mengen konsumiert.

„Was ist Sucht?“

Der Begriff Sucht stammt ursprünglich von dem Wort „siech“, gleich Krankheit.

Es gibt zahlreiche Varianten: Esssüchte, Spielsüchte, Kaufsüchte, Drogensüchte, usw.

Hier ist die Abhängigkeit von pflanzlichen oder synthetischen Stoffen gemeint, meistens charakterisiert durch zwanghafte Wiederholungen, Einengung der sozialen Bezüge, Verlust von Interessen und Verlust von Selbstkontrolle. Sucht ist ein beherrschender Zwang, der eine freie Lebensgestaltung kaum noch zu lässt; Drogen rücken völlig in den Mittelpunkt. Es erfolgt eine Ausrichtung aller Aktivitäten auf die Fortsetzung und Beschaffung der Drogen, evtl. auch durch Kriminalität (Folgedelinquenz).

Es werden zwei Arten der Abhängigkeit unterschieden, die psychische und die physische. Seelische, psychische Abhängigkeit äußert sich durch permanentes Verlangen zur Beschaffung und Einnahme der Droge mit dem Ziel, eine bestimmte Wirkung zu erreichen und das Bedürfnis zu befriedigen. Körperliche, physische Abhängigkeit zeigt sich durch Auftreten von physischen Störungen, sobald die Dosis verringert oder die Droge gar abgesetzt wird. Weiterhin ist die körperliche Sucht gekennzeichnet durch Toleranzsteigerung, d.h. Die Dosis muss fortlaufend erhöht werden, um eine gleiche Wirkung zu erzielen.

Unterteilung der Ursachen für Suchtentstehung in drei Bereiche:

Die Person: Frühkindlicher Erfahrungsraum spielt eine wichtige Rolle. Selbstwertgefühl, Faktoren wie Belastbarkeit, Kontakt- und Beziehungsfähigkeit und die Einstellungen zu Konsum und Drogen haben große Bedeutung. Persönliche Lage der Person ist entscheidend.

Die Droge: Verfügbarkeit und Preis der Droge sind relevant. Individuelle Reaktion ist entscheidend, d.h. Vielen wird bei einem ersten Konsum einer Droge schlecht oder Ähnliches, so dass auf eine weitere Einnahme verzichtet wird.

Die Umwelt: Dazu gehören u.a. Familie und Freunde. Die Einstellungen der Eltern zu Drogen ist sehr wichtig. Die Einstellungen des Freundeskreises, der Gleichaltrigengruppe, auch peer-group genannt spielt eine herausragende Rolle, zum Beispiel der Gruppenzwang.

Die genannten Faktoren können für eine Suchtentwicklung entscheidend sein, müssen es aber nicht. Bei Suchtentwicklung spielen meistens mehrere Faktoren eine Rolle und beeinflussen sich gegenseitig.

Phasen einer Suchtentwicklung

Entstehung von Sucht immer von einem Faktorenkomplex abhängig. Einteilung in vier Phasen, die die typischen Missbrauchstadien von Drogen beschreiben.

Euphorisches Anfangsstadium

Die Person versucht sich von Problemen zu entlasten und kann sich durch Drogen betäuben. Meist erleben die Konsumenten ein gesteigertes Selbstwertgefühl durch Euphorie beim ersten Rausch, Selbstüberschätzung. Bereits hier kann es schon zu Passivität und sozialem Rückzug kommen. Folgende charakteristische Merkmale ergeben sich: Genügend Taschengeld. Drogen sind leicht zu beschaffen. Die Einnahme bleibt zunächst auf den Abend und die Freizeit beschränkt . Abhängigkeit und Folgeschäden werden unterschätzt. Vernachlässigung des Kontakts zu drogenfreien Personen. Kontakt besteht meist nur zu einer Gruppe Gleichgesinnter.

Kritisches Gewöhnungsstadium

Die Person verliert zunehmend die Fähigkeit zum Ertragen von Unlustgefühlen, Angst oder Schmerz. Probleme werden verleugnet. Es treten Störungen bei Konzentration, Gedächtnis und Reaktionsvermögen auf. Durch Gewöhnung kann ein Nachlassen der Drogenwirkung erfolgen. Dies führt häufig zu Dosissteigerung verteilt über den Tag. Abnahme der Leistungsfähigkeit, Konflikt in Schule und Beruf und Probleme in drogenfreien Beziehungen sind die negativen Folgen.

[...]

Fin de l'extrait de 114 pages

Résumé des informations

Titre
Kindheits- und Jugendprobleme als Herausforderung für alternative Konzepte in Erziehung und Bildung
Auteur
Année
2011
Pages
114
N° de catalogue
V165772
ISBN (ebook)
9783640817429
ISBN (Livre)
9783640820894
Taille d'un fichier
1562 KB
Langue
allemand
Mots clés
Kindheit, Jugend, Identitaetfindungsschwierigkeiten, Jugendprobleme, Drogenmissbrauch, ADHS Zappelphilippe, Schulangst, Schuelersuizid, Essstoerungen, Magersucht, Bulimie, Gewalttaetige Jungen, Alternative Schulen, Alternative Paedagogik, Alternative Erziehung, Montessori Paedagogik, Reformpaedagogik, Kunsterziehungsbewegung, Waldorf Paedagogik, Rudolf Steiner Paedagogik, Freinet Paedagogik Summerhill Schule, Neill Paedagogik, Paulo Freire Bildung, Korczak Kinderrechte, Landerziehungsheimbewegung, Positive Erziehung, Multiple Intelligenzen, Indigo.Kinder, Bildung fuer die Zukunft, Faecheruebergreifende Bildung, Fachuebergreifende Bildung
Citation du texte
Professor Dr. phil. Karl-Heinz Ignatz Kerscher (Auteur), 2011, Kindheits- und Jugendprobleme als Herausforderung für alternative Konzepte in Erziehung und Bildung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165772

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