Feldpostbriefe stellen eine wichtige, bisher noch stiefmütterlich behandelte historische Quelle zur Erforschung und Aufarbeitung des Lebens während des Zweiten Weltkrieges dar. Die Bedeutung der Briefe wird schon aus der gewaltigen, von Buchbender/Sterz geschätzten Zahl von mehr als 40 Milliarden Sendungen, die zwischen der Heimat und der Front zirkulierten, deutlich.
Nicht Politiker und große Staatenlenker mit ihren rhetorisch und ideologisch mehr oder weniger geschickt ausformulierten Programmen kommen hier zu Wort, sondern der einfache Bürger, das im großen Zahnradgetriebe funktionierende Einzelwesen. Die Briefe zwischen den Frontsoldaten und den Daheimgebliebenen sind somit wichtige Dokumente für eine Rekonstruktion der Geschichte aus der Sicht „von unten“, um so mehr, als sie durch ihren persönlichen Charakter einen unverstellten Einblick in das Alltagsleben der Menschen zu erlauben und damit einen hohen Wahrheitsgehalt zu versprechen scheinen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die „Heldenmutter“ und ihre Zeit
- Annemarie Schilling
- Inhalt der Briefe
- Wiederfinden von NS-Ideologie
- Familiarismus
- Faszination durch den Totenkult
- Gleichschaltung innerhalb der Gruppe
- Projektiver Haß auf Fremdes
- Anstand, Ordnung, Sauberkeit
- Hingabe an Autorität
- Verachtung von Schwäche, Erfolglosigkeit und Triebhaftigkeit
- Konstruktion von Wirklichkeit
- Verdrängung der Realität
- Herstellen der heilen Welt
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht acht Briefe der „Heldenmutter“ Annemarie Schilling an ihren Sohn Horst, um zu analysieren, inwieweit die nationalsozialistische Ideologie in das Alltagsdenken einer „christlich-traditionellen bürgerlichen Frauentypus“ Eingang gefunden hat. Darüber hinaus wird der Entwurf einer Familienidylle inmitten der Kriegsrealität beleuchtet.
- Die Rolle der „Heldenmutter“ im Nationalsozialismus
- Die Übernahme der NS-Ideologie in das Alltagsdenken
- Die Konstruktion von Wirklichkeit durch die Briefe
- Die Familienidylle als Gegenentwurf zur Kriegsrealität
- Die Bedeutung von Feldpostbriefen als historische Quelle
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik der Feldpostbriefe als historischer Quelle ein und erläutert die Bedeutung der Briefe für die Rekonstruktion der Geschichte aus der Sicht „von unten“. Kapitel 2 beleuchtet den Begriff der „Heldenmutter“ im Nationalsozialismus, der sich auf die Rolle der Frauen als Erzieherinnen von Kriegshelden und als Trägerinnen von stoischer Trauer über den Tod ihrer Söhne bezog. Kapitel 3 stellt Annemarie Schilling, die „Heldenmutter“ der vorliegenden Arbeit, vor. Kapitel 4 gibt einen Überblick über den Inhalt der Briefe, während Kapitel 5 untersucht, wie die NS-Ideologie in den Briefen zum Ausdruck kommt. Die Kapitel 6 und 7 befassen sich mit der Konstruktion von Wirklichkeit in den Briefen, wobei insbesondere die Verdrängung der Realität und die Herstellung einer heilen Welt thematisiert werden.
Schlüsselwörter
Die Arbeit widmet sich der Analyse von Feldpostbriefen als Quelle zur Erforschung der NS-Ideologie und des Alltagslebens im Zweiten Weltkrieg. Im Mittelpunkt stehen die Themen „Heldenmutter“, Familienidylle, NS-Ideologie, Konstruktion von Wirklichkeit und Verdrängung der Realität.
- Citar trabajo
- Thomas Wörther (Autor), 2006, Feldpostbriefe - Briefe einer „Heldenmutter“, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166022