In der EU gibt es bislang kein einheitliches Gesetz zum Urheberrecht;
vielmehr hat jeder Mitgliedstaat sein eigenes nationales Gesetz, das
territorial begrenzt ist. Es gibt auch keine Richtlinie, welche die nationalen Gesetze der Mitgliedstaaten insgesamt horizontal harmonisieren soll, wie dies z.B. im Markenrecht geschehen ist. Bisher erfolgte lediglich eine vertikale Harmonisierung nationaler Urheberrechte durch acht Richtlinien zur Ausgleichung wettbewerblicher Differenzen im freien Waren- und
Dienstleistungsverkehr und somit zur Förderung des Binnenmarktes. Aus diesen Gründen bleiben Festlegung von Umfang und Voraussetzung des Urheberrechtsschutzes im Groben und Ganzen den Mitgliedstaaten
überlassen. Daher liegen unterschiedliche Schutzvoraussetzungen in den mitgliedstaatlichen Urheberrechten vor. Nur bei Computerprogrammen, Datenbanken und Fotografien muss europaweit eine eigene geistige Schöpfung ohne weitere Anforderungen vorliegen. Dies könnte sich nun durch die Infopaq-Entscheidung des EuGH geändert haben, wonach auch bei Zeitungsartikeln eine eigene geistige Schöpfung genügen soll. Zur Beantwortung der Frage, ob diese Entscheidung eine schleichende Harmonisierung der Schutzvoraussetzung des Urheberrechts darstellt, wird zuerst ein Blick auf das bisherige, vor diesem Urteil liegende Verständnis
der Rechtslage und deren Hintergründe geworfen (B.). Anschließend wird die Infopaq-Entscheidung dargestellt und diskutiert (C.). Sodann werden die Auswirkungen dieser Entscheidung vorgestellt (D.), gefolgt von der Beantwortung der Frage in einem Fazit (E.).
Inhaltsverzeichnis
- A. EINLEITUNG
- B. HINTERGRÜNDE
- I. Das Werk als Schutzvoraussetzung des Urheberrechts
- II. Zwei verschiedene Urheberrechtssysteme: droit d’auteur und copyright
- III. Kompetenz der EU
- IV. Bisherige Harmonisierung
- 1. Der europäische Werkbegriff
- 2. Eigene geistige Schöpfung als Kompromiss
- 3. Einheitlicher europäischer Werkbegriff
- C. DIE INFOPAQ-ENTSCHEIDUNG
- I. Sachverhalt
- II. Fragestellung an den EuGH
- III. Antwort des EuGH
- 1. Begründung
- 2. Auslegung des Werkbegriffs
- IV. Beurteilung der Auslegung
- 1. Völkerrechtliche Vorgaben
- 2. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben
- a) Grammatikalische Auslegung
- b) Historische Auslegung
- c) Systematisch-teleologische Auslegung
- aa) Interpretationsgrundsatz: effet utile
- bb) Zwischenergebnis
- cc) Richterliche Rechtsfortbildung
- V. Ergebnis
- D. AUSWIRKUNGEN
- I. Konsequenzen für die deutsche Rechtslage (droit d’auteur)
- II. Konsequenzen für die britische Rechtslage (copyright)
- III. Mehr Leistungsschutz statt Urheberschutz
- IV. Weitere strittige Fragen zum Werkbegriff
- 1. Werkarten
- 2. Ein Werk oder mehrere Werke
- 3. Körperliche Festlegung
- 4. Abgrenzung von Werk und Idee
- 5. Eigene geistige Schöpfung
- E. FAZIT
- Entwicklung eines europäischen Werkbegriffs im Urheberrecht
- Konvergenz von Urheberrechtssystemen: droit d’auteur und copyright
- Auswirkungen der Infopaq-Entscheidung auf die Schutzanforderungen für Werke
- Diskussion des Verhältnisses von Urheberrecht und Leistungsschutzrecht
- Bewertung der Infopaq-Entscheidung im Kontext der Harmonisierung des Urheberrechts in der EU
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Thematik der schleichenden Harmonisierung des Urheberrechts durch die Infopaq-Entscheidung des EuGH vor und skizziert den Aufbau der Arbeit.
- Hintergründe: Dieses Kapitel beleuchtet die geschichtlichen und rechtlichen Grundlagen des Urheberrechts, insbesondere das Werk als Schutzvoraussetzung, die unterschiedlichen Urheberrechtssysteme in der EU und die Kompetenz der EU in Bezug auf Urheberrechtsharmonisierung.
- Die Infopaq-Entscheidung: Dieses Kapitel analysiert die Entscheidung des EuGH im Infopaq-Fall, die sich mit der Schutzfähigkeit von Textauszügen aus Zeitungsartikeln befasst. Es wird die Argumentation des EuGH im Detail dargestellt und kritisch beleuchtet.
- Auswirkungen: Dieses Kapitel untersucht die Konsequenzen der Infopaq-Entscheidung für die Rechtslage in Deutschland und Großbritannien. Es wird diskutiert, ob die Entscheidung zu einer höheren Schutzschwelle im copyright und zu einer Senkung der Schutzschwelle im droit d’auteur führt.
- Mehr Leistungsschutz statt Urheberschutz: Dieses Kapitel diskutiert die Auswirkungen der Infopaq-Entscheidung auf das Verhältnis zwischen Urheberrecht und Leistungsschutzrecht. Es werden die Argumente für und gegen den Schutz der "kleinen Münze" sowie alternative Schutzmodelle erörtert.
- Weitere strittige Fragen zum Werkbegriff: Dieses Kapitel identifiziert weitere strittige Punkte im Zusammenhang mit dem Werkbegriff, die durch die Infopaq-Entscheidung relevant werden. Es werden Fragen nach den Werkarten, der Abgrenzung von Werk und Idee und dem notwendigen Maß an Originalität behandelt.
- Fazit: Dieses Kapitel fasst die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammen und bewertet die Infopaq-Entscheidung als einen wichtigen Schritt in Richtung eines harmonisierten europäischen Urheberrechts.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit untersucht die Infopaq-Entscheidung des EuGH und deren Auswirkungen auf die Schutzvoraussetzung des Urheberrechts in der Europäischen Union. Sie befasst sich mit den Hintergründen der Entscheidung, analysiert die Argumentation des EuGH und bewertet deren Folgen für die deutsche und britische Rechtslage.
Zusammenfassung der Kapitel
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Schutz von Werken im Urheberrecht, insbesondere mit dem Werkbegriff und der Schutzvoraussetzung der Originalität. Im Mittelpunkt steht die Infopaq-Entscheidung des EuGH, die die Schutzfähigkeit von Textauszügen aus Zeitungsartikeln betrifft. Weitere wichtige Themen sind die Harmonisierung des Urheberrechts in der EU, die Unterscheidung zwischen Urheberrecht und Leistungsschutzrecht sowie die Konvergenz von Urheberrechtssystemen wie dem droit d’auteur und dem copyright.
- Arbeit zitieren
- Alexander Wedel (Autor:in), 2010, Die Infopaq-Entscheidung des EuGH: Schleichende Harmonisierung der Schutzvoraussetzung des Urheberrechts?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/169769