Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Vergleich
2.1 Hilbert Meyer
2.2 Allgemeine Anmerkungen
2.3 Vergleich der Positionen
2.3.1 Klare Strukturierung des Unterrichts
2.3.2 Hoher Anteil echter Lernzeit
2.3.3 Lernförderliches Klima
2.3.4 Inhaltliche Klarheit
2.3.5 Sinnstiftendes Kommunizieren
2.3.6 Methodenvielfalt
2.3.7 Individuelles Fördern
2.3.8 Intelligentes Üben
2.3.9 Transparente Leistungserwartung
2.3.10 Vorbereitete Umgebung
2.3.11 Weitere ausgewählte Positionen
3 Zusammenfassung
4 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
In dieser Hausarbeit werde ich mich mit den didaktischen Vorstellungen Hilbert Meyers zum Lehr- und Lernprozess im Unterricht auseinandersetzen. Seine Positionen formuliert er in den 80-er Jahren u.a. in seinen beiden Bänden der „Unterrichtsmethoden“; einem Theorieband und einem Praxisband. In den vergangenen Jahren entwickelten sich jedoch auch Meyers Positionen zum Lehr- und Lernprozess weiter. Aufgrund neuer Ergebnisse in der Unterrichtsforschung aus den Jahren 1993 bis 2003 verfasste er 2004 das Buch: „Was ist guter Unterricht?“. In diesem Werk stellt er 10 Gütekriterien vor, mit Hilfe derer Unterricht gut zu gestalten sein soll.
Nach einigen einleitenden Bemerkungen zu Hilbert Meyer und den erwähnten Büchern, wird sich ein Vergleich ausgewählter Positionen Hilbert Meyers hinsichtlich des Lehr- und Lernprozesses aus den Jahren 1987 und 2004 anschließen. Dabei orientiere ich mich an seinen 10 Gütekriterien für guten Unterricht. Guter Unterricht bedeutet für meine Erläuterungen, dass der Lehr- und Lernprozess des Schülers positiv beeinflusst wird und zu einem erhöhten Lernerfolg bei diesem Schüler führt.
Abschließend werte ich die Veränderungen in den Positionen Meyers aus.
2 Vergleich
2.1 Hilbert Meyer
Bevor ich in die Problematik einsteige, möchte ich kurz Hilbert Meyer vorstellen. Er wurde im Jahr 1941 in Pommern geboren, besuchte das Gymnasium und studierte nach dem Abitur Pädagogik. Nach dem erfolgreichen Studium wurde er Lehrer an einer Volksschule im Ammerland. Diese Anstellung dauerte nur 3 Jahre. Es schloss sich ein Studium der Erziehungswissenschaften, Geschichte und Philosophie in Berlin an. Danach folgten Anstellungen an unterschiedlichen Universitäten und die Promotion. Sehr eng war Meyer mit Herwig Blankertz verbunden und folgte ihm an unterschiedliche Universitäten, bis er schließlich 1975 an der Oldenburger Universität sesshaft wurde. Hier übernahm er die Professur für „Schulpädagogik“, die er bis heute inne hat. Er begleitete und unterstützte viele Projekte in der Lehr- und Lernforschung. Seine Bemühungen zur Veränderung der Lehrerausbildung in Niedersachsen scheiterten an der Unterstützung durch das Kultusministerium (vgl.member.uni-oldenburg.de). Ich denke, dass es Meyer mit seinen Büchern ein Anliegen ist, praktische Orientierung für Studenten, Referendare, aber auch Lehrer zu geben.
2.2 Allgemeine Anmerkungen
Hilbert Meyers schreibt zu Beginn seines Werkes „Unterrichtsmethoden I“: „Übergeordnetes Ziel dieses Buches ist es, Ihnen beim reflektierten Aufbau Ihrer unterrichtsmethodischen Handlungskompetenzen zu helfen bzw. Ihre bereits vorhandenen Kompetenzen weiterzuentwickeln“ (Meyer, Unterrichts-methoden I: Theorieband, 1987, S. 20). Dieses Werk besteht, wie bereits erwähnt, aus zwei Bänden: Im Teil I dem Theorieband versucht Meyer den Methodenbegriff zu rekonstruieren (vgl. Meyer, Theorieband, 1987). Dazu bezieht er sich auf Didaktiker, Pädagogen und andere Geisteswissenschaftler der Geschichte und Gegenwart, analysiert ihre Überlegungen vor allem hinsichtlich des Lernens und nutzt Teile davon, um sie in seinen Methodenbegriff einzubinden. In seinem Leitsatz für guten Unterricht orientiert er sich an Pestalozzis Dreiteilung des Lernens aus dem 19. Jahrhundert. Dieser schrieb dazu in seinem Erziehungsroman „Lienhard und Gertrud“: „Sie sahen, daß in allem, was ihre Kinder vom Morgen bis Abend thaten, ihr Kopf, Ihr Herz und ihre Hand, folglich die drey Grundkräfte, von denen alles Fühlen, Denken und Handeln der Menschen ausgeht…“ (Meyer, Unterrichts-methoden I: Theorieband, 1987, S. 34). Meyer schreibt dazu: „ Es soll einen Weg zeigen, wie Lehren und Lernen mit Kopf, Herz, Händen und allen Sinnen organisiert werden kann“ (Meyer, Unterrichts-methoden I: Theorieband, 1987, S. 14). Auf diese Maxime kommt er in seinen Auslegungen immer wieder zurück und begründet damit seine Auslegungen.
Meyer ist sich jedoch bewusst, dass er keine Patentrezepte für guten Unterricht geben kann. Er kann lediglich den Lehrern Vorschläge unterbreiten, wie seiner Meinung nach ein Schüler gut lernen kann. Dies stellt er vor allem im zweiten Band der „Unterrichtsmethoden“ – in seinem Praxisband dar. Meyer fordert, dass jeder Lehrer seine Vorschläge an die jeweilige Unterrichtsstunde anpassen muss (vgl. Meyer, Praxisband, 1987).
In beiden Bänden wird sehr deutlich hervorgehoben, dass Meyer für die Handlungsorientierung im Unterricht plädiert. Er argumentiert, meiner Meinung nach, stets vor dem Hintergrund der Handlungsorientierung, die sich wiederum aus dem Leitsatz: „Lehren und Lernen mit Kopf, Herz und Hand“ ableiten lässt. Es ist für Meyer „… ein ganzheitlicher und schüleraktiver Unterricht, in dem die zwischen dem Lehrer und den Schülern vereinbarten Handlungsprodukte die Organisation des Unterrichtsprozesses leiten, so daß Kopf- und Handarbeit der Schüler in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht werden können“ (Meyer, Unterrichts-methoden I: Theorieband, 1987, S. 214).
In seinem Buch „Was ist guter Unterricht?“ aus dem Jahr 2004 distanziert sich Meyer von dem Primat der Handlungsorientierung in gutem Unterricht, da die empirischen Studien nicht belegen konnten, dass Handlungsorientierung zu höherem Lernerfolg führt. Meyer drückt aber auch sein Bedauern über diese Erkenntnis aus (vgl. Meyer, 2004). Auf diesen Aspekt werde ich in 2.3.11 noch einmal eingehen.
Des Weiteren stellt er in seinem Buch 10 Gütekriterien auf, wie bereits erwähnt. Dafür nutzt er die Erkenntnisse der deutschsprachigen und internationalen Unterrichtsforschung aus den letzten Jahren (von 1993 bis 2004). Die Ergebnisse dieser Forschung zeigen, „welche Merkmale von Unterrichtskultur das kognitiv-fachliche Lernen der Schülerinnen und Schüler fördern“ (Meyer, 2004, S. 7). Er schreibt aber auch: „Was guter Unterricht ist und sein soll, kann grundsätzlich nicht aus den Ergebnissen der empirischen Unterrichtsforschung abgeleitet werden“ (Meyer, 2004, S. 12). Es gibt weitere Aspekte, die den Unterricht und den Lernerfolg beeinflussen. Diese sind zum Teil bekannt, aber ein Großteil ist nicht bekannt. Diese wurden nicht untersucht. Meyer will mit den vorgestellten Werken stets erreichen, dass Lehrer lernen, ihre persönlich entwickelten Theorien guten Unterrichts zu reflektieren und anhand dieser Reflexion ihren Unterricht zu verändern und damit zu verbessern (vgl. Meyer, 2004).
Nach dieser kurzen Einführung werde ich nun in den Vergleich der Positionen Meyerseinsteigen. Ich gehe dabei von einem Gütekriterium Meyers aus dem Jahr 2004 aus und vergleiche dieses mit seiner entsprechenden Position aus den 80-er Jahren.
2.3 Vergleich der Positionen
2.3.1 Klare Strukturierung des Unterrichts
Das wichtigste Element für eine gute Gestaltung des Unterrichts, ist Meyers Meinung nach, die klare Strukturierung dessen. Meyer macht deutlich, dass es dabei vor allem um die Klarheit in der Prozessstruktur des Unterrichts geht. Darüber hinaus ist es ebenfalls nötig, dass in der Ziel-, Inhalts-, Sozial- und Handlungsstruktur des Unterrichts Klarheit herrschen muss (vgl. Meyer, 2004). Die Klarheit der Prozessstruktur besteht aus einer Klarheit im Inneren, also in der methodisch-didaktischen Linienführung, Meyer spricht vom „roten Faden, der sich durch die Stunde zieht“ (Meyer, 2004, S. 26), sowie im Äußeren im Unterrichtsmanagment (vgl. Meyer, 2004). Bereits in den 80-er Jahren war es Meyer wichtig, dass Unterricht strukturiert ist. Er schreibt dazu in seinem Theorieband: „Der Unterrichtsprozeß soll so gegliedert werden, daß er für Lehrer und Schüler einen einsichtigen, nachvollziehbaren Aufbau erhält“ (Meyer, Unterrichts-methoden I: Theorieband, 1987, S. 156). Meyer entwickelt 1987 sein Strukturmodell methodischen Handelns, in welchem sich die Strukturierung des Unterrichts wiederfindet. Er geht in diesem Modell davon aus, dass sich der Unterrichtsprozess in Handlungssituationen konstituiert. In diesen Handlungssituationen werden die Unterrichtsinhalte erarbeitet. Dabei entfalten sich drei Dimensionen methodischen Handelns. Eine dieser Formen ist die der Unterrichtsschritte (vgl. Meyer, Theorieband, 1987). Unterrichtsschritte regeln für Meyer „die Prozeßstruktur des Unterrichts durch ihre äußere und innere Seite“, die da wären: zeitlicher Ablauf und methodischer Gang (Meyer, Unterrichts-methoden I: Theorieband, 1987, S. 235). Diese Erklärung deckt sich mit den neueren Vorstellungen zur Strukturierung des Unterrichts. Die Begriffe haben sich etwas verändert: Der zeitliche Ablauf, wird nun Unterrichtsmanagment genannt und der methodische Gang wird erweitert um den Begriff „didaktisch“. Er spricht heute von der methodisch-didaktischen Linienführung (vgl. Meyer, 2004).
Meyer fordert 1987, wie 2004, dass die Unterrichtsstunde aus drei Teilen bestehen soll: Dem Einstieg, der Erarbeitung und der Ergebnissicherung (vgl. Meyer, 2004 und Meyer, Praxisband, 1987). Diese Dreiteilung ist schon sehr alt und kann bis in die antike Rhetorik zurück verfolgt werden. Sie ist demnach keine neue Erfindung und gilt nicht nur für Unterrichtsstunden. 1987 schrieb Meyer: „Einstieg, Erarbeitung und Ergebnissicherung bilden so etwas wie den methodischen Grundrhythmus schulisch institutionalisierter Lehre“ (Meyer, Unterrichts-methoden II: Praxisband, 1987, S. 121). Und 2004: „… aber in den meisten Fällen lässt sich der methodische Gang auf den Dreischritt ‚Einstieg/Erarbeitung/Ergebnissicherung‘ zurückführen“ (Meyer, 2004, S. 27).
Neu in den Blickwinkel der Betrachtung ist die Phase der Unterrichtsvorbereitung getreten. Meyer fordert bereits in der Unterrichtsvorbereitung mit der Strukturierung zu beginnen, und diese „intelligent“ zu gestalten (vgl. Meyer, 2004). Im Praxisband der 80-er Jahre entwickelt er am Ende eine „Konkrete Utopie“ von Unterricht. Sie enthält 8 Punkte, wie eine Schule sein sollte. Der zweite Punkt passt zu diesem Kriterium der klaren Strukturierung: „An dieser Schule gibt es eine klare, für die Schüler übersichtliche Unterrichtsorganisation“ (Meyer, Unterrichts-methoden II: Praxisband, 1987, S. 425).
Ich möchte für diesen Punkt zusammenfassen, dass die klare Strukturierung des Unterrichts für Meyer nach wie vor von Bedeutung ist. Heute misst er ihr jedoch, auf der Grundlage der empirischen Untersuchungen, größere Bedeutung zu als noch in den 80-er Jahren. Es wurde durch die Untersuchungen festgestellt, dass sich der Lernerfolg durch klare Strukturierung erhöht. Es haben sich im Laufe der Jahre einige Begrifflichkeiten verändert und es sind neue hinzu gekommen, wie Stimmigkeit von Zielen, Inhalten und Methoden, methodischer Grundrhythmus u.a. (vgl. Meyer, 2004).
2.3.2 Hoher Anteil echter Lernzeit
In diesem Punkt befasst sich Meyer 2004 mit den Ergebnissen, die die empirischen Untersuchungen im Hinblick auf die Lernzeit feststellen konnten. Er definiert sie folgendermaßen: „Die echte Lernzeit (time on task) ist die vom Schüler tatsächlich aufgewendete Zeit für das Erreichen der angestrebten Ziele“ (Meyer, 2004, S. 40).
Um einen hohen Anteil echter Lernzeit zu erreichen ist es notwendig, Anspannung und Entspannung abwechselnd in den Unterrichtsprozess einzubauen. Meyer schreibt dazu: „Aktive Lernphasen und erholsame Pausen wechseln sich ab“ (Meyer, 2004, S. 40). In den 80- er Jahren schreibt er dazu: „Es ist sehr wichtig, für ein ausgewogenes Verhältnis von lehrgangsmäßig geordneten und handlungsorientiert organisierten Unterrichtsphasen zu sorgen…“ (Meyer, Unterrichts-methoden II: Praxisband, 1987, S. 160), sowie: „Schüler sind auch heute noch regelmäßig für ihre Lehrer und ihren Unterricht zu begeistern, wenn … auf Phasen der Anspannung und Anstrengung Phasen wirklicher Erholung, Ruhe und Meditation folgen“ (Meyer, Unterrichts-methoden II: Praxisband, 1987, S. 396).
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