Erinnerungskultur im Film

Eine Filmanalyse von "Sophie Scholl - die letzten Tage"


Hausarbeit, 2011

22 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Allgemeines zu Film
1.1. Daten und Fakten
1.2. Altersfreigabe
1.3. Besetzung

2. Inhalt, Thema und Schlüsselsatz

3. Dramatische Struktur
3.1. Anfang
3.2. Mitte
3.3. Ende

4. Die Heldenreise
4.1. Stadium 1: Die gewohnte Welt
4.2. Stadium 2: Der Ruf des Abenteuers
4.3. Stadium 3: Weigerung
4.4. Stadium 4: Begegnung mit dem Mentor
4.5. Stadium 5: Überschreiten der ersten Schwelle
4.7. Stadium 7: Vordringen zur tiefsten Höhle
4.8. Stadium 8: Entscheidende Prüfung
4.9. Stadium 9: Belohnung
4.10. Stadium 10: Rückweg
4.11. Stadium 11: Tod (und Auferstehung)
4.12. Stadium 12: Rückkehr mit dem Elexier

5. Visuelle Analyse
5.1. Einstellungen, Schnitte und Perspektiven
5.2. Ordnung der Dinge
5.3. Platzieren und Ernten
5.4. Religiöse Symbolik

6. Auditive Analyse
6.1. Musik
6.2. Ton
6.4. Sprache

7. Schlussfolgerungen zur Erinnerungskultur

1. Allgemeines zu Film

Im Zusammenhang mit deutscher Erinnerungskultur ist die Miteinbeziehung von filmischem Material von wachsender Bedeutung. Zum einen kann ein breiteres Publikum erreicht werden, und zum anderen kann über die rein faktisch-historische Ebene hinaus ein Bild im Rezipienten geschaffen werden, das im kollektiven Gedächtnis bewahrt werden kann. Gerade durch das stilistische Mittel des Filmes kann eine ethische Relevanz für den Zuschauer vermittelt werden, die durch simple Verarbeitung und Bearbeitung von Quellen nicht möglich ist (zumindest nicht für den Nicht-Historiker). Trotzdem muss dem Betrachter klar sein, dass auch mit nahezu lückenloser Dokumentation der historischen Ereignisse immer fiktive Elemente im Film hinzugefügt werden, was so immer einen Fingerabdruck des Drehbuchautors und des Regisseurs hinterlässt, der den Zuschauer in einen bestimmten Erfahrungskorridor zwängt. Der Film ist nicht mehr länger simple Samstagabend Unterhaltung, sondern auch Kulturgut.

Der dieser Arbeit zugrunde liegende Film Sophie Scholl - die letzten Tage ist ein solches filmisches Dokument und soll im Folgenden auf seine stilistischen Elemente und seinen Inhalt analysiert werden. Dabei wird der Fokus der Arbeit auf die Analyse des Visuellen gelegt.

1.1. Daten und Fakten

Sophie Scholl - die letzten Tage wurde 2005 in den deutschen Kinos uraufgeführt. Die Produktion lag in deutscher Hand bei Goldkind, Broth, BR und SWR unter der Leitung von Christoph Müller. Die Regie wurde von Marc Rothemund durchgeführt, wobei das Drehbuch von Fred Breinersdorfer geschrieben wurde. Die Filmmusik wurde von Reinhold Heil komponiert und eingesteuert.1

Der Film wurde mit mehreren Auszeichnungen versehen, darunter der Preis für beste Regie und die beste Hauptdarstellerin beim Deutschen Filmpreis.

Die Authentizität ergibt sich aus der Tatsache, dass dem Film die originalen Vernehmungsprotokolle von Sophie Scholl, die schriftlichen Begründungen der Todesurteile, die Anklageschriften, Protokolle zum Verhandlungsverlauf und Augenzeugenberichte zu Grunde liegen. Ergänzt wird dies durch authentische Kleidung der Charaktere und die Drehorte.

1.2. Altersfreigabe

Gemäß §14 JuSchG FSK ist der Film ab 12 Jahren freigegeben. Dies bedeutet, dass Kinder ab 12 Jahren alleine diesen Film anschauen dürfen. Kinder ab einem Alter von 6 Jahren aufwärts kann der Einlass zu diesem Film gewährt werden, wenn sie in Begleitung einer personensorgeberechtigten Person sind. Kinder ab einem Alter von 12 Jahren haben die Fähigkeit zu einer distanzierten Wahrnehmung und können die Informationen und Bilder im Film rational verarbeiten, ebenso wie die höhere Erregungsintensität und die Bilderflut. Die FSK sieht vor allem bei einem Alter zwischen 12 und 15 Jahren ein erhöhtes Gefährdungspotenzial. Kinder in diesem Alter befinden sich in einer Phase der Selbstfindung und Unsicherheit und könnten sich leicht mit einem ‚Helden’ identifizieren, der durch antisoziales, destruktives und gewalthaltiges Verhalten geprägt ist. Dieses Gefährdungspotential ist in diesem Film jedoch als relativ niedrig einzuschätzen, da es sich um weniger gewalttätige Szenen handelt.

Das gesellschaftliche Thema, welches in dem vorliegenden Film behandelt wird, wird von der FSK für die genannte Altersgruppe als zumutbar angesehen. Sophie Scholl - die letzten Tage setzt sich mit einem, auf realen Fakten basierenden, wichtigen Ereignis der deutschen Bildungsund Vergangenheitsbewältigungsgeschichte auseinander und hat eine hohe Bedeutung für die Gesellschaft.2

1.3. Besetzung

Sophie Scholl, die Heldin des Filmes, wird von Julia Jentsch gespielt. Sophie Scholl ist zwar kein Gründungsmitglied der weißen Rose, jedoch die tragische Heldin des Filmes. Ihr Leidensweg und ihre Geschichte werden im vorliegenden Film thematisiert. Ihr Bruder Hans Scholl steht ihr im gesamten Verlauf des Filmes zur Seite. Hans wird zwar mit Sophie festgenommen und ebenfalls verhört, jedoch spielt er in Sophie Scholl - die letzten Tage lediglich eine Nebenrolle. Er wird durch Fabian Hinrichs dargestellt.

Christoph Probst, der ebenfalls ein Mitglied der weißen Rose ist und die Geschwister Scholl unterstützt, wird durch Florian Stetter dargestellt.

Else Gebel, die gemeinsam mit Sophie Scholl eingesperrt ist, wird von Johanna Gastdorf dargestellt.

Robert Mohr, der das Verhör von Sophie Scholl durchführt, wird von Gerald Alexander Held gespielt. Er ist verantwortlich für die Untersuchung des Falles und ebenso verantwortlich für die Entlarvung und Überführung der weißen Rose.

Roland Freisler, der Vorsitzende des Volksgerichtshofs, wird von Andre Hennicke gespielt. Der fanatische Freisler fällt das Urteil über Sophie Scholl und ihre Mitangeklagten.

2. Inhalt, Thema und Schlüsselsatz

Sophie Scholl - die letzten Tage erzählt, wie der Titel es schon sagt, von den letzten Tagen der Sophie Scholl bis zu ihrer Hinrichtung. Dabei ist der Fokus der Handlung auf dem Verhör, das von Robert Mohr durchgeführt wird. Im Zuge dieses Verhörs wird Sophie Scholl mit ihren Ängsten und ihrem Gewissen konfrontiert.

Das Gewissen ist gleichzeitig auch das Thema des Filmes. Trotz der Möglichkeit, eine Milderung der Strafe zu erhalten, sollte sie sich kooperativ erweisen, bleibt Sophie Scholl standhaft und wählt den gewissenhaften Weg für sich selbst.

Der Schlüsselsatz des Filmes wird von Sophie Scholl selbst ausgesprochen. Er befasst sich mit dem bereits erwähnten Thema des Films, nämlich dem Gewissen. „Das Gesetz ändert sich, das Gewissen nicht.“ (01:09:50 min. - 01:09:54 min.).

3. Dramatische Struktur

Sophie Scholl - die letzten Tage folgte dem klassischen Aufbau des populären Films, wie ihn Syd Field schon zu Beginn der 19080er Jahre in seinem Buch über das Design von Drehbüchern dargelegt hat - trotz der der historischen Anlehnung an die wahre Geschichte von Sophie Scholl.3

3.1. Anfang

Der Film beginnt mit dem Prolog, nämlich dem schriftlichen Hinweis für den Zuschauer, dass der Film auf histor ischen Fakten beruht . Imnächsten Teil , d e r Vorbereitung, ist der Handlungsstrang darauf aus gelegt, die

Vorgeschichte und Informationen über die Weiße Rose zu vermitteln (00:00:43 min. - 00:09:45 min.), um dann auf die eigentliche Aktion, die Flugblattverteilung in der Universität, (00:09:45 min. -00:13:25 min.) hinzuführen. Die Gefangennahme durch den Hausmeister und die Gestapo (00:13:25 min.) bildet den Plot Point 1, welcher den 1. Akt beendet und in den 2. Akt führt.

3.2. Mitte

Der 2. Akt ist gekennzeichnet von der Verhörphase durch Mohr und dem Geständnis von Sophie Scholl

(00:19:15 min. - 01:01:12 min.).

3.3. Ende

Im 3. Akt findet die Bewährungsprobe Sophie Scholls im Gespräch mit Robert Mohr, Gerichtsverhandlung mit Freisler und die Vollstreckung s t a t t . S o p h i e l e h n t d i e Strafmilderung ab und steht zu i h r e m G e w i s s e n , t r o t z d e s drohenden Todesurteils. Dies bildet den Plot Point 2 (01:10:00 min. - 01:13:55 min.).

Das Urteil und die Vollstreckung sind dem Kiss-off vorgezogen, der die Flugblätter der Weißen Rose über deutschen Städten zeigt.

4. Die Heldenreise

Theoretische Grundlage der Heldenreise in dieser Arbeit bilden die zwölf Stadien der Reise des Helden nach Vogler und Campbell.4

4.1. Stadium 1: Die gewohnte Welt

Gemäß Vogler lassen die meisten Geschichten „den Helden aus seiner gewohnten alltäglichen Umgebung in eine andersartige, neue und fremde Welt aufbrechen“.5 Die gewohnte Welt von Sophie Scholl stellt die Heldin mit ihrer Freundin vor einem Radio dar, wie die beiden Mädchen amerikanische Musik aus dem Radio hören. Dies bringt zum einen die Unbefangenheit und Leichtigkeit der Protagonistin zum Ausdruck, zum anderen aber auch die Affinität zum Widerstand, da sie - verbotenerweise

- englischsprachige Radiosender hört. Dies wird weiter zum Ausdruck gebracht, als Sophie gezeigt wird, wie sie mit ihren Komplizen die Flugblätter für die Weiße Rose entwirft. Ebenso wird die gewohnte Welt durch das gemeinsame Leben mit ihrem Bruder in der Münchner Wohnung verdeutlicht (00:07:30 min.).

4.2. Stadium 2: Der Ruf des Abenteuers

In diesem Stadium wird die Heldin mit einem Problem konfrontiert, was zu einer großen Herausforderung wird. Sophie Scholl wird in der Universität gezeigt, wie sie, gemeinsam mit ihrem Bruder, die gedruckten Flugblätter verteilt und letztendlich vom Hausmeister festgenommen wird (00:13:35 min.).

4.3. Stadium 3: Weigerung

Nachdem die Geschwister Scholl erwischt sind, tritt Sophie Scholl in die Phase der Weigerung ein, welche mit dem prompten Satz „Wir waren das nicht“ (00:13:42 min.) beginnt und bis zum Geständnis anhält. Neben der Thematisierung des Gewissens ist der permanente Zustand der Weigerung ein weiteres bestimmendes Merkmal des Filmes. Das Gewissen der Heldin wird auf die Probe gestellt.

4.4. Stadium 4: Begegnung mit dem Mentor

Zwar wird der Mentor in diesem Stadium des Filmes noch nicht explizit gezeigt, jedoch ist er seit Beginn des Filmes bekannt und mit einbezogen. Es ist der Vater von Sophie Scholl, durch dessen Erziehung Sophie geprägt wurde, nämlich den Werten und Normen des Christentums, auf die sich Sophie auch stets bezieht (01:01.28 min.).

[...]


1 Vgl. dazu Bühler, Philipp, Sophie Scholl - die letzten TageSophie Scholl - die letzten Tage. Filmheft, Bundeszentrale für politische Bildung, 2005, S. 3.

2 s. http://www.spio.de/index.asp?SeitID=18 (Zugriff: 30.11..2010).

3 Vgl. dazu Field, Syd (u.a.): Drehbuchschreiben für Fernsehen und Film. Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis, München, 1987, S.12.

4 Vgl. dazu Vogler, Christopher: Die Odyssee des Drehbuchschreibers. Über die mythologischen Grundmuster des amerikanischen Erfolgskinos, Frankfurt a.M. 2004 / 1993; Campbell, Joseph: The hero with a thousand faces, New York 1949 / Novato Ca. 2008.

5 Vogler, Christopher: Die Odyssee des Drehbuchschreibers. Über die mythologischen Grundmuster des amerikanischen Erfolgskinos, Frankfurt a.M. 2004 / 1993, S. 57.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Erinnerungskultur im Film
Untertitel
Eine Filmanalyse von "Sophie Scholl - die letzten Tage"
Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg
Autor
Jahr
2011
Seiten
22
Katalognummer
V173266
ISBN (eBook)
9783668802117
ISBN (Buch)
9783668802124
Sprache
Deutsch
Schlagworte
erinnerungskultur, film, eine, filmanalyse, sophie, scholl, tage
Arbeit zitieren
Christoph Blepp (Autor:in), 2011, Erinnerungskultur im Film, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/173266

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