Sollen muslimische Kinder an öffentlichen Schulen ebenso Religionsun-terricht in ihrem eigenen Glauben erhalten wie christliche Kinder? Diese Frage stellt sich sowohl unter dem Aspekt der staatlichen Gleichbehand-lung der verschiedenen Religionsgemeinschaften, als auch aufgrund der in Deutschland seit langem präsenten - und in den letzten Monaten wie-der verstärkt aufgeflammten - Integrationsdebatte. Ist ein islamischer Religionsunterricht an öffentlichen Schulen für die Integration von Mus-limen in unserer Gesellschaft vorteilhaft, da „die Integration der musli-mischen Bevölkerung nur gelingen kann, wenn sie auch die religiöse Seite ihres Lebens mit einbezieht“ ? Oder ist davon auszugehen, dass ein separater Religionsunterricht für muslimische Schüler Kinder unter-schiedlichen Glaubens verstärkt voneinander abgrenzt und folglich einer Integration eher entgegenwirkt? Welche Vorteile bringt es, den islami-schen Religionsunterricht auf den staatlichen Bereich der öffentlichen Schulen auszudehnen, obwohl es bereits Koranschulen gibt? Ist es besser, staatliche Kontrolle über die religiöse Unterweisung der Kinder und Ju-gendlichen zu haben und falls ja, wie weit soll der Einfluss des Staates auf den Religionsunterricht reichen dürfen?
Bevor diese integrationspolitischen Fragen beantwortet werden, soll diese Arbeit die verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen Religions-unterricht an öffentlichen Schulen klären. Das Staatskirchenrecht steht mehr und mehr „vor den Schwierigkeiten zwischen Staat und nichtchrist-lichen Religionen“ , daher liegt der Fokus hierbei auf den Rechtsfragen und der Problematik, die sich bei der Einführung eines islamischen Reli-gionsunterrichts stellen, und auf zwei bereits durchgeführten Schulversu-chen einer islamischen religiösen Unterweisung. Es stellt sich die Frage, wie mit Art. 7 Abs. 3 GG, der den Religionsunterricht zum Verfassungs-gut macht, umgegangen werden soll, wenn nicht alle seine Vorausset-zungen gegeben sind. Anschließend soll die Frage beantwortet werden, in welchem Umfang das deutsche Grundgesetz einen Anspruch auf Religionsunterricht gewährleistet. Schließlich soll der oben bereits erwähnten integrations- und gesellschaftspolitischen Bedeutung eines islamischen Religionsunterrichts Rechnung getragen werden.
Inhalt
A. Einleitung
B. Islamischer Religionsunterricht in Deutschland
I. Verfassungsrechtlicher Begriff des Religionsunterrichts
II. Anforderungen des Grundgesetzes (Art. 7 Abs. 3 GG)
1. Ausnahme „Bremer Klausel“ (Art. 141 GG)
2. Maßstab des Art. 7 Abs. 3 GG
a) Neutralitätsgebot des Staates
b) Übereinstimmung mit den Religionsgemeinschaften (Selbstorganisation der Muslime als Ansprechpartner)
aa) Strukturmerkmale
bb) Islamische Religionsgemeinschaften
c) Religionsunterricht
d) Ordentliches Lehrfach
e) Inhalte des Religionsunterrichts
aa) Staatlich normierte Bildungsziele
bb) Einhaltung der Rechtsordnung
cc) Einhaltung der staatlichen Ordnung
C. Islamische religiöse Unterweisung
I. Vereinbarkeit mit höherrangigem Landesrecht
II. Vereinbarkeit mit der Verfassung
1. Vereinbarkeit mit Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG
a) Eingriff in das Neutralitätsgebot
b) Eingriff in die institutionelle Garantie und das Grundrecht der Religionsgemeinschaften
c) Rechtfertigung
aa) Verfassungsnähere Rechtslage
bb) Ergebnis Rechtfertigung
2. Beispiele
a) Nordrhein-Westphalen
b) Bayern
D. Verfassungsrechtlicher Anspruch auf Religionsunterricht (Gewährleistungsumfang)
I. Institutionelle Garantie
II. Subjektive Rechte (Grundrechte)
1. Religionsgemeinschaften
a) Abwehrrecht
b) Leistungsrecht
2. Eltern und Schüler
E. Gesellschaftliche Bedeutung eines islamischen Religionsunterrichts
I. Staatliche Kulturaufgabe
1. Kulturelle Relevanz eines muslimischen Religionsunterrichts
2. Schaffung einer kulturellen Vielfalt
II. Integrationspolitisches Interesse des Staates
1. Werteerziehung zur Integrationsförderung
2. Problematik der Segregation
3. Kontrolle über Inhalte des religiösen Unterrichts
F. Fazit
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