Stellen wir uns mit etwas Fantasie eine Sendezentrale vor. Das Bild vor unserem geistigen Augen zeigt, wie Fernsehen funktioniert. An elektronischen Anlagen sitzen Techniker. Wenn ein Moderator oder Sprecher in die Kamera schaut, blickt er uns, die Zuschauer an, ohne uns tatsächlich zu sehen. Wände von Monitoren zeigen, was von unzähligen Kanälen in diesem Augenblick der Aufnahme als Wahrheit gesendet wird und im nächsten Moment bereits „versendet“ ist. Fernsehen hat also die Intention, von Individuen ausgewählte Bilder und Sendungen in Versendetes zu verwandeln.
Alexander Kluge greift an dieser Stelle mit seiner Realismustheorie ein, die zum Modell einer kommunizierenden Gegenöffentlichkeit wird. Hiermit will er dem Zuschauer zur Erkenntnis von Wirklichkeitszusammenhängen verhelfen und den Illusionswirkungen des Mainstream-Fernsehen entgegenwirken. So entstehen Kluges „Gegenproduktionen“ zum konventionellen, nivellierten Fernsehen.
In meiner Ausarbeitung möchte ich zunächst auf Kluges Weg vom Kino zum Fernsehen eingehen und seine Motivation hierfür näherbringen. Dabei wird auf seine Gegenoffensive zur Nivellierung des privaten Fernsehens eingegangen, um anschließend Kluges Autorenfernsehen und seine Zielsetzung im Hinblick auf Ausdrucks- und Reflektionspotentiale des Mediums zu erklären. Danach werde ich seine Intermedialität und den Umgang mit dieser auch aus Sicht von Kritikern reflektieren. Im Anschluss daran wird sein Realitätsverständnis im Hinblick auf seine „Recycling-Technik“ und sein Verständnis von Wahrheit analysiert. Zum Schluss möchte ich die gewonnenen Eindrücke auf seinen Umgang mit Fernseharbeiten zum Thema Katastrophen hin überprüfen. Diese Ausarbeitung kann nicht den Anspruch der Vollständigkeit erheben, sondern soll Einblicke in „Kluges-Fernsehen“ vermitteln.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Vom Autorenkino zum Autorenfernsehen
- Kluges Autorenfernsehen
- Intermedialität
- Das eigentliches Medium ist der Mensch
- Filmisches Recycling
- Facts und fakes
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Ausarbeitung befasst sich mit Alexander Kluges Fernseharbeiten, insbesondere im Kontext von Katastrophen. Sie untersucht Kluges Weg vom Autorenkino zum Autorenfernsehen und seine Kritik am Mainstream-Fernsehen. Die Ausarbeitung analysiert Kluges Realitätsverständnis und seine „Recycling-Technik“ sowie seinen Umgang mit Intermedialität.
- Kluges Kritik am Mainstream-Fernsehen und seine „Gegenproduktionen“
- Kluges Autorenfernsehen und seine Zielsetzung im Hinblick auf Ausdrucks- und Reflektionspotentiale
- Intermedialität in Kluges Fernseharbeiten und die Rolle des Menschen als Medium
- Kluges Realitätsverständnis und seine „Recycling-Technik“ im Umgang mit „Facts und fakes“
- Analyse von Kluges Fernseharbeiten zum Thema Katastrophen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Grundidee von Kluges Realismustheorie vor und setzt diese in den Kontext des Fernsehens. Kluges Ziel ist es, den Zuschauern die Möglichkeit zu geben, die Wirklichkeitszusammenhänge zu erkennen und den Illusionswirkungen des Mainstream-Fernsehens entgegenzuwirken.
Im zweiten Kapitel wird Kluges Weg vom Autorenkino zum Autorenfernsehen beleuchtet. Die Krise der deutschen Filmszene in den 1960er Jahren und die Entstehung des „Jungen deutschen Films“ werden dargestellt, wobei Kluges Rolle als Vordenker des Autorenfilms hervorgehoben wird. Die Einführung des dualen Rundfunksystems und die Gründung der DCTP ermöglichen Kluge den Zugang zum populären Fernsehmarkt und die Gestaltung unabhängiger Programmfenster.
Schlüsselwörter
Die Ausarbeitung befasst sich mit den zentralen Themen von Alexander Kluges Fernseharbeiten, darunter Autorenfilm, Realismus, Intermedialität, Gegenöffentlichkeit, „Recycling-Technik“, „Facts und fakes“, Katastrophen und Mainstream-Fernsehen.
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- Dietmar Bous (Autor), 2011, Alexander Kluges Fernseharbeiten über Katastrophen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/176637