Zwischen Anziehung und Entfremdung

Deutsch-Italienische Hochschultage 2008


Essai, 2008

4 Pages

Michelle Eickmeier (Auteur)


Extrait


Zwischen Anziehung und Entfremdung - Deutsch-Italienische Hochschultage 2008

12th November 2008

Autor: Michelle Eickmeier,

Themen: Alumni, Studium, Studium international

Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn war nach München und Rom der nunmehr dritte Gastgeber der Deutsch-Italienischen Hochschultage (27. - 28. Oktober 2008), die sie zusammen mit dem Deutsch-Italienischen Hochschulzentrum/ Ateneo Italo-Tedesco (DIH/AIT) und den Hochschulrektorenkonferenzen beider Länder veranstaltete. Den Besuchern bot sich ein umfangreiches Informationsprogrammüber den Hochschulstandort Italien.

Krönenden Abschluss bildete die aufwühlende Diskussion mit Deutschland-Italien-Experten im Festsaal der Uni Bonn, durch die ZDF-Moderatorin Luzia Braun führte. Stehen Deutschland und Italien vor einer schleichenden Entfremdung? Besteht die Tendenz des Auflebens alter Vorurteile? Längst fällig war die Diskussion, die vom Turiner Politologen Prof. Gian Enrico Rusconi (Istituto storico Italo-Tedesco, Trient) und Dr. Hans Woller (Institut für Zeitgeschichte, München) angesto ß en wurde. Daneben kamen auch der ehemalige FAZ-Korrespondent und Autor Dietmar Polaczek sowie Enzo Piergianni, Korrespondent der Mailänder Zeitung „ libero “ und „ Il Velino “ zu Wort.

Es wurde leidenschaftlich diskutiert. Leider ohne den namhaften und zuvor angekündigten Ehrengast Leoluca Orlando, den dreimaligen Oberbürgermeister Palermos. Gerade erst war dem DAAD- Alumnus, Juristen und ehemaligen Europaabgeordneten der diesjährige Konrad- Adenauer-Preis der Stadt Köln verliehen worden - für seine Zivilcourage im Kampf gegen die Mafia. Mutige Persönlichkeiten, die sich stark machen für die Entwicklung einer lebenswerten Großstadt, die europäische Integration oder die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung im zusammenwachsenden Europa sind es, die mit diesem Preis im Zwei-Jahres-Rhythmus gewürdigt werden. Orlando, das nicht mehr wegzudenkende Sinnbild der Antimafia-Bewegung Siziliens, der einmal sagte, Italien habe politisch ein ethisches Defizit, verhalf Sizilien 1989 zum Primavera di Palermo (Frühling von Palermo). Doch seitdem ist einige Zeit vergangen und auch die Mafia hat ein neues Gesicht. Heute kämpft Orlando als Abgeordneter in der Partei und Anti- Korruptionsbewegung Italia dei Valori - Lista Di Pietro (Italien der Werte - Liste Di Pietro) für den Einzug der Moral in die nicht selten von Korruption durchdrungene italienische Politik. Palermo, seine Heimatstadt, soll zu einer noch offeneren und der Welt zugewandten Metropole werden - dem gilt sein Traum und Einsatz weiterhin.

Vom Erbe alter Vorurteile

Offenheit war der bestimmende Ton der Podiumsdiskussion. Wie sehen die Deutschen die Italiener, welches Image pflegen wir bei den Italienern? Klar, dass bestehende Vorurteile zur Sprache kamen, die trotz aller Sympathien füreinander weder hier noch dort abgestritten werden können.

Über die italienischen Fahrkünste war man sich vollends einig. Ob im italienischen Straßenverkehr eine rote Ampel nur eine Empfehlung darstellt oder die italienische Verkehrsordnung nur pro forma existiert, derartige Fragen stellen sich manche deutsche Italiengäste. Das musste auch der ehemalige FAZ- Korrespondent Dietmar Polaczek feststellen, der sich auf seinem gestrigen Weg zum Flughafen Mailand-Malpensa „wie ein gehetzter Hase auf einer Treibjagd“ vorkam.

Wie schnell aber aus Vorurteilen, also vorab wertenden Urteilen, empfindlicher Ernst werden kann, zeigen jüngste Ereignisse. Man erinnere sich an die Verbal-Attacke Berlusconis auf Europaparlamentarier Martin Schulz (SPD), dem er prompt eine Filmrolle als KZ-Aufseher vorschlug. Wenig später wetterte der ehemalige Staatssekretär für Tourismus Stefano Stefani über deutsche Touristen, die er als “supernationalistische Blonde” titulierte. Die deutsche Handelskette Media Markt hingegen bediente sich dieses Jahr italienischer Stereotype für ihre Werbezwecke und schuf den Goldkettchen tragenden Kleinkriminellen Toni. Gekränkte Deutsche und Italiener waren die Folge. Obwohl die bilateralen Beziehungen als recht gut bewertet werden können und der akademische Austausch nicht besser sein könnte, bestehen auch politische Differenzen wie jüngst der Interessenkonflikt in der Frage der UN -Reform zeigte.

Schleichende Entfremdung oder falscher Alarm?

Gian Enrico Rusconi schlägt Alarm. Der Politologe und Turiner Historiker meint politisch wie kulturell eine deutsch-italienische Entfremdung zu beobachten und beklagt vor allem das zunehmende politische deutsche Desinteresse an seinem europäischen Nachbarn. Die Gegenthese vertritt Hans Woller, der vor Rusconis Alarmismus und seinem „Mythos der schleichenden Entfremdung“ warnt. Der wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte München wertet die bilateralen Beziehungen wesentlich optimistischer und kritisiert, Rusconi reduziere diese rein auf die Politik. Rusconi will entgegen dem ewigen deutschen Bild vom weintrinkenden, fröhlichen Italiener differenzierter gesehen werden. Aber es sei ein politischer Italiener, für den sich die Deutschen interessieren, bedeutete Woller.

Fin de l'extrait de 4 pages

Résumé des informations

Titre
Zwischen Anziehung und Entfremdung
Sous-titre
Deutsch-Italienische Hochschultage 2008
Université
University of Bonn  (Institut für Kommunikationswissenschaften (IfK))
Cours
Online-Journalismus praktisch
Auteur
Année
2008
Pages
4
N° de catalogue
V177121
ISBN (ebook)
9783640986057
Taille d'un fichier
450 KB
Langue
allemand
Mots clés
zwischen, anziehung, entfremdung, deutsch-italienische, hochschultage
Citation du texte
Michelle Eickmeier (Auteur), 2008, Zwischen Anziehung und Entfremdung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/177121

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