Das Eigenkapitalersatzrecht beantwortet einen Teil der Frage, wie der Interessenkonflikt zwischen der Finanzierungsfreiheit des Gesellschafters auf der einen Seite und dem Gläubigerschutz auf der anderen Seite aufzulösen ist.
Die Finanzierungsfreiheit des Gesellschafters ist Ausdruck seiner grundgesetzlich gewährleisteten unternehmerischen Freiheit und äußert sich darin, dass ihm grundsätzlich freigestellt ist, ob und in welcher Form er seiner Gesellschaft finanzielle Mittel zur Verfügung stellt. Hinsichtlich des Wie besteht grundsätzlich die Wahl zwischen der Hingabe als Eigenkapital oder als Fremdkapital. Eigenkapital ist Haftkapital; es unterliegt daher dem Auszahlungsverbot des § 30 I GmbHG und begründet in der Insolvenz keine Insolvenzforderung. Fremdkapital ist demgegenüber grundsätzlich kein Haftkapital; folglich ist es nach Maßgabe des allgemeinen Schuldrechts kündbar und begründet in der Insolvenz eine Insolvenzforde-rung. Aufgrunddessen liegt es nahe, dass ein Gesellschafter zur Minimierung seines Finanzierungsrisikos insbesondere in der Krise der Gesellschaft es vorziehen wird, Fremd- anstelle von Eigenkapital bereitzustellen.
Demgegenüber besteht das Interesse des Gläubigers der Gesellschaft an der Erfüllung seiner Forderung, welches seine Rechtfertigung in der Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG findet. Diesem Interesse läuft es zuwider, wenn der Gesellschafter in der Krise der Gesellschaft durch die Bereitstellung von nicht haftendem Fremdkapital den Geschäftsbetrieb aufrechterhält und so die Krise mit der Folge verschleppt, dass das Gesellschaftsvermögen zum Nachteil der Gläubiger weiter verringert wird.
Das Eigenkapitalersatzrecht löst diesen Widerstreit der Interessen dahingehend auf, dass vor der Krise der Gesellschaft die Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter grundsätzlich unangetastet bleibt, ab dem Eintritt der Krise die Gesellschafter hingegen eine Finanzierungsverantwortung bzw. präziser Finanzierungsfolgenverantwortung trifft. Diese schränkt zwar nicht das Ob, aber das Wie der Finanzierungsfreiheit ein. So ist der Gesellschafter in der Krise nicht gezwungen, der Gesellschaft frisches Kapital zur Verfügung zu stellen; entschließt er sich jedoch dazu, muss er Eigenkapital zuführen. Ansonsten muss er hinnehmen, dass die von ihm formell als Fremdkapital eingebrachten Mittel aufgrund der Krise der Bindung als Eigenkapitalersatz und damit dem materiellen Eigenkapitalrisiko unterworfen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Sinn und Zweck des Eigenkapitalersatzrechts
- Systematik des Eigenkapitalersatzrechts
- Die Rechtsprechungsregeln
- Die Novellenregeln
- Unterschiede zwischen Rechtsprechungs- und Novellenregeln
- Verhältnis zwischen Rechtsprechungs- und Novellenregeln
- Anwendungsbereich des Eigenkapitalersatzrechts
- Abgrenzungen zum Eigenkapitalersatzrecht
- Eigenkapitalersatz kraft Privatautonomie
- Haftung für materielle Unterkapitalisierung
- Haftung für Insolvenzverschleppung
- Stille Beteiligung
- Novellenregeln
- Tatbestand
- Darlehensgewährung oder gleichgestellte Rechtshandlung
- Objektiver Tatbestand
- Darlehensgewährung
- Gleichgestellte Rechtshandlungen
- Darlehensähnliche Rechtshandlungen
- Nutzungsüberlassungen
- Dienstleistungen
- Gesellschafterbesichertes Drittdarlehen
- Subjektiver Tatbestand
- Objektiver Tatbestand
- Gesellschafter oder gleichgestellter Dritter
- Gesellschafter
- Gleichgestellter Dritter
- Mittelspersonen
- Mittelbar Beteiligte
- Maßgeblicher Zeitpunkt
- Krise der Gesellschaft
- Insolvenzverfahren bzw. Einzelzwangsvollstreckung
- Darlehensgewährung oder gleichgestellte Rechtshandlung
- Rechtsfolgen
- Nachrangigkeit in der Insolvenz
- Rückforderungsansprüche
- Tatbestand
- Rechtsprechungsregeln
- Tatbestand, insbesondere Unterbilanz
- Rechtsfolgen
- Auszahlungsverbot
- Rückforderungsansprüche
- Einschränkungen des Eigenkapitalersatzrechts
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht das Eigenkapitalersatzrecht, ein bedeutendes Rechtsgebiet im Kontext von Unternehmenssanierungen und -restrukturierungen. Sie beleuchtet die Rechtsgrundlagen und Anwendungsbereiche des Eigenkapitalersatzrechts, wobei der Fokus auf der Abgrenzung von ähnlichen Rechtsgebieten liegt. Dabei werden insbesondere die Novellenregeln und Rechtsprechungsregeln des Eigenkapitalersatzrechts analysiert.
- Sinn und Zweck des Eigenkapitalersatzrechts
- Systematik und Abgrenzung des Eigenkapitalersatzrechts
- Anwendungsbereich des Eigenkapitalersatzrechts
- Die Novellenregeln und Rechtsprechungsregeln des Eigenkapitalersatzrechts
- Einschränkungen des Eigenkapitalersatzrechts
Zusammenfassung der Kapitel
Sinn und Zweck des Eigenkapitalersatzrechts
Dieses Kapitel beleuchtet die grundlegenden Ziele und Funktionen des Eigenkapitalersatzrechts, das dazu dient, die Gläubiger einer Gesellschaft im Falle einer drohenden Insolvenz zu schützen.
Systematik des Eigenkapitalersatzrechts
Dieses Kapitel analysiert die unterschiedlichen Regelungen des Eigenkapitalersatzrechts, wobei die Rechtsprechungsregeln und die Novellenregeln im Fokus stehen. Dabei werden die Unterschiede und das Verhältnis zwischen diesen beiden Regelungsformen erörtert.
Anwendungsbereich des Eigenkapitalersatzrechts
In diesem Kapitel wird der Anwendungsbereich des Eigenkapitalersatzrechts definiert und abgegrenzt. Hierbei werden die Voraussetzungen für die Anwendung des Eigenkapitalersatzrechts untersucht.
Abgrenzungen zum Eigenkapitalersatzrecht
Dieses Kapitel befasst sich mit der Unterscheidung des Eigenkapitalersatzrechts von anderen Rechtsgebieten, die ähnliche Fragestellungen aufwerfen, wie z.B. Eigenkapitalersatz kraft Privatautonomie, Haftung für materielle Unterkapitalisierung, Haftung für Insolvenzverschleppung und stille Beteiligung.
Novellenregeln
Dieser Abschnitt widmet sich den Novellenregeln des Eigenkapitalersatzrechts, die im Zuge von Gesetzesänderungen im Jahr 2002 eingeführt wurden. Dabei werden die Tatbestandsmerkmale der Novellenregeln, insbesondere die Voraussetzungen für die Anwendung der Nachrangigkeit, detailliert betrachtet.
Rechtsprechungsregeln
Dieser Abschnitt befasst sich mit der traditionellen Rechtsprechung zum Eigenkapitalersatzrecht. Hierbei werden die Tatbestandsmerkmale der Rechtsprechungsregeln, insbesondere die Unterbilanz, sowie die Rechtsfolgen, wie z.B. das Auszahlungsverbot und Rückforderungsansprüche, behandelt.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen des Textes sind Eigenkapitalersatzrecht, Unternehmenssanierung, Insolvenzrecht, Rechtsprechung, Novellen, Nachrangigkeit, Unterkapitalisierung, Auszahlungsverbot, Rückforderungsansprüche, Gesellschafterleistungen.
- Citar trabajo
- Michael Müller (Autor), 2005, Eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/179579