Competitor Accounting auf Basis von Konzepten des strategischen Managements


Bachelorarbeit, 2011

73 Seiten, Note: 1,9


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Competitor Accounting
2.1 Einbettung in Competitive Intelligence
2.2 Einordnung von Competitive Intelligence in die BWL

3 Ziele des klassischen Competitor Accounting

4 Methoden des klassischen Competitor Accounting
4.1 Quellen des Competitor Accounting
4.2 Die Singulus Technologies AG
4.3 Aufbereitung der Quellen
4.4 Analyse
4.4.1 Finanzwirtschaftliche Analyse
4.4.1.1 Finanzierungsanalyse
4.4.1.2 Investitionsanalyse
4.4.1.3 Liquiditätsanalyse
4.4.2 Erfolgswirtschaftliche Analyse
4.4.2.1 Ergebnisanalyse
4.4.2.2 Rentabilitätsanalyse
4.5 Zusammenfassender Überblick
4.6 Einordnung

5 Erweiterungsbedarf

6 Erweiterungsüberlegungen
6 Erweiterungsüberlegungen
6.1 Zielunternehmen
6.2 Untersuchungsrahmen
6.2.1 Ertragskraft
6.2.2 Produkte
6.2.3 Wertkette

7 Identifikation der Erfolgsfaktoren
7.1 Werttreiberanalyse
7.2 Produktperspektive
7.3 Wertkettenperspektive

8 SWOT-Analyse

9 Die Balanced Scorecard

10 Fazit

Anhangverzeichnis

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Einordnung der Wettbewerbsanalyse ins strategische Management Seite Abb. 2: Schema zum allgemeinen Vorgehen bei der Bilanzanalyse

Abb. 3: Schema zur Ermittlung des bilanzanalytischen Eigenkapitals

Abb. 4: Schema zur Ermittlung des Return on Investment

Abb. 5: Kennzahlenübersicht

Abb. 6: Wertkette nach PORTER

Abb. 7: Kursverlauf der Singulus ab 2005

Abb. 8: Umsatzentwicklung Maschinenbau

Abb. 9: Verhalten Kurs zu Umsatzsteigerung

Abb. 10: Verhalten Kurs zu Umsatz

Abb. 11: Verhalten Kurs zu Umsatzrendite

Abb. 12: Verhalten Kurs zu Investitionen ins Anlagevermögen

Abb. 13: Verhalten Kurs zu Investitionen ins Umlaufvermögen

Abb. 14: Produkt Portfolio

Abb. 15: Relevanzbeurteilung von Stärken und Schwächen

1 Einleitung

„(1) Der Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes und für den Schluß eines jeden Geschäftsjahrs einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluß aufzustellen. (...)
(2) Er hat für den Schluß eines jeden Geschäftsjahrs eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs (Gewinn- und Verlustrechnung) aufzustellen.
(3) Die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung bilden den Jahresabschluß.“ (§ 242 HGB)

Nur Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften sind nicht verpflichtet ihre Jahresabschlüsse zu veröffentlichen.[1] Demnach sind alle Kapitalgesellschaften verpflichtet ihre Bilanz und ihre Gewinn- und Verlustrechnung zu publizieren (§ 325 HGB).

Der Jahresabschluss ist beim Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft einzureichen und im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Bei den Publizitätspflichten unterscheidet das Handels Gesetz Buch nach kleinen, mittleren und großen Kapitalgesellschaften (§267 HGB). Daraus ergeben sich Unterschiede in der Informationsfülle und -qualität der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen zu veröffentlichenden Daten.[2] Die vorliegende Arbeit wird als Grundlage vornehmlich den HGB-Abschluss großer Kapitalgesellschaften nutzen. Da der Bilanz- und GuV-Aufbau verpflichtend vom HGB vorgeschrieben ist, sollte dies keinen großen Einfluss auf die Übertragbarkeit zu andere Unternehmensgrößen haben.

Für börsengelistete Unternehmen ergeben sich dennoch einige Unterschiede zu großen Standardkapitalgesellschaften. So sind Unternehmen, die im Prime Standard gelistet werden, zusätzlich, zu den oben genannten Publikationen, verpflichtet, Quartalsberichte und Ad-hoc-Mitteilungen, die Einfluss auf den Börsenkurs dieses oder anderer Unternehmen haben können, zu publizieren. Die Unternehmen des General Standard müssen mindestens Halbjahresberichte veröffentlichen und sind ebenso gesetzlich der Ad-hoc-Publizität unterworfen.[3]

Im Zuge einer zunehmenden Kapitalmarkt- und damit Investorenorientierung[4] veröffentlichen viele Unternehmen freiwillig eine zunehmende Anzahl an Informationen, um Kapitalgebern die Wertschöpfung im Unternehmen und ihre Pläne zur weiteren Wertsteigerung des

Unternehmens zu verdeutlichen.[5] Zu diesen freiwillig preisgegebenen Informationen gehören vor allem Angaben über die eigene Unternehmensstrategie, Brancheneinschätzungen und zunehmend auch die Daten des internen Rechnungswesens.[6] Diese Preisgabe von Informationen, die nicht der Veröffentlichungspflicht unterliegen, nennt man Value Reporting.[7]

Das Value Reporting dient vor allem dem Schließen der Lücke zwischen dem inneren Unternehmenswert und dem Börsenwert und ist damit wichtiger Bestandteil des Shareholder Value Konzeptes.[8] Das Value Reporting soll durch die Beseitigung von

Informationsasymmetrien zwischen Unternehmensführung und Investoren die Angleichung der Kurse gewährleisten. Es kann festgestellt werden, dass sich interne und externe Unternehmensanalyse in dem Maß angleichen, in dem das Unternehmen Interesse an externen Kapitalgebern und deren Information findet.[9]

Die publizierten Daten des Value Reporting stehen der gesamten interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung. Dazu gehören neben Lieferanten, Gläubigern, Arbeitnehmern und Kunden auch Unternehmenseigner, Führungskräfte, Gewerkschaften und Konkurrenzunternehmen.[10] Das publizierende Unternehmen steht somit unter massivem Druck, welche Daten preisgegeben werden und welche besser unter Verschluss gehalten werden sollten, um dem eigenen Geschäft nicht zu schaden.[11]

Diese Schäden können als indirekte Kosten des entgangenen Gewinns durch eine Verhaltensänderung der Konkurrenz charakterisiert werden.[12] Diesem stehen dann die Wettbewerbsvorteile durch den besseren Zugang zu Eigenkapital entgegen. Der Gewinneffekt durch besseren Zugang hebt sich allerdings zum Teil wieder auf, da die Gewinnerwartung sinkt[13].

Daher entsteht zunehmend ein Beratungsmarkt, der sich intensiv mit Strategien des vorteilhaften Value Reportings beschäftigt[14]. Das neue Value Reporting arbeitet vielfach mit ungenauen Zahlen und vagen Angaben um positive Aspekte der Informationsbereitstellung abzuschöpfen aber wenig belastbares Zahlenmaterial zur Verfügung zu stellen.[15]

Aufgrund zunehmend umkämpfter Märkte und eines harten Verdrängungswettbewerbes auf diesen Märkten ist der Auf- und Ausbau gesicherter Wettbewerbspositionen und Wettbewerbsvorteile ein sehr wichtiger Bestandteil der strategischen Unternehmensplanung.[16] Daher könnten die Rückschlüsse auf die Konkurrenten und deren Wettbewerbsverhalten, -position und -verteidigungsfähigkeit, die teilweise aus den Elementen des Value Reporting gezogen werden können, von sehr hohem Wert für die eigene Strategiefindung sein.

Die Informationen des Value Reporting lassen sich leicht und legal beschaffen, die Beschaffung verursacht kaum Kosten und es scheint möglich die Informationen zu gewinnen, die zu einer Vorhersage über den Wettbewerber und sein Verhalten nötig sind. Dieses Wissen über den Konkurrenten kann dazu beitragen dem eigenen Unternehmen entscheidende Wettbewerbsvorteile zu sichern[17] und somit einen entscheidenden Beitrag zur Wertentwicklung des Unternehmens zu leisten.

Die Anzahl der Unternehmen, die Competitive Intelligence kontinuierlich betreiben, scheint stark von der Unternehmensgröße abzuhängen.[18] Während bei Großunternehmen von professionellen Strukturen der Konkurrentenanalyse ausgegangen werden kann[19], ist die Situation bei kleinen und mittleren Unternehmen eine ganz andere.[20] Von daher scheint es erklärbar, dass das Interesse an Competitive Intelligence und damit auch Competitor Accounting, in Deutschland stetig wächst.[21]

Ein Grund für die zunehmende Professionalisierung scheint zu sein, dass gerade Deutschlands Wirtschaft stark von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) geprägt ist, die sich zunehmend über den Kapitalmarkt finanzieren.[22] In diesen KMU scheint es finanziell schwer machbar zu sein, eine professionelle Struktur der Markt- und Konkurrenzbeobachtung aufzubauen und zu unterhalten. Trotzdem gibt es auch in den KMU ein ad-hoc-Reporting, um wichtige Entscheidungen durch die Daten der Konkurrenzanalyse zu stützen.[23] Ebenso wird das Competitor Accounting, aufgrund des zunehmend härteren Wettbewerbs und der steigenden Wertorientierung, für KMU eine immer wichtigere Quelle der kontinuierlichen Versorgung mit wettbewerbsrelevanten Daten.

Ein Ziel dieser Arbeit ist es daher, einen Überblick über die Methoden des Competitor Accounting zu geben. Ebenso gehört dazu, nach der Einordnung des Competitor Accounting in die Theorie der Betriebswirtschaftslehre, die Untersuchung der Position des Konkurrenten und die Erläuterung, mit Hilfe welcher Daten eine zielführende Konkurrenzanalyse möglich ist. Eine weitere zu beantwortende Frage ist, ob eine rein jahresabschlussbasierte Analyse ausreichend ist um konkrete Aussagen zu treffen.

Dazu werden anfänglich die klassischen Quellen identifiziert, auf die vorbereitende Straffung und Aufbereitung der Daten eingegangen, sowie relevante Kennzahlen erläutert und Methoden der klassischen Konkurrenzanalyse beschrieben. Außerdem sollen die Grenzen der Konkurrenzanalyse aufgezeigt werden.

Anschließend soll untersucht werden, ob und wie die Aussagekraft der Konkurrenzanalyse erhöht werden kann. Zu untersuchen ist ebenso, ob es Quellen gibt, um die es sich lohnt, den Untersuchungshorizont zu erweitern und das weitere Vorgehen, bis zu der Untersuchung, ob die Möglichkeit besteht, das Konkurrenzunternehmen, ganz oder teilweise, in das Zielsystem der eigenen Balanced Scorecard zu übernehmen. Zu diesem Zweck müssen Zwischenschritte vollzogen werden, auf die in dieser Arbeit ebenso eingegangen werden soll.

Die vorgenannten Untersuchungen sollen von Beispielen flankiert werden. Als Beispielunternehmen wird dabei die Singulus Technologies AG fungieren.

Die Verwendung des Begriffes Competitor Accounting divergiert teilweise recht stark. Einerseits gibt es eine sehr enge Verwendung als Synonym für die jahresabschlussbasierte Konkurrenzanalyse[24] [25], andererseits, unter der einfachen Übersetzung mit breiterer Verwendung, als Konkurrenzrechnung.

Der Hauptunterschied scheint in der Breite der betrieblichen Konkurrenzanalyse zu liegen. Während bei der Verwendung als jahresabschlussbasierte Konkurrenzanalyse das Competitor Accounting fast ausschließliches Mittel zur Konkurrenzanalyse zu sein scheint, bedeutet es bei der Verwendung als Konkurrenzrechnung, dass das Competitor Accounting in eine Reihe von Maßnahmen[26] eingebettet ist. Oftmals ist bei zweitem die Analyse des Jahresabschlusses ein Element der Aktivitäten, die unter Competitor Accounting gebündelt sind.

2.1 Einbettung in Competitive Intelligence

Competitor Accounting beschäftigt sich mit der Sammlung, Analyse und Bewertung der Jahresabschlüsse und der Kosten- und Erfolgsinformationen von konkurrierenden Unternehmen. Es bedient sich der Kenntnisse und Methoden des internen Rechnungswesens und transferiert diese auf die Daten der Konkurrenz.[27]

Es gehört damit zum breiten Feld der allgemeinen Konkurrenzanalyse, die auch als Competitive Intelligence bezeichnet wird und bildet somit ein Teilgebiet davon.[28] Im Unterschied zum Competitor Accounting ist Competitive Intelligence in seinen Quellen deutlich breiter. Es versucht alle legal zugänglichen Quellen über den Markt und die Konkurrenz zu erschließen und zu nutzen.

Zu den zu untersuchenden Elementen von Competitive Intelligence zählen allerdings nicht nur Unternehmen oder Unternehmensteile und insbesondere deren publizierte Finanzdaten, sondern auch der Markt, die Branche, Technologien und einzelne Produkte.[29] Neben der Analyse der Jahresabschlüsse und damit der Analyse finanzwirtschaftlicher Daten der Wettbewerber (Competitor Accounting), umfassen die Methoden von Competitive Intelligence auch die allgemeine Markt-, Produkt- und Technologieanalyse.[30]

Durch die bereits erwähnte Kenntnis- und Methodenverwendung des internen Rechnungswesens ist das Competitor Accounting auch diesem Bereich organisatorisch zugeordnet. In diesem Fall spricht man von Competitive-Intelligence-Inseln[31]. Es ist auch möglich, dass alle Competitive Intelligence Aktivitäten des Unternehmens gebündelt sind, damit wäre in diesem Fall auch das Competitor Accounting diesem Bereich zugeordnet. Dann spricht man von einem Competitive-Intelligence-Center[32], das mit einer höheren Evolutionsstufe des Competitive Intelligence erreicht wird.[33]

2.2 Einordnung von Competitive Intelligence in die BWL

Der Begriff Competitive Intelligence beschreibt im Allgemeinen die Konkurrenzanalyse. Die Konkurrenzanalyse ist ein wesentliches Element des strategischen Managements.[34] [35]

Um die Handlungsstrategien, Stärken, Schwächen und das Verhalten des Konkurrenten zu analysieren und vorherzusagen, bedarf es einer systematischen, mehrperiodigen, also langfristigen Sammlung, Analyse und Bewertung von Quellen und eine kontinuierlich anhaltende Beobachtung der Wettbewerber.[36] Die Beobachtung und Einschätzung der Konkurrenz ist ein wesentliches Element der Umweltanalyse.[37] Durch den Bedarf einer mittel- bis langfristigen Quellensammlung, kann eine genauere Einordnung in die taktische und vor allem strategische Planung erfolgen.[38]

Die wesentlichen Ziele von Competitive Intelligence sind vor allem die Erfassung der Konkurrentenstrategie (forecast Competitors strategies[39] ), eine Stärken-Schwächen-Analyse, die Möglichkeit der Antizipation des Konkurrenzverhaltens (predicting Competitor behavior[40] ) und die Ermittlung des spezifischen Gefährdungspotentials des eigenen Unternehmens und damit einhergehend ein Frühwarnsystem für gefährdende Wettbewerbssituationen.[41] Ebenso können Chancen für die eigene Wettbewerbsführung erkannt werden, falls deutliche Schwächen des Konkurrenten oder große Vorteile des eigenen Unternehmens aufgetan werden.

Die Ziele des Competitor Accounting sind vielfältig. Sie reichen von einer allgemeinen Analyse der Strategie des Wettbewerbers und deren Zielerreichung bis zu grundlegenden Aussagen, die nötig sind, um eine Vorhersage seines Verhaltens zu treffen. Dieses Verhalten wird anhand seines Reaktionsprofils abgeleitet, das die Handlungsalternativen auf diverse Möglichkeiten eines geänderten Wettbewerbsverhaltens seiner Konkurrenten angibt.[42]

Das Competitor Accounting ist ein wesentlicher Bestandteil des Zielsystems der Konkurrentenanalyse nach PORTER. Dieses Zielsystem umfasst vier Themenbereiche. Dies sind „Ziele für die Zukunft“, „Annahmen“, „Gegenwärtige Strategie“ und „Fähigkeiten“.[43]

Mit den Methoden des Competitor Accounting können nicht alle aufgeworfenen Fragen des PORTERschen Zielsystems beantwortet werden. Allerdings können wesentliche Elemente zur Ergebnisfindung beigetragen werden.[44]

Oberziel des Systems des Competitor Accounting ist es, einen Beitrag zur Strategiefindung des Unternehmens zu leisten. Durch die Aussagen von Competitive Intelligence soll eine Vorhersage der zukünftigen Marktsituation gelingen, an der sich dann die Wettbewerbsstrategie orientiert.[45]

Aus Investorensicht besteht die Aufgabe des Managements in der Schaffung eines zusätzlichen Unternehmenswertes und damit die Steigerung des Marktwertes des Eigenkapitals.[46] Competitor Accounting dient somit der Steigerung des Unternehmenswertes, durch einen wesentlichen Beitrag zur Strategiefindung des Unternehmens.

Eine gute Wettbewerbsstrategie maximiert den Wert der Fähigkeiten, die das eigene Unternehmen der Konkurrenz voraus hat und versucht diesen zu monetarisieren.[47] Aus diesem Grund ist ein wichtiges Ziel der Konkurrenzanalyse der Vergleich des eigenen Unternehmens mit der Konkurrenz, um die Wettbewerbsvorteile zu identifizieren, die nach Möglichkeit maximiert werden sollen.[48]

Ein Element der Strategiefindung ist es, dass das Handlungsvermögen des Konkurrenten in strategische Überlegungen einfließt. Aus diesem Grund ist ein Bestandteil der Konkurrenzanalyse die Beurteilung des Reaktionsvermögens der Wettbewerber.[49] Dazu ist unter anderem eine fundamentale Analyse der finanzwirtschaftlichen Struktur von Nöten.[50] Um Konkurrenten umfassend zu analysieren, bedarf es neben dieser finanzwirtschaftlichen Analyse auch einer strategischen und einer erfolgswirtschaftlichen Analyse.[51]

Dies sollte in einem Kennzahlensystem erfolgen, das dem des eigenen internen Rechnungswesens weitestgehend entspricht, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten.[52] Dazu bietet es sich an die ermittelten Daten denen der eigenen Balanced Scorecard anzugleichen.

Ebenso ist es möglich, die Ergebnisse der Konkurrenzanalyse zum Benchmarking zu nutzen. In Bereichen in denen das eigene Unternehmen Defizite gegenüber der Konkurrenz aufweist oder Vorsprünge verloren hat, können die gewonnen Daten genutzt werden, um sie zur eigenen Zieldefinition zu nutzen.[53]

Auch der Prozess der systematischen Informationsgewinnung und -sammlung selbst, ist eines der Ziele der Konkurrenzanalyse, da es erstrebenswert scheint, ein umfangreiches Informationsarchiv aufzubauen.[54] Dieses Archiv sollte jederzeit gewünschte Informationen preisgeben, um auf unerwartete Situationen schnell reagieren zu können und die Ziele hinter dem unerwarteten Verhalten zu erkennen. Zu diesem Zweck bietet sich eine EDV Datenbank an.[55]

Die verwendeten Methoden des klassischen Competitor Accounting begrenzen sich in der Hauptsache auf die formale Bilanzanalyse. Die Bilanzanalyse dient im eigentlichen Sinn dem Aufzeigen der Kapitalakquise, Kapitalverwendung, aber vor allem der Wirtschaftlichkeitsanalyse des zu untersuchenden Unternehmens.

Diese Analysen sind hauptsächlich durch den Informationsbedarf von Gläubigern[56] geprägt, die Informationen über die Verwendung ihres Kapitals erheben wollen. Die auf diesem Weg erlangten Informationen sind nur teilweise ausreichend, um den Informationsbedarf des strategischen Managements zu decken.[57] [58]

Trotzdem soll der traditionelle Ansatz im Folgenden dargestellt und untersucht werden, da auch er wichtige Ansätze zur Strategiefindung bietet. Einen methodischen Ansatz zur Strukturierung der Bilanzanalyse bietet Gräfer. Dieser Ansatz ist im Folgenden schematisch dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Schema zum allgemeinen Vorgehen bei der Bilanzanalyse58

Die formale Bilanzanalyse und die Verschaffung eines allgemeinen Überblicks über das Unternehmen (2.) kann im Kontext des Competitor Accounting vernachlässigt werden.[59] Die Abschlüsse sind im Allgemeinen durch Abschlussprüfer geprüft, was Gräfer selbst als Einschränkung zu diesem Punkt nennt. Der allgemeine Überblick über das zu analysierende Unternehmen sollte bereits vorhanden sein, da das Unternehmen bereits als Konkurrent identifiziert wurde und eine Formalanalyse der Unternehmensstruktur in diesem Zusammenhang erfolgt sein sollte. Auch die Branchenanalyse kann unter dieser Voraussetzung ausgesetzt werden.

Das allgemeine Vorgehen in der Bilanzanalyse lässt sich in einzelne Schritte unterteilen. Nachdem das Analyseziel definiert ist[60], schließen sich folgende methodische Stufen an: „Identifikation der Quellen“, „Aufbereitung der Quellen“, „Analyse“ und „Auswertung“.[61]

Die folgenden Abschnitte werden sich daher weitestgehend an diese methodischen Stufen halten.

4.1 Quellen des Competitor Accounting

Die Hauptquellen des klassischen Competitor Accounting sind die Elemente des Jahresabschlusses und der Abschlüsse, abweichend vom Jahresabschluss. Dazu gehören die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung, der Anhang und der Lagebericht.[62] Auch die Kapitalflussrechnung, zu deren Veröffentlichung zu mindestens Konzerne verpflichtet sind, kann interessante und bedeutsame Einblicke in das zu betrachtende Unternehmen gewähren.[63]

Grundsätzlich muss aber angemerkt werden, dass die Aussagekraft eines einzelnen Jahresabschlusses sehr begrenzt ist. Um aussagekräftige Daten zu gewinnen, muss ein Referenzwert geschaffen werden, um Entwicklungen nachvollziehen zu können. Dazu sollte der Betrachtungszeitraum mindestens zwei Perioden umfassen, optimal werden hierfür drei bis vier Perioden angesehen.[64]

Auch aus Ad-hoc-Mitteilungen, soweit das Unternehmen zu deren Publikation verpflichtet ist, aus öffentlichen Auftritten, Vorträgen der Manager und ähnlichen Mitteilungen können wertvolle Informationen, vor allem unter Gesichtspunkten der Kostenanalyse, gewonnen werden.[65]

Allerdings müssen hier Informationen, die für das Competitor Accounting geeignet sind, in einer anderen Weise betrachtet werden. Sie haben eine andere Syntax, aus der die gewünschten Informationen gesondert herausgefiltert und numerisch umgesetzt werden müssen. Informationen aus Abschlüssen hingegen sind vorstrukturiert und fast ausschließlich numerisch.[66] Dies kann zu Problemen führen, da viele dieser Aussagen relative Informationen enthalten, zum Beispiel: „Es konnte ein Kostenreduktion von 5 % erzielt werden“. Diese Art von Aussagen sind numerisch schwer zu erfassen, da eine genaue Datengrundlage fehlt.

Auch publizierte IFRS und US-GAAP Abschlüsse eignen sich grundsätzlich zur Konkurrentenanalyse, da auch aus ihnen die Finanz- und Ertragslage des Unternehmens analysiert werden können.[67] Dies ist wichtig, da auf den heutigen Märkten eine immer stärker zunehmende Internationalisierung zu beobachten ist.

Bei der Analyse der Kosten des Konkurrenten spielen außerdem die Daten des eigenen internen Rechnungswesens eine entscheidende Rolle.[68] Da meist keine genaue, direkte Schätzung der Kosten des Konkurrenten möglich ist, wird die Leistungserstellung anhand einer Wertkette in Einzelteile zerlegt.[69] Einkaufskosten für Rohstoffe und ausgelagerte Dienstleistungen, sowie die Kosten der Distribution lassen sich durch Interviews recht einfach bestimmen.[70] Die Kosten der Produktion des Gutes lassen sich anhand der eigenen Kostenstruktur ableiten.[71]

Das Beispielunternehmen Singulus Technologies AG erfüllt die genannten Anforderungen. Die Singulus Technologies AG ist im TecDax gelistet und unterliegt daher den Publikationspflichten des Prime Standard. Die Singulus Technologies AG veröffentlicht ihre Abschlüsse sowohl nach HGB, als auch nach IFRS.[72]

Die genannten Quellen können durch Informationen von Branchenverbänden, Industrie- und Handelskammern und dem Statistischen Bundesamt sinnvoll ergänzt werden.[73]

4.2 Die Singulus Technologies AG

Die Singulus Technologies AG[74] soll, wie bereits geschrieben, für die folgenden Untersuchungen als Beispielunternehmen dienen.

Die Singulus ist ein großes Maschinenbauunternehmen. Entstanden ist sie 1995 aus einem Management buy out aus der Leybold AG als Singulus Technologies GmbH. 1997 erfolgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft.

Singulus ist, nach eigener Aussage, der weltweit einzige Produzent von Produktionsanlagen für optische Speichermedien, die alle Produktionsschritte umfassen. Im Jahr 2005 übernahm die Singulus die Konkurrentin STEAG HamaTech AG und 2008 die Blue-Ray-Sparte der Oerlikon Balzers AG.[75]

Im Zuge der Produktion dieser optischen Datenträger ist die Oberflächenbeschichtung und Oberflächenveredelung ein weiteres Produkt der Singulus. Dies kommt vorrangig in der Halbleiterindustrie zum Einsatz.

Seit 2007, mit dem Kauf der Stangl Semiconductor Equipment AG, produziert Singulus ebenfalls Solaranlagen. Auch dafür werden Oberflächen behandelt und veredelt, um mit der neuen Oberflächenstruktur elektrischen Strom gewinnen zu können.

Die Singulus AG gehört seit dem 22.03.2010 zum Nebenwertindex TecDax.[76] Den Sprung in diesen Index schaffte die Singulus zum zweiten mal, nachdem sie im September 2009 aus diesem ausgeschieden war.

[...]


[1] Vgl. Gräfer (2008), S. 1.

[2] Vgl. Coenenberg (2005), S. 957.

[3] Vgl. Richard, Mühlmeyer (2006), S. 296ff.

[4] Shareholder Value.

[5] Vgl. Henselmann (2003), S. 1.

[6] Vgl. Ebenda, hier S. 1, 2.

[7] Vgl. Arbeitskreis Externe Unternehmensrechnung der Schmalenbach Gesellschaft, (55. Jg.), S. 2337.

[8] Vgl. Fischer, Wenzel (2005), S. 12.

[9] Vgl. Coenenberg (2005), S. 949.

[10] Vgl. Ebenda, hier S. 953.

[11] Vgl. Henselmann (2003), S. 10f.

[12] Vgl. Ebenda, S. 2.

[13] = Schaden des Value Reporting.

[14] Vgl. Romppel (2006), S. 242ff.

[15] Vgl. Henselmann (2003), S. 1ff.

[16] Vgl. Homburg, Christian; Kiedaisch, Ingo: Wettbewerbsanalyse, in: Schulte (1996), S. 839.

[17] Vgl. Ebenda, hier S. 839f.

[18] Vgl. Ebenda.

[19] 91% der DAX-100 Unternehmen betreiben langfristig Competitive Intelligence; Vgl. Michaeli (2006), S. 11.

[20] Vgl. Michaeli (2006), S. 9ff.

[21] Vgl. Michaeli (2006), S. 10ff.

[22] Vgl. Statistisches Bundesamt, auf: http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Grafiken/UnternehmenGewerbeInsolvenze n/Fotografie/KMUAnteil,templateId=renderLarge.psml, am 15.04.2011 um 22:34.

[23] Vgl. Michaeli (2006), S. 7.

[24] Vgl. Effing (2002).

[25] Im Folgenden: klassisches Competitor Accounting.

[26] Competitive Intelligence.

[27] Vgl. Hoffjan, Andreas (2003), S. 380.

[28] Vgl. Grant, (2005), S. 113.

[29] Vgl. Michaeli (2006), S. 479f.

[30] Vgl. Ebenda, S. 3.

[31] Vgl. Michaeli (2006), S. 7.

[32] Vgl. Ebenda.

[33] Vgl. Ebenda.

[34] Vgl. Bausch, in: Hahn, Taylor (2006), S. 199.

[35] Vgl. Ebenda.

[36] Vgl. Kairies (2001), S. 105.

[37] Vgl. Jung (2002), S. 541.

[38] Vgl. Ebenda, S. 169.

[39] Vgl. Grant (2005), S. 115.

[40] Vgl. Ebenda.

[41] Vgl. Homburg, Kiedaisch: Wettbewerbsanalyse, in: Schulte (1996), S. 839.

[42] Vgl. Homburg, Kiedaisch: Wettbewerbsanalyse, in: Schulte (1996), S. 839.

[43] Vgl. Porter (1997), S. 81ff.

[44] Vgl. Ebenda, S. 98.

[45] Vgl. Michaeli (2006), S. 21.

[46] Vgl. Schmidt, Reinhart: Shareholder Value, in: Schulte (1996), S. 683.

[47] Vgl. Effing (2002), S. 68.

[48] Vgl. Effing (2002), S. 72.

[49] Vgl. Porter (1997), S. 100.

[50] Vgl. Ebenda.

[51] Vgl. Coenenberg (2005), S. 951.

[52] Vgl. Michaeli (2006), S. 249.

[53] Vgl. Kairies (2001), S. 132f.

[54] Vgl. Ebenda, S. 20.

[55] Vgl. Ebenda, S. 12.

[56] Hauptsächlich der Banken.

[57] Vgl. Welge, Al-Laham (2001), S. 209.

[58] Vgl. Gräfer (2008), S. 23.

[59] Vgl. Gräfer (2008), S. 23.

[60] Vgl. Michaeli (2006), S. 251.

[61] Vgl. Ebenda.

[62] Vgl. Coenenberg (2005), S. 949.

[63] Vgl. Ebenda, S. 985.

[64] Vgl. Gräfer (2008), S. 8.

[65] Vgl. Winkler (2003), S. 15.

[66] Vgl. Winkler (2003), S. 16.

[67] Vgl. Coenenberg (2005), S. 953.

[68] Vgl. Grant (2005), S. 264.

[69] Vgl. Porter (1999), S. 99.

[70] Vgl. Ebenda, S. 142.

[71] Vgl. Ebenda.

[72] Vgl. http://www.singulus.de/de/unternehmen/kennzahlen.html, am 23.08.2011,um 15:29.

[73] Vgl. Gräfer (2008), S. 8.

[74] Im Folgenden: Singulus oder Singulus AG.

[75] Vgl. http://www.singulus.de/de/investor-relations/praesentationen.html, am 23.08.11, um 15:29.

[76] Vgl. http://www.handelsblatt.com/finanzen/aktien/aktien-im-fokus/singulus-kehrt-in-den-tecdax- zurueck/3383048.html, am 23.08.2011, um 17:47.

Ende der Leseprobe aus 73 Seiten

Details

Titel
Competitor Accounting auf Basis von Konzepten des strategischen Managements
Hochschule
Hochschule Merseburg  (Wirtschaftswissenschaften)
Note
1,9
Autor
Jahr
2011
Seiten
73
Katalognummer
V180156
ISBN (eBook)
9783656027898
ISBN (Buch)
9783656028123
Dateigröße
713 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
competitor, accounting, basis, konzepten, managements
Arbeit zitieren
Marcus Haußig (Autor:in), 2011, Competitor Accounting auf Basis von Konzepten des strategischen Managements, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/180156

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