Soundanwendungsproblematik im Hinblick auf die Anpassungsmöglichkeiten der akustischen Informationen in Webpräsenzen

Zwischen Theorie und Praxis


Hausarbeit, 2010

20 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Ausgangsfragestellung
1.2 Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse

2. Moderne neurowissenschaftliche Erkenntnisse: Sound- und Musikeinfluss
2.1 Vom Gehör zum Gehirn
2.2 Einfluss und Wirkung von Sounds und Musik auf kognitive Prozesse
2.3 Zusammenfassung der positiven und negativen Merkmale des Sound- und Musikeinflusses

3. Nutzeraktivitäten und Soundeinsatz im Internet
3.1 Aktivitäten im Netz
3.2 Interessen und Motive
3.3 Problematik des Soundeinsatzes in den Webpräsenzen

4. Validierung der Interpretationsergebnisse im Hinblick auf die Anwendungsanpassungen

5. Zusammenfassung

Quellenverzeichnis

1. Einleitung

1.1 Ausgangsfragestellung

Das digitale Zeitalter, das mit dem Computereinsatz angebrochen ist, revolutionierte die Informations- und Wissensprozesse der Menschen in allen gesellschaftlichen Bereichen. Dieses Universalmedium beherrscht mit seiner Logik jede Art von Informationen - Daten, die organisiert und kommuniziert worden sind.

Texte, Bilder und Sounds1 als strukturierte Datenmengen werden sowohl von einem Computer als auch von einem Menschen durch En- und Decodierungsvorgänge erfasst (wahrgenommen), generiert (bearbeitet), gespeichert (im Gedächtnis gelagert) und u. a. im Internet öffentlich zur Verfügung gestellt (angewendet/kommuniziert).

Diese Transformationsprozesse verlaufen auf der kognitiven und technischen Ebene mit so einer rasanten Geschwindigkeit, dass es dem Menschen viel mehr intuitiv als bewusst gelingt, das Wissen aus der immensen digitalen Informationsfülle zu schöpfen. Die Fähigkeit des Menschen, die Informationen nach ihrem Wert auszufiltern und diese zielgerecht anzuwenden, macht ihn im Gegensatz zum Computer als Informationsträger zum handlungsfähigen Wissensträger. Das Wissen als erkenntnistheoretischer Begriff steht im Zentrum vieler interdisziplinärer Debatten - von der philosophischen Auseinandersetzung mit der Definition des Begriffes und seiner Abhängigkeit vom kulturellen Rahmen bis hin zur neuesten Forschung der kognitiven Neurowissenschaften in der Psychologie, die die Informationsverarbeitung auf der Ebene des Gehirns betreibt.2 Disziplinübergreifend gilt dennoch die Annahme, dass die Informationen nur dann zu Wissensinhalten werden, wenn sie in einem Kontext stehen, der die angemessene Informationsnutzung ermöglicht.

Als globaler Informationsanbieter und gesellschaftlich etablierte Wissensquelle bietet das World Wide Web einen unbegrenzten Raum für den Austausch von visuellen und auditiven Informationen, die jedoch abhängig von der Sinnesmodalität des Nutzers unterschiedlich dargeboten und wahrgenommen werden.

Vom Informationsträger abhängig waren Bilder und Texte im Gegensatz zu den Sounds historisch gesehen ein fester Bestandteil der Informationsübermittlung und damit auch des Wissenstransfers. Mit der Entwicklung des Computers und dessen weltweiter Vernetzung, können unterdessen auch auditive Informationen aufgenommen, verarbeitet, übermittelt und vervielfältigt werden. Die technischen Möglichkeiten dafür waren schon seit den 1990er Jahren gegeben, allerdings in einer sehr viel begrenzteren Ausführungsform als der heutige Entwicklungsstand es möglich macht - mit all den vielfältigen Softwareprodukten, großen Speicherkapazitäten und hohen Verbindungs- und Download-Geschwindigkeiten. Die akustische Untermalung gehört jedoch weiterhin nicht zum integralen Bestandteil der gegenwärtigen Webpräsenzen, wobei die Soundanwendung im Internet in den letzten Jahren tendenziell steigend zu beobachten ist. Dennoch richten sich die Einwände vieler Online- Nutzer gegen den lästigen, störenden, nutzlosen und ablenkenden Soundeinsatz, der mittlerweile als verpönt und nicht gerne gehört wird: "Sound is invasive, intrusive, and irresistible".3

1.2 Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse

Im Hinblick auf die oben angeführte ablehnende Haltung der Internet-User erscheinen die Fragen nach deren Ursachen sowie die Erforschung und Optimierung des Einsatzes von soundbasierten Informationsdaten im Web und nach den sinngemäßen, effektiven und vor allem nutzerorientierten Anwendungsmöglichkeiten der auditiven Informationen wissenschaftlich sehr interessant. Nach Auffassung des Wissenschaftsrates in Bezug auf Empfehlungen zur digitalen Informationsversorgung ist es […] offensichtlich, daß für eine effektive Nutzung der erweiterten Kommunikations- und Publikationsmöglichkeiten auch neuartige Formen der Informationsbereitstellung und -bewertung sowie Veränderungen der gegenwärtig vorhandenen Informationsinfrastrukturen erforderlich sind.4

In diesem Zusammenhang beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit dem Problem des nutzerorientierten Einsatzes von auditiven Informationen im Internet, seien sie für die begleitenden Zwecke des Visuellen oder auch als primäre Informationsquelle eingesetzt. Das Ziel dieser Arbeit ist es, falls möglich, die Optimierungsvorschläge für die effiziente, leistungsfördernde und für den Nutzer zufriedenstellende Informationsaufnahme mit Hilfe von Sounds induktiv herauszuarbeiten.

Vorab sei darauf hingewiesen, dass die technischen Aspekte der Sound-Produktion und Bereitstellung im Web im Rahmen dieser Arbeit nicht näher betrachtet werden sollen. Es geht vielmehr darum, die theoretischen Grundlagen für Webentwickler basierend auf den Erkenntnissen der neurobiologischen Forschung darzulegen, und zu analysieren, wo Anpassungen vorgenommen werden können, um ein einheitliches Modell des Soundeinsatzes im Web zu gewährleisten. Dabei wird insbesondere der Einfluss der Musik auf die Informationsverarbeitung aus der Sicht der Forschungserkenntnisse der Neurowissenschaften und der kognitiven Psychologie berücksichtigt, die vom Neurophysiologen und Gehirnforscher Prof. Dr. Lutz J ä ncke unter dem Titel „Macht Musik schlau? […]“5 2008 veröffentlicht wurden.

Die Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Um zu verstehen, wie das menschliche Gehirn mit auditiven Informationen umgeht, erfolgt im nachfolgenden Kapitel die Darstellung der neurobiologischen Eigenschaften des Gehirns und des Gehörs. Es wird die enge Verbindung zwischen kognitiven Prozessen6 und der Verarbeitung auditiver Informationen im Gehirn aufgezeigt. Anschließend, unter Einbeziehung einschlägiger neurowissenschaftlicher Forschungserkenntnisse, erfolgt die Erschließung negativer und positiver Auswirkungen der Musik auf die kognitiven Informations- und Kommunikationsverarbeitungsprozesse wie Emotionen, Lernen, Gedächtnis und Sprache. Die davon abgeleiteten theoretischen Annahmen werden im dritten Kapitel auf Grundlage von Daten der ARD/ZDF-Onlinestudie 2010 in Bezug auf die Nutzeraktivitäten und Nutzungsmotive und mit Einbezug des aktuellen Standes der praktischen Internetnutzung von auditiven Informationen untersucht. Die Ergebnisse werden aus theoretischer und praktischer Perspektive im vierten Kapitel im Hinblick auf die Anwendungsrelevanz und Anpassungsmöglichkeiten validiert und abschließend zusammengefasst.

2. Moderne neurowissenschaftliche Erkenntnisse: Sound- und Musikeinfluss auf das Gehirn

2.1 Vom Gehör zum Gehirn

Die Ohren erfüllen eine grundlegende Funktion für die Aufnahme der auditiven Informationen und deren Weiterleitung zur Verarbeitung ins Gehirn. Dieser neurobiologische Prozess verläuft wie folgt (siehe Abbildung 1): Geräusche und Töne gelangen als Schallwellen in den äußeren Gehörgang. An dessen innerem Ende treffen die Schallwellen auf das

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Menschliches Gehörorgan (Quelle: Apothekenmagazin)

Trommelfell und bringen es zum Schwingen. Die drei winzigen Gehörknöchelchen nehmen die Schwingungen in der luftgefüllten Paukenhöhle des Mittelohres auf, verstärken sie und übertragen sie an das Innenohr. Hier werden die mechanischen Impulse in Nervenimpulse umgewandelt, die dann weiter vom Hörnerv zum Gehirn übergeleitet werden.7

Man schätzt, dass rund eine Million Milliarden Verbindungen zwischen den Nervenzellen existieren. Unser Gehirn schaltet immer Gruppen von Nervenzellen zusammen, um bestimmte Aufgaben zu bewältigen, nie sind nur einzelne Nervenzellen aktiv.8

So der Gehirnforscher Lutz J ä ncke, der in seiner oben erwähnten Publikation „Macht Musik schlau? […]“9 den aktuellen Stand der neurowissenschaftlichen Forschung mit der kritischen Würdigung repliziert und den Einfluss der Musik auf die Verarbeitungsprozesse im Gehirn explizit aufzeigt. Er verweist auf die erstaunlich rasche Abfolge der im Gehirn verlaufenden Verarbeitungsprozesse von auditiven Informationen, die „[…] bei allen Menschen in mehr oder weniger gleicher Art und Weise“10 auftreten. In den ersten 10 bis 100 Millisekunden werden die akustischen Muster wie Tonhöhe, Klangfarbe, Intensität etc. im Gehirn analysiert. In 100 bis 200 Millisekunden nach der Tonpräsentation werden erste Melodien erschlossen. Und in rund 180 bis 400 Millisekunden tritt die Analyse von Harmonie und Rhythmus ein. Hier werden die wichtigsten semantischen, motorischen und emotionalen Verarbeitungszentren im Gehirn in die auditive Informationsverarbeitung involviert.11 Mit anderen Worten werden in weniger als nur einer halben Sekunde als Antwort auf den auditiven Reiz die komplexen Prozesse im Gehirn aktiviert. Wenigstens sechzehn Hirnareale sind an der Wahrnehmung und Verarbeitung von Klanginformationen beteiligt.

Insofern kann man im menschlichen Gehirn kein typisches Musikwahrnehmungsareal identifizieren. Wir sprechen heute eher von einem Netzwerk für die Musikwahrnehmung.12

Aus diesen theoretischen Erläuterungen ist festzuhalten, dass die auditiven Informationen nicht nur in enger Verbindung mit den kognitiven Prozessen wie Denken, Lernen, Sprechen, Handeln, Kontrollieren und Anbinden von Emotionen stehen, sondern auch fast gleichzeitige, parallelablaufende und komplexe Reaktionen im Gehirn auslösen. Ob diese Reaktionen einen positiven oder negativen Einfluss auf die kognitiven Prozesse im Einzelnen haben, wird im folgenden Abschnitt erläutert.

[...]


1 Unter Sound -Begriff werden alle Arten auditiver Informationen wie Musik, Klänge, Geräusche und verbale Sprache zusammengefasst. [d. V.]

2 Vgl. z. B. Hesse, Wolfgang/Ruß, Aaron/Müller, Dirk (2010). „Welche Information bestimmt die

Informationsgesellschaft? Auslegungen und Handlungsperspektiven“. Menschenbilder und Metaphern im Informationszeitalter. Hrsg. Michael Bölker, Mathias Gutmann, Wolfgang Hesse. Berlin: LIT

3 Die Beobachtung basiert auf Feedbacks und Diskussionen in Internet-Foren und Webpräsenzen wie z. B. Weblog: <http://www.ahfx.net/weblog/140>. (21.07.2011). [d. V.]

4 Wissenschaftsrat (Hrsg.) (2001). „Empfehlungen zur digitalen Informationsversorgung durch Hochschulbibliotheken.“WR Wissenschaft 2001: Drs. 4935/01 (2001).

<http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/4935-01.pdf>. (21.07.2011). S. 3.

5 Jäncke, Lutz (2008). Macht Musik schlau? Neue Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften und der kognitiven Psychologie. Bern: Hans Huber.

6 Unter dem Begriff Kognition werden die psychischen Funktionen wie, Wahrnehmung, Denken, Lernen, Gedächtnis, Sprachen und Emotionen zusammengefasst. [d. V.]

7 Vgl. Jones-Ullmann, Janet (2002). „Dissertationsthema: Cochlea Implantate, konventionelle Hörgeräte und die auditive Perzeption der Sprache. Eine empirische Untersuchung der auditiven Sprachperzeptionsfähigkeiten hörgeschädigter Kinder.“ Webseite. Bibliotheksystem Universit ä t Hamburg. < http://ediss.sub.uni-hamburg.de/volltexte/2004/2282/>. (21.07.2011). S.1.

8 Jäncke (2008), S. 17.

9 Jäncke, Lutz (2008). Macht Musik schlau? Neue Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften und der kognitiven Psychologie. Bern: Hans Huber.

10 Ebenda, S. 281.

11 Vgl. Jäncke (2008), S. 281.

12 Ebenda, S. 293.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Soundanwendungsproblematik im Hinblick auf die Anpassungsmöglichkeiten der akustischen Informationen in Webpräsenzen
Untertitel
Zwischen Theorie und Praxis
Hochschule
Universität Hamburg  (Deutsche Sprache und Literatur)
Veranstaltung
Seminar II
Note
2,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
20
Katalognummer
V180333
ISBN (eBook)
9783656029465
ISBN (Buch)
9783656029380
Dateigröße
804 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sound, Soundeinsatz, Webpräsenz, Lutz Jäncke, Macht Musik glücklich?, Neurowissenschaft, Musikanwendung im Internet, Neurowissenschaftliche Forschung
Arbeit zitieren
Natalie Scheidt (Autor:in), 2010, Soundanwendungsproblematik im Hinblick auf die Anpassungsmöglichkeiten der akustischen Informationen in Webpräsenzen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/180333

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