Der Transfer von Kreditrisiken - Systemische Risiken und Reformvorschläge


Diplomarbeit, 2010

96 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Alan Greenspan, Finanzsystemregulierung und die Krise

2. Das systemische Risiko
2.1 Stabilität des Finanzsystems
2.2 Systemische Ereignisse und Ansteckungseffekte
2.3 Systemische Relevanz von Finanzinstituten und Finanzmärkten

3. Grundlegendes zum Transfer von Kreditrisiken
3.1 Das Kreditrisiko
3.2 Instrumente zum Transfer von Kreditrisiken
3.2.1 Kreditderivate: Der Credit Default Swap
3.2.2 Kreditverbriefungen: ABS und CDO
3.3 Anwendungsmöglichkeiten aus Sicht des Originators
3.3.1 Aktives Management von Kreditportfolios
3.3.2 Regulatorische Eigenkapitalentlastung
3.4 Anwendungsmöglichkeiten aus Investorensicht

4. Systemische Risiken des Kreditrisikotransfers
4.1 Anreizprobleme und asymmetrische Informationsverteilung
4.1.1 Das Agency-Modell
4.1.2 Ex-Ante-Problem der Adverse Selection
4.1.3 Komplexität der Verbriefung und Anreizprobleme der Ratingagenturen
4.1.4 Ex-Post-Problem des Moral Hazard
4.2 Das Schattenbankensystem
4.3 Gefahren des Marktes für Credit Default Swaps
4.3.1 Marktgröße und Intransparenz
4.3.2 Marktkonzentration und Interdependenzen
4.3.3 Liquiditätsrisiken

5. Reformen zur Minderung von systemischen Risiken
5.1 Überblick über die aktuelle Debatte zur Reform des Finanzsystems
5.2 Abbau von Anreizkonflikten beim Transfer von Kreditirisiken
5.3 Regulierung der Ratingagenturen
5.3.1 Die Bedeutung von Ratings im Bankenaufsichtsrecht
5.3.2 Anpassen des Geschäftsmodells
5.3.3 Förderung eines qualitätsorientierten Wettbewerbs
5.4 Regulieren des Marktes für Credit Default Swaps

6. Der Kreditrisikotransfer: Die Lehren aus der Krise

Anhang

A.1 Entwicklung der Finanzkrise in den USA und weltweite Auswirkungen

A.2 Entwicklungsschritte der US-amerikanischen Bankenregulierung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Emission von ABS in den USA und weltweite Emission von CDO

Abbildung 2 Überblick über die Instrumente zum Transfer von Kreditrisiken

Abbildung 3 Aufbau eines Credit Default Swaps

Abbildung 4 Verbriefte Kreditportfolios in ABS 2006

Abbildung 5 Struktur einer Collateralized Debt Obligation mit Aktivaübergang

Abbildung 6 Eigenkapitalentlastung durch eine ABS-Transaktion

Abbildung 7 Principal-Agent-Beziehungen des Kreditrisikotransfers

Abbildung 8 Von der RMBS zur CDO-Square

Abbildung 9 Entwicklung des CDS-Volumens

Abbildung 10 Die wichtigsten amerikanischen CDS-Marktteilnehmer

Abbildung 11 Die wichtigsten CDS-Referenzschuldner

Abbildung 12 Branchen der Top 100 CDS-Referenzschuldner

Abbildung 13 Verfehlt die Volcker-Rule das iel

Abbildung 14 Varianten des Trancheneinbehalts

Abbildung 15 Issuer-Pays-Geschäftsmodell mit und ohne Clearing-Stelle

Abbildung 16 Aufbau eines Credit Default Swaps unter Einbeziehung einer Central Counterparty

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

“There is no cause to worry. The high tide of prosperity will continue.”

Andrew W. Mellon, Amerikanischer Finanzminister, September 1929

1. Alan Greenspan, Finanzsystemregulierung und die Krise

Im Mai 2005 veranstaltete die amerikanische Notenbank FED ihre jährliche Konferenz über die Struktur des US-Finanzsystems. Alan Greenspan, langjähriger Vorsitzender der Notenbank, hielt dort eine Rede über die Chancen der Instrumente zum Kreditrisikotransfer und betonte die positiven Auswirkungen dieser relativ neuen Finanzprodukte auf die Stabilität des Finanzsystems.1 Auch die Möglichkeit, mit Hilfe dieser Instrumente Kreditrisiken aus dem Banksystem heraus an andere Finanzmarktteilnehmer zu übertragen, fand bei Greenspan große Zustimmung. Vor allem unterstrich er, dass Versicherungen, Pensionsfonds und Hedge Fonds prädestiniert wären, einen Beitrag zur Diversifizierung von Kreditrisiken zu leisten.2

In seinen Jahren als Vorsitzender der FED war Alan Greenspan bekannt für seine offene Haltung gegenüber Finanzinnovationen und seinen Glauben an die Selbstregulierung der Märkte. So widersetzte er sich bereits 1998 einer Regulierung der individuell abgeschlossenen Derivate, den sogenannten Over-the-Counter-Geschäften, da dies in seinen Augen nur die Effizienz dieser Märkte eingeschränkt hätte.3

Einige Jahre später, im Oktober 2008, saß Alan Greenspan, inzwischen im Ruhestand, vor einem Ausschuss des amerikanischen Parlaments. Er überaschte mit seinen Aussagen - vor allem mit der Erkenntnis, dass alle, die an seine großzügige Form der Regulierung von Märkten und Banken geglaubt hatten, zutiefst schockiert seien. Noch brisanter war Greenspans Bekenntnis, dass er einen Fehler in seiner damaligen Sicht des Finanzsystems entdeckt habe und ihm seine wirtschaftspolitische Ideologie Entscheidungen vorgebeben habe, die er im Nachhinein bereue.4

Doch wie kam es dazu? Welche Entwicklungen veranlassten den über Jahre als sehr erfolgreich geltenden Vorsitzenden der amerikanischen Notenbank, grundlegende Annahmen seiner Zentralbank- und Regulierungspolitik in Frage zu stellen?

Im Frühjahr 2007 häuften sich Anzeichen von Problemen in einem Teil des US- amerikanischen Marktes für verbriefte Hypotheken mit geringer Schuldnerbonität, dem Subprime-Segment. Die Investmentbank Bear Stearns schloss mehrere Fonds, die in verbrieften Subprime-Papieren investierten. Mit der New Century Financial Corporation meldete ein wichtiger Mitspieler im amerikanischen Hypothekengeschäft Insolvenz an. Die Unsicherheit im Markt für Subprime-Mortgage-Wertpapiere verstärkte sich weiter, als im Juni 2007 die Ratingagenturen Standard&Poor’s und Moody’s ihre Risikoeinschätzung einer ganzen Reihe von Kreditverbriefungen herabstufte.5

Daraufhin gab die französische Bank BNP Paribas bekannt, nicht mehr in der Lage zu sein, Teile ihres Portfolios nach Marktpreisen zu bewerten. Offensichtlich konnte man auf den Sekundärmärkten zahlreicher Verbriefungsprodukte keine Preise mehr feststellen, da die Nachfrage weggebrochen war. Während dieser ersten Welle der aufkommenden Finanzkrise sahen sich Hedge Fonds, die britische Bank Northern Rock, die deutsche IKB und die SachsenLB massiven Liquiditätsproblemen ausgesetzt.

Dann, zu Beginn des Jahres 2008, nährten diverse Stützungsmaßnahmen der Zentralbanken und Regierungen die Hoffnung, das Schlimmste bereits überstanden zu haben. Doch im März 2008 musste die amerikanische Investmentbank Bear Stearns vor der Insolvenz gerettet werden, und es wurde deutlich, dass diese Krise noch nicht ausgestanden war. Ihren Höhepunkt, zumindest vom Jahresanfang 2010 aus betrachtet, erreichte die Finanzkrise mit dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008. Diese Insolvenz erschütterte das Urvertrauen der Finanzinstitute in Rettungs- und Stützungsmaßnahmen von Regierungen und Zentralbanken und führte zu einem massiven Vertrauensverlust, der den Zusammenbruch des Interbankenmarktes zur Folge hatte. Gleichzeitig sanken die Marktpreise für eine große Zahl von Vermögenswerten, unter anderem Kreditverbriefungen, ausgelöst durch den verstärkten Verkaufsdruck der Finanzinstitute, die auf diese Weise ihre Liquidität sichern wollten.6

Zur selben Zeit wurden auch im Zusammenhang mit Credit Default Swaps staatliche Rettungsmaßnahmen notwendig. Der US-amerikanische Versicherungskonzern American International Group (AIG) war mit seiner Tochtergesellschaft AIG Financial Products massiv auf dem CDS-Markt engagiert. Vor allem in den Jahren 2003 bis 2005 trat AIG schwerpunktmäßig als Sicherungsgeber im Rahmen von Credit Default Swaps auf und beteiligte sich an Kontrakten mit einem Nominalvolumen von bis zu USD 440 Milliarden. Dieses Engagement war nicht nur sehr hoch und einseitig, sondern zum größten Teil auch unbesichert. AIG Financial Products musste keine Sicherheitsleistungen (Margins) an die CDS-Vertragspartner leisten, sondern berief sich in Bonitätsfragen ausschließlich auf das AAA-Rating der Muttergesellschaft AIG. Nachdem AIG jedoch dieses Spitzenrating im September 2008 verlor, forderten die CDS-Kontrahenten die Zahlung von Sicherheitsleistungen (Margin Calls) in Höhe von USD 20 Milliarden.7 Dadurch geriet die American International Group in massive Liquiditätsprobleme und die US-Regierung und die FED in New York sahen sich gezwungen, AIG Mittel zur Verfügung zu stellen, um das Fortbestehen des weltgrößten Versicherungskonzerns und einem der wichtigsten Mitspieler im CDS-Geschäft zu sichern. Es sollte nicht die einzige Stützungsmaßnahme für AIG bleiben.8

Auch wenn die Instrumente zum Transfer von Kreditrisiken sicherlich nicht als die einzige Ursache der Finanzkrise ab 2007 zu sehen sind, so zählen sie dennoch zu den Faktoren, die diese Krise auslösten. Zum einen durch die Herabstufungen und Wertverluste von verbrieften Wertpapieren, zum anderen durch die Verflechtungen der Finanzinstitute miteinander, insbesondere durch Kreditderivate. Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit den Schwachstellen der Instrumente zum Transfer von Kreditrisiken und den daraus resultierenden systemischen Risiken für das Finanzsystem. In Kapitel 2 werden systemische Risiken und diejenigen Faktoren, die zu Krisen und Instabilitäten des Finanzsystems führen können, näher betrachtet. In Kapitel 3 werden die wichtigsten Instrumente zum Transfer von Kreditrisiken und deren Anwendungsmöglichkeiten vorgestellt. Kapitel 4 beschäftigt sich dann mit den durch die Finanzkrise zutage getretenen Schwachstellen des Kreditrisikotransfers und geht der Frage nach, inwiefern diese ein systemisches Risiko darstellen. Ausgehend von diesen Schwachstellen, werden in Kapitel 5 Reformvorschläge unterbreitet, die eine sinnvolle Nutzung der Instrumente des Kreditrisikotransfers ermöglichen und gleichzeitig deren systemische Risiken reduzieren.

2. Das systemische Risiko

Um beurteilen zu können, inwiefern Schwachstellen und Fehlentwicklungen bei Kreditderivaten und Verbriefungen systemische Risiken darstellen und das gesamte Finanzsystem gefährden können, ist dieses Kapitel dem Konzept des systemischen Risikos gewidmet. Dabei wird zuerst auf die Frage eingegangen, wann ein Finanzsystem stabil ist und reibungslos funktioniert. Anschließend wird beschrieben, wie systemische Ereignisse zu Ansteckungseffekten führen können und welche Faktoren die systemische Bedeutung von Finanzmärkten und Finanzinstituten bestimmen.

2.1 Stabilität des Finanzsystems

Gemäß der Definition der Europäischen Zentralbank besteht das Finanzsystem aus drei Komponenten: den Finanzintermediären, den Finanzmärkten und der Finanzmarktinfrastruktur. Zu den Finanzintermediären zählen Banken, Versicherungen und andere institutionelle Investoren, die finanzielle Mittel investieren oder verleihen. Finanzmärkte sind definiert als Treffpunkt von Verleihern und Kreditnehmern, beispielsweise auf Geld- und Aktienmärkten. Finanzmarktinfrastrukturen sind Abwicklungs- und Zahlungssysteme, die den Mittelfluss zwischen den Marktteilnehmern ermöglichen.

Das Finanzsystem gilt als stabil, wenn es fähig ist, Schocks zu widerstehen. Dies ist dann der Fall, wenn Schocks keinen negativen Einfluss auf die effiziente Allokation von Mitteln in der Volkswirtschaft haben. Ein stabiles Finanzsystem ist in der Lage, effizient und reibungslos Ressourcen von Sparern zu Investoren zu transferieren, finanzielle Risiken zu analysieren, diese zu bepreisen und zu managen. Außerdem ist ein stabiles Finanzsystem in der Lage finanzwirtschaftliche und realwirtschaftliche Schocks zu absorbieren.9

2.2 Systemische Ereignisse und Ansteckungseffekte

Der Begriff des systemischen Risikos ist seit Mitte 2007 in aller Munde. Die jeweiligen Definitionen des systemischen Risikos weichen dabei jedoch voneinander ab. Dennoch haben sie einen gemeinsamen Kern. Danach beschreibt systemisches Risiko die Gefahr, dass Entwicklungen und Ereignisse im System negative Konsequenzen für andere Elemente des Systems nach sich ziehen und die Stabilität des Finanzsystems gefährdet. Gerade die als systemische Ereignisse bezeichneten Ereignisse, wie makroökonomische Schocks, ein Bank Run oder der Ausfall eines bedeutenden Finanzinstituts, können Kettenreaktion nach sich ziehen, die zu systemischen Krisen führen können. In der Folge treffen Verluste oder Zusammenbrüche auch weitere Finanzinstitute und über einen Dominoeffekt wird das System als Ganzes in Gefahr gebracht.

Die Ansteckung zwischen einzelnen Instituten findet statt, weil diese durch Geschäfte sehr stark direkt miteinander verbunden sind. Durch diese Kanäle werden Verluste übertragen.10 Doch finden Ansteckungen nicht nur auf direktem Wege statt. Auch über Märkte können Probleme bei einem Institut zu anderen weitergegeben werden. Zum einen über neue Informationen, die Marktteilnehmer dazu bewegen, ihre Erwartungen bezüglich der zukünftigen Entwicklung anzupassen. Diese Anpassung führt dann zu nderungen von Preisen und Liquidität, von denen sämtliche Marktteilnehmer betroffen sind.11 Zum anderen können solche Marktpreisänderungen auch eintreten, wenn einige Marktteilnehmer die Notwendigkeit sehen, große Positionen zu veräußern, um ihre Liquidität zu erhalten. Ein Beispiel hierfür ist der Preisverfall von vielen verbrieften Wertpapieren ab dem Sommer 2007, nachdem sich viele Marktteilnehmer zu Verkäufen gezwungen sahen.12

2. Das systemische Risiko 6

2.3 Systemische Relevanz von Finanzinstituten und Finanzmärkten

Bei der Einschätzung der systemischen Relevanz von Finanzinstituten, müssen verschiedene Kategorien betrachtet werden. Diese sind: Größe, Ansteckungseffekte, Korrelation, Konzentration und Kontext.13

Die Größe eines Finanzinstituts allein ist keine aussagekräftige Kategorie bei der Bewertung der Systemrelevanz des Instituts. Eine Bank kann zwar von der Bilanzsumme her als groß eingestuft werden, jedoch kommt es bei ihrer systemischen Relevanz auch stark auf ihr Geschäftsmodell an. Zum Beispiel wird ein großes Institut, das fast ausschließlich risikoarme Staatspapiere hält, weniger zum systemischen Risiko im Finanzsektor beitragen als ein ähnlich großes Institut, das Kredite an Banken und Unternehmen vergibt.14

Wesentlich aussagekräftiger dagegen ist die Analyse der Marktstruktur eines Finanzsystems und des Verhältnisses von großen und kleinen Marktteilnehmern. Tarashev, Borio und Tsatsaronis (2009) haben dies anhand eines fiktiven Banksystems nachgewiesen. Die Prämissen hierbei sind, dass das systemische Risiko von drei Triebkräften bestimmt wird: den Ausfallwahrscheinlichkeiten der einzelnen Institute, der Abhängigkeit vom systematischen Risikofaktor und der Größe der einzelnen Marktteilnehmer. In der Ausgangssituation gibt es drei Banken, die zusammen 40 des gesamten Systems ausmachen, der Rest des Systems besteht aus vielen kleinen Banken. Belässt man nun alle genannten Faktoren konstant und erhöht nur die Anzahl der kleinen Banken, ohne deren gesamten Marktanteil zu vergrößern, so sinkt das systemische Risiko. Jedoch steigt durch neue, kleine Banken auch die systemische Bedeutung der drei großen Banken, die bereits in der Ausgangssituation hoch ist. So zeigt dieses Modell, dass die größte Bank des Systems, die nur fünfmal so groß ist wie die kleinste Bank, eine zehnmal höhere systemische Bedeutung als diese hat. Die systemische Relevanz einer großen Bank, steigt also auch dann, wenn ihr mehr kleine Banken gegenüber gestellt werden, das System an sich also eigentlich weniger konzentriert ist. Insofern hat nicht die Größte der Bank per se Bedeutung für deren systemische Bedeutung, sondern deren relative Größe im Vergleich zu den anderen Instituten des Systems.15

Auch Finanzinstitute, die für einen hohen Anteil des Marktgeschehens in einem Segment verantwortlich sind, haben große systemische Relevanz. Würde ein Teilmarkt nach dem Ausfall eines Instituts wegbrechen, austrocknen oder vorübergehend gestört, so ist dieses Institut systemrelevant. hnlich verhält es sich bei potentiellen Störungen in Zahlungsund Abwicklungssystemen bei Ausfall eines Marktteilnehmers.16

Eine weitere wichtige Kategorie bei der Beurteilung der systemischen Relevanz eines Instituts sind Ansteckungseffekte, die als Folge des Ausfalls dieses Instituts auftreten. Die Ansteckungseffekte stehen nicht in einem eindeutigen Verhältnis zur Größe eines Instituts. Vielmehr sind darüber hinaus Aktivität und Geschäftspolitik eines Instituts bedeutsam. Ein Beispiel für ein als systemrelevant eingestuftes Institut war die Investmentbank Bear Stearns. Obwohl relativ klein, war die Bank über ihre Geschäftsaktivitäten so stark mit dem System verknüpft, dass eine Stützung seitens der US-Regierung und die anschließende Übernahme durch J.P. Morgan Chase notwendig erschienen. Als möglicher Ansteckungskanal wurde der Markt für Credit Default Swaps vermutet.17 Über diesen hätten sich die negativen Auswirkungen des Ausfalls von Bear Stearns auf andere Institute des Finanzsystems übertragen können.

Wichtig für die systemische Relevanz eines Instituts ist auch die Frage, inwieweit seine Geschäftsaktivitäten mit denen anderen Marktteilnehmer korreliert sind. Dieses Problem erwächst zum einen aus der Tatsache, dass Institute einen Anreiz haben, Risiken einzugehen, die stark mit anderen Instituten korreliert sind, um so im Falle einer Notlage vom Staat oder der Zentralbank gestützt zu werden. Zum anderen kann eine starke Korrelation auch Folge eines Herdentriebes sein. Dies wurde in den letzten Jahren sichtbar, als immer mehr Marktteilnehmer in genau dieselben Produkte investierten - in Subprime-Hypotheken sowie entsprechenden Verbriefungen und Derivate.

Auch der Kontext in dem Institute betrachtet werden, kann eine Rolle bei der Beurteilung der systemischen Relevanz spielen. In Zeiten, in denen das System oder Märkte bereits labil und gefährdet sind, können Institute als systemrelevant eingeschätzt werden, auch wenn diesen unter normalen Umständen keine so große Bedeutung beigemessen würde. Ein Beispiel hierfür ist, dass im Kontext der Krisen in Russland und Südostasien Ende der neunziger Jahre der Hedge-Fond Long Term Capital Management gestützt wurde, während 2006 der Konkurs des Hedge-Fonds Amaranth18 zugelassen wurde.19

3. Grundlegendes zum Transfer von Kreditrisiken

Der Transfer des Kreditrisikos findet bereits seit geraumer Zeit über traditionelle Instrumente wie Kreditversicherungen, Garantien oder die Syndizierung von Krediten statt. Im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte wurden jedoch marktbasierte Finanzinnovationen entwickelt, welche die Handelbarkeit von Kreditrisiken auf Märkten ermöglichen.

Dieses Kapitel beginnt mit einer kurzen Einleitung zum Thema Kreditrisiko und beschäftigt sich im weiteren Verlauf mit den grundlegenden Eigenschaften der wichtigsten marktbasierten Instrumente zum Transfer von Kreditrisiken: Kreditverbriefungen über Asset Backed Securities (ABS) und Collateralized Debt Obligations (CDO), deren eindrucksvolles Wachstum in Abbildung 1 zu sehen ist, sowie dem Credit Default Swap (CDS) als wichtigsten Vertreter der Kreditderivate.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Emission von ABS in den USA und weltweite Emission von CDO

(Eigene Darstellung, Datenquelle: SIFMA)

Auf Varianten und Sonderformen wird dabei nur an gegebener Stelle eingegangen, da eine zu detaillierte Darstellung der einzelnen Produkte den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde und auch nicht zielführend wäre. Auf weniger wichtige Instrumente wird daher nicht eingegangen. Nach dieser eher technischen Beschreibung schließt das Kapitel mit den verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten aus Originatoren- und Investorensicht ab.20

3.1 Das Kreditrisiko

Das Risikomanagement von Banken beschäftigt sich mit einer Vielzahl unterschiedlicher Risiken, die aus den verschiedenen Geschäftsarten entstehen. Die bedeutendste Risikoart dabei ist das Kreditrisiko. Gerade im Laufe der neunziger Jahre rückte es immer mehr in den Fokus der Bankenaufsicht und des Risikomanagements. Weitere Risiken sind zum Beispiel Marktrisiken, operationelle Risiken, Liquiditätsrisiken und strategische Risiken.

Der Begriff des Kreditrisikos beschreibt im Kern die Möglichkeit, dass ein Kreditnehmer nicht fähig oder nicht willens ist, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Damit umfasst das Kreditrisiko sowohl die Gefahr, dass Kredite komplett nicht zurückgezahlt werden, als auch den Ausfall von Teilen des Kredits. Fasst man den Begriff des Kreditrisikos weiter, können auch sämtliche nderungen im Wert einer Kreditposition mit einbezogen werden: zum Beispiel das Risiko einer Wertänderung durch die Entwicklung der Zinsen, die Gefahr mangelnder Liquidität oder das Fehlen von Möglichkeiten zur Risikostreuung.

Möchte man das Kreditrisiko bestimmen, so stehen drei Faktoren im Zentrum der Betrachtung: die Ausfallwahrscheinlichkeit (Probability of Default, PD), die Höhe des Engagements zum Zeitpunkt des Ausfalls (Exposure at Default, EaD), sowie der tatsächlich ausgefallene Betrag (Loss given Default, LGD) unter Berücksichtigung der Wiedergewinnungsquote (Recovery Rate). Aus diesen Faktoren errechnet sich der erwartete Verlust (Expected Loss, EL) einer Kreditposition:

Der erwartete Verlust eines Kredits kann im Vorfeld der Kreditentscheidung durch Schätzungen der Parameter bestimmt werden und in die Bepreisung des Risikos einbezogen werden. Jedoch ist der zu erwartende Verlust nicht das alleinige Kreditrisiko. Zusätzlich besteht das Risiko des Eintritts von unerwarteten Verlusten, die bei der Kreditvergabe und der Risikobepreisung nicht einkalkuliert werden können. Da diese nicht zu antizipieren sind, stellen sie das eigentliche Kreditrisiko dar.21 oder über Kreditderivate weitergibt. Der Begriff Investor wird synonym zum Begriff Sicherungsgeber genutzt. Dieser übernimmt die Risiken einer Kreditposition.

3.2. Instrumente zum Transfer von Kreditrisiken

Bei den Instrumenten zum Transfer von Kreditrisiken lässt sich, wie in Abbildung 2 dargestellt, zwischen den traditionellen und den neueren, kapitalmarktorientierten Instrumenten unterscheiden. Das wirklich neue an den kapitalmarktorientierten Instrumenten ist, dass diese ein Handeln von Kreditrisiken auf Märkten ermöglichen. Grundsätzliche Unterschiede bestehen dabei zwischen den Kreditderivaten und den Kreditverbriefungen. Bei den Kreditverbriefungen werden in der Regel die Kreditpositionen der Bilanz des Originators, also zum Beispiel der emittierenden Bank, entnommen und an Investoren verkauft. Bei synthetischen Kreditverbriefungen und Kreditderivaten verbleiben die Aktiva in der Bilanz des Originators und nur das Kreditrisiko wird transferiert. Insbesondere bei Kreditderivaten entstehen schwebende, nur eventuell eintretende, Zahlungsverpflichtungen - der Risikotransfer findet also ungedeckt statt.22

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die Instrumente zum Transfer von Kreditrisiken

(in Anlehnung an Burghof, Henke (2005), S.106.)

3.2.1 Kreditderivate: Der Credit Default Swap

Zu den Kreditderivaten zählen drei Instrumente: Credit Default Swaps, Total Return Swaps und Credit Spread Options. Es handelt sich um ungedeckte Transaktionen, bei denen Zahlungsflüsse vom Eintritt bestimmter Ereignisse oder Entwicklungen abhängen. Zudem sind diese Instrumente zumeist bilaterale Finanzkontrakte, die auf unregulierten Märkten direkt zwischen den Parteien abgeschlossen werden - es sind sogenannte Overthe-Counter-Geschäfte. Da dem Credit Default Swap hierbei die größte Bedeutung zukommt, wird dieser ausführlicher beschrieben.23

Der Credit Default Swap dient dazu, das Kreditrisiko einer Anleihe oder eines Kredits zu transferieren. Der Sicherungsgeber übernimmt das Risiko und erhält dafür eine Prämie, den sogenannten CDS-Spread.24 Die Höhe der Risikoprämie orientiert sich am eingegangen Risiko, also der angenommenen Ausfallwahrscheinlichkeit des Referenzschuldners.25 Bei Eintritt eines im Rahmen des CDS definierten Kreditereignisses muss der Sicherungsgeber eine Ausgleichszahlung leisten. Tritt während der Laufzeit des CDS kein Kreditereignis ein, so finden keine Zahlungen statt.26

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Aufbau eines Credit Default Swaps

(in Anlehnung an Neske (2005), S.57.)

Die Kreditereignisse können im Rahmen des bilateralen OTC-Geschäfts des Credit Default Swaps individuell vereinbart werden. Jedoch resultiert eine zunehmende Standardisierung der CDS durch Rahmenverträge, insbesondere dem Master Agreement der International Swap and Derivatives Association (ISDA).27 Dieser dient als Grundlage der Over-the-Counter-Kontrakte der Mitglieder und ist weiterhin als richtungsweisendes Dokument aller anderen Rahmenverträge für OTC-Geschäfte zu betrachten.28 Die Rahmenverträge führen folgende Kreditereignisse auf: Nichtzahlung (Failure to Pay), Insolvenz (Bankruptcy), Vorfälligkeit (Obligation Acceleration) oder potentielle Vorfälligkeit (Obligation Default), Nichtanerkennung oder Moratorium (Repudiation/Debt Moratorium), sowie Restrukturierung (Restructuring).29 Jedoch sind diese Kreditereignisse nicht in allen Fällen gleich sinnvoll. So ist es üblich, die Ereignisse Insolvenz, Nichtzahlung sowie Restrukturierung bei Unternehmen anzuwenden, während Moratorium und Nichtanerkennung der Schulden bei Staaten zweckmäßiger sind. Das Kreditereignis Insolvenz ist bei staatlichen Schuldnern weniger zweckmäßig.30 Neben den Kreditereignissen der Rahmenverträge, besteht bei Over-the-Counter-Geschäften immer die Möglichkeit vom Master Agreement abzuweichen. So kommt es vor, dass Ereignisse wie Ratingveränderungen und Firmenübernahmen als Kreditereignisse definiert werden können.31

Tritt während der Laufzeit des CDS ein Kreditereignis ein, so entsteht ein Anspruch des Risikogebers gegenüber dem Sicherungsgeber. Dieser kann seinen Verpflichtungen je nach Vertragsgestaltung durch eine Ausgleichszahlung (Cash Settlement) oder eine physische Lieferung (Physical Settlement) der zugrundeliegenden Anleihe oder des Kredits nachkommen. Beim Cash Settlement wird der verbleibende Wert der Aktiva nach dem Kreditereignis festgestellt und die Differenz zum ursprünglichen Wert in bar bezahlt. Bei der physischen Lieferung hingegen übernimmt der Sicherungsgeber die zugrundeliegende Anleihe oder den Kredit gegen Zahlung des Nennwerts. Der Hauptunterschied der Methoden ist, dass durch die physische Lieferung ein Anspruch des Sicherungsgebers gegenüber dem Kreditschuldner entsteht.32

Neben der beschriebenen Grundstruktur des Credit Default Swaps existiert noch eine Reihe von Varianten. So lassen sich auch CDS abschließen, bei denen nach dem Eintritt des Kreditereignisses nur ein vorher festgelegter Betrag gezahlt wird oder der ausgefallene Betrag einen festgelegten Schwellenbetrag überschreiten muss. Diese Digital und Recovery Credit Default Swaps sind für den Risikogeber billiger, transferieren aber nur einen Teil des Risikos und decken nicht sämtliche mögliche Verluste ab.33

Auch gibt es die Möglichkeit nicht nur die Risiken eines einzelnen Schuldners über einen Credit Default Swap abzusichern, sondern einen Korb von Referenzschuldnern. Diese Basket oder Portfolio CDS werden als First-to-Default-CDS, Second-to-Default-CDS oder n-th-to-Default-CDS gehandelt. Je nach Ausgestaltung wird damit der erste, zweite oder n-te Ausfall eines Schuldners abgesichert.34 Eng verwandt mit dieser Art von CDS sind Credit Default Swap Indizes. Hierbei handelt es sich um standardisierte Indizes, mit denen Ausfälle aller im Index vertretenen Schuldner abgedeckt werden. Ein Index hat eine festgelegte Laufzeit, während der sich die Zusammenstellung nicht ändert. Regelmäßig werden neue Indizes mit unterschiedlicher Zusammenstellung aufgelegt. Zwischenzeitlich existieren Indizes verschiedener Regionen (zum Beispiel Nordamerika, Europa, Emerging Countries) und unterschiedlicher Branchen (beispielsweise Finanzindustrie, Konsumgüter, Technologie).35

3.2.2 Kreditverbriefungen: ABS und CDO

Kreditverbriefungen sind eine weitere Möglichkeit des Transfers von Kreditrisiken. Bei diesen Instrumenten werden allerdings die Aktiva der Bilanz des Originators entnommen, an eine Zweckgesellschaft veräußert und in einzelnen Tranchen an Investoren verkauft.36 Echte Kreditverbriefungen lassen sich in Asset Backed Securities (ABS) und Collateralized Debt Obligations (CDO) unterteilen. Traditionelle ABS dienen der Verbriefung von gleichartigen Forderungen.37 Die Kreditarten, wie in Abbildung 4 für das Jahr 2006 dargestellt, die für eine ABS-Verbriefung in Frage kommen, sind jedoch vielfältig. Hypothekenkredite (Residential oder Commercial Mortgage Backed Securities), Kreditkartenforderungen, Konsumentenkredite und Leasingverbindlichkeiten sind nur einige Möglichkeiten. Den Aktiva, die sich zur Verbriefung anbieten, sind kaum Grenzen gesetzt.38 Charakteristisch für ABS ist jedoch, dass sich die zugrundliegenden Aktiva einer Transaktion in der Regel aus gleichartigen Forderungen zusammensetzen. Dagegen werden über Collateralized Debt Obligations in der Regel uneinheitliche Forderungsarten zu einem Pool zusammengestellt und verbrieft.39 Sie stellen eine wichtige Unterkategorie der ABS dar. Wichtig ist vor allem, dass CDOs aus anderen ABS- Wertpapieren bestehen können, zum Beispiel aus Residential Mortgage Backed Securities (RMBS), die über eine CDO erneut verbrieft und tranchiert werden. So machten RMBS im Jahr 2006 rund 71 Prozent der Assetpools amerikanischer CDOs aus.40

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Verbriefte Kreditportfolios in ABS 2006

(Eigene Darstellung, Datenquelle: SIFMA)

Wie in Abbildung 5 zu sehen ist, werden die Aktiva bei einer CDO (oder auch bei einer ABS) an eine Zweckgesellschaft übertragen. Elementar ist die Tranchierung der begebenen Wertpapiere. Hierbei werden verschiedene Risikoklassen gebildet. Dies dient dazu, verschiedene Risiko-/Ertragsprofile zu erreichen, um damit Investoren mit unterschiedlicher Risikoneigung anzusprechen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Struktur einer Collaterialized Debt Obilgation mit Aktivaübergang

(Eigene Darstellung)

Typisch ist die Bildung von drei Risikoklassen: First-Loss-Piece (Equity Piece), Mezzanine-Piece (Junior Piece) und Senior-Piece. Das First-Loss-Piece trägt die ersten Verluste der zugrundeliegenden Aktiva. Übersteigen die Verluste das FLP, so sind die Mezzanine-Tranchen von diesen Verlusten betroffen. Das Senior-Piece trägt letztendlich alle Verluste, die das Volumen von FLP und Mezzanine-Tranche übersteigen.41

Bei der Bildung der Tranchen spielt das sogenannte Credit Enhancement eine wichtige Rolle. Dabei handelt es sich um Maßnahmen, die die Bonität und das Rating der einzelnen Tranchen verbessern soll. Eine denkbare Maßnahme besteht darin, die Nennwerte der begebenen Wertpapiere unter dem Nominalwert des verbrieften Portfolios zu halten. Dadurch wird ein größerer Teil der ersten Verluste von der Zweckgesellschaft beziehungsweise dem Originator übernommen.42 Auch das Bereitstellen von offenen Kreditlinien oder Barmitteln für die Zweckgesellschaft durch den Originator, kann im weiteren Sinne als Credit Enhancement verstanden werden. Durch diese Maßnahmen, wird die Bonität der einzelnen Tranchen verbessert, sprich Verluste kommen erst später zum Tragen. Durch diese Maßnahmen reduziert sich jedoch das tatsächlich vom Originator zum Investor transferierte Risiko.

Durch die Tranchierung geschieht im Wesentlichen eine Teilung des gesamten Risikos in informationsabhängige und informationsunabhängige Tranchen. Die Tranchen, die zuerst Ausfälle tragen müssen, sind sehr stark informationsabhängig. Die ersten Ausfälle, die auch bei normalen wirtschaftlichen Entwicklungen entstehen, hängen mit individuellen, kreditnehmerspezifischen Faktoren zusammen. Die Seniortranchen sind erst von späteren Ausfällen betroffen. Diese Ausfälle hängen stärker von gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen ab. Daher sind diese Tranchen eher informationsunabhängig und dadurch für Anleger interessant, die keine spezifischen Informationen bezüglich der ursprünglichen Kreditnehmer besitzen.43

3.3 Anwendungsmöglichkeiten aus Sicht des Originators (Risikogeber)

Der Einsatz von Instrumenten zum Kreditrisikotransfer bietet dem Originator die Möglichkeit eines aktiven Managements des Kreditportfolios und eine Entlastung des regulatorischen Eigenkapitals44.

3.3.1 Aktives Management von Kreditportfolios

Der Transfer von Kreditrisiken ermöglicht die aktive Steuerung von Portfolien und die Diversifikation von Konzentrationsrisiken, die durch Geschäftsbeziehungen zu bestimmten Branchen, Kundengruppen oder durch Konzentration des Geschäfts in bestimmten Regionen entstehen. Normalerweise sind Kreditportfolien illiquide und langfristig investierte Aktiva. Dies begrenzt die Ausdehnung des Neugeschäfts. Dagegen kann der Originator durch die Vergabe von Krediten und der anschließenden verbrieften Weitergabe der Risiken und der Aktiva weiterhin Erträge aus Neugeschäften erwirtschaften, ohne sich langfristig dem Kreditrisiko dieser Geschäfte auszusetzen.45

Doch nicht nur die tatsächliche Verbriefung mit Übergang der Aktiva eröffnet Spielräume für Neugeschäft. Auch durch den Einsatz von synthetischen Verbriefungsinstrumenten wie CDS lassen sich Konzentrationsrisiken verringern. Entlastet eine Bank die ausgeschöpfte Kreditlinie eines Kunden durch den Abschluss eines CDS, so kann sie weiter Kredite an diesen vergeben und die Geschäftsbeziehung ausbauen.46 Damit stellen CDS auch eine Alternative zur Syndizierung von Großkrediten dar. Zudem können gerade auch auf bestimmte Regionen oder Branchen spezialisierte Banken Klumpenrisiken abbauen und ihr Kreditportfolio diversifizieren. Damit können auch weiterhin besondere Branchenkenntnisse und Geschäftsmodelle genutzt werden und Vorteile aus Erfahrungswerten und Spezialisierung zum Tragen kommen.47

Alles in allem leistet die aktive Steuerung des Kreditportfolios einen Beitrag zur Optimierung des Risiko- und Ertragsverhältnisses einer Bank48 und kann so zur Verminderung des Risikos beitragen. Dies beeinflusst die Kreditwürdigkeit und Ausfallwahrscheinlichkeit der Bank positiv. Dadurch wiederum reduzieren sich die Refinanzierungskosten, da Kreditgeber eine geringere Risikoprämie für Kredite oder Anleihen verlangen.49

3.3.2 Regulatorische Eigenkapitalentlastung

Der Transfer von Kreditrisiken ermöglicht eine Entlastung des regulatorisch vorgeschriebenen Eigenkapitals. Sind Banken in den geltenden aufsichtsrechtlichen Rahmenwerken, wie beispielsweise Basel-II verpflichtet, für risikobehaftete Kredite und Anleihen Eigenkapital vorzuhalten, so können diese Anforderungen durch die Weitergabe oder Absicherung der Kreditrisiken gemindert werden.

Bei Kreditverbriefungen entfällt dabei der Eigenkapitalbedarf für die veräußerten Aktiva, da diese nicht mehr in der Bilanz der Bank enthalten sind. Eingeschränkt wird diese Eigenkapitalentlastung noch durch Credit Enhancements, also Maßnahmen, die die Bonität der verbrieften Wertpapiere erhöhen. Ein Beispiel wären Kreditlinien für die Zweckgesellschaft, die Verluste des verbrieften Kreditportfolios abfedern sollen. Durch diese Kreditlinie verbleibt noch ein Teil des Risikos beim Originator. Auch der Einbehalt des FLP durch den Originator mindert das tatsächlich transferierte Risiko. Solche Maßnahmen, die den Risikotransfer mindern und somit ein Restrisiko für den Originator bedeuten, sind auch weiterhin mit Eigenkapital zu unterlegen.50

[...]


1 vgl. Greenspan, Alan (2005): Risk Transfer and Financial Stability, Remarks by Chairman Alan Greenspan to the Federal Reserve Bank of Chicago’s Forty-first Annual Conference on Bank Structure, Chicago.

2 vgl. Greenspan, Alan (2004): Economic flexibility, Remarks by Chairman Alan Greenspan before the HM Treasury Enterprise Conference, London.

3 vgl. Greenspan, Alan (1998): The regulation of OTC derivatives, Testimony of Chairman Alan Greenspan before the Committee on Banking and Financial Services, U.S. House of Representatives, Washington D.C.

4 vgl. Andrews, Edmund L. (2008): Greenspan Concedes Error on Regulation, New York Times, October 24, 2008, S. B1.

5 vgl. Federal Reserve Bank of St. Louis: The financial crisis - a timeline of events and policy actions, http://timeline.stlouisfed.org/index.cfm?p=timeline# (abgerufen am 04.01.2010).

6 vgl. Sachverständigenrat (2008): Jahresgutachten 2008/2009 - Die Finanzkrise meistern - Wachstumskräfte stärken, S.121-123.

7 vgl. European Central Bank (2009): Credit Default Swaps and Counterparty Risk, European Central Bank, August 2009, Frankfurt am Main, S.29-30.

8 Eine ausführliche Übersicht der wichtigsten Ereignisse der Finanzkrise findet sich in A.1 Die Entwicklung der Finanzkrise in den USA und ihre weltweiten Auswirkungen im Anhang.

9 vgl. www.ecb.int/pub/fsr/html/index.en.html (abgerufen am 27.11.2009).

10 vgl. Schwarcz, Steven L. (2008): Systemic Risk, Research Paper No. 163, Duke Law School, The Georgetown Law Journal Vol. 97:193, S.198-200.

11 vgl. De Bandt, Olivier Hartmann, Philipp (2000): Systemic Risk: A Survey, Working Paper No.35, November 2000, European Central Bank, Frankfurt am Main, S.26-27.

12 vgl. Farhi, Maryse Cintra, Marcos (2009): The Financial Crisis and the Global Shadow Banking System in Revue de la regulation, Nr. 5, S.5-6.

13 vgl. Thomson, James B. (2009): On Systemically Important Financial Institutions and Progressive Systemic Mitigation, Policy Discussion Paper, Federal Reserve Bank of Cleveland, S.1- 5.

14 vgl. Thomson (2009), S.2.

15 vgl. Tarashev, Nikola A. Borio, Claudio E.V. Tsatsaronis, Kostas (2009): The systemic importance of Financial Institutions in Bank for International Settlements: BIS uarterly Review, September 2009, Basel, S.81.

16 vgl. Thomson (2009), S.4.

17 vgl. Thomson (2009), S.3

18 Amaranth Advisors LLC war gemessen am verwalteten Vermögen doppelt so groß wie LTCM. Jedoch fand bei diesem keine Rettungsaktion seitens der Zentralbank oder anderen Finanzinstituten statt. Im Falle von Amaranth sah man keine systemische Relevanz und ging davon aus, dass das System den Ausfall absorbieren kann. (Vgl. Mufson, Steven (2006): Amaranth’s Losses Top 6 Billion, The Washington Post, Washingtonpost.com, September 22, 2006, abgerufen am 15.02.2010).

19 vgl. Thomson (2009), S.5.

20 Im Rahmen dieser Diplomarbeit wird der Begriff Originator synonym zum Risikogeber verwendet. Es handelt sich also zum Beispiel um eine Bank, die Kreditrisiken ihrer Bilanz verbrieft

21 vgl. Burghof, Hans-Peter Paul, Stephan Rudolph, Bernd (2005): Kreditrisiken und Kreditmärkte in Burghof, Hans-Peter et al. (Hrsg.): Kreditderivate - Handbuch für die Bank- und Anlagepraxis, Schäffer-Poschel-Verlag, Stuttgart, 2005, S.3-6.

22 vgl. Burghof, Hans-Peter Henke, Sabine (2005): Alternative Produkte des Kreditrisikotransfers in Burghof, Hans-Peter et al.: Kreditderivate - Handbuch für die Bank und Anlagepraxis, SchäfferPoschel-Verlag, Stuttgart, 2005, S.105-106.

23 Ausführliche technische Beschreibungen zu sämtlichen Formen von Kreditderivaten und deren Varianten finden sich in Das, Satyajit (2004): Swaps/Financial Derivatives - Products, Pricing, Applications and Risk Management, Volume 4, John Wiley & Sons Asia Ltd., Singapur, 2004 und in Burghof, Hans-Peter et al. (2005): Kreditderivate - Handbuch für die Bank- und Anlagepraxis, Schäffer-Poschel-Verlag, Stuttgart, 2005.

24 vgl. Das. Satyajit (2004): Swaps/Financial Derivatives - Products, Pricing, Applications and Risk Management, John Wiley & Sons Asia Ltd, Singapur, 2004, S.3765.

25 Die Höhe der CDS-Spreads ist dabei sowohl von schuldnerspezifischen als auch systematischen, also gesamtwirtschaftlichen, Faktoren abhängig. Mehr zu den Determinanten der Risikoprämien und das Verhältnis von CDS- und Anleiherisikoprämien finden sich in Deutsche Bundesbank (2004a): Credit Default Swaps - Funktionen, Bedeutung und Informationsgehalt in: Deutsche Bundesbank: Monatsbericht Dezember 2004, Frankfurt am Main, S.55-57 und in Collin-Dufresne, Piere Goldstein, Robert S. Martin, J. Spencer (2001): The Determinants of Credit Spread Changes, The Journal of Finance, Vol.56, No.6, December 2001.

26 vgl. Das (2004), S.3765.

27 Die International Swaps and Derivatives Association (ISDA) wurde 1985 gegründet und hat über 820 Mitglieder in 57 Ländern. Die Mitglieder sind die wichtigsten Finanzinstitute der Welt und zugleich die bedeutendsten Marktteilnehmer bei Over-the-Counter-Geschäften. (vgl. International Swaps and Derivatives Association ISDA (2009): ISDA Margin Survey 2009, New York.)

28 So dominiert sowohl im European Master Agreement (EMA), als auch im Deutschen Rahmenvertrag (DRV), ein mit dem ISDA Master Agreement vergleichbares Grundkonzept. (vgl. Behrends, Okko Hendrik (2008): Der Deutsche Rahmenvertrag und das European Master Agreement in: Zerey, Jean-Claude (Hrsg.): Außerbörsliche (OTC) Finanzderivate - Rechtshandbuch, Nomos, Baden-Baden, S.84 und S.62).

29 vgl. Das (2004), S.3785 unter Berücksichtigung der deutschsprachigen Begriffsentsprechungen nach Zerey, Jean-Claude (2008): Credit Default Swaps/Vertragsgestaltung in Zerey, Jean-Claude (Hrsg.): Außerbörsliche (OTC) Finanzderivate - Rechtshandbuch, Nomos, Baden-Baden, S.175-181.

30 Dies gilt auch für supranationale Organisationen, die nicht insolvenzfähig sind. Beispiele hierfür sind die Europäische Investitionsbank, die Europäische Zentralbank oder die Weltbank. (vgl. Zerey (2008), S.176).

31 vgl. Das (2004), S.3785.

32 vgl. Neske, Christian (2005): Grundformen von Kreditderivaten in Burghof, Hans-Peter et al. (Hrsg.): Kreditderivate - Handbuch für die Bank- und Anlagepraxis, Schäffer-Poschel-Verlag, Stuttgart, 2005, S.58.

33 vgl. Posthaus, Achim (2005): Exotische Kreditderivate in Burghof, Hans-Peter et al. (Hrsg.): Kreditderivate - Handbuch für die Bank- und Anlagepraxis, Schäffer-Poschel-Verlag, Stuttgart, 2005, S.73-74.

34 vgl. Hull, John C. (2006): Optionen, Futures und andere Derivate, Pearson Studium, München, 2006, S.620. vgl. Das (2005), S.3848-3849 und Amato, Jeffery D. Gyntlberg, Jacob: (2005): CDS index tranches and the pricing of credit risk correlations in Bank for International Settlements, uarterly Review March 2005, Basel, S.83-85.

36 Es gibt auch Verbriefungsstrukturen, die von diesem Konzept etwas abweichen. So wird zum Beispiel bei synthetischen Collateralized Debt Obligations und Credit Linked Notes das Kreditportfolio nicht an die Zweckgesellschaft übertragen. Stattdessen schließt die Zweckgesellschaft einen Credit Default Swap mit dem Originator ab, über den der Risikotransfer stattfindet. Ansonsten unterscheiden sich diese Strukturen nicht wesentlich von den beschriebenen Formen der Verbriefungen. (Mehr zu synthetischen CDOs und Credit Linked Notes finden sich in Cousseran, Olivier Rahmouni, Im ne (2005): The CDO market: Functioning and implications in terms of financial stability in Banque de France: Financial Stability Review, June 2005 und Neske (2005).

37 vgl. Deutsche Bundesbank (2004b): Instrumente zum Kreditrisikotransfer: Einsatz bei deutschen Banken und Aspekte der Finanzstabilität in: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2004, Frankfurt am Main, S.29.

38 vgl. Hockmann, Heinz-Josef Thießen, Friedrich (2007): Investment Banking, Schäffer-Poschel- Verlag, Stuttgart, 2007, S.329-336.

39 vgl. Deutsche Bundesbank (2004b), S.29.

40 vgl. Securities and Exchange Commission (2008): Summary Report of Issues Identified in the Commission of Staff’s Examinations of Selected Credit Rating Agencies, July 2008, S.7.

41 vgl. Hockmann, Thießen (2007), S.340-341.

42 vgl. Securities and Exchange Commission (2008), S.7.

43 vgl. Krahnen, Jan Pieter (2005): Der Handel von Kreditrisiken: Eine neue Dimension des Kapitalmarkts in: Perspektiven der Wirtschaftpolitik 2005 6(4), Verein für Socialpolitik und Blackwell Publishing Ltd., Oxford, Malden, S.514.

44 Der Begriff Eigenkapital wird im Rahmen dieser Diplomarbeit für sämtliche aufsichtsrechtliche Anforderungen an die Unterlegung von Kreditrisikopositionen verwendet. Eine Unterscheidung der unterschiedlichen regulatorischen Eigenkapitalanforderungen, wie zum Beispiel Tier-1- und Tier-2-Kapital, kommt dabei nicht zur Anwendung.

45 vgl. Deutsche Bundesbank (1997): Asset-Backed Securities in Deutschland: Die Veräußerung und Verbriefung von Kreditforderungen durch deutsche Kreditinstitute in Deutsche Bundesbank: Monatsbericht Juli 1997, Frankfurt am Main, S.58.

46 vgl. Gehrmann, Volker (2005): Gesamtrisikosteuerung - der Beitrag von Kreditderivaten zur Risikooptimierung von Banken, Verlag Dr. Kovac, Hamburg, 2005, S.382-383.

47 vgl. Franke, Günther (2005): Risikomanagement mit Kreditderivaten in Burghof, Hans-Peter et al. (Hrsg.): Kreditderivate - Handbuch für die Bank- und Anlagepraxis, Schäffer-Poschel-Verlag, Stuttgart, 2005, S.309-312.

48 vgl. Franke (2005), S.312.

49 vgl. Franke (2005), S.310.

50 vgl. Franke (2005), S.324-325.

Ende der Leseprobe aus 96 Seiten

Details

Titel
Der Transfer von Kreditrisiken - Systemische Risiken und Reformvorschläge
Hochschule
Fachhochschule Hof
Veranstaltung
Internationales Management - Finance
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
96
Katalognummer
V182041
ISBN (eBook)
9783656056294
ISBN (Buch)
9783656056126
Dateigröße
1076 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
transfer, kreditrisiken, systemische, risiken, reformvorschläge
Arbeit zitieren
Andreas Bauer (Autor:in), 2010, Der Transfer von Kreditrisiken - Systemische Risiken und Reformvorschläge, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/182041

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