[...] Diese Arbeit beschäftigt sich daher mit der Frage nach den Triebkräften scheinbar ethnisch motivierter
Gewalt. Da verschiedene Autoren, darunter Wirz, „den aktuellen Krieg als Teil eines kolonial induzierten
Staatsbildungsprozesses“4 begreifen, soll zunächst den Fragen nach dem Status quo ante und der
Funktionsweise dieser Induktion nachgegangen, also das Staatsbild und die Ausprägungen von Ethnizität
in präkolonialer und kolonialer Zeit skizziert werden. Im Anschluss werden die Auswirkungen des
Mobutu-Patrimonialismus sowohl auf soziale Organisationsstrukturen der Bevölkerung als auch auf die
Funktionalität des Staatswesens erörtert und damit der Hintergrund für das Verständnis der von Ruanda
und Uganda unterstützten Machtübernahme Kabilas entfaltet. Eine nations- und ethnizitätsorientierte
Betrachtung der Beziehung zwischen ökonomisierter Gewalt und völliger Fragmentierung staatlicher
Strukturen unter Kabila & Sohn wird zunächst allgemein angerissen, sodann für den Ostkongo als
Schauplatz der „ethnischen“ Machetenmassaker konkretisiert. Gleichzeitig schließt sie den faktenreportierenden
Teil der Arbeit ab und leitet über zu einer historisch begründeten Herausarbeitung der beiden
Hauptproblembereiche, die zur Erklärung der „ethnischen“ Konfliktkomponente beitragen können.
Zu beachten ist, dass diese Arbeit strukturelle Gewaltursachen untersucht, nicht die Motivation der Konfliktparteien
en detail. Sie erhebt keinen Anspruch auf eine historisch vollständige Darstellung, sie wird
weder sämtliche Rebellensplittergruppen noch sämtliche Regierungen aufzählen, und sie wird nicht auf
Methoden der Kriegführung und schlagzeilenträchtige Kannibalismusrituale eingehen.
4 Wirz 2001: 120
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Vorkoloniale Formen sozialer Organisation im Kongogebiet
- Landnahme und Kolonialzeit
- Der Kongo-Freistaat als Privatbesitz
- Belgische Kolonialzeit
- Konstruktion und Politisierung von Ethnizität im kolonialen Kongo
- Postkoloniale Staatsaneignung und Staatszerfall
- Unabhängigkeit und Kongo - Wirren
- Authenticité und Mobutismus
- Kleptokratie und Deengagement
- Herrschaftssicherung und klientelistische Netzwerke
- Zusammenfassung: Ethnizität und Staatlichkeit unter Mobutu
- Kabilas Kongokriege
- Regional- und geostrategischer Bezugsrahmen
- Der Leopard als Papiertiger: Implosion Zaires und Aufstieg Kabilas
- Die Ökonomisierung der Gewalt im Anti-Kabila-Krieg
- Ethnisch motivierte Gewalt im Ostkongo
- Zusammenfassung
- Staatsversagen und alternative Referenzsysteme
- Politisierung der Ethnizität
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Triebkräfte scheinbar ethnisch motivierter Gewalt im Kongo. Sie analysiert den Staatsbildungsprozess im Kongo, beginnend mit den vorkolonialen Strukturen und deren Veränderung während der kolonialen Epoche. Darüber hinaus werden die Auswirkungen des Mobutu-Patrimonialismus auf soziale Organisationsstrukturen und die Funktionsfähigkeit des Staates beleuchtet.
- Die Rolle der Kolonialisierung in der Konstruktion und Politisierung von Ethnizität
- Die Auswirkungen des Mobutu-Regimes auf die Staatsstruktur und das soziale Gefüge
- Die ökonomischen Ursachen des Konflikts im Kongo
- Die Rolle der ethnischen Konflikte im Ostkongo
- Der Einfluss von regionalen und geostrategischen Faktoren auf die Gewalt im Kongo
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Analyse der vorkolonialen Organisationsformen im Kongogebiet. Sie zeigt, wie die verschiedenen Staatsgebilde und sozialen Strukturen durch den Kolonialismus verändert und letztendlich zerstört wurden. Im Fokus steht der Kongo-Freistaat unter Leopold II und die belgische Kolonialzeit. Besondere Aufmerksamkeit wird der Konstruktion und Politisierung von Ethnizität durch die Kolonialherren gewidmet.
Im Anschluss wird die Entwicklung des Kongos nach der Unabhängigkeit beleuchtet. Die Arbeit fokussiert auf Mobutu Sese Seko und seine Herrschaft, die durch Korruption, Kleptokratie und das System der klientelistischen Netzwerke geprägt war. Es wird gezeigt, wie diese Faktoren den Staatszerfall und die Eskalation der Gewalt begünstigten.
Abschließend wird der Kongokrieg unter Laurent Kabila analysiert. Die Arbeit beleuchtet den Einfluss von regionalen und geostrategischen Faktoren sowie die Ökonomisierung der Gewalt im Zusammenhang mit dem Konflikt. Der Fokus liegt dabei auf der ethnisch motivierten Gewalt im Ostkongo.
Schlüsselwörter
Kongo, Krieg, Gewalt, Ethnizität, Staatlichkeit, Kolonialismus, Mobutu, Kabila, Staatszerfall, Ökonomisierung der Gewalt, Machetenmassaker, Ostkongo.
- Quote paper
- Nikolai Link (Author), 2003, Gewaltmonopol vs. Machetenmassaker - Der Kongokrieg im Spannungsfeld zwischen Ethnizität und Staatlichkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18210