Trotz Gegenteiliger Annahmen, dass Religion als eine politische Kraft aus der modernen Gesellschaft langsam verschwindet, ist in weiten Teilen der so genannten Dritten Welt, aber auch in manchen Industriestaaten, allen voran den USA, in den letzten zwei Jahrzehnten eine „politische Renaissance religiöser Gemeinschaften“ zu beobachten.Bisher lässt sich nicht absehen, ob es sich nur um eine Politisierung der Religion, im Rahmen der bisherigen Regelungen des Verhältnisses von Religion und Politik, religiösen Gemeinschaften und Staat handelt, oder ob nicht vielmehr eine genuine Renaissance der Religion im Gange ist. Eine Vielzahl höchst unterschiedlicher Entwicklungen deutet dabei auf die Beharrlichkeit von Religion in der Politik und ihre veränderte Rolle zur Politik hin. Hierzu zählen nicht nur die Entstehung fundamentalistischer Bewegungen, sowie ihre zunehmende Mobilisierung in nahezu allen religiösen Traditionen, sondern auch die steigende Zahl der gewaltsam ausgetragenen Konflikte, in denen religiöse Komponenten eine wesentliche Rolle spielen.
Gewaltsam ausgetragene Konflikte werden häufig durch religiöse Motivlagen beeinflusst. Dabei können religiös verfasste Institutionen, religiös motivierte Personen, religiöse Praxis und Tradition, sowie theologische Lehrbildung sowohl konfliktverschärfend als auch konfliktentschärfend wirken.[...]
Die Schwächung staatlicher Institutionen und nationaler Identitäten führt vor allem in Ländern der Dritten Welt zu einem ideologischem Vakuum, in dem religiöse Traditionen Mittelpunkt neuer kultureller Identitäten und transnationaler Einheitsprojekte werden.
Es lässt sich somit feststellen, dass dem Verhältnis von Politik und Religion, insbesondere seit 9/11, erhöhte Aufmerksamkeit im wissenschaftlichen Diskurs zukommt. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Religion auch in der Politikwissenschaft, die das Feld bisweilen überwiegend den Religionssoziologen und Staatskirchenrechtlern überließen, oder ihr allenfalls marginale Betrachtung schenkte, Einzug erhält[...]
Nach einer kurzen theoretischen Einleitung, die auf dem Ansatz von Andreas Hasenclever und Volker Rittberger beruht, soll die Rolle von Religion im libanesischen Bürgerkrieg, welche von 1975 bis 1990 andauerte, untersucht werden. Im Speziellen wird die Frage behandelt werden, inwieweit man von einer Politisierung der Religion im Libanon sprechen kann bzw. inwieweit Religion während dieses Konfliktes von den einzelnen Konfliktparteien instrumentalisiert wurde.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretischer Ansatz und Einfluss von Religion in politischen Konflikten
2.1 Primordialisten
2.2 Instrumentalisten
2.3 Konstruktivisten
2.4 Gegenüberstellung der Positionen „Religion in Konflikten“
3 Ist Religion konfliktverschärfend oder -entschärfend?
3.1 Mobilisierbarkeit der Anhänger
3.2 Religiöse Aufklärung
3.3 Strukturelle Toleranz bzw. Religiöses Bewusstsein
3.4 Innerreligiöse Öffentlichkeit
3.5 Religiöse Autonomie
4 Einleitung zum Empirieteil
5 Historischer Abriss
5.1 Vom Osmanischen Reich zum Nationalstaat Libanon
5.2 Politisches System im Libanon
5.3 Ursachen, Auslöser und Verlauf des Bürgerkrieges
6 Beteiligte Gruppen
6.1 Die maronitische Religionsgemeinschaft
6.2 Die sunnitische Religionsgemeinschaft
6.3 Die schiitische Religionsgemeinschaft
7 Profil der Gruppen mit Bezug auf den Bürgerkrieg
7.1 Maroniten
7.2 Sunniten
7.3 Schiiten
7.4 Externe Akteure
8 Analyse
8.1 Konfliktverschärfend bzw. -entschärfend
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