Evaluation der Einführung von Gruppenarbeit - Chancen und Risiken eines modernen Arbeitsorganisationskonzepts

Analysiert mit einem neuen standardisierten Fragebogen für Mitarbeiterbefragungen


Diplomarbeit, 1999

228 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Gruppenarbeit als Paradigma moderner Arbeitsorganisation
1.1 Gruppenarbeitsdiskurse — zwei Konjunkturzyklen eines arbeitspolitischen Themas
1.1.1 Gruppenarbeit in den 70er Jahren und das Programm zur Humanisierung des Arbeitslebens
1.1.2 Renaissance von Gruppenarbeit in den 90er Jahren und die Debatte um Lean Production
1.2 Konzepte von Gruppenarbeit — Synopsis nominaler Definitionen und Idealtypen
1.2.1 Fertigungsgruppen — Annäherungen an eine Definition
1.2.2 Abgrenzung von industrieller Gruppenarbeit gegen andere Arbeitsformen
1.2.3 Idealtypische Formen von Gruppenarbeit
1.3 Diffusion von Gruppenarbeit – Empirische Informationen zur Situation in deutschen Betrieben
1.3.1 Ergebnisse des NIFA-Panels
1.3.2 Die Erhebung des Institut Arbeit und Technik
1.4 Paradigmenwechsel industrieller Produktion? Oder: Gruppenarbeit — Anspruch und Wirklichkeit eines Programms, Teil 1

2 Soziale Effekte der Einführung von Gruppenarbeit
2.1 Humanziele der Implementation von Gruppenarbeit
2.1.1 Das Konzept der menschengerechten Arbeitsgestaltung
2.1.2 Interdependenz von Effizienz- und Humanzielen
2.1.3 Fazit zu den Zielen von Gruppenarbeit
2.2 Soziale Effektivität und soziale Risiken der Einführung von Gruppenarbeit
2.2.1 Konfligierende Ziele der Einführung von Gruppenarbeit
2.2.2 Systematische Gründe des Konfliktpotentials teilautonomer Gruppen
2.2.3 Gruppenarbeit aus der Perspektive der Neuen Institutionenökonomik
2.3 Konzeptspezifizierung: Dimensionen der Arbeitssituation
2.3.1 Handlungsspielraum
2.3.2 Kommunikation und Gruppengespräche
2.3.3 Formen sozialer Kooperation
2.3.4 Qualifikation und Verantwortung
2.3.5 Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotivation
2.3.6 Arbeitsbelastung
2.4 Theoretische Erklärungsmodelle zu den Auswirkungen von Gruppenarbeit
2.4.1 Der soziotechnische Systemansatz
2.4.2 Das Job Characteristics Model
2.5 Forschungsberichte über Effekte von Gruppenarbeit — eine Bilanz
2.5.1 Die Längsschnittuntersuchung von Antoni (1996)
2.5.2 Die Studie von Antoni et al. (1994)
2.5.3 Die Studien von Frieling und Freiboth (1997)
2.5.4 Die Studie von Lemke (1994)
2.5.5 Eine Mitarbeiterbefragung der Sozialforschungsstelle Dortmund (1989)
2.5.6 Die Untersuchung von Waidelich und Scheurer (1994)
2.5.7 Die Studie von Windel über nicht-industrielle Gruppenarbeit (1994)
2.5.8 Schwedische Studien zu den Auswirkungen von Gruppenarbeit
2.5.9 Zwischenergebnis zur empirischen Wirkungsforschung
2.6 Formulierung inhaltlicher Hypothesen
2.6.1 Exkurs: Hypothesenprüfende Wirkungsforschung über Gruppenarbeit — Potentiale und Probleme
2.6.2 Globale Wirkungshypothese
2.6.3 Handlungsspielraum
2.6.4 Soziale Struktur
2.6.5 Qualifikation
2.6.6 Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotivation
2.6.7 Arbeitsbelastung

3 Methodisches Vorgehen
3.1 Die Untersuchungsbetriebe und ihre Gruppenkonzepte
3.1.1 Vergleichende Beschreibung der Unternehmen
3.1.2 Fertigungsstrukturelle Determinanten der Arbeitsgestaltung
3.1.3 Gruppenkonzepte von WA und WE: Gründe, Merkmale und Ziele
3.1.4 Evaluierung von Gruppenarbeit
3.2 Genese des Erhebungsinstruments
3.2.1 Methodische Überlegungen vor der Instrumentenentwicklung
3.2.2 Der „Fragebogen zur Arbeitssituation“ — Struktur und methodische Details
3.2.3 Vergleich der „Diskussionsgrundlage“ und der „Survey-Version“
3.3 Untersuchungsplanung versus Untersuchungswirklichkeit
3.3.1 Terminologie der Teilgesamtheiten
3.3.2 Das Design: Ex-post-facto mit „Quasi“-Längsschnitt
3.3.3 Vorbereitung und Durchführung des Survey
3.3.4 Ausschöpfung, Abbildungsgenauigkeit und externe Validität
3.4 Auswertungsstrategien
3.4.1 Indexbildung
3.4.2 Einschlägige statistische Modelle
3.4.3 Skalenqualität des Erhebungsinstruments
3.4.4 Anwendungsvoraussetzungen statistischer Modelle: Verteilungsanalyse
3.5 Operationale Hypothesen

4 Ergebnisdarstellung
4.1 Vergleichende Mittelwertanalyse
4.1.1 Vergleichsebenen und „Ceteris-paribus-Analyse“
4.1.2 Handlungsspielraum
4.1.3 Soziale Struktur
4.1.4 Qualifikation und Verantwortung
4.1.5 Arbeitszufriedenheit
4.1.6 Arbeitsbelastung
4.1.7 Bewertung der Gruppenarbeit
4.1.8 Gruppengespräche
4.1.9 Vergleichende Mittelwertanalyse: graphische Zusammenfassung
4.1.10 Vergleichsebenen im Vergleich: „Cleavages“ der untersuchten Population — Diskriminanzanalyse
4.2 Korrelations- und Regressionsanalyse
4.2.1 Zufriedenheit mit Gruppenarbeit
4.2.2 Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotivation
4.3 Ergebnisse strukturentdeckender Verfahren

5 Diskussion zentraler Befunde
5.1 Meta-Evaluation von Evaluation — zum methodischen Ansatz dieser Studie
5.2 Soziales Benchmarking — systematischer Vergleich von Gruppenkonzepten
5.3 Falsifizierte Forschungshypothesen — ein Erklärungsversuch
5.4 Stagnation und Evolution — Entwicklungspfade von Gruppenarbeit
5.5 Anspruch und Wirklichkeit von Gruppenarbeit, Teil II: Soziale Effektivität und die Perspektiven eines Paradigmas
5 Diskussion zentraler Befunde
5.1 Meta-Evaluation von Evaluation — zum methodischen Ansatz dieser Studie
5.2 Soziales Benchmarking — systematischer Vergleich von Gruppenkonzepten
5.3 Falsifizierte Forschungshypothesen — ein Erklärungsversuch
5.4 Stagnation und Evolution — Entwicklungspfade von Gruppenarbeit
5.5 Anspruch und Wirklichkeit von Gruppenarbeit, Teil II: Soziale Effektivität und die Perspektiven eines Paradigmas

Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Diagrammverzeichnis

Erklärung

Anhang: Fragebogen zur Arbeitssituation

Vorwort

Mit dem vorliegenden Konvolut werden der „ unendlichen Geschichte Gruppenarbeit “ (Schumann & Gerst 1997:143) einige Zeilen hinzugefügt. Einführung von Gruppenarbeit ist ein zentrales Moment des seit Beginn der 90er Jahre andauernden Diskurses über sogenannte „schlanke“ Produktionskonzepte. An diese Debatte wird hier unter anderem angeknüpft — gleichwohl ist der vorliegende Text nicht eben „lean“ ausgefallen: Für die Thematik einer „ganzheitlichen“ Arbeitsorganisationsform erschien dem Verfasser eine ebenso „ganzheitliche“ Herangehensweise wünschenswert.

Zur besseren Übersicht sind, neben einer ersten Skizze der Forschungsproblematik, einige organisatorische Meta-Informationen, u.a. zum Entdeckungszusammenhang der Studie, den fünf Hauptteilen vorangestellt.

(2) Problemskizze und Zielsetzung

Worum geht es bei der Einführung von Gruppenarbeit? Im aktuellen Konjunkturzyklus dieses arbeitspolitischen Themas steht die ökonomische Rationalität eindeutig im Mittelpunkt des Interesses: Integration von Funktionen in teilautonome Arbeitsgruppen, Dezentralisierung von Kompetenzen und Verantwortung sind zentrale Schlagwörter der Diskussion, deren Boom-Phase mit der Publikation einer Studie des Massachusetts Institute of Technology (Womack, Jones und Roos 1992) einsetzte. Innerhalb des ökonomischen Zielkanons werden unterschiedliche Schwerpunkte akzentuiert: Als Grundkonstante aller Einführungsstrategien von Gruppenarbeit betonen Bergmann und Ernst (1996:761) den Punkt der Dezentralisierung von Verantwortung und als notwendiges Pendant die Dezentralisierung von Kompetenzen — eine deutliche Abkehr von tayloristisch angeleiteter Konzentration von Verantwortung auf der Führungsebene. Wehner und Rauch (1994:132f.) heben hervor, daß, indem größere Verantwortung auf der Ebene der ausführenden Mitarbeiter realisiert wird, lokales Planungswissen genutzt und ein Know-How-Transfer von den Werkern auf der Shop-floor-Ebene zum Management initiiert werden soll.[1] Zimolong und Windel (1996:144) unterstreichen als einen Vorzug von Funktionsintegration, daß Schnittstellenprobleme entschärft werden können: Durch Verlagerung z.B. der Materialdisposition und Wartung in die Gruppen wird deren Selbstregulationsfähigkeit gesteigert; auf Probleme und Schwankungen können selbststeuernde Fertigungseinheiten flexibler und schneller reagieren als zentral geleitete.

Als gemeinsamer Nenner dieser sich überlappenden Zieldefinitionen ist die Optimierung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu sehen, deren Überlebensfähigkeit auf zunehmend globalisierten Märkten immer härteren Bewährungsproben ausgesetzt ist. Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, daß das schillernde Phänomen Gruppenarbeit in der letzten Dekade des 20. Jahrhunderts eine ungleich höhere Popularität genießt als in den 70er Jahren im Zeichen des Programms zur Humanisierung der Arbeitswelt: Zu einer „ Wunderwaffe “ (Antoni 1994:19) im Kampf um Marktpositionen hochstilisiert, ist der Arbeitsorganisationsform Gruppenarbeit eine Zukunft auf Rezeptzetteln zur Steigerung von Produktivität und Kostensenkung auch zu Beginn des dritten Jahrtausends gesichert.

Diese Charakterisierung des Status quo — Dominanz von ökonomischen Zielsetzungen bei der Implementation von Gruppenarbeit — läßt eine Analyse sozialer Effekte wie ein Anachronismus der 70er Jahre erscheinen. Bungard und von Rosenstiel bemerken zur Diskussion um Gruppenarbeit in den 90er Jahren: „ Mit Humanisierungszielen oder theoretisch-wissenschaftlichen Grundsatzüberlegungen hatte dieser Prozeß zunächst wenig zu tun “ (Bungard & von Rosenstiel 1997:102).

Von dieser Diagnose weicht diese Diplomarbeit auf zweifache Weise ab:

Zunächst sollen eben jene Humanziele, auch soziale oder mitarbeiterorientierte Ziele genannt, in den Mittelpunkt dieser Studie gerückt werden. Welche sozialen Effekte zeitigt die Implementation von Gruppenarbeit? Griffiger formuliert: Was bringt die moderne Arbeitsorganisationsform Gruppenarbeit aus der Perspektive der gewerblichen Mitarbeiter? Diese Problematik theoretisch und empirisch zu analysieren, ist zentrales Ziel dieser Arbeit und persönlicher Impetus des Verfassers. Überdies soll der praxisorientierte Zugang, den der Entdeckungszusammenhang der Untersuchung vermittelte, nicht einer theoretisch-wissenschaftlichen Herangehensweise den Weg verstellen.

(3) Aufbau der Arbeit

Aus der Zielsetzung ergibt sich die folgende Struktur der Studie, welche als drei vernetzte analytische Ebenen die theoretische Wirkungsanalyse, die empirische Evaluation und — nicht zuletzt meinem Studiumsschwerpunkt „Angewandte Sozialforschung“ geschuldet — Methodenreflexion umfaßt.

Die theoretische Wirkungsanalyse ist Gegenstand der Teile I und II. Dem ersten Hauptteil kommt die Funktion zu, den Hintergrund der aktuellen Gruppenarbeitsdebatte zu rekonstruieren, nominale Definitionen aufzuarbeiten und der Frage der Diffusion von Gruppenarbeit nachzugehen. Die Auswirkungen von Gruppenarbeit werden erst im zweiten Teil analysiert: Dabei werden auch solche Dimensionen der Arbeitssituation betrachtet, die nicht oder nur en passant durch den Survey abgedeckt werden können. Als übergreifende Fragestellung sollen Anspruch und Wirklichkeit von Gruppenarbeit diskutiert werden — zugespitzt auf die „ketzerische“ Frage, ob Gruppenarbeit überhaupt eine sozial effektive Arbeitsform darstellt.

Instrumentenentwicklung und Untersuchungsbericht stehen im Mittelpunkt des dritten Teils: Ziel des Survey ist es, jene Dimensionen der Arbeitssituation der gewerblichen Mitarbeiter, die im Lichte der Gruppenarbeitsdebatte von besonderem Interesse sind, über Indikatoren zu operationalisieren. Ausgewählte Befunde der empirischen Evaluation werden im vierten Teil präsentiert. Als Brücke zwischen Theorie und Empirie werden inhaltliche Hypothesen zu den Auswirkungen von Gruppenarbeit auf die wahrgenommene Arbeitssituation formuliert (Teil II) und inferenzstatistisch überprüft (Teil IV). Der fünfte Teil schließlich führt theoretische und empirische Analyse zusammen: Ausgewählte Befunde sollen vor dem in der theoretischen Wirkungsanalyse erarbeiteten Background diskutiert, aufgeworfene Fragen — nach der sozialen (In-)Effektivität von Gruppenarbeit — beantwortet werden.

Neben theoretischer Wirkungsanalyse und empirischer Evaluation werden auch methodische Probleme eingeblendet: Diese dritte Ebene ist „passim“ — auch in Form von Exkursen — in den Text eingearbeitet.

(4) Entdeckungszusammenhang

Im Rahmen einer wissenschaftlichen Organisationsberatung ebnete der betreuende Hochschullehrer den Praxiskontakt zu den beiden Untersuchungsbetrieben, welche sich seit 1996 in einem Prozeß gruppenorientierter Fertigungsreorganisation befinden. Meine Mitarbeit an der Evaluation von nicht-betriebswirtschaftlichen Auswirkungen der neuen Arbeitsform umfaßte die Vorbereitung, Durchführung und statistische Auswertung einer Totalerhebung unter den gewerblichen Beschäftigten und wurde über einen „Diplomandenvertrag“ arbeitsrechtlich geregelt.

Aufgrund der Ambivalenz des Entdeckungszusammenhangs — eine Studie mit wissenschaftlichem Anspruch auf der Grundlage einer Erhebung mit notwendiger Praxisrelevanz — nimmt diese Untersuchung eine methodologische Zwitterstellung ein; daraus resultierende Konsequenzen werden später noch zu vertiefen sein. Durch den besonderen Status dieser Studie als Grenzfall zwischen theoretischem und praktischem Zugang entstehen für den Verfasser durchaus konträre Anforderungen, die es auszubalancieren gilt. Theoretisch gefaßt: Dieser Text, respektive die geleistete theoretische und empirische Arbeit, versucht, den verschiedenen Logiken zweier gesellschaftlicher Teilsysteme — Wissenschaft und Wirtschaft — gerecht zu werden. Ich hoffe, die Codes beider Systeme beobachtet zu haben.

(5) Last but not least

Während der neunmonatigen Arbeit an dieser Studie konnte ich sehr interessante und für mich persönlich wertvolle Einblicke in die Praxisrelevanz empirischer Sozialforschung gewinnen. Darüber hinaus eröffnete sich mir die faszinierende Möglichkeit, zum Ende meines Studiums der Angewandten Sozialforschung diese Bezeichnung noch einmal nachhaltig mit Leben zu füllen.

Dafür gilt allen Beteiligten mein ganz herzlicher Dank !!!

1 Gruppenarbeit als Paradigma moderner Arbeitsorganisation

Diesem ersten theoretischen Teil kommt die Funktion zu, einen Humus zu bereiten, auf dem die Formulierung begründeter inhaltlicher Hypothesen im zweiten Teil — als Brücke zwischen Theorie und Empirie — gelingen kann.

Kapitel 1.1 verwendet das Konzept Gruppenarbeit noch alltagssprachlich: Rekonstruiert wird der Hintergrund der aktuellen Diskussion; ferner werden Gründe benannt für die Renaissance von Gruppenarbeit in den 90er Jahren. In Kapitel 1.2 werden grundlegende nominale Definitionen zentraler theoretischer Konzepte nachgeholt. Einige idealtypische Formen von Gruppenarbeit werden vergleichend vorgestellt. Zur Frage der Diffusion von Gruppenarbeit werden in Kapitel 1.3 empirische Daten unterbreitet. Dabei werden auch Ansätze zur Klassifikation empirischer Gruppenarbeitskonzepte vorgestellt; die Subsumtion der Gruppen der Untersuchungsbetriebe unter eine idealtypische bleibt jedoch späteren Kapiteln vorbehalten. Ein Resümée[2] des ersten theoretischen Teils wird in Kapitel 1.4 gezogen: Die Diskussion über Gruppenarbeit mit der Diffusion von Gruppenarbeit kontrastierend, werden Anspruch und Wirklichkeit diskutiert.

Eine wissenschaftstheoretische Randbemerkung: Der Begriff „Paradigma“ wird hier im Anschluß an Thomas S. Kuhn gebraucht.[3] Zwar existiert keine konsistente Theorie der Gruppenarbeit, jedoch ist der Diskurs über Reorganisation der Produktion in den 90er Jahren so eng mit der Einführung von Gruppenarbeit verknüpft, daß hier von einem Paradigma sensu Kuhn gesprochen werden soll. In den Kapiteln 1.3 und 1.4 wird der Frage nachgegangen, inwiefern der Paradigmenwechsel des wissenschaftlichen Diskurses auch eine breite Umstrukturierung der Produktion in den Betrieben nach sich gezogen hat.

1.1 Gruppenarbeitsdiskurse — zwei Konjunkturzyklen eines arbeitspolitischen Themas

Der Diskurs über Gruppenarbeit in der industriellen Produktion unterlag in diesem Jahrhundert einer zyklischen Interessenschwankung:[4] Das Phänomen Gruppenarbeit ist auch ein Modetrend (vgl. Bungard & von Rosenstiel 1997:102, Antoni 1996:7) — es ist „in“, nach der Business Process Reengineering-Welle[5] den Betrieb gruppenorientiert zu reorganisieren.

Hintergründe des aktuellen und des letzten Zyklus sollen gegenübergestellt werden; als pauschale Charakterisierungen der verschiedenen Randbedingungen könnte man die folgenden Etiketten vergeben: Die Debatte wies „(sozial)romantische Züge“ in den 70er Jahren auf und ist in den 90er Jahren von „Rationalisierung(szwängen)“ geprägt.[6]

1.1.1 Gruppenarbeit in den 70er Jahren und das Programm zur Humanisierung des Arbeitslebens

Eine Blütezeit von Gruppenarbeit fand in den 70er Jahren statt, eng verknüpft mit Experimenten in schwedischen Automobilwerken (Volvo, Saab), dem norwegischen Modell der industriellen Demokratie und dem deutschen Programm zur Humanisierung des Arbeitslebens. Als wesentliche Quelle dieser Strömungen ist indes das britische Tavistock Institut zu identifizieren. Die Studien über alternative Arbeitsorganisationsformen in britischen Kohlebergwerken trugen Pioniercharakter und führten zur Begründung eines spezifischen sozialwissenschaftlichen, genauer: psychologischen, theoretischen Ansatzes — der sozio-technischen Systemtheorie (vgl. Trist 1990:14).[7] In dieser Periode wurde dem Konzept der Gruppenarbeit starke (sozial)wissenschaftliche Aufmerksamkeit zuteil; man erblickte in der neuen Arbeitsform eine Chance, die negativen Folgen tayloristisch-fordistischer Arbeitsprinzipien abzumildern. Gruppenarbeit war in den 70er Jahren mit einer starken sozialpolitischen Zielsetzung verknüpft.

1.1.1.1 Von Ford zu Volvo — Kritik des tayloristischen Produktionsparadigmas

Die wissenschaftliche Betriebsführung nach Taylor sah eine strikte Trennung der Produktionsfunktionen „Planung“ und „Verrichtung“ vor. Hohe Arbeitsteilung und Standardisierung, kurze Taktzeiten und hoch repetitive Tätigkeiten führten zu Monotonie und psychischer Sättigung. Überdies bewirkt die Isolation des Werkers in tayloristischer Produktion, daß soziale Zusammenhänge der Arbeit erodieren; letztlich münden diese Tendenzen in einer Entfremdung des Werkers[8] von seiner Arbeit.

Moderne kooperative Arbeitsformen brechen mit tayloristisch-fordistischen Dogmen und greifen zur Vermeidung der mit fordistischer[9] Arbeitsorganisation einhergehenden unerwünschten psychischen und physischen Auswirkungen u.a. auf die Arbeitsgestaltungsinstrumente Job Rotation, Job Enlargement und Job Enrichment zurück. Job Rotation soll Qualifikationserwerb und einen Belastungsrückgang, zumindest aber einen Belastungwechsel ermöglichen; selbst im Volvo-Werk in Uddevalla — Volvoismus wird mitunter als Synonym für die skandinavische Spielart des Gruppenarbeits-Paradigmas geführt — traf aber die optimale Konstellation, wonach jeder Werker innerhalb seiner Gruppe an jeden Arbeitsplatz wechseln kann und dies auch regelmäßig unternimmt, nur in Ausnahmen zu (vgl. Antoni 1996:105). Die letztgenannten Gestaltungsoptionen zielen auf eine Erweiterung des quantitativen (Job Enlargement) und qualitativen (Job Enrichment) individuellen Handlungsspielraums. Insgesamt wird Gruppenarbeit, viel eher als eine tayloristische Produktionsweise, als geeignetes Konzept angesehen, die arbeitswissenschaftlichen Postulate menschengerechter Arbeitsgestaltung — z.B. Ganzheitlichkeit, insbesondere die Persönlichkeitsförderlichkeit der Arbeit — einzulösen.[10]

1.1.1.2 Das Ende der Gruppenarbeitsromantik

Für die ökonomische und soziale Effektivität der neuen Arbeitsstrukturen konnten in den 70er Jahren Belege gefunden werden: Zimolong resümiert, daß nicht nur der „ eindeutige betriebswirtschaftliche Nutzen hinsichtlich der Verbesserung der Qualität, der Erhöhung der Flexibilität, der Verminderung der Durchlaufzeiten “ (Zimolong 1996:157ff.) nachgewiesen wurde, sondern auch die Arbeiter zufriedener, motivierter und positiver gegenüber der Arbeit eingestellt waren. Das traditionelle tayloristisch-fordistische Organisationsparadigma erschien obsolet. Trotzdem blieb Gruppenarbeit in den 70er Jahren auf wenige Pilotprojekte beschränkt. Welche Gründe bedingten die Rezession des Gruppenarbeitsdiskurses der 70er Jahre? Verhinderte der sozialpolitische Impetus der Diskussion eine breitere Diffusion von Gruppenarbeitskonzepten, weil die Humanisierung des Arbeitslebens schlichtweg keinen prominenten Platz auf der Agenda des Managements einnahm?

Bungard und von Rosenstiel sehen Machtinteressen des Managements, Ängste vor Machtverlust, als entscheidenden Faktor an: Auf das Konzept der teilautonomen Arbeitsgruppen abstellend, konstatieren sie, daß die „ Einführung einer derartigen Organisationsphilosophie (...) mikropolitisch nicht durchsetzbar “ war (Bungard & von Rosenstiel 1997:102). Positive Effekte wurden auf Hawthorneeffekte[11] — pointiert: nicht auf die neue Arbeitsorganisationsform, sondern auf Verhaltensänderungen durch das Eingebundensein in ein Experiment resp. eine Pilotgruppe — zurückgeführt, teilautonome Arbeitsgruppen als „ basisdemokratische Umtriebe desavouiert “ (Bungard & Jöns 1997:104). Die Zeit war noch nicht reif für moderne Organisationsphilosophien — Verschiebungen im innerorganisationalen Machtgefüge als Auswirkungen der Einführung von Gruppenarbeit stellen indes auch in den 90er Jahren noch potentielle Stolpersteine dar, wenn Akteure durch veränderte Hierarchien und Kompetenzen ihre Position gefährdet sehen.

1.1.2 Renaissance von Gruppenarbeit in den 90er Jahren und die Debatte um Lean Production

In der letzten Dekade des zweiten Jahrtausends erlebt Gruppenarbeit eine neue, unerwartete[12], Popularität — mancher Autor konstatiert sogar eine „ Gruppenarbeitseuphorie “ (Antoni 1996:247) —, welche untrennbar mit der Diskussion um Lean Production verknüpft ist und insbesondere durch die Publikation einer Studie des Massachusetts Institute of Technology über die globale Automobilindustrie (Womack, Jones & Roos 1991) katalysiert wurde.[13]

1.1.2.1 (Hinter-)Gründe der Renaissance von Gruppenarbeit

Zur Erklärung des Gruppenarbeits-Booms weisen ein sozioökonomisches und ein sozialpsychologisches Argument große Plausibilität auf:

- Gewandelte Marktstrukturen — von Verkäufer zu Käufermärkten

Im Zeitalter der Globalisierung treten immer mehr internationale Konkurrenzanbieter, mitunter aus Niedriglohnländern, in Märkte ein; Angebote werden „world-wide gesourct“. Dadurch gerät die Wettbewerbsposition vieler Unternehmen, insbesondere auf Märkten mit Nachfrageoligopol bzw. Oligopson, unter Druck.[14] Zum Beispiel für einen Markt mit derartig asymmetrischer Struktur, einen Käufermarkt, gereicht die Automobil- resp. die Automobilzulieferindustrie. Mit der gewandelten Marktstruktur kann das in den 90er Jahren so virulente Flexibilitäts- und Qualitätserfordernis begründet werden: Käufermärkte erzwingen Kundenorientierung — und die sich wandelnden Wünsche des Kunden können besonders gut von dezentralen Fertigungseinheiten ohne viele Schnittstellen bewältigt werden.

- Wertewandel unter den Beschäftigten

Als weitere Ursache der Renaissance von Gruppenarbeit wird ein Wertewandel unter den Beschäftigten, ein verändertes Selbstverständnis der Mitarbeiter, genannt. Einstellungen und Werthaltungen gegenüber der Arbeit haben sich gewandelt;[15] an die Erwerbsarbeit werden neue Ansprüche gestellt, insbesondere entfalten Arbeitnehmer Bedürfnisse nach Einflußnahme und Mitwirkung (Antoni 1996:42, Bonitz 1995:11ff., Schumann & Gerst 1997:154ff.): Vom Befehlsempfänger, der verrichtet, zum Mitdenker, der plant und Verantwortung trägt?

Hier erscheint indes vorsichtige Zustimmung angebracht. Nicht von der Hand zu weisen ist auch die Annahme, daß viele Werker im Lauf der Berufsjahre erfolgreiche Coping-Stategien entwickelt und sich so im Arbeitsalltag eingerichtet haben, daß gerade keine neuen Erwartungen an die Arbeitssituation gerichtet werden. Und viele Werker werden die mit neuen Arbeitsformen einhergehenden gewandelten Anforderungen — durch Selbstregulation, durch dezentralisierte Verantwortung — weniger als motivierende Herausforderungen, denn schlicht als Belastungfaktoren empfinden.

Wenn das stimmt, wäre es um die Chancen effektiver Einführung von Gruppenarbeit schlecht bestellt: Eigenverantwortliche Selbstregulation erfordert deutlich mehr Engagement als konventionelle Arbeitsorganisationsformen. Das Wertewandel–Argument ist meines Erachtens allenfalls für die jüngeren Generationen von „neuen“ Industriearbeitern relevant. Die Auswirkungen eines hohen Durchschnittsalters einer Belegschaft auf den Einführungsprozeß von Gruppenarbeit werden in dieser Untersuchung noch zu erörtern sein.

1.1.2.2 Neue Zielsetzungen der Einführung von Gruppenarbeit

In den 90er Jahren ist die Debatte um Gruppenarbeit sehr stark durch den ökonomischen Zugang geprägt, der Humanisierungsimpetus der 70er Jahre tritt demgegenüber in den Hintergrund: Gruppenarbeit wird ausdrücklich als „ arbeitspolitische Rationalisierungsstrategie “ instrumentalisiert (Schumann & Gerst 1997:143). Für manche Unternehmen stellt die gruppenorientierte Reorganisation eine schiere Überlebensstrategie dar — Gruppenarbeit wird als Schlüssel zu mehr Produktivität und Flexibilität angesehen und soll eine höhere Wettbewerbsfähigkeit garantieren. Mitunter ist die Einführung von Gruppenarbeit auch mit einer Verringerung des Personalbestands verbunden (vgl. Zimolong und Windel 1996:146), z.B. durch Integration von Funktionen in Gruppen, korrespondierende Arbeitsverdichtung und Personalabbau in indirekten Bereichen.[16]

Gruppenarbeit ist somit von einem Instrument der Humanisierung des Arbeitslebens zu einem Instrument der Rationalisierung mutiert; Humanziele der 70er Jahre sind als Nebeneffekte zwar willkommen, werden jedoch nur noch sekundär verfolgt.[17] Zugespitzt formuliert ist der Akzent der aktuellen Debatte „produktivitätszentriert“, im Gegensatz zu einem „humanzentrierten“ Ansatz in den 70er Jahren. Gleichwohl wird Gruppenarbeit in den 90er Jahren erstmalig im Konsens der Tarifparteien gebraucht. Wehner und Rauch apostrophieren Gruppenarbeit insofern ironisch als „ ideologischen Alleskleber “, argwöhnen jedoch, es könnte sich um einen nur „ vermeintlichen Konsens “ handeln (Wehner und Rauch 1994:132f.).

1.2 Konzepte von Gruppenarbeit — Synopsis nominaler Definitionen und Idealtypen

In diesem Kapitel geht es um die Intension[18] des Begriffs „Gruppenarbeit“. In der Literatur herrscht zumindest insofern Einigkeit, als allenthalben eine sehr uneinheitliche Verwendung dieses Terminus konstatiert wird — mitunter ist sogar von „ begrifflichem Wildwuchs “ (Antoni 1996:7) die Rede. Unter dem Ticket[19] Gruppenarbeit firmiert höchst Heterogenes, sind sehr verschiedenartige Konzepte versammelt.

Anmerkung: Da eine Subsumtion der Gruppenarbeitskonzepte der Untersuchungsbetriebe nicht ohne empirische Information aus der Mitarbeiterbefragung auskommt, kann dies erst im Ergebnisteil geleistet werden.

1.2.1 Fertigungsgruppen — Annäherungen an eine Definition

Erste definitorische Bausteine des Begriffs der Fertigungsgruppe sollen aus Nominaldefinitionen des „ verbreitetsten sozialen Gebildes “ (Schäfers 1992:80), der sozialen Gruppe, gewonnen werden. Auf diesen „Archetyp“ sozialer Strukturen — soziale Gruppen sind grundsätzlich ein vierter Systemtypus neben Interaktion, Organisation und Gesellschaft — lassen sich Fertigungsgruppen zurückführen (vgl. Minssen 1995:341).

1.2.1.1 Die soziale Gruppe

Ein erstes Definiens ist eine begrenzte Gruppengröße; jenseits von ca. 4-15 Mitgliedern ist die Ausdifferenzierung von Binnenstrukturen — z.B. Cliquen als Subsysteme von Gruppen — zu befürchten, die der Kohäsion der gesamten Gruppe abträglich sind. Empirisch belegt ist, daß ca. 65% aller Beschäftigten in Gruppen mit einer Gruppengröße von 4-15 Mitgliedern arbeiten (Kleinschmidt & Pekruhl 1994:162).

Hans-Paul Bahrdt führt aus, eine soziale Gruppe sei ein über Normen gewährleisteter Interaktionszusammenhang zwischen Menschen, die über eine gewisse Zeit gemeinsame Ziele verfolgen und ein Wir-Gefühl haben (vgl. Bahrdt 1984:90). Als zusätzliche Definientia sind die Merkmale Kontinuität und Kohäsion zu entnehmen. Zusammengehörigkeit, also ein ausgeprägtes Wir-Gefühl, wird auch als das „ tragende Prinzip des Systemtypus Gruppe “ betont.[20] Durch ein Wir-Gefühl wird zudem eine klare Abgrenzung der Gruppe gegenüber ihrer Umwelt möglich.

Andere Vertreter gruppensoziologischer Forschung definieren eine soziale Gruppe als „ soziales System, dessen Sinnzusammenhang durch unmittelbare und diffuse Mitgliederbeziehungen sowie durch relative Dauerhaftigkeit bestimmt ist “ (Neidhardt 1983:14). Durch die Charakterisierung „unmittelbar“ wird hier auf die Bedeutung von face-to-face-Kommunikation verwiesen. Schließlich ist für soziale Gruppen konstitutiv ein „ Geflecht aufeinander bezogener sozialer Rollen (Rollendifferential), das (...) sowohl die Zielerreichung wie die Lösung von Konflikten gewährleistet “ (Schäfers 1992:83).

Interaktion und Interdependenz, Kohäsion und Kontinuität sowie interne Rollenverteilung sind also Kennzeichen sozialer Gruppen. Welche Differenzen bestehen zu Fertigungs- oder Arbeitsgruppen? Ein wichtiges Merkmal industrieller Arbeitsgruppen ist die gemeinsame Arbeitsaufgabe. Soziale Gruppen, die über ein gemeinsames Ziel definiert sind, werden daher als Arbeitsgruppen bezeichnet; im Gegensatz zu nur räumlichen Agglomerationen von Beschäftigten (vgl. Kleinschmidt & Pekruhl 1994:158).

Jedoch weisen auch andere soziale Gruppen gemeinsame Ziele auf. Weder das Merkmal der gemeinsamen Arbeitsaufgabe noch die zuvor erwähnten Kriterien sind mithin trennscharf genug für den Zweck dieser Arbeit: Sie werden von Fertigungsgruppen und anderen sozialen Gruppen gleichermaßen erfüllt. Folglich muß ein adäquateres Definiens für industrielle Arbeitsgruppen gefunden werden.

1.2.1.2 Industrielle Fertigungsgruppen

Ergänzt werden soll, daß an die Stelle einer gemeinsamen Arbeitsaufgabe für industrielle Fertigungsgruppen der Arbeits auftrag rückt, redefiniert und interpretiert als gemeinsame Aufgabe. Industrielle Arbeitsgruppen haben eine indes von anderen sozialen Gruppen stark verschiedene Systemumwelt: Sie stellen ein Subsystem innerhalb eines Systems „Unternehmen“ dar. Mitgliedschaft ist überdies in Fertigungsgruppen in der Regel nicht freiwillig, Gruppenbildung erfolgt — im Gegensatz zu sonstigen sozialen Gruppen — nicht primär aufgrund von persönlichen Affinitäten oder zumindest analogen Interessen, sondern ist meist qua Zwang oktroyiert. Zwar wird in einigen Betrieben — dies gilt auch für die Untersuchungsbetriebe dieser Studie — ein Rekrutierungsmodus für Pilotgruppen praktiziert, der prima facie auf Freiwilligkeit beruht. Tatsächlich dürften die Voice-Kosten — erst recht die Exit-Kosten — für solche abhängig Beschäftigte, die von Vorgesetzten für eine neue Arbeitsgruppe auserkoren werden, jedoch auf keinen Fall in der neuen Organisationsform arbeiten möchten, nicht unbeträchtlich sein. Mitgliedschaftsalternativen sind mithin kaum vorhanden (vgl. Minssen & Keese 1996:129). Auf Unfreiwilligkeit beruhende Arbeitsgruppen können — hier ist indes kein Determinismus anzunehmen — eine höhere Konfliktdichte aufweisen: Denn permanente face-to-face Interaktionen, in freiwillig konstituierten Gruppen wohl grundsätzlich als angenehm empfunden, können als nur über die gemeinsame Arbeitsaufgabe vermittelte „erzwungene“ Kooperation schnell in Spannungen umschlagen.

Die unterschiedlichen, ggf. sogar konträren, Anforderungen an das System industrielle Fertigungsgruppe seitens der Systemumwelt einerseits und den Gruppenmitgliedern andererseits begründen einen besonderen Status von Fertigungsgruppen in der Klasse der sozialen Gruppen: Fertigungsgruppen sind Zwitter, sind „ soziale Hybride zwischen den reinen Typen sozialer Gruppen und Organisationen “ (Minssen & Keese 1996:129).[21]

Fertigungsgruppen sind also eine spezielle Spezies sozialer Gruppen, die als abgrenzende Merkmale ihre spezifische Systemumwelt innerhalb eines Unternehmens und einen Mitgliedschaftsmodus aufweisen, der nicht primär auf Freiwilligkeit beruht. Weitere Definientia — Gruppengröße, Interaktion und Interdependenz, Kontinuität und Kohäsion sowie eine gemeinsame Aufgabe — trennen sie nicht disjunkt von anderen Ausprägungen sozialer Gruppen.

1.2.2 Abgrenzung von industrieller Gruppenarbeit gegen andere Arbeitsformen

Auf der Ebene sozialer Systemtypen wurden Fertigungsgruppen gegen übrige soziale Gruppen abgegrenzt, auf der Ebene alternativer Organisationsformen ist nunmehr fraglich, was Gruppenarbeit im engeren Sinn ausmacht und wie sich strukturelle Differenzen zu anderen Arbeitsformen, zur Menge der „Nicht-Gruppenarbeit“, konturieren lassen. Verschiedene Argumentationen sind hier möglich, das Wesen von Gruppenarbeit liegt in einer schwer zu bestimmenden Kombination aller nachstehend erörterten Faktoren, die unterschiedlich zu gewichten sind.

1.2.2.1 Kooperation

Obschon Ausprägungen besonders kooperativer Arbeitsformen als Gruppenarbeit bezeichnet werden, erscheint Kooperation oder Interdependenz nicht primär als Definiens von Gruppenarbeit geeignet: Irgendeine Form von Zusammenarbeit liegt bei fast allen Arbeitsformen vor, ist in vielen Arbeitssituationen der Normalfall (vgl. Kleinschmidt & Pekruhl 1994:170). Sehr verschiedene Kooperationsstrukturen werden als Gruppenarbeit bezeichnet (Kleinschmidt & Pekruhl 1994:152).

1.2.2.2 Autonomie

Kennzeichnend ist vielmehr, daß Kooperation in Gruppenarbeit mehr oder weniger autonom resp. eigenverantwortlich abläuft. Verdeutlicht sei dies am Beispiel von Job Rotation: Dieses Instrument der Arbeitsgestaltung, mit dem über Arbeitsplatzwechsel eine geringere Belastung erreicht werden soll, ist grundsätzlich auch in konventionellen Arbeitsstrukturen denkbar. Während dort jedoch die Entscheidung über Job Rotation ggf. durch den Vorarbeiter oder Meister gefällt wird, sollte der Arbeitsplatzwechsel in teilautonomen Arbeitsgruppen im Kollegenkreis einvernehmlich geregelt werden können – zumindest „normativ“ wäre ein solches Arrangement zu erwarten. Ein unbestimmter Grad von (Teil-)Autonomie ist also das vorrangige Merkmal von Gruppenarbeit.

1.2.2.3 Gruppengespräche

Auch andere Zugänge zu einer Abgrenzung sind denkbar: Nach Wehner und Rauch sind „ konsensuelle Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse als zentrales Bestimmungsstück von Gruppenarbeit anzusehen “ (Wehner & Rauch 1994:132 f.).

Diese Koordinierungsprozesse werden vornehmlich über das Medium Gruppengespräche vermittelt; regelmäßige Sitzungen sollen den Gruppenmitgliedern ein Forum bieten, auch soziale Themen zu diskutieren und so ggf. gruppeninterne Spannungen zu balancieren. Das Herausbilden von Kommunikationsbezügen unter den Mitarbeitern ist — späteren Teilen dieser Studie vorgreifend — ein wesentliches Humanziel der Einführung von Gruppenarbeit. Gruppenarbeit im engeren Sinne ist ohne die Integration von Gruppengesprächen in den Arbeitsprozess kaum vorstellbar.

1.2.2.4 Funktionsintegration und Dezentralisierung von Kompetenzen

Die Integration von Funktionen aus der Fertigung vor- oder nachgelagerter Bereiche in das Aufgabenspektrum der Gruppe ist ein zentrales Kriterium der Arbeitsform Gruppenarbeit. Zu unterscheiden ist generell zwischen direkt und indirekt produktiven sowie dispositiven Aufgaben und Tätigkeiten. Beispiele für indirekt produktive Aufgaben sind die Qualitätskontrolle oder Nacharbeit; zu Beispielen für dispositive Aufgaben gereichen die Planung des Arbeitseinsatzes, allgemein die Personal- , aber auch die Urlaubsplanung (vgl. Antoni 1996:94).

Mit der Integration von zusätzlichen Funktionen in (teilautonome) Gruppen ist unmittelbar verbunden die Dezentralisierung von Entscheidungskompetenzen. Das Gruppenarbeits-Paradigma könnte insofern auch mit dem Label „Dezentralisierungsparadigma“ charakterisiert werden.

1.2.2.5 Gruppenarbeit versus Nicht-Gruppenarbeit: ein Resümée

Aufgrund der bestehenden definitorischen Probleme ist es nicht ohne weiteres möglich, Gruppenarbeit und Nicht-Gruppenarbeit voneinander abzugrenzen. Dazu ein Gedankenexperiment, eine fiktive Clusteranalyse: Verortet man gegebene Arbeitsformen in einem von den unter Kapitel 2.2.2.1 bis 2.2.2.4 erörterten Merkmalen aufgespannten Raum, so resultieren zwei sich überlappende Cluster. Die größte Distanz zu Gruppenarbeit im engeren Sinn weist sicherlich eine Form von völlig fremdbestimmter Einzelarbeit ohne jede Partizipationsmöglichkeit auf, die als Extremum jedoch auch in tayloristisch-fordistisch (un)inspirierten Arbeitsweisen selten ausgeprägt ist. Das Kontinuum zwischen den beiden Zentroiden umfaßt also sowohl Einzelarbeit[22] mit befriedigendem Handlungsspielraum als auch Auswüchse von „Pseudo“-Gruppenarbeit, die mit der normativen Idealform der teilautonomen oder qualifizierten Gruppenarbeit kaum etwas gemein haben und als „neo-tayloristische Arbeit in Gruppen“ eingestuft werden sollen.

1.2.3 Idealtypische Formen von Gruppenarbeit

Die Etikettierung eines Arbeitssystems als Gruppenarbeit ist nicht mehr als eine globale Charakterisierung; eine Vielzahl „ extrem divergierender “ (Bungard & von Rosenstiel 1997:102) Ausprägungen werden unter dem schillernden Konzept Gruppenarbeit rubriziert. Im weiteren sollen wichtige idealtypische Formen des Gruppenarbeits-Paradigmas skizziert werden.

Das wichtigste Kriterium, um innerhalb der Ausprägungen von Gruppenarbeit weiter zu differenzieren, ist erneut der Umfang der übertragenen Entscheidungsmöglichkeiten resp. die Freiheitsgrade, welche der Handlungsspielraum der Gruppenmitglieder aufweist: Gruppenarbeitskonzepte lassen sich auf einem Kontinuum zwischen teilautonomen Arbeitsgruppen und tayloristischen Arbeitsteams anordnen.

1.2.3.1 Qualitätszirkel und Projektgruppen

Zwischen den beiden skizzierten Konjunkturzyklen der Gruppenarbeitsdebatte — in den 80er Jahren — stellte das Konzept der Qualitätszirkel die am meisten diskutierte Form von Gruppenarbeit dar. Qualitätszirkel stellen Instrumente der Mitarbeiterbeteiligung dar. Indes erfüllen „idealtypische“ Qualitätszirkel nicht alle Bedingungen, die oben an soziale Gruppen resp. industrielle Fertigungsgruppen gestellt wurden: Als nicht ständig in die Arbeitsorganisation integrierte Task Forces liegt das Merkmal der Kontinuität nicht vor. Es ist geradezu ein Kennzeichen von Gruppenarbeit im engen Sinne, daß die Einheiten nicht nur fallweise kooperieren, sondern dauerhaft in einer konstanten Besetzung als integraler Bestandteil der Organisation operieren.

1.2.3.2 Gruppenstrukturen im Raumverband

Als Mindestkriterien für eine Gruppenstruktur sollen mit Zimolong und Windel (1996:142ff.) die Größe einer Arbeitsgruppe von 3 bis 15 Mitarbeitern sowie die zeitliche Konstanz der Gruppenzugehörigkeit angesehen werden. Darüber hinaus genügen sogenannte Gruppenstrukturen im Raumverband nicht den Anforderungen an echte Gruppenarbeit; weder Autonomie noch Funktionsintegration sind hinreichend ausgeprägt (vgl. Zimolong & Windel 1996:143). Derartige Organisationsformen stellen ebenfalls keine „eigentliche“ Gruppenarbeit im Sinne der oben genannten Definientia und Abgrenzungskriterien dar; mitunter wird in diesen Gruppenstrukturen de facto Einzelarbeit verrichtet.

1.2.3.3 Teilautonome Gruppenarbeit

Das Konzept der teilautonomen Gruppenarbeit kann als die bedeutendste Gruppenarbeitsform bezeichnet werden. Sowohl in der Gruppenarbeitsdebatte der 70er Jahre (vgl. Maier 1977) als auch in der aktuellen Diskussion (Antoni 1996) kommt diesem Idealtyp auch publizistisch die größte Aufmerksamkeit zu. In Deutschland kann der Begriff weitgehend als Synonym für Gruppenarbeit angesehen werden, die These der „Renaissance von Gruppenarbeit“ läßt sich daher verdichten zur These von der „Renaissance teilautonomer Gruppenarbeit“.

Charakteristisch für teilautonome Arbeitsgruppen ist die Integration von indirekt-produktiven (Materialversorgung, Qualitätssicherung, Wartung, Instandhaltung) und dispositiven Tätigkeiten (Fertigungsfeinsteuerung, Arbeitsverteilung) in den kollektiven Handlungsspielraum der Gruppen. Dabei zielt die Erweiterung des Aufgabenspektrums um indirekt-produktive Funktionen primär auf Rationalisierung ab: Zeitpuffer sollen eingespart, ggf. sogar Personal in produktionsnahen Bereichen freigesetzt werden. Erst durch die Dezentralisierung dispositiver Kompetenzen ist organisatorische Selbstregulation möglich; erst dann kann von teilautonomer Gruppenarbeit gesprochen werden (Zimolong und Windel 1996:144). Andere Autoren akzentuieren den Aspekt der kollektiven Verantwortung der Gruppen für ihre Arbeitsergebnisse (Alioth 1980:45). Entscheidendes Definiens ist jedoch die Selbstregulation: Ganzheitliche Aufgaben werden eigenverantwortlich ausgeführt, innerhalb definierter Grenzen findet Selbststeuerung statt — zumindest im normativen theoretischen Konzept.

Überdies tritt zur Arbeitsfeldvergrößerung und ganzheitlichen Verantwortung noch ein kommunikative und eine soziale Dimension hinzu (vgl. Kaluza 1998:1130): Gruppengespräche sind eine exklusive Institution weitreichender Gruppenarbeitsvarianten. Indes würde eine Definition von TAG, welche nur auf die Einrichtung von Gruppengesprächen abstellt, zu kurz greifen: Stets muß der Handlungsspielraum, müssen die Partizipationsmöglichkeiten betrachtet werden.

Insofern Selbstregulation für teilautonome Gruppenarbeit charakteristisch ist, wird ferner ein verändertes Führungsverhalten die Folge sein: Die Literatur kapriziert sich hier auf die gewandelte Rolle des Industriemeisters, welcher teilautonome Arbeitsgruppen nicht mehr hierarchisch führt, sondern als Koordinator unterstützt, motiviert und „coacht“. Generell wird ein partizipativer Führungsstil als komplementäre Strategie zur Einführung von Gruppenarbeit empfohlen

Teilautonome Arbeitsgruppen stellen diejenige Gruppenarbeitsvariante dar, der die höchsten produktiven Effekte und das höchste Potential für eine Humanisierung der Arbeitssituation zugeschrieben werden; sie gelten als die umfassendste Methode menschengerechter Arbeitsgestaltung (vgl. Kaluza 1998:1130; Kleinschmidt & Pekruhl 1994:163; Zimolong & Windel 1996:141, Lemke 1995:71).

In der akademischen Diskussion werden humane Aspekte nach wie vor stark betont: Durch teilautonome Gruppen sollen hier Verbesserungen realisiert werden, z.B. durch Erweiterung des Handlungsspielraums — Job Rotation, Job Enlargement und Job Enrichment sind integrale Bestandteile des Konzepts der teilautonomen Arbeitsgruppen —, durch Kooperation und Kommunikation, Qualifizierung, Motivation und Selbstbestimmung. Nicht selten kommt derartigen Hoffnungskatalogen indes nur visionärer Charakter zu, was mit einem Forschungsergebnis illustriert werden soll: Frieling und Freiboth (1997:125) ermittelten in ihrer Untersuchung, daß dem durchschnittlichen Werker auch nach Einführung von Gruppenarbeit lediglich ca. 5 bis 10 % der täglichen Arbeitszeit zur Disposition stehen — hohe Erwartungen an Selbstbestimmung und Zeitautonomie sind also entsprechend zu korrigieren.

1.2.3.4 Qualifizierte Gruppenarbeit

Ein anderes sehr weitreichendes Gruppenarbeitskonzept ist die teilautonome Gruppenarbeit mit homogener (Qualifikations-)Struktur, die sog. qualifizierte Gruppenarbeit. Diese Variante zeichnet sich aus durch ein hohes Maß an realisierter Selbstregulation und Kooperation sowie durch das Fehlen eines Vorgesetzten. Der Gruppensprecher ist hier — wie auch bei teilautonomer Gruppenarbeit — „primus inter pares“, er besitzt mithin keine disziplinarischen Kompetenzen. In praxi ist die Rolle des Gruppensprechers indes ggf. nahezu identisch mit jener des Vorarbeiters: Mitunter werden Gruppensprecher nicht gewählt, sondern ehemalige Vorarbeiter seitens des Managements ernannt, um Statusverluste zu kompensieren. Als nicht intendierte Folge besteht dann die Gefahr, daß kollektive Kompetenzen der Gruppe beim Gruppensprecher kulminieren. De facto hätte sich dann nur dessen Handlungsspielraum erhöht, nicht jedoch die individuellen Möglichkeiten der Gruppenmitglieder.

Die weitreichendsten Formen von Gruppenarbeit sind solche Arbeitssysteme, die eine homogene Qualifikationsstruktur aufweisen. Diese Option deckt sich mit Forderungen der Gewerkschaften nach Gruppen mit nivellierter Qualifikations- und Lohnstruktur. Für eine besonders hohe soziale oder ökonomische Effektivität derartig konfigurierter Gruppen scheint es jedoch keine Datenevidenz zu geben:

Robert Grob fand keine empirischen Hinweise auf eine größere Effizienz homogener Gruppen; er plädiert daher dafür, „ sinnvoll zusammengesetzte inhomogene Gruppen zumindest in die Überlegungen einzubeziehen “ (Grob 1994:265). Mehr noch: „ Gemischte Gruppen bieten mehr Entwicklungsmöglichkeiten als homogen zusammengesetzte “ (Grob 1994:266), lautet die These des Autors. Tatsächlich scheint eine Einrichtung von Gruppen mit homogener Struktur ökonomisch kaum rational: Rentabel wäre eine derartige Gestaltungsvariante nur, wenn der Nutzen aus höherer Flexibilität die zur Angleichung der Qualifikationen eingesetzten Geldmittel, m.a.W. die Humankapitalinvestitionen, übersteigt.

1.2.3.5 Exkurs I: Arbeitsorganisation und Fertigungsorganisation — das Konzept der Fertigungsinsel

Sofern teilautonome oder qualifizierte Gruppenarbeit mit objektorientierter Fertigung verknüpft wird, liegt das Konzept der Fertigungsinsel vor. Im Rahmen von Fertigungsinseln werden alle Mitarbeiter und Betriebsmittel, die an der Herstellung eines Produkts oder einer Teilefamilie beteiligt sind, möglichst eng räumlich zusammengefaßt, ggf. sogar verschiedene Fertigungsverfahren wie z. B. Fräsen, Drehen oder Bohren (vgl. Bonitz 1995:15).

Fertigungsinseln verbinden somit die fertigungsorganisatorische Forderung nach objektorientierter Betriebsmittelorganisation mit der arbeitsorganisatorischen Option Gruppenarbeit (vgl. Widmaier & Saurwein 1996:41). „ Die Idealform von Gruppenarbeit setzt (...) auch Gruppenfertigung voraus “, führen Widmaier & Saurwein (1996:32) aus; Gruppenarbeit ist indes prinzipiell in Verbindung mit jeder Fertigungsorganisationsform möglich. Jedoch lohnen sich Fertigungsinseln nur in Abhängigkeit von bestimmten fertigungsstrukturellen Randbedingungen des konkreten Betriebs, z.B. der Möglichkeit, ab einem bestimmten Standardisierungsgrad Teilefamilien zu definieren, die dann einer Fertigungsinsel zur Komplettbearbeitung übertragen werden können (Widmaier & Saurwein 1996:34f.). Wichtig ist auch ein kontinuierlicher Produktionsprozeß, bei erratischen Schwankungen des Auftragsvolumens oder einer hohen Varianz der Kundenwünsche sind ggf. zentral gesteuerte, verrichtungsorientierte Einzelarbeitsplätze flexibler. Ad Standardisierung und Kontinuität sind günstige Randbedingungen für Fertigungsinseln erst ab einer mittleren Betriebsgröße zu erwarten.

1.2.3.6 Gestaltungsvarianten von Gruppenarbeit: strukturkonservativ versus strukturinnovativ

In der sozialwissenschaftlichen Forschung über Gruppenarbeit hat sich für die verschiedenen Ausprägungen dieser modernen Arbeitsform noch keine einheitliche Nomenklatur durchgesetzt. Neben den oben skizzierten Idealtypen, die vornehmlich arbeits- und organisationspsychologischer Provenienz sind, ist ein Begriffspaar prominent, welches in der stärker industriesoziologisch orientierten Forschung etabliert ist: Die Unübersichtlichkeit der zahlreichen Gruppenarbeitsformen wird verdichtet auf eine Dichotomie von strukturkonservativer versus strukturinnovativer Gruppenarbeit.

Die Konzepte der teilautonomen und der strukturinnovativen Gruppenarbeit unterscheiden sich in ihrer Intension indes nur marginal: Strukturinnovative Gruppenarbeit versucht, durch deutliche Kompetenzerweiterung und autonome Dispositionsspielräume die Produktivitätsreserven der Mitarbeiter zu aktivieren (Schumann & Gerst 1997:144). Nach Meinung von Schumann und Gerst ist strukturinnovative Gruppenarbeit überdies geeignet, eine „ Kompatibilität von Effizienzsteigerung und Arbeitsverbesserung “ herzustellen — ähnliches Potential wird auch dem idealtypischen Konzept der teilautonomen Arbeitsgruppen zugetraut: einen „ Interessenausgleich zwischen Rationalisierung und Humanisierung “ (Antoni 1996:31) zu erzielen.

1.2.3.7 Exkurs II: Toyotismus versus Volvoismus — kulturelle Besonderheiten von Gruppenarbeit?

Die Synopse einzelner Ausprägungen des Gruppenarbeits-Paradigmas wird beschlossen mit einem Exkurs zu den Unterschieden japanischer Fertigungsteams — integrales Element des Managementkonzepts „Toyotismus“ — und den in westlichen Industrienationen verbreiteten teilautonomen Arbeitsgruppen. Effizienzvorteile japanischer Fertigungsteams gegenüber westlichen bzw. skandinavischen Formen von Gruppenarbeit werden in der bereits erwähnten Studie des Massachusetts Institute of Technology (Womack, Jones & Roos 1991) über die internationale Automobilindustrie suggeriert: Die Wegbereiter der schlanken Produktion halten es — abstellend auf einen Vergleich von „schlanken“ Fertigungsteams mit dem Volvo-Werk in Uddevalla — für „ fast sicher, daß die Produktivität nicht einmal mit der Massenproduktion, geschweige denn mit der schlanken Produktion wettbewerbsfähig ist “ (Womack, Jones & Roos 1991:107). Repliken auf die Kritik an der skandinavischen Produktionsweise, bei Womack et al. „ Neohandwerkertum “ tituliert, sind nicht ausgeblieben (vgl. Berggren 1991): Brüchig werden die Thesen der MIT-Studie, wenn auch die sozialen Effekte japanischer Fertigungsteams betrachtet werden — der Fokus meiner Studie legt diese Perspektive nahe.

Obwohl die japanischen Teamarbeiter als motiviert und zufrieden beschrieben werden (Womack, Jones & Roos 1991:105ff.), enthüllen Arbeitsanalysen, daß die Arbeit in den Fertigungsteams hoch repetitiv und monoton ist, unter hohem Leistungsdruck stattfindet und mithin kaum den Kriterien humaner Arbeit entspricht. Vielmehr weist toyotistische Teamarbeit Merkmale einer sozial ineffektiven Arbeitsgestaltung auf (vgl. Berggren 1991:61ff.).

Stark polarisierend, sind für europäische Gestaltungsvarianten selbstregulierende, an Entscheidungen partizipierende Arbeitseinheiten typisch, während japanische Fertigungsteams als Gruppen ohne echte Mitbestimmungsmöglichkeiten beschrieben werden. Im Gegensatz zur Teamarbeit nach dem Muster des Toyotismus erfolgt in Europa eine „ explizite Verknüpfung von Leistungszielen (...) mit mitarbeiterorientierten Zielen “ (Frieling & Freiboth 1997:121). Als Gründe dieser deutlichen Diskrepanzen zwischen westlicher Gruppenarbeit und japanischer Teamarbeit werden verschiedene Sozialisationen, Mentalitäten, Arbeitskulturen und industrielle Beziehungen angeführt.

1.3 Diffusion von Gruppenarbeit – Empirische Informationen zur Situation in deutschen Betrieben

Nach der Intension soll nun, am Schluß dieses ersten theoretischen Teils, die Extension (Schnell/Hill/Esser 1992:40) des Terminus „Gruppenarbeit“ untersucht werden. Dazu werden zwei empirische Projekte, in denen unter anderem über die Verbreitung von Gruppenarbeit geforscht wurde, vorgestellt; selbstverständlich können die Studien und ihre Ergebnisse hier nur fragmentarisch skizziert werden.

1.3.1 Ergebnisse des NIFA-Panels

Im Rahmen des DFG-Sonderforschungsbereichs 187 „Neue Informationstechnologien und Flexible Arbeitssysteme (NIFA)“ wurde an der Ruhr-Universität Bochum eine branchenspezifische Panel-Untersuchung durchgeführt. Untersuchungseinheit sind Betriebe der deutschen Maschinenbauindustrie. Seit 1991 wurden sechs Erhebungswellen realisiert, je Welle nehmen ca. n=1600-1800 Betriebe an der Befragung teil. Im Längsschnitt beteiligten sich ca. 400 Unternehmen kontinuierlich (Widmaier 1998:92). Auf der Grundlage des NIFA-Panels kann für die Grundgesamtheit des (west)deutschen Maschinenbaus die Aussage getroffen werden, daß der Anteil der Betriebe mit strukturinnovativer Gruppenarbeit bei p £ 0,1 liegt (Widmaier 1998:97).

1.3.2 Die Erhebung des Institut Arbeit und Technik

Das Institut Arbeit und Technik führte eine repräsentative Erhebung unter deutschen abhängigen Erwerbstätigen durch (n=1600); die Untersuchungseinheiten sind hier im Gegensatz zum oben dargestellten NIFA-Panel also nicht Betriebe, sondern Beschäftigte (Kleinschmidt & Pekruhl 1994): Ein Ziel der Untersuchung bestand in systematischen und repräsentativen Aussagen zur Diffusion von Gruppenarbeit. Weiterhin sollte eine Klassifikation real ausgeprägter kooperativer Arbeitsformen erarbeitet werden: Das Kontinuum der vorhandenen Ausprägungen sollte auf einige Idealtypen verdichtet werden. Per Clusteranalyse wurde eine Struktur von acht Clustern entdeckt, welche die Autoren anhand dreier zentraler Dimensionen — Kooperation, Partizipation und Autonomie — charakterisieren.

Die Autoren ziehen den induktiven Schluß, daß 6,9% der deutschen Beschäftigten nach der Organisationsform Gruppenarbeit arbeiten. Die weiteste Verbreitung haben gruppenorientierte Fertigungsstrukturen im Sektor der Investitionsgüter gefunden; 12,8% der Beschäftigten arbeiteten dort in Formen der Gruppenarbeit. Diesem Sektor sind auch die Untersuchungsbetriebe dieser Studie zuzurechnen. Differenziert man Gruppenarbeit nach den verschiedenen Idealtypen, so zeigt sich, daß die Arbeitsorganisationsform der teilautonomen Arbeitsgruppen real kaum ausgeprägt ist: Nur ca. 2% der Beschäftigten haben die Chance, in teilautonomer Gruppenarbeit tätig zu sein (Kleinschmidt & Pekruhl 1994:163). Die Autoren kommen daher zu dem erstaunlichen Verdikt, daß teilautonome Arbeitsgruppen in der gewerblichen Produktion fast keine Rolle spielen (ebd.: 163) — der unbefangene Rezipient interdisziplinärer Forschungsergebnisse käme angesichts zahlreicher einschlägiger akademischer Publikationen wohl zu einem anderen Ergebnis.

1.4 Paradigmenwechsel industrieller Produktion? Oder: Gruppenarbeit — Anspruch und Wirklichkeit eines Programms, Teil 1

Einige Erkenntnisse des ersten Teils sollen hier bilanziert werden. Trotz „Renaissance von Gruppenarbeit“ bis hin zu einer „Gruppenarbeitseuphorie“ zeichnet die empirische Forschung zur Diffusion gruppenorientierter Arbeitsorganisationsformen ein recht nüchternes Bild von der Realität in deutschen Betrieben. Wenn auch nach einem Survey des Fraunhofer Instituts etwa ein Drittel von 1305 befragten Unternehmen angeben, Gruppenarbeit eingeführt zu haben (vgl. Weltz 1997:382), sind insbesondere jene weitreichenden und von arbeitsteiliger, tayloristisch-fordistischer Arbeitsorganisation substantiell verschiedenen Formen von Gruppenarbeit nach wie vor kaum ausgeprägt. Nur in wenigen Betrieben haben sich diese modernen Arbeitsstrukturen durchgesetzt. In diese Richtung weist ein branchenspezifisches Ergebnis des NIFA-Panels:[23]Qualifizierte Gruppenarbeit ist entgegen ihrer Popularität in Wissenschaft und Medien nur in ca. 1% aller westdeutschen Maschinenbaubetriebe anzutreffen “ (Zimolong & Windel 1996:144).

Es existiert (noch?) keine flächendeckende Diffusion von Gruppenarbeit in der deutschen industriellen Produktion. Die Arbeitsorganisation in den meisten Produktionsbetrieben ist noch immer nach dem tayloristischen Prinzip des Scientific Management orientiert (Bonitz 1995:15, Lemke 1995:17). Mithin ist auch die eingangs formulierte These von einem „Paradigmenwechsel industrieller Produktion“ als verfrüht abzulehnen, höchstens sektoral — z.B. für die Automobilindustrie, dem Feld der meisten empirischen Studien zum Thema Gruppenarbeit — kann für diese Aussage vorsichtig Legitimität reklamiert werden.

Haben viele theoretische Diskussionen demnach nur wenig Wandel in der betrieblichen Praxis ausgelöst? Wurde das Phänomen „Gruppenarbeit“ überschätzt? Auffällig ist bei den vorliegenden empirischen Informationen zur Diffusion von Gruppenarbeit, daß gerade jene Konzepte – z.B. das der teilautonomen Gruppenarbeit -, denen im wissenschaftlichen Diskurs die meiste Aufmerksamkeit zuteil wird, in der betrieblichen Realität offenbar kaum ausgeprägt sind. Sofern man einen Paradigmenwechsel in der wissenschaftlichen Diskussion diagnostizieren kann, so hat er zumindest noch keine breite Umstrukturierung der Produktion in den Betrieben nach sich gezogen. Kleinschmidt und Pekruhl kommen aufgrund ihrer repräsentativen Erhebung zu der Aussage: „ Der Anteil echter, d. h. teilautonomer Gruppenarbeit in den Betrieben des produzierenden Gewerbes bzw. unter den dort beschäftigten Arbeitnehmern ist verschwindend gering “ (Kleinschmidt & Pekruhl 1994:163).

Welche Gründe sind plausibel für die geringe Diffusion gruppenzentrierter Fertigung in deutschen Betrieben? Neben dem Befund aus der Alltagserfahrung, daß Neues und Unbekanntes oft Abwehrreaktionen auslöst, ist einzuräumen, daß die Einführung von (teilautonomer) Gruppenarbeit eine „ durchgreifende Veränderung der Arbeitsorganisation und der Führungskultur “ (Antoni 1996:25) voraussetzt, z.B. partizipatives, zielorientiertes Management by Objectives anstelle von Anweisen und Befehlen. Als weiterer Grund kommen Beharrungskräfte alter Führungsstrukturen in Betracht: Sofern mit der Einführung von Gruppenarbeit auch die Abflachung von Hierarchieebenen einhergehen soll, könnten personelle Rationalisierungen die absehbare Folge sein. Auch indirekte Abteilungen könnten Machtverluste befürchten, sofern die Integration von Funktionen in die Gruppen geplant ist. Mithin kommt der Diagnose, welche Bungard und von Rosenstiel bezüglich des Scheiterns der Gruppenarbeitsdebatte der 70er treffen (Siehe oben Kapitel 2.1.1.2), auch in den 90er Jahren noch aktuelle Relevanz zu: Eine breite Einführung von gruppenorientierten Arbeitsformen ist mikropolitisch schwer durchsetzbar: Verschiebungen im innerbetrieblichen Machtgefüge nach sich ziehend, stehen einer nachhaltigen Umstrukturierung konträre Machtinteressen im Weg.

Jedoch ist — auf einer Makroebene betrachtet — der gesellschaftliche Prozeß der Umsetzung von Konzepten des Gruppenarbeits-Paradigmas noch in vollem Gang: Immerhin sind Schumann und Gerst der Ansicht, daß die „ Orientierungsphase weitgehend abgeschlossen ist und die breite Umsetzung [von Gruppenarbeitskonzepten, d. Verf.] anstehen könnte “ (Schumann & Gerst 1997:143). Vielleicht steht die große Welle gruppenorientierter Fertigungsreorganisation den deutschen Unternehmen also erst noch „in die Werkshallen“; Schumann und Gerst berichten von einem „ Ziel bei Mercedes-Benz (...), in den nächsten Jahren bis zu 80% der Produktionsarbeitsplätze in Gruppenarbeit zu organisieren “(ebd.: 154).

2 Soziale Effekte der Einführung von Gruppenarbeit

Der erste Teil rekonstruierte Hintergründe der aktuellen Gruppenarbeitsdebatte, führte wichtige theoretische Konzepte ein und informierte über die Diffusion von Gruppenarbeitsformen in deutschen Betrieben. Darauf aufbauend ist in diesem zweiten Teil die theoretische Problemstellung der Arbeit zu präzisieren, welche zwei miteinander verknüpfte Fragen umfaßt:

(a) Soziale Effekte

Grundsätzlich werden die Auswirkungen der Implementation von Gruppenarbeit auf verschiedene „soziale“, d.h. mitarbeiterorientierte oder nicht-ökonomische, Dimensionen der Arbeitssituation, welche im Licht der aktuellen Gruppenarbeitsdebatte von besonderer Relevanz sind, analysiert. Diese Ebene ist angelegt als eine klassische hypothesenprüfende Untersuchung auf der empirischen Basis einer standardisierten Mitarbeiterbefragung.

(b) Soziale Effektivität

Darüber hinaus soll — als ein „Nebenschauplatz“ dieser Arbeit — die „ketzerische“ Frage diskutiert werden, ob die Einführung von Gruppenarbeit überhaupt eine sozial effektive Alternative zu traditionellen tayloristischen Formen darstellt. Soziale Effektivität sei definiert als Grad der Erreichung sozialer Zielsetzungen (Antoni 1996:98f.). Wenn auch als Instrument zur Humanisierung der Arbeit propagiert, kann nicht als gesichert angenommen werden, daß die Einführung von (teilautonomer) Gruppenarbeit tatsächlich sozial effektiv ist (vgl. Antoni 1996:5).

Einleitend werden in Kapitel 2.1 soziale Zielsetzungen von Gruppenarbeit zusammengefaßt; dieser Analyse kommt im Kontext der beiden genannten Fragestellungen eine doppelte Funktion zu:

ad (a):

Die Komplexität des empirischen Untersuchungsgegenstands — die Arbeitssituation der Probanden — bedingt eine Beschränkung auf ausgewählte Bereiche resp. Dimensionen. Da es (noch?) kein geschlossenes theoretisches Modell zur Analyse von Gruppenarbeit gibt, resultiert ein Selektionsproblem, bei dessen Auflösung ein unbestimmtes Maß an Willkür unvermeidlich ist. Die zu analysierenden Dimensionen sollen auf der Basis von Definitionen zu den sozialen Zielsetzungen der Implementation gruppenorientierter Arbeitssysteme ausgewählt werden: Merkmale, auf die sich soziale Ziele beziehen, sollen über den Fragebogen operationalisiert werden.

ad (b):

Fragen nach der sozialen Effektivität eines Programms sind ohne definierte Ziele und Kriterien nicht beantwortbar. Nicht betrachtet wird die ökonomische Effektivität der Einführung von Gruppenarbeit; nach Antoni finden sich in der Mehrzahl der Untersuchungen Belege für eine verbesserte ökonomische Effektivität von (teilautonomer) Gruppenarbeit gegenüber arbeitsteiliger Produktion (Antoni 1996:203) — freilich stellt sich diese kritische Frage in jeder konkreten Situation eines Unternehmens neu, keineswegs ist diese Aussage mit gesicherter Erkenntnis zu verwechseln.

In Kapitel 2.2 werden erste Argumente für eine Diskussion der sozialen Effektivität von Gruppenarbeit als allgemeines arbeitsorganisatorisches Paradigma gesammelt. Die dimensionale Analyse der Arbeitssituation wird in Kapitel 2.3 vorgenommen (vgl. Kromrey 1995:67ff.).[24] Die Kapitel 2.4 und 2.5 sind der Formulierung begründeter inhaltlicher Forschungshypothesen gewidmet: Während in Kapitel 2.4 versucht wird, aus theoretischen Modellen zu den Auswirkungen von Gruppenarbeit Hypothesen abzuleiten, informiert in Kapitel 2.5 eine Synopse empirischer Wirkungsanalysen über Hypothesen, deren Prüfung in dieser Arbeit repliziert werden soll.

Der zweite Teil kulminiert in Kapitel 2.6: Zu (fast) jeder der in Kapitel 2.3 ausgewählten Dimensionen wird eine inhaltliche Hypothese begründet, welche auf die, durch verschiedene Arbeitsorganisationsformen hervorgerufene, unterschiedliche Wahrnehmung der eigenen Arbeitssituation durch Mitarbeiter in Gruppenarbeit und durch Mitarbeiter in konventioneller Arbeitsorganisation abstellt. Ob es für die getroffenen Annahmen empirische Evidenz gibt, wird in den weiteren Teilen dieser Arbeit zu untersuchen sein.

Anmerkung: Die Erörterungen dieses zweiten Teils bewegen sich noch auf einer abstrakten Ebene, mithin losgelöst von den Spezifika und den besonderen (sozialen) Zielen der Untersuchungsbetriebe. So wird der Begriff Gruppenarbeit hier noch allgemein verwendet; eine Subsumtion des Gruppenarbeitskonzepts der Untersuchungsbetriebe ist später nachzuholen.

2.1 Humanziele der Implementation von Gruppenarbeit

Mit der Diskussion um Gruppenarbeit sind vielfältige Hoffnungen auf eine Humanisierung der Arbeit verbunden: Handlungsautonomie und Zeitsouveränität sollen zunehmen (Minssen 1995:339), Entfremdung von der Arbeit — als Folge monotoner, hoch repetitiver, sinnentleerter und sozial isolierter Tätigkeiten — durch ganzheitliche Arbeitsgestaltung überwunden werden. Verbreitete Erwartungen an die sozialen Auswirkungen von Gruppenarbeit sind weiterhin eine verbesserte Einstellung zur Arbeit, eine höhere Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit. Wichtig ist ferner das Ziel der Reduktion von Belastungen und Beanspruchungen (Zimolong & Windel 1996:146). Ähnliche Zielsetzungen finden sich auch in älteren Publikationen zu den Auswirkungen der Organisationsform Gruppenarbeit: Fotilas vermutete 1980 — und somit am Ende des ersten Konjunkturzyklus des Gruppenarbeitsdiskurses — als globale Effekte eine Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der Produktion und eine Erhöhung der Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter (Fotilas 1980:43).

In den 90er Jahren werden in Betriebsvereinbarungen beide Zielvektoren — Effizienz- und Humanziele — gleichermaßen betont. Zum Beispiel gereicht ein Zitat aus einer Betriebsvereinbarung der Mercedes-Benz AG: Durch Gruppenarbeit sollen „ gleichermaßen Produktivitätssteigerungen und Arbeitsverbesserungen “ erreicht werden (Schumann & Gerst 1997:144). Analoge Formulierungen finden sich in Dokumenten der Adam Opel AG (Minssen 1990:1) und — dem dritten Teil vorgreifend — in einer Vereinbarung einer der beiden Untersuchungsbetriebe.

Es ist jedoch sehr fraglich, ob beiden Zielkomplexen auch in der betrieblichen Realität der gleiche Stellenwert zukommt; im ersten Teil wurde bereits unterstrichen, daß in der aktuellen Diskussion der ökonomische Impetus stark überwiegt. Bei Gruppenarbeit geht es um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, Humanziele werden als grundsätzlich willkommene, aber sekundäre Ziele (nicht) verfolgt. Als pauschale Annahme ist daher grundsätzlich von der Nachrangigkeit sozialer Zielsetzungen auszugehen; der Einzelfall mag das Gegenteil beweisen. In diesem Sinne wird Gruppenarbeit auch als „ sozialer Kompromiß “ (Antoni 1996:5) respektive als vermeintlicher Konsens und „ ideologischer Alleskleber “ bezeichnet (Wehner & Rauch 1994:132f.).

Ein empirisches Ranking der mit der Einführung von Gruppenarbeit verbundenen Ziele unternahmen Wehner und Rauch (1994:140): Sie befragten gewerbliche Beschäftigte, welche Ziele das Unternehmen mit der Einführung von Gruppenarbeit ihrer Meinung nach verfolgte. Neben ökonomischen Zielen wurden auch Humanziele genannt: Erhöhung von Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotivation, Kompetenzerhöhung und Kooperationserweiterung. Eine Zusammenschau von offiziellen Konzernzielen und durch die Beschäftigten wahrgenommenen Zielen ergab folgende dreistufige Hierarchie von Zielen:

1.) Betriebswirtschaftliche Ziele: Qualität, Kosten und Anlagennutzung
2.) Kompetenzerhöhung und Aufgabenerweiterung
3.) „Genuine“ Humanziele: Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotivation

Ungeachtet methodischer Einwände kann diese Einschätzung der betroffenen Mitarbeiter — denen der Status „natürlicher“ Experten zukommt — wie folgt interpretiert werden: Als hauptsächliche Ziele werden rein ökonomische Aspekte wahrgenommen. Sekundär sind solche mitarbeiterorientierten Zielsetzungen, von denen ein direkter ökonomischer Nutzen erwarten ist, z.B. Erhöhung von Kompetenzen, um das dezentrale Know-how der Mitarbeiter vor Ort — weitgehend brachliegend in zentralistischen Organisationsstrukturen — nutzbar machen zu können. Als drittrangig werden schließlich jene mitarbeiterorientierten Zielsetzungen eingeschätzt, die als genuine Humanziele klassifiziert werden können: Erhöhte Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotivation.

2.1.1 Das Konzept der menschengerechten Arbeitsgestaltung

Einen Zugang zur Definition sozialer Ziele der Einführung von Gruppenarbeit bietet das in der arbeits- und organisationspsychologischen Literatur etablierte Konzept der menschengerechten Arbeitsgestaltung. Mitunter wird menschengerechte Arbeitsgestaltung sogar als Synonym für soziale Effektivität angesehen; sozial effektiv ist eine Intervention — ein Eingriff in ein Arbeitssystem — dann, wenn durch sie eine menschengerechte Arbeit ermöglicht wird (Antoni 1996:98f.). Unter den Kriterien menschengerechter Arbeitsgestaltung — z.B. Schädigungsfreiheit, Beeinträchtigungsfreiheit und Zumutbarkeit (Antoni 1996:101ff. m.w.N.) — ist zentral das Konzept der Persönlichkeitsförderlichkeit der Arbeit. Die Implementation von Gruppenarbeit muß daran bewertet werden, ob sie zu einer Arbeitsgestaltung geführt hat, welche die Persönlichkeitsförderlichkeit der Arbeit gegenüber konventioneller Arbeitsorganisation erhöht hat.

Versucht man ferner, die Frage nach allgemeinen sozialen Zielsetzungen der Arbeitsgestaltung durch einen Blick in einschlägige Gesetzesnormen zu beantworten, stößt man ebenfalls auf das Konzept der menschengerechten Arbeitsgestaltung: In verschiedenen Paragraphen des Betriebsverfassungsgesetzes (§§90,91) wird gefordert, bei der Planung von Arbeitssystemen die „ gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit[25] zu berücksichtigen. Weiterhin wird ausgeführt, was bei der Arbeitsgestaltung konkret zu berücksichtigen sei: Neben einer Explikation des Terminus „menschengerecht“ wird empfohlen, Arbeit solle zur Zufriedenheit des arbeitenden Menschen führen, etwa durch die Anerkennung seiner Arbeitsleistung — auf die Bedeutung von Rückmeldung als Motivationsfaktor werde ich noch zurückkommen. Ferner wird der Abbau von Monotonie und weitgehende Autonomie des einzelnen, z.B. in Gruppenarbeit [26], postuliert. Verschiedene in der sozialwissenschaftlichen Forschung explizierte soziale Zielsetzungen (Abbau von Monotonie, Autonomie, Zufriedenheit) haben anscheinend den Transfer in juristische Kommentare gefunden. Insofern ist eine nachhaltige und erfolgreiche Einführung von Gruppenarbeit auch eine Maßnahme im Sinne der §§ 90, 91 BetrVerfG!

2.1.2 Interdependenz von Effizienz- und Humanzielen

In der Literatur wird auf die Interdependenz beider Zielkomplexe verwiesen; eine Synopsis ökonomischer und sozialer Zielsetzungen zeigen Zimolong und Windel (1996:145ff.): In der umseitigen Übersicht soll der wichtige Sachverhalt der Reziprozität von Effizienz- und Humanzielen durch unscheinbare Doppelpfeile visualisiert werden.

Einige Beispiele sollen die postulierten engen Wechselwirkungen zwischen ökonomischen und sozialen Vorteilen illustrieren: Die verbesserte Nutzung von Mitarbeiterpotentialen soll durch die motivierenden Effekte erweiterter Handlungs- und

Entscheidungsmöglichkeiten realisiert werden.[27] Durch eine Senkung der Belastung und Beanspruchung (soziales Ziel) sollen Absentismus und Fluktuation zurückgehen

(ökonomisches Ziel).

Tabelle 2-1: Gruppenarbeit als umfassende Gestaltungsstrategie: Effizienzziele und Humanziele (Zimolong & Windel [1996:145]).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese Interdependenzannahme würde allerdings überreizt durch eine scheinbar plausible Alltagsvermutung, die von höherer Arbeitszufriedenheit auf höhere Arbeitsproduktivität schließt. Für diese Annahme gibt es — kontraintuitiv — kaum empirische Evidenz, sie kann als empirisch widerlegt gelten (Bruggemann 1975: 47, Six & Eckes 1991:22ff.).

Die Interdependenz der Ziele kann überdies unter Rekurs auf eine zentrale Annahme der bereits erwähnten soziotechnischen Systemtheorie begründet werden: Danach ist davon auszugehen, daß das Gesamtsystem „Unternehmen“ nur dann effizienter gestaltet werden kann, wenn sowohl das technische als auch das soziale Subsystem optimiert werden.[29] Auch in der Arbeitswissenschaft ist die Annahme etabliert, daß eine sozial effektive Arbeitsgestaltung simultan zur Steigerung wirtschaftlicher Effizienz gereichen kann,[30] z.B. vertritt Bonitz die Auffassung, daß „ der integrierte Zusammenhang von Technik, Organisation und Qualifikation (...) bei jeder Innovation zu berücksichtigen “ ist (Bonitz 1995:152).

2.1.3 Fazit zu den Zielen von Gruppenarbeit

Ökonomische und soziale Zielsetzungen der Einführung von Gruppenarbeit sind wechselseitig miteinander verknüpft. Ungeachtet ihrer Interdependenz werden Humanziele nicht gleichrangig mit Effizienzzielen formuliert, geschweige denn mit gleichem Nachdruck verfolgt: In den 90er Jahren ist eine klare Hierarchie der Zielkomplexe festzustellen; das Arbeitsorganisationskonzept Gruppenarbeit wird „ primär mit wirtschaftlichen Zielen verbunden, sekundär mit humanen Zielen “ (Zimolong & Windel 1996:141). Immerhin prognostiziert Bonitz eine Renaissance sozialer Zielsetzungen bei Arbeitsgestaltungsmaßnahmen, welche über die bloße Einsicht in die Interdependenz ökonomischer und sozialer Ziele hinausgeht: „ Während in den vergangenen Jahren die Optimierung technischer Prozesse im Zentrum der Aufmerksamkeit von Managern in der Produktion gelegen hatte, gewinnt heute die Optimierung der sozialen Prozesse eine zunehmende Bedeutung.“(Bonitz 1995:152). Ähnlich diagnostiziert Lemke den aktuellen Trend der Arbeitsorganisation als „ Renaissance einer in den 70er Jahren beobachteten Entwicklung zur Humanisierung der Arbeit – indes unter anderen Voraussetzungen...“ (Lemke 1995:12ff.).

2.2 Soziale Effektivität und soziale Risiken der Einführung von Gruppenarbeit

Mit Antoni ist es als keineswegs gesichert anzunehmen, daß die Einführung (teilautonomer) Gruppenarbeit auch tatsächlich zu menschengerechten Arbeitsbedingungen und zufriedenen Mitarbeitern führt, auch wenn die Verwendung von Gruppenarbeit als Instrument zur Humanisierung des Arbeitslebens dies nahelegt.[31] Die über den Survey konstruierten Daten werden hierzu ggf. eine Einschätzung erlauben. Darüber hinaus gibt es einige theoretisch-abstrakte Aspekte, welche kritische Schlaglichter auf das mit hohen Erwartungen besetzte Phänomen Gruppenarbeit werfen und dessen Ambivalenz betonen. Überdies können die folgenden drei Themen für potentielle Problemquellen im Verlauf eines Implementationsprozesses sensibilisieren.

2.2.1 Konfligierende Ziele der Einführung von Gruppenarbeit

Zielvektoren der Einführung von Gruppenarbeit sind nicht nur interdependent, sondern auch teilweise widersprüchlich. Konfligierende Ziele können Ursachen für enttäuschte Erwartungen bilden und Schwierigkeiten im Implementationsprozeß hervorrufen. Zum Beispiel eines Zielkonflikts gereicht das Thema Belastungsabbau. Um zumindest einen Belastungs wechsel zu erreichen, soll Job Rotation praktiziert werden. Nur: Unter den hektischen Bedingungen des Produktionsalltages ist das nicht immer möglich. Leistungsverdichtung und Belastungsreduzierung sind nicht kompatibel. Auch die Übernahme zusätzlicher dispositiver Tätigkeiten — als Erweiterung des Handlungsspielraums ein wichtiges Humanziel — kann zu Zielkonflikten führen, wenn das Zeitbudget der Gruppe (sofern nicht angepaßt) dadurch belastet bzw. verknappt wird (Minssen 1990:26f.).

2.2.2 Systematische Gründe des Konfliktpotentials teilautonomer Gruppen

Die Wirkungsforschung über Gruppenarbeit hat starke empirische Evidenz für eine höhere Konfliktdichte in Gruppen als in konventioneller Arbeitsorganisation erbracht. Lemke (1995:26) hebt hervor, daß die Einführung von Gruppenarbeit zu „ erheblichen sozialen Problemen “ führen kann (vgl. Fröhlich 1983:545f.). „ In Gruppen treten signifikant häufiger Konflikte mit Kollegen auf “, konstatiert Minssen (1990:29). Zu ergänzen ist das Statement eines verantwortlichen Akteurs der Untersuchungsbetriebe dieser Studie: „ Gruppenarbeit ist sozialer Sprengstoff “!

Gruppensoziologische Erklärungen des Konfliktpotentials in (teilautonomen) Fertigungsgruppen stellen ab auf den hybriden Systemtypus der teilautonomen Fertigungsgruppe, welche sowohl Merkmale sozialer Gruppen als auch von Organisationen aufweist (vgl. Minssen 1995; Minssen & Keese 1996). In teilautonomen Arbeitsgruppen kann es zum Problem werden, daß „ Spannungen zwischen diffus-persönlichen und spezifisch-zweckhaften Orientierungen ihrer Mitglieder auftreten “ (Neidhardt 1983:15). Teilautonome Gruppen sind somit konträren Anforderungen ausgesetzt: funktionale Anforderungen (teilautonome Arbeitsgruppen als Teil der Organisation) versus Anforderungen der sozialen Gruppe, Anforderungen seitens der Systemumwelt— dem Unternehmen — einerseits und gruppenintern andererseits. Diese verschiedenen Anforderungen müssen balanciert werden — unter externem Leistungsdruck (Minssen 1995:339).

Mithin ist einige Skepsis gegenüber zu optimistischen Hoffnungen auf diverse soziale Effekte von Gruppenarbeit angebracht; gruppensoziologische Erkenntnis ist geeignet, die z.T. überzogenen Erwartungen an das Organisationskonzept Gruppenarbeit zu entzaubern und neu zu eichen. Gegenüber Analysen aus den 70er Jahren ist es ein Wissensfortschritt der sozialwissenschaftlichen Forschung über Gruppenarbeit, daß die Bedingungen und Probleme der Kooperation aktuell wesentlich differenzierter gesehen werden und keine „ unreflektierte positive Sicht von Arbeitsgruppe und Kooperation “ (Fröhlich 1983:536) mehr eingenommen wird. Für die Humanisierungsdebatte konstatierte Fröhlich eine „ weitverbreitete Naivität “ bezüglich der „ Harmonievorstellungen über Gruppenarbeit “ (Fröhlich 1983:536). Sobald Ergebnisse der Sozialpsychologie über Machtprozesse in Kleingruppen integriert werden, erscheint eine skeptische Sicht von Arbeitsgruppen und Kooperation eher gerechtfertigt: Gruppenarbeit und Einzelarbeit unterscheiden sich nämlich auch dadurch, daß „ sinnvolle Indifferenz gegenüber Arbeitskollegen “(Fröhlich 1983:548) in Gruppenarbeit nicht oder nur schwer möglich ist; weitere gruppeninterne (Macht-) Prozesse — ggf. bis zum „Mobbing“ — können hier nicht vertieft werden.

Der Grat zwischen Kooperations chancen und Kooperations zwang ist generell sehr schmal, man kann sich in Fertigungsgruppen — aufgrund geringer Gruppengröße und quasi nicht vorhandener Mitgliedschaftsalternativen[32] — nicht aus dem Weg gehen, Konflikte müssen ausgetragen werden: Hier kann sich das Fehlen eines internen Vorgesetzten — dem Gruppensprecher kommen in der Regel keine disziplinarischen Kompetenzen zu — ggf. konfliktverschärfend auswirken: Sofern Vorgesetze früher als Blitzableiter interner Spannungen fungierten,[33] droht jetzt eine „Implosion“ sozialer Strukturen von Fertigungsgruppen, wenn keine konstruktive Konfliktverarbeitung gelingt.

Diese Fußnote unterstreicht die hohe Bedeutung von Team- und Konfliktfähigkeit, allgemein einer hohen sozialen Kompetenz der involvierten Arbeiter, als neuer Bestandteil des Anforderungsprofils für industrielle Gruppenarbeiter.[34]

[...]


[1] In kritischer Diktion kann das Abrufen von dezentralem Planungswissen auch als „ Wissensenteignung “ bezeichnet werden (vgl. Wehner 1994:133 m.w.N.).

[2] Apropos Resüm é e: Sämtliche Orthographie übrigens im w eiteren entsprechend „alter“ Rechtschreibregeln.

[3] Ein Übersichtsartikel findet sich bei Chalmers 1994:91-102.

[4] Vgl. Wilkesmann (1994:9). Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in den 20er Jahren, wurde über gruppenorientierte Arbeitsorganisation diskutiert (vgl. Antoni 1996:1).

[5] Diese Welle erfaßte auch die Untersuchungsbetriebe dieser Studie, erwies sich jedoch als Flaute, so daß wenig später mit der Einführung von Gruppenarbeit experimentiert wurde.

[6] Inspiriert durch den Titel der Dissertation von Rainer G. Saurwein (1995): „Gruppenarbeit zwischen Romantik und Rationalisierung“.

[7] Näheres zu diesem theoretischen Ansatz im dritten Teil.

[8] In diesem Text stehen sämtliche (Berufs- oder Funktions-)Bezeichnungen etc. in nicht diskriminierender Absicht, sondern allein einer besseren Lesbarkeit halber, stellvertretend sowohl für die männliche als auch für die weibliche Form.

[9] Die Begriffe „Taylorismus“ und „Fordismus“ werden hier als Synonyme für dasselbe obsolete Produktionsparadigma verwendet.

[10] In diesem Urteil wird das Kontinuum realer Arbeitsorganisationsformen natürlich auf eine sehr grobe Dichotomie abgebildet. Von Grenzfällen — neo-tayloristische Gruppenarbeit! — wird später zu berichten sein.

[11] Allgemein zu Hawthorneeffekten oder dem verwandten Konzept der Reaktivität: Diekmann (1995: 299).

[12]Gruppenarbeit in der Fertigung erlebt im Rahmen der Debatte um Lean Production eine unerwartete Konjunktur “, konstatiert Minssen (1995:339).

[13] Ironisch spezifizieren Kleinschmidt & Pekruhl (1994:165) den Beginn der deutschen Rezeption der MIT-Studie auf die Nachweihnachtszeit 1991: Viele Manager hätten wahrscheinlich, so die Spekulation der Autoren, den Weihnachtsurlaub 1991 zur Lektüre der Studie genutzt (quasi als Ferienlektüre) — und danach über eine Umsetzung der Thesen begonnen nachzudenken.

[14] Auf die Globalisierung als Hintergrund der Debatte um neue Arbeitsorganisationsformen verweist Lemke (1995:12).

[15] Das vermutet Lemke (1995:15) als „ Triebfeder der Einführung alternativer Arbeitsorganisationsformen “.

[16] Dieses Szenario ist natürlich kein Automatismus, aber eine denkbare Entwicklung (vgl. Antoni 1996: 136).

[17] Daß sich Humanisierung und Rationalisierung nicht kategorisch ausschließen, ggf. sogar eine Verbindung dieser Ziele möglich ist — Rationalisierung durch Humanisierung — , soll später diskutiert werden.

[18] Schnell/Hill/Esser (1992:40).

[19] So heißt es etwas neudeutsch bei Schumann und Gerst (1997:143).

[20] Hartmann Tyrell, zitiert bei Neidhardt (1980:15).

[21] Hierauf wird im zweiten Teil („Auswirkungen von Gruppenarbeit“) zu rekurrieren sein.

[22] Als Synonyme für Einzelarbeit werden im weiteren verrichtungsorientierte Produktion und arbeitsteilige Arbeitsorganisationsform verwendet.

[23] Vgl. auch das Ergebnis von Kleinschmidt & Pekruhl, (Kapitel 2.3.2, Seite 19).

[24] Schnell/Hill/Esser (1992:130 ff.) ziehen dem Terminus der „dimensionalen Analyse“ den synonymen Begriff der Konzeptspezifikation vor; beide Begriffe bezeichnen die Vorstufe der Operationalisierung.

[25] Vgl. § 90, Absatz II, Satz 2. In § 91, Satz 1, findet sich eine analoge Formulierung.

[26] Däubler et al. (1996: 1514ff.).

[27] Zimolong und Windel (1996: 146) unterbreiten damit implizit eine Hypothese über die Wirkungsmechanismen von Gruppenarbeit: Handlungsspielraum é è Motivation é è „bessere Nutzung von Mitarbeiterpotentialen“.

[28] Die Nutzung des dezentralen Know-Hows der Mitarbeiter wurde auch von einer Führungskraft der Untersuchungsbetriebe als zentraler Grund der Einführung von Gruppenarbeit unterstrichen.

[29] Mehr zu diesem Ansatz unter Kapitel 2.4.

[30] Einen Beleg hierfür stellt der 39. Kongreß der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft dar, der anno 1993 unter dem Motto „Rationalisierung durch Humanisierung“ in Kassel abgehalten wurde (Bonitz 1995: 11).

[31] Seinen Buch(unter)titel als rhetorische Frage entlarvend: Antoni 1996: 5.

[32] „Unfreiwillige Mitgliedschaft“ als Kennzeichen von Fertigungsgruppen wurde bereits im ersten Theorieteil, Kapitel 2.2.1.1, Seite 8, erwähnt.

[33] Minssen (1994:40) verweist auf den Meister als „Konfliktobjekt“.

[34] Für den prominenten Stellenwert der „Sozialen Kompetenzen“ ist auch die Tatsache indikativ, daß ein Sonderheft der Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie zur Gruppenarbeitsdiskussion (Jahrgang 15, Heft 3 / 1997) unter dem Titel „Gruppenarbeit und Soziale Kompetenz“ erschien.

Ende der Leseprobe aus 228 Seiten

Details

Titel
Evaluation der Einführung von Gruppenarbeit - Chancen und Risiken eines modernen Arbeitsorganisationskonzepts
Untertitel
Analysiert mit einem neuen standardisierten Fragebogen für Mitarbeiterbefragungen
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
1
Autor
Jahr
1999
Seiten
228
Katalognummer
V185287
ISBN (eBook)
9783656982807
ISBN (Buch)
9783867462235
Dateigröße
1414 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
evaluation, einführung, gruppenarbeit, chancen, risiken, arbeitsorganisationskonzepts, analysiert, fragebogen, mitarbeiterbefragungen
Arbeit zitieren
Thomas Kley (Autor:in), 1999, Evaluation der Einführung von Gruppenarbeit - Chancen und Risiken eines modernen Arbeitsorganisationskonzepts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185287

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