Möglichkeiten und Grenzen effektiver internationaler Preisstrategien auf Grundlage von Marktanalysen - dargestellt am Beispiel der Fa. Nestlé im Ländermarkt Großbritannien


Diploma Thesis, 2005

126 Pages, Grade: 1.3


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1 Einleitung

Aufgrund der zunehmenden Markttransparenz durch fortgeschrittene Informations- und Kommunikationstechnologie erkennen Konsumenten mehr und mehr, dass zum Teil große internationale Preisunterschiede bei identischen Produkten des gleichen Anbieters existieren. Diese nationalen Differenzen sind aus internationaler Marketingsicht Teil ziel-orientierter Preisstrategien. Regionale Preisunterschiede sind jedoch nur eine Möglichkeit von Unternehmen, sich die Heterogenität in Märkten zu Nutze zu machen.

Angesichts teils aggressiv-ruinöser Preiskämpfe in den letzten Jahren, erscheint die Profilierungsmöglichkeit durch den Preis überholt und erschöpft. Trotz allem ist durch Beispiele in Literatur und Praxis festzustellen, dass es gerade auf Herstellerseite weiterhin enorme Schwachstellen beim Festlegen und Optimieren adäquater Preisstrategien gibt.

Obwohl auf Abnehmerebene in den vergangenen Jahren außerpreisliche Faktoren zunehmend wichtiger geworden sind, hat der Preis weiterhin großen Einfluss auf das Kaufverhalten der Nachfrager. 1 Im Kaufentscheidungsprozess bestimmt er bei Unsicherheit - als „Zünglein an der Waage“ - über endgültige Erwerbung oder Ablehnung eines Produktes oder einer Dienstleistung. Aus diesem Grund dürfen Preisentscheidungen nicht einzig und allein als Reaktion auf Wettbewerberverhalten durchgeführt werden. Denn in Anbetracht der direkten Konsequenzen für den Unternehmenserfolg können die gezielt genutzten Handlungsspielräume beim Pricing dazu beitragen, Marktpotenzial effizient abzuschöpfen.

1.1 Problemstellung

In den letzten Jahren hatte die weltweite Konjunkturschwäche Billiganbietern den Weg in die Märkte geebnet und für Marktsättigung und Überkapazitäten in allen Industriesektoren gesorgt. Durch gesunkene Haushaltbudgets, hohe Sparquoten und hybrides Käuferverhalten haben Konsumenten ein starkes Preisbewusstsein entwickelt. Vor allem in der Konsumgüterindustrie haben Unternehmen mit Verdrängungswettbewerb und Kannibalisierung von Marken zu kämpfen. Angesichts der Qualitätsangleichung haben sie Schwierigkeiten ihre Produkte rentabel zu positionieren.

Durch den Konzentrationsprozess nimmt der Handel die führende Position bei der Preisbildung ein und gefährdet die Effektivität der Preisstrategien von Herstellerunternehmen. Dies hat zu Konfliktpotenzialen in den Hersteller-Handel-Beziehungen geführt, denn viele Handelsunternehmen mussten ihre Preise senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Diese Entwicklungen haben Preis- 1 Kotler/Bliemel(1999): Marketing-Management, S.757.

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druck auf Hersteller, verstärkte Discountaktivitäten und neue Distributionskanal-Alternativen bewirkt. Ein verschärfter Preiswettbewerb wurde ebenfalls infolge der technologischen Entwicklung, d.h. mittels elektronischer Medien wie das Internet, „Produktkatalogen auf CD-ROM oder stationärer elektronischer Terminals“ 2 und der damit steigenden Preistransparenz hervorgerufen.

Auf Management-Ebene der Produktanbieter wird die Sensibilität von Preisentscheidungen in Unternehmen zwar wahrgenommen, dennoch wird in der Praxis die Aufgabe der Preispolitik im Marketing-Mix häufig vernachlässigt und die Wirkung von Preisstrategien stark unterschätzt. Einerseits könnte der grundlegende sachliche Charakter der Preispolitik die Leichtsinnigkeit und das Desinteresse an dieser Marketing-Variablen begründen. 3 Andererseits rühren Hemmschwellen auch aus der Komplexität und Vielschichtigkeit, die Preisbestimmungen mit sich bringen. Besonders in der internationalen Landschaft der Preispolitik beschreiben Manager weltweit die erfolgreiche Umsetzung der Preisstrategien als eine der schwierigsten. 4 Die Überlegung, ob Preise in den unterschiedlichen Ländermärkten harmonisiert oder differenziert werden sollen, bildet eine Kernfrage. Bei Differenzierung müssen internationale Unternehmen neben den Herausforderungen im Heimatmarkt länderspezifische Unterschiede berücksichtigen. Durch nationale Differenzen der jeweiligen Ländermärkte müssen für optimale Preisstrategien umfangreiche Fragestellungen abgedeckt werden.

Kotler und Bliemel stellen vier wesentliche Problemfelder bei der Preisfestlegung heraus:

Der Kostenbezug ist zu hoch.

Eine kontinuierliche Preisabstimmung auf Marktveränderungen, Konkurrenzsituationen und eigene Kostenstruktur wird vernachlässigt.

Die Preisbestimmung erfolgt unabhängig von Positionierungsstrategie und Wechselwirkung zu anderen Marketing-Mix Elementen.

Die Abgrenzung der Preise für Produktvarianten und Marktsegmente ist ungenau. 5

Trotz „Professionalisierung“ 6 der Preisfindungsprozedere und analytischer Marktforschungsmethoden (z.B. Conjoint Measurement, Preispsychologie, Preis-Responsemessung) ist der intuitive Entscheidungsprozess bei vielen Unternehmen noch präsent. Die strategischen Grundlagen der Preisplanung müssen daher stärker in den Mittelpunkt der Preisentscheidungen gerückt werden.

1.2 Vorgehensweise

Im ersten Teil der Arbeit werden preisstrategische Theorien der Lehrmeinung aufgezeigt und kritisch bewertet. Der Fokus liegt dabei auf der Auseinandersetzung aktueller Sekundärliteratur mit dem Ziel

2 Diller (2000): Preispolitik, S.18.

3 Vgl. Wyner (2002): Pricing, S.4ff.

4 Keegan et al. (2002) Globales Marketing-Management, S.442.

5 Kotler/ Bliemel (1999): Marketing-Management, S. 758.

6 Diller (2000): Preispolitik, S.18.

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Kapitel 5 - Nach dem Herausfiltern der Kritischen Erfolgsfaktoren für Nestlé sollen in Form von Zukunftsszenarien Preisstrategieoptionen für selektierte Functional Food-Produkte von Nestlé in Form einer Produkt-Markt-Matrix ausgestaltet werden. Es erfolgt in dem Zusammenhang eine Reflektion der gewonnenen Erkenntnisse.

Ziel der Arbeit soll es sein, basierend auf den Ergebnissen der Sekundäruntersuchungen und einer Marktabschätzung des Lebensmittelsektors (speziell Functional Food) im Ländermarkt Großbritannien (GB), die Gestaltungsmöglichkeiten und Restriktionen internationaler Preisstrategien im Rahmen preispolitischer Grundlagen für das Unternehmen Nestlé zu erarbeiten bzw. Erfolgspotenziale zur Optimierung des bestehenden Pricing zu identifizieren. Der Fokus liegt auf dem Wettbewerber-und Nachfrageverhalten.

1.3 Definitorische Grundlegung

Im Folgenden sollen die definitorischen Grundsätze geklärt werden, indem die wichtigsten Schlag-worte der Themenüberschrift erläutert werden.

Der Preis als „Tauschwert eines Gutes“ 8 und seine Politik ist Bestandteil des Marketing-Mix von Unternehmen. Er ist in Massenmärkten für den Kunden oft das „zwischen verschiedenen Anbietern am besten zu vergleichende Angebotsmerkmal.“ 9 Die Preis- und Konditionenpolitik 10 umfasst alle Aktivitäten der Gegenleistungsgestaltung, um optimale Bedingungen 11 und Verkaufsvorteile zu schaffen.

Als Strategie bezeichnen Johnson and Scholes „die langfristige Richtung einer Organisation, welche nach Vorteilen für die Organisation durch die Ressourcenaufbereitung innerhalb einer sich verändernden Umwelt und der Erfüllung von Stakeholder-Erwartungen strebt“ 12 Bezogen auf Preisstrategien bedeutet dies, dass abhängig von Marktbedingungen der Preis als Grundlage dient, um langfristige Entscheidungen zur Positionierung des Unternehmens/eines Segment/eines Produktes zu treffen. Das heißt, dass sich mit gezielten Maßnahmen in der Preispolitik ein Unternehmen oder eine Marke so ausrichten können, dass Vorteile gegenüber Wettbewerbern geschaffen werden können.

Internationale Preisstrategien basieren auf internationalen Produkten oder Dienstleistungen, die im Rahmen von unterschiedlichen Internationalisierungsstrategien vermarktet werden. Internationale Marketingstrategien folgen den Ansprüchen der Globalisierung 13 . Im Falle von dem zu betrachtenden Unternehmen Nestlé handelt es sich um globale Produkte, da jene in multinationalen und regio-

8 Dunker(2003): Marketing, S. 31.

9 Diller (2000): Preispolitik, S.15.

10 In der Literatur wird die Preispolitik oft auch als Gegenleistungspolitik [Vgl. Busch et al. Intergiertes Marketing] bezeichnet. Sie vereinigt die Entgeltpolitik und die Konditionenpolitik unter sich.

11 o.V. (2004): Marketing-Mix, S.450.

12 Johnson/Scholes (2002): Exploring Corporate Strategy, S.10.

13 Im Kern dieser Entwicklungen steht die Ausweitung internationaler Geschäftstätigkeit mit dem Ziel, Waren dort zu produzieren, wo die optimalen Bedingungen herrschen. ___________________________________________________________________________

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2 Grundlagen der Preispolitik

Im folgenden Kapitel wird die Rolle der Preispolitik innerhalb von Unternehmen und angesichts der veränderten Rahmenbedingungen dargelegt. Anschließend werden die theoretischen Möglichkeiten der Preisdeterminierung in Abhängigkeit von Nachfrage und Wettbewerb erläutert. Als Voraussetzung der strategischen Preisplanung werden Analyse-Modelle für die empirische Untersuchung der Branche, des Ländermarktes und des Unternehmens bewertet.

2.1 Bedeutung der Preispolitik

Die unterschiedlichen Unternehmensziele in verschiedenen Ländern (z.B. Wachstum und Umsatz, Technologiefortschritt, Rentabilität, Marktanteile) bilden die Grundlage für die Preispolitik. Jedes Unternehmen muss auf Basis von Zielmarkt- und Produktbestimmung Ziele der Preispolitik festlegen, da sie die Gesamtheit der Folgeaspekte der Preisbestimmung beeinflussen. Die aktuellen Bedingungen in einem bestimmten Gütermarkt (für den Zweck der Arbeit Konsumgütermarkt) wirken ebenfalls auf die Bedeutung der Preispolitik ein, besonders im Hinblick auf die Entwicklungen im Einzelhandel.

2.1.1 Bedeutung innerhalb des Unternehmen

Die Möglichkeit der kurzfristigen Zielerreichung durch preispolitische Entscheidungen, hat den Preis eher zum taktischen als strategischen Marketing-Mittel herausgebildet. Die Preispolitik hat daher in der jüngsten Zeit aufgrund der Ausmerzung durch Preisschlachten an Profilierungscharakter verloren. Jedoch bleibt sie angesichts der verschärfenden Trends weiterhin ein bedeutsames Marketing-Werkzeug von Unternehmen.

Die enorme Vertikalisierung des Wettbewerbs und damit das Bestreben von Unternehmen innerhalb der Wertschöpfungskette den Endnutzen (die Wertschöpfung) beim Abnehmer zu ihrem Vorteil zu verteilen, gibt dem Stellenwert der Preispolitik weiterhin Antrieb. Konzentration auf der Handelsebene, Konkurrenz durch Handelsmarken, „verbreitete Untereinstandspreispraktiken sowie rigoroses Supply-Chain-Management“ 21 stellen Manager vor große Herausforderungen bezüglich des Preises. Als Parallel- bzw. Gegentrend zu Preisschlachten forcieren die steigende Kundenorientierung ein subjektives Preismanagement (Value Pricing 22 ) und fördern die „Preisprofilierung statt Preisunter- oder -überbietung“ 23 . Schließlich haben auch die Globalisierung und die rasche Verbreitung von

21 Diller (2000): Preispolitik, S.17.

22 Value Pricing = Preisvorteilsverfahren [Vgl. Kotler/Bliemel (1999): Marketing-Management, S.782.]; siehe auch dazu Abschnitt 3.7 Erfolgsfaktoren (Added Value)

23 Diller (2000): Preispolitik, S.17.

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Die Aufrechterhaltung des Unternehmens basiert in Abhängigkeit von Nachfrage und Wettbewerb grundsätzlich auf der Kostendeckung durch den Preis. Dabei bildet die langfristige Preisuntergrenze den niedrigsten Preis, bei dem fixe und variable Kosten gedeckt werden. 27

Die genannten Ziele orientieren sich an vorwiegend kurzfristigen Erfolgsgrößen, wodurch die Rolle der Preispolitik eindimensional erscheint. Dementsprechend oft wird sie auch einseitig von einigen Unternehmen aufgefasst und umgesetzt.

Für die strategische Herangehensweise sind allerdings die verbleibenden zwei Ziele von größerer Bedeutung. Eine angestrebte Marktabschöpfung eröffnet einen weiten Spielraum für preisstrategische Variationsmöglichkeiten, in denen der Preis als „Wegweiser“ für unternehmens-strategische Ausrichtungen eingesetzt werden kann. Der Preis wird gezielt dazu verwendet, spezifische Märkte oder Marktsegmente anzusprechen, zu erschließen und ihr Potenzial zu nutzen. Die Strategie der Führerschaft durch Qualität verfolgt das Prinzip, den meist überdurchschnittlich hohen Preis in den Hintergrund zu stellen und die produkt-funktionalen Vorteile hervorzuheben. Der Preis ist somit auch zentrales angebotspolitisches Instrument zur Imagegestaltung eines Produktes 28 und wird bei der Profilierung eines Produktes wirkungsvoll miteingeflochten.

Die Priorität der jeweiligen Ziele bestimmt in hohem Maße die Wahl der Preisstrategie. Oftmals ist die Gewichtung der Ziele jedoch abhängig von den finanziellen Bedingungen des Unternehmens. Eine Firma mit begrenzter Liquidität wird eher an einer kurzfristigen Umsatzsteigerung als an einer Qualitätsführerschaft interessiert sein. Der Nutzen jeder Preisstrategie, die nicht kongruent zur Gesamtstrategie des Unternehmens ist, muss stark angezweifelt werden. 29 Die Festlegung der Ziele ist daher unerlässlich, um vor allem im internationalen Umfeld, die Anpassung der Preispolitik an die (internationale) Marketing-Strategie optimal zu gestalten.

2.1.2 Bedeutung bei veränderten Rahmenbedingungen

Nachdem die Wirkung des Preises zum Beitragen der Profilierung jahrelang oft unterschätzt wurde, hat bis vor ein paar Jahren die Bedeutung der Preispolitik, vor allem in der Konsumgüterbranche, ungebrochen zugenommen. Dies zeigt sich im Kampf um Marktanteile an zunehmenden Verkaufsförderungen, Rabattaktionen oder Preissenkungen durch Hersteller, unterstützt vom Handel.

Aufgrund der Globalisierung des Wettbewerbs und dem Markteintritt von Herstellern aus Billiglohnländern konnten sich selbst etablierte Hersteller nicht dem Preissog entziehen. Handelsmarken konnten weiter Marktanteile gewinnen, da sie mit ihrer fokussierten Bedienung des Niedrigpreissegments den Puls der Zeit trafen. Auch die Einführung des Euro hat viele Verbraucher verunsichert 30 und dazu geführt, dass billige Handelsketten die Sorgen der Käufer aufgriffen. Durch die weltweite Expansion von Discountern wurde die Profilierung über den Preis immer mehr nur in ei- 27 KurzfristigePreisuntergrenze = niedrigster Preis, bei dem variable Kosten gedeckt sind (Deckungsbeitrag). [Vgl. Simon (1995): Preismanagement Kompakt, S.16.]

28 Vgl. Becker (1992): Marketing-Konzeption, S.169.

29 Vgl. Myers (2004): Pricing strategy, S. 591.

30 Vgl. Wildner (2003): Marktforschung für den Preis, S.5.

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ne Richtung gelenkt. Kontinuierliche Preisunterbietungen führten dazu, dass der Preis als Marketing-Instrument auf Handelsebene einseitig eingesetzt und gar „missbraucht“ wurde. Das Differenzierungspotenzial über Preissenkungen verliert an neuen Dimensionsmöglichkeiten, da Schwellenpreise zur Kostendeckung erreicht werden, der Handel Gewinnmargen einbußen muss und die Rentabilität 31 hier bereits niedrig ist.

Das Spektrum der Differenzierung über Produktpolitik ist durch Angleichung der Produktqualitäten zwar auch eingeschränkter, 32 jedoch birgt diese für die Zukunft wieder neue Erfolgspotenziale. Demografische Trends und sich verändernde Konsumgewohnheiten eröffnen neue Chancen. Sortimentsführung, Service und die Veränderung und Neuentwicklung von Betriebstypen (Convenience-Stores) 33 könnten dem Preis damit als Abgrenzungsmittel den Rang ablaufen. Die aggressive Preisprofilierung und vor allem die Kommunikation nach außen hin wird bedeutungsloser. Für Hersteller kann der strategische Einsatz von Preisentscheidungen ‚im Hintergrund’, aber als wichtige Unterstützung zu produktpolitischen Aktivitäten eine dennoch wichtige Basis zur Auslastung von Märkten bieten.

2.2 Preisdeterminierung

Preispolitische Entscheidungen werden hinsichtlich der Preisdeterminierung neu eingeführter Produkte und der Preisverifizierung (kontinuierliche Preiskontrolle und -anpassung) bereits etablierter Produkte getroffen. Die Festlegung und Adaption eines Preises hängt im Wesentlichen von kosten 34 -und marktbezogenen Faktoren hab. Kostenfaktoren richten sich nach den (Gewinn-)Zielen des Unternehmens, obwohl eine kostenorientierte Preissetzung nicht sicherstellt, dass Anbieter stets Gewinne machen. Marktfaktoren wirken durch die Wettbewerbersituation, das Abnehmerverhalten und die allgemeine Branchenentwicklung auf die Preisbildung ein.

2.2.1 Nachfragerorientierte Preisdeterminierung

Der Markt wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Das Nachfrageverhalten verändert sich in Abhängigkeit von den Angebotspreisen und umgekehrt. Die theoretischen Modelle der Preis-Absatzfunktion und Preiselastizität bilden die Grundlage zur Bestimmung des optimalen Preises.

Preis-Absatz-Funktion

Die marktorientierte Preisbildung erfordert die Bestimmung der Preis-Absatz-Funktion. Dort wo sich die Interessen von Anbieter und Nachfrager auf dem Markt treffen, wird der Preis festgelegt. Dieser ist abhängig von der Anzahl dieser Marktteilnehmer. Ein großes Produktangebot verursacht einen niedrigeren Preis als eine begrenzte Anbieterzahl.

31 Umsatzrentabilität = Gewinn ./. Umsatz x 100. [Vgl. Wöhe (2000): Allgemeine Betriebswirtschaftlehre, S. 47.]

32 Vgl. Meffert (2000): Marketing, S.483.

33 Vgl. o.V. (2004): Wissen Lebensmitteleinzelhandel, S.55f.

34 Auf Basis der Selbstkosten und des geplanten Gewinns, können Preisuntergrenze (Mindestpreis) ermittelt werden.

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2.2.2 Konkurrenzorientierte Preisdeterminierung

Konkurrentenaktion und -reaktion

Die Wettbewerbersituation lässt sich durch die Marktstruktur (Anzahl und Größe der Anbieter und Nachfrager, d.h. Polypol, Oligopol, Monopol) darstellen. Wichtiges Kriterium zur Kennzeichnung dieser ist die Unterscheidung in vollkommene und unvollkommene 47 Märkte, wobei letztere als Normalfall gelten, 48 da nicht für alle Marktteilnehmer die gleichen Bedingungen gelten. Die Wettbewerberintensität, die sich aus der Marktstruktur ergibt, beeinflusst den preisstrategischen Spielraum. Bei polypolistischer Konkurrenz im vollkommenen Markt herrscht beispielsweise kaum die Möglichkeit zu einer Preisgestaltung.

Die vorherrschende Marktform in der Lebensmittelbranche ist ein Nachfragepolypol bzw. Angebots-Oligopol, da viele kleine Nachfrager wenigen mittelgroßen Anbieter gegenüber stehen. Unternehmen müssen hier beim preispolitischen Spielraum neben der Nachfragereaktion auch das Verhalten der Konkurrenten berücksichtigen. 49 Besonders bei immer stärkerer Annäherung der Märkte ist die Orientierung an Wettbewerbern und deren Preisen zunehmend die Basis für Positionierungen des Preises. In der Regel herrscht hier nämlich eine preispolitische Reaktionsverbundenheit. Stahr stellt aber heraus, dass internationale Unternehmen auf Ländermärkten mit oligopolistischer Struktur oft auf Preiswettbewerb verzichten und eine Strategie der Preisabsprache verfolgen. 50 Dies resultiert aus der Tatsache, dass bei Preiserhöhungen mitunter geringere Absatzmengen in Kauf genommen werden müssen und bei Preissenkungen Konkurrenten nachziehen und eine Preisspirale in Gang setzen.

Kreuzpreiselastizität

Eine zentrale Frage bei der Wettbewerberbetrachtung ist, wie preiselastisch sich die eigene Marke zur Wettbewerbsmarke verhält. Bei der konkurrenzorientierten Preisbestimmung hängt der Absatz eines Produktes von den Preisen der Wettbewerber ab. Die Bedeutung dieser Abhängigkeit äußert sich durch die veränderte Nachfrage bei Preiserhöhung oder -senkung der Konkurrenz.

Es können drei unterschiedliche Kombinationsmöglichkeiten unterschieden werden:

1) Wenn der Preis eines Produktes erhöht wird und die Konkurrenz gleichwertige Substitutionsprodukte in den Augen der Käufer besitzt, so wechselt dieser aufgrund der Preisanhebung zum Konkurrenzprodukt. (Preiselastizität >0)

47 Vollkommene Märkte sind charakterisiert durch vollständige Markttransparenz, Homogenität, hohe Reaktionsgeschwindigkeit und keiner Beschränkung des Marktzutritts. Beim unvollkommenen Markt fehlt eines dieser Merkmale. [Vgl. Wöhe (2000): Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S.517.]

48 Vgl. Stahr (1991): Internationales Marketing, S.131.

49 Im Gegensatz zur stärksten Form der Wettbewerbsintensität (vollkommene Konkurrenz) gibt es hier Preisdifferenzen. [ Wöhe (2000): Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 517.]

50 Vgl. Stahr (1991): Internationales Marketing, S. 133.

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2) Wenn die Produkte der unterschiedlichen Anbieter als komplementär betrachtet werden und der Preis eines Produktes erhöht wird, so nimmt auch die Nachfrage des anderen Produktes ab. (Preiselastizität < 0)

3) Wenn die Produkte in einem neutralen Verhältnis zueinander stehen, bewirkt die Preisänderung des einen Produktes keine Nachfrageveränderung des anderen Produktes. (Preiselastizität = 0)

Das Kriterium der Produktsubstituierbarkeit nach dem Konzept der Substitutionslücke bestimmt, wie homogen die Nachfrage unter den Konkurrenzprodukten ist. Die Kreuzpreiselastizität dient somit auch als Mittel zur Markt- bzw. Branchenabgrenzung. Fragwürdig ist jedoch, wie genau die Substituierbarkeit der Produkte bestimmt wird. Die Verwendung von Kreuzpreiselastizitäten lässt die Frage offen, ab welchem Wert der Elastizität eine Substitutionslücke und somit eine Branchengrenze ermittelt wird. 51 Trotz allem liefert die Kreuzpreiselastizität insbesondere beim Verdrängungswettbewerb, bei welchem die Preispolitik wichtiges Wettbewerbsinstrument ist, entscheidende Indikatoren für das Nachfrageverhalten (mit Rücksicht auf Wettbewerber) und somit der Preisorientierung.

2.3 Strategische Planung und Preispolitik

Die Voraussetzung für preisstrategische Planungen ist die Kenntnis der Marktbedingungen. Um diese zu identifizieren und zu bewerten, bedarf es Analysemechanismen. Für die Anforderung dieser Arbeit - Preisstrategien für das Nestlé-Unternehmen zu entwerfen bzw. zu beurteilen - wurden Modelle gewählt, die interne und externe Unternehmenskriterien mit Rücksicht auf bedeutende preispolitische Determinanten wie Nachfrage und Wettbewerb betrachten. Zum ersten müssen die Einflussfaktoren eines bestimmten Ländermarktes und einer bestimmten Branche betrachtet und zum zweiten firmeneigene Potenziale eingeschätzt werden. Nach Ermessen der Autorin bieten in diesem Zusammenhang die P.E.S.T. Analyse, die vergleichende Analyse der Wettbewerbskräfte und die S.W.O.T. Analyse die konstruktivste Möglichkeit zur Ableitung von Bewertungskriterien bei Preisstrategiemöglichkeiten.

2.3.1 P.E.S.T. - Analyse

Unternehmen und dessen Lieferanten, Absatzhelfer, Kunden, Konkurrenten und relevanten Interessengruppen bewegen sich in einem Umfeld, dem so genannten Makroumfeld. 52 Dessen Gestaltungskräfte können Entwicklungstrends prägen, die für Unternehmen Chancen oder Risiken auch für die Preispolitik der Produkte darstellen.

51 Die Orientierung an der physikalischen und funktionalen Produktäquivalenz oder der Produktprozesse statt am Konsumenten sind `verlässlichere´ Kriterien der Branchenabgrenzung. [Vgl. Roxin (1992): Internationale Wettbewerbsanalyse, S.36.]

52 Vgl. Kotler/Bliemel (2001): Marketing-Management, S. 286.

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P.E.S.T. steht für die angelsächsischen Begriffe Political, Economical, Social und Technological. Die P.E.S.T.-Analyse ist ein System, bei dem sowohl relevante politische, allgemein- und finanzwirtschaftliche, demographische, soziokulturelle als auch technologische Faktoren und Entwicklungen der Unternehmensumwelt ermittelt werden. Diese externen Rahmenbedingungen bilden wichtige Indikatoren zur Identifizierung des Potenzials, Wachstums und Risikos von Ländermärkten und müssen daher von Unternehmen für preisstrategische Entscheidungen frühzeitig und kontinuierlich berücksichtigt werden.

Grenzen der Analyse - Aufgrund der Fülle von Faktoren einer Organisationsumwelt ist es wichtig, die bedeutendsten für die zu betrachtende Branche und für Preisentscheidungen auszuwählen. Die Analyse soll vor allem Zukunftsbetrachtungen beinhalten, diese können aber aufgrund ihrer mangelnden Validität und Voraussehbarkeit inkorrekte Folgerungen für die Gegenwart bewirken. Der beschreibende Charakter der Analyse kann dazu verleiten, Einflussfaktoren aufzuzählen. Mögliche Implikationen für den zu betrachtenden Markt könnten unzureichend abgeleitet und bewertet werden.

2.3.2 Porter´s Analyse der Wettbewerbskräfte

Um die Attraktivität einer Branche zu analysieren und Chancen und Risiken für etablierte und neue Marktteilnehmer zu identifizieren, hat Porter ein Modell entwickelt, das die „Fünf Kräfte des Wettbewerbs“ beinhaltet (Vgl. Darstellung 8). Diese Kräfte, Bedrohung durch neue Konkurrenten, Ver-handlungsmacht der Abnehmer, Verhandlungsstärke der Lieferanten, Bedrohung durch Ersatzprodukte und die Rivalität unter den bestehenden Unternehmen, sind ausschlaggebend für die Wettbewerbsintensität, Rentabilität und schließlich die Strategieableitung einer Branche. 53 Das Modell soll nicht vorrangig eine Momentaufnahme darstellen, sondern vor allem Zukunftsperspektiven des In-dustriesektors berücksichtigen. Die Ergebnisse der Analyse zeigen die Gewichtung der Kräfte auf und geben Aufschluss darüber, welche Kräfte am ehesten Druck auf den Preis ausüben und inwiefern dies bei den Preisstrategien einzukalkulieren ist.

Grenzen der Analyse - Die effiziente Anwendung des Modells kann nicht das Unternehmen als Ganzes betrachten, da die Zielgruppen und damit die Wettbewerbskräfte verschieden sind. Porter aber betrachtet die Branchenabgrenzung als vermeidbar. Um die Quellen des Wettbewerbs jedoch genau zu analysieren, müsste auch die umfassende Kenntnis der Konkurrenten vorausgesetzt werden. 54 Daher sollten strategische Geschäftseinheiten unterschieden werden, um konkrete Aussagen machen zu können. 55 Außerdem konkurrieren einige Unternehmen in unterschiedlichen Industrie-sektoren miteinander z.B. J Sainsbury im Lebensmittel- und Heimwerkerbereich oder Marks & Spencer im Bereich Lebensmittel, Kleidung und Möbel 56 . Hier ist es schwierig, die Aktivitäten der unterschiedlichen Geschäftseinheiten voneinander getrennt zu analysieren bzw. bei übergreifender

53 Vgl. Porter (1999): Wettbewerbsstrategie, S.34-36.

54 Vgl. Roxin (1992): Internationale Wettbewerbsanalyse, S.38.

55 Vgl. Johnson Scholes (2002): Exploring Corporate Strategy, S.112.

56 Vgl. Woolven (1996): Food Industry, S.75.

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Betrachtung, differenzierte Schlussfolgerungen zu ziehen. Das Produkt- und Serviceangebot im Konsumgütermarkt wird immer variierter und raffinierter und geht weit über den traditionellen Produkt-Mix hinaus. Auch daher wird eine spezifische Branchenabgrenzung schwieriger. Unternehmen können ebenfalls in der gleichen Industrie parallel Hersteller- und Handelsaktivitäten ausüben (z.B Unilever, Asda, Boots) 57 und global operierende Unternehmen sind in einer Vielzahl von Ländermärkten vertreten. All dies muss bei der Verwendung des Porter Modells berücksichtigt werden.

2.3.3 S.W.O.T. Analyse

Der Begriff SWOT entsteht als Akronym für die englische Übersetzung von Stärken (Strengths), Schwächen (Weaknesses), Chancen (Opportunities) und Risiken (Threats). Das Ziel der S.W.O.T. Analyse ist es, die Bedeutung und das Geschäftsgebaren der Stärken und Schwächen unter den Gesichtspunkten der Organisationsumwelt zu beurteilen 58 . Um Strategien abzuleiten, ist es wichtig, Möglichkeiten und Grenzen hinsichtlich zukünftiger (Länder-) Marktentwicklungen herauszustellen.

Bei der Stärken- und Schwächenanalyse werden die Unternehmensressourcen im Vergleich zu Wettbewerbern und der generellen Marktenwicklung bewertet. Es wird eine Ist-Position des Unternehmens erstellt und eingeschätzt, wie diese auf die Veränderungen der zukünftigen Marktsituation (Chancen und Risiken) eingestellt ist, um im Anschluss die kritischen Erfolgsfaktoren eines Unternehmens zu erkennen. Die Analyse ermöglicht es, abzuwägen inwieweit gegenwärtige Ressourcen und Strategien zukunftsfähig sind.

Grenzen der Analyse - Probleme ergeben sich bei der Stärken-/Schwächen-Analyse hinsichtlich der Auswahl der Kriterien bzw. Ressourcenpotenziale, welche je nach Branche oder Strategie unterschiedlich relevant sind. Weiterhin weist die Gewichtung der Kriterien Grenzen auf, da die unterschiedlichen Kriterien verschiedene Bedeutungen haben, aber im Endeffekt keine Abstufungen vorgenommen werden. Als weitere Schwierigkeit könnte sich das Ranking der Fähigkeiten herausstellen, da die Gültigkeit bzw. Zuverlässigkeit der Daten nicht immer gegeben ist. 59 Vor allem die Objektivität der Informationen von Jahresberichten oder Firmenveröffentlichungen ist zweifelhaft und kann zu Fehleinschätzungen führen. Die Ermittlung der Chancen und Risiken ist mit ähnlichen Heraus-forderungen verbunden. Eine Selektion der wichtigsten Marktgegebenheiten kann die Vollständigkeit der Analyse und die Treffsicherheit der Ableitungen beeinträchtigen. Außerdem erfolgt keine Gewichtung des Faktoreneinflusses aus der Organisationsumwelt, so dass Über- oder Unterbewertungen folgen können.

57 Vgl. Woolven (1996): Food Industry, S.75.

58 Vgl. Johnson/Scholes (2002): Exploring Corporate Strategy, S.183.

59 Vgl. Pepels (1993): Handbuch Moderne Marketing-Praxis, S. 102.

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Details

Title
Möglichkeiten und Grenzen effektiver internationaler Preisstrategien auf Grundlage von Marktanalysen - dargestellt am Beispiel der Fa. Nestlé im Ländermarkt Großbritannien
College
University of Applied Sciences Bremen
Grade
1.3
Author
Year
2005
Pages
126
Catalog Number
V186182
ISBN (eBook)
9783869438672
ISBN (Book)
9783867469159
File size
1457 KB
Language
German
Keywords
möglichkeiten, grenzen, preisstrategien, grundlage, marktanalysen, beispiel, nestlé, ländermarkt, großbritannien
Quote paper
Christin Werner (Author), 2005, Möglichkeiten und Grenzen effektiver internationaler Preisstrategien auf Grundlage von Marktanalysen - dargestellt am Beispiel der Fa. Nestlé im Ländermarkt Großbritannien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186182

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