Zur Problematik vertikaler Franchisevereinbarungen im deutschen und europäischen Kartellrecht unter Berücksichtigung der Gruppenfreistellungsverordnung 2790/1999


Diploma Thesis, 2007

73 Pages, Grade: 1.7


Excerpt


__________________
Zur Problematik
vertikaler Franchisevereinbarungen
im deutschen und europäischen Kartellrecht
unter Berücksichtigung der
Gruppenfreistellungsverordnung 2790/1999
__________________
DIPLOMARBEIT
zur Erlangung des akademischen Grades
Diplom-Betriebswirt (FH)
an der Fachhochschule Jena
Fachbereich Betriebswirtschaft
Schwerpunkt Wirtschaftsrecht
vorgelegt bei
Prof. Dr. jur. Hans-Jürgen Görg
von
Markus Vogel
Matrikel 726849
16. Februar 2007


Eidesstattliche Erklärung
Ich versichere hiermit, dass ich die vorliegende Diplomarbeit mit dem Titel: ,,Zur
Problematik vertikaler Franchisevereinbarungen im deutschen und europäischen Kar-
tellrecht unter Berücksichtigung der Gruppenfreistellungsverordnung 2790/1999" selb-
ständig und ohne unerlaubte Hilfe Dritter verfasst und keine anderen als die angegebe-
nen Quellen und Hilfsmittel verwendet habe. Alle Stellen, die inhaltlich oder wörtlich
aus Veröffentlichungen stammen, sind kenntlich gemacht. Diese Arbeit lag in gleicher
oder ähnlicher Weise noch keiner Prüfungsbehörde vor und wurde bisher noch nicht
veröffentlicht.
Mörsdorf, 16. Februar 2007
______________________
Markus Vogel
ii

Abstract
Vertikale Franchisevereinbarungen sind grundsätzlich verboten und werden kartell-
rechtlich sanktioniert. Jedoch basieren Franchisesysteme zumeist auf vertikalen Verein-
barungen, die unvermeidbar für die Funktion eines solchen Systems sind, sog. Funkti-
onsbedingungen. Der Franchisenehmer hat dabei Rechte und Pflichten gegenüber dem
Franchisegeber. Diese zeichnen sich meist in Abnahmeverpflichtungen und Gebietsbe-
schränkungen ab. Diese Vereinbarungen behindern den Wettbewerb innerhalb des Wirt-
schaftsraums. Franchiseverträge sind Typenkombinationsverträge. Das Franchisesystem
ist vom Vertragshändler, dem Handelsvertreter, dem Lizenzsystem und der Know-how
­ Vereinbarung abzugrenzen. Besonderheiten sind vor allen Dingen bei Vertragsab-
schlüssen, des Vertragsinhaltes und der rechtlichen Einordnung festzustellen. Beim
Franchising haben die überwiegenden Vorteile zur weiten Verbreitung dieser Vertriebs-
form geführt.
Mit der 7. Novelle des GWB wurde das Wettbewerbsrecht noch weiter an das EGV
angeglichen und es kann nunmehr ein Gleichlauf beider Gesetze erkannt werden. Einige
Ausnahmen und Andersregelungen haben kaum Einfluss auf die Behandlung von Fran-
chisen, finden aber trotz dessen Erwähnung. Die zentrale Vorschrift des GWB ist der
Verbotstatbestand des § 1 GWB, der dem des Artikels 81 Absatz 1 EGV entspricht.
Eine Prüfung der Tatbestandsmerkmale ist für eine Beurteilung, ob eine Wettbewerbs-
beschränkung vorliegt, unumgänglich und wird ausführlich behandelt. Wenn sich eine
vermeintliche Beschränkung des Wettbewerbs ergibt, so ist zunächst eine Prüfung der
Freistellung nach § 2 GWB oder Artikel 81 Absatz 3 EGV notwendig. Ein wichtiges
Element des GWB ist die sog. Zwischenstaatlichkeitsklausel, die sich aus § 22 GWB
ergibt und die Zuständigkeiten klarstellt. Die Bearbeitung des Wettbewerbsrechts und
seiner Voraussetzungen für die kartellrechtliche Würdigung sowie der Ausnahmen soll
als elementarer Teil der Arbeit dienen.
Das Hauptaugenmerk aber liegt auf den Besonderheiten der Gruppenfreistellungs-
verordnung (EG) Nr. 2790/1999, die sich unmittelbar auf das Kartellrecht auswirkt.
Grundlegenden Einfluss auf die GVO hatte das Urteil des EuGH im Fall ,,Pronuptia",
das wegweisend für die Regelung des Franchisings bis heute ist. Alle Vereinbarungen
iii

zum Schutz des Know-hows des Franchisesystems oder die Wahrung der Identität stel-
len keine Beschränkungen i.S.d. EGV dar. Um festzustellen, welche Regelungen freige-
stellt sind, wird der Anwendungsbereich der GVO näher untersucht sowie die Ermitt-
lung und Abgrenzung von Marktanteilsschwellen beleuchtet. Wettbewerbsbeschrän-
kungen sind in Kernbeschränkungen und Wettbewerbsverbote zu trennen und zu analy-
sieren. Im Ergebnis kann zu folgendem Schluss gekommen werden: Obwohl Wettbe-
werbsverbote grundsätzlich als Beschränkungen durch die Kartellgesetze des GWB und
des EGV angesehen werden, existieren für vertikale Vereinbarungen eine Vielzahl von
Ausnahmen. Diese richten sich, gerade für Franchisevereinbarungen, an den Schutz des
Know-hows und damit an das System des Franchisings und dessen Gewährleistung.
Einige Ausnahmetatbestände werden erst durch eingehende Untersuchungen sichtbar,
andere sind leicht zugänglich und anwendbar. Franchisesysteme sind schützenswert,
fördern jedoch auch Probleme zutage, die hinsichtlich faktischer Preisbindungen,
Höchstpreisbindungen sowie Gebietsbeschränkungen kritisch zu betrachten sind.
iv

Eidesstattliche Erklärung... ii
Abstract... iii
Abkürzungsverzeichnis ... vii
1. Einleitung ... 1
2. Theoretischer Hintergrund des Themas... 2
2.1 Begriffserklärungen... 2
2.1.1 Vertikale Vereinbarungen... 2
2.1.2 Vertikale Beschränkungen... 3
2.1.3 Franchising ... 4
2.2 Die Unternehmensform des Franchisings ... 5
2.2.1 Erläuterungen zum Franchisevertrag... 6
2.2.1.1 Der Vertragsabschluss ... 6
2.2.1.2 Die rechtliche Einordnung... 7
2.2.1.3 Die Abgrenzung von anderen Vertriebsformen ... 8
2.2.1.4 Der Vertragsinhalt ... 10
2.2.2 Vorteile und Nachteile des Franchisings... 11
2.2.2.1 Vorteile und Nachteile für den Franchisegeber... 11
2.2.2.2 Vorteile und Nachteile für den Franchisenehmer... 12
2.2.3 Zusammenfassung ... 13
3. Das deutsche und europäische Kartellrecht... 14
3.1 Die Bedeutung des GWB und des EGV... 15
3.2 Die Verbotsvorschrift des § 1 GWB und Artikels 81/ 1 EGV ... 16
3.2.1 Normadressaten ... 16
3.2.2 Vereinbarungen und Beschlüsse... 18
3.2.3 Aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen ... 19
3.2.4 Wettbewerbsbeschränkung... 21
3.2.5 Bezwecken oder Bewirken ... 22
3.2.6 Resümee ... 22
3.3 Die Freistellungen nach § 2 GWB und Artikel 81/3 EGV... 23
3.4 Die Missbrauchsvorschriften nach §§ 19 - 21 GWB sowie Art. 82 EGV... 26
3.5 Die Zwischenstaatlichkeitsklausel des § 22 GWB... 27
4. Die Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 (Gruppenfreistellungsverordnung) vom 22.
Dezember 1999... 29
4.1 Grundlagen und Entwicklung des EG ­ Franchiserechts ... 29
4.1.1 Die Pronuptia ­ Entscheidung ... 30
4.1.1.1 Die wettbewerbliche Beurteilung ... 30
4.1.1.2 Wettbewerbsbeschränkungen in Franchiseverträgen ... 30
4.1.2 Die Franchise ­ GVO ... 31
4.1.3 Die Vertikal ­ GVO... 32
4.1.4 Die Leitlinien für vertikale Beschränkungen ... 33
4.1.5 Die Verordnung (EG) 1/2003... 34
4.2 Anwendungsbereich der Vertikal ­ GVO ... 35
4.2.1 Der Anwendungsbereich nach Artikel 2 Vertikal ­ GVO... 35
4.2.1.1 Unternehmensvereinigungen... 35
4.2.1.2 Geistige Eigentumsrechte ... 36
4.2.1.3 Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern... 37
4.2.2 Der Marktanteil nach Artikel 3 Vertikal ­ GVO... 40
v

4.2.2.1 Die Bedeutung der Marktanteilsschwelle... 40
4.2.2.2 Die Abgrenzung des Marktes ... 41
4.2.2.2.1 Die sachliche Abgrenzung... 41
4.2.2.2.2 Die räumliche Abgrenzung... 42
4.2.2.3 Die Ermittlung des Marktanteils ... 43
4.2.2.3.1 Die sachliche Ermittlung des Marktanteils... 43
4.2.2.3.2 Die räumliche Ermittlung des Marktanteils ... 45
5. Wettbewerbsbeschränkungen ... 46
5.1 Kernbeschränkungen nach Artikel 4 GVO... 46
5.1.1 Preisregelungen ... 47
5.1.1.1 Preisbindungen ... 47
5.1.1.2 Preisempfehlungen ... 49
5.1.2 Beschränkungen des Gebiets- und Kundenkreises... 50
5.1.2.1 Zweck und Wirkung ... 50
5.1.2.2 Ausnahmen ... 51
5.1.2.3 Der Selbstvorbehalt des Franchisegebers... 52
5.2 Wettbewerbsverbote nach Artikel 5 GVO... 53
5.2.1 Grundlagen der Wettbewerbsverbote in Franchisesystemen... 53
5.2.1.1 Rechtsprechung des EuGH... 53
5.2.1.1.1 Die Funktionsbedingungen des Franchisings... 53
5.2.1.1.2 Der Schutz des Geschäftskonzeptes des Franchisesystems... 54
5.2.2 Wettbewerbsverbote während der Vertragsdauer... 54
5.2.3 Nachvertragliche Wettbewerbsverbote... 56
6. Ergebnisse und Schlussfolgerungen ... 58
Anhang (CD) ... 60
Quellen- und Literaturverzeichnis... 62
vi

Abkürzungsverzeichnis
a.F.
-
alte Fassung
AGB
-
Allgemeine Geschäftsbedingungen
BGB - Bürgerliches
Gesetzbuch
BGH - Bundesgerichtshof
bspw. - beispielsweise
bzgl. - bezüglich
bzw. - beziehungsweise
d.h.
-
das heißt
EG
-
Europäische Gemeinschaft
EGV
-
Vertrag zur Gründung der europäischen Gemeinschaft
etc.
-
et cetera
EuGH - Europäischer
Gerichtshof
EWR - Europäischer
Wirtschaftraum
f
-
folgende
ff
-
fortfolgende
gem. - gemäß
GWB - Gesetz
gegen
Wettbewerbsbeschränkungen
GVO
-
Gruppenfreistellungsverordnung (EG) Nr. 2790/1999
h.M. - herrschende
Meinung
i.S.d.
-
im Sinne des
i.S.v.
-
im Sinne von
i.V.m. - in
Verbindung
mit
NJW
-
Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)
Nr.
-
Nummer
Rn.
-
Randnummer
Rz.
-
Randziffer
S.
-
Satz
sog.
-
so genannt (-e, -er, -en)
Sp.Str. - Spiegelstrich
vgl.
-
vergleiche
VO
-
Verordnung
WuW
-
Wirtschaft und Wettbewerb (Zeitschrift)
z.B. - zum
Beispiel
vii

1. Einleitung
Um im Wettbewerb der Marktwirtschaft bestehen zu können, bedarf es Investitionen
und Wissen, welches stets angewendet und weiterentwickelt werden muss, um die ge-
leisteten Investitionen zu sichern und alsbald zu amortisieren. Dafür bedienen sich
Marktteilnehmer an den verschiedensten Unternehmensformen und Gebilden.
Seit vielen Jahren setzt sich eine Vertriebsform in einer Vielzahl von Bereichen der
Wirtschaft zunehmend durch, und zwar das Franchising. Dabei werden ein Geschäfts-
konzept und finanzielle Leistungen gegen Gebühr an einen Franchisenehmer überlassen.
Bei dieser Form der Unternehmung stellen sich grundlegende Vorteile gegenüber her-
kömmlichen Unternehmensformen dar, die das Chance ­ Risiko - Verhältnis entschei-
dend verbessern können. Es erfolgt beim Franchising eine Verwertung eines fremden
Wissensschatzes ohne den Einsatz von eigenem Kapital. Diese Umschreibung ist sehr
oberflächlich, drückt aber die prägnanten Merkmale eines Franchisesystems aus. Know-
how und finanzielle Unterstützung sind die Kernelemente, die einem Franchisenehmer
zugute kommen. Vor allen dingen Existenzgründer bietet sich der Einstieg in die Selb-
ständigkeit über Franchising an, da ein erprobtes Konzept zum Einsatz kommt und die
Gefahr des Scheiterns begrenzt wird.
Bei einer rechtlichen Betrachtung ergibt sich eine nicht klar definierte Unterneh-
mensform des Franchisings, welche von anderen Formen von Unternehmungen klar
abgegrenzt werden muss. Der Schutz einer Franchise und Regelungen für deren Fran-
chisenehmer und -geber sind dabei genauso zu beachten wie deren wettbewerbliche
Stellung insgesamt. Franchisesysteme können als Kartelle verstanden werden und zwar
auf vertikaler Ebene. Das Europäische Kartellrecht kennt dabei jedoch mit Artikel 81
Absatz 3 EGV Ausnahmen, die weiterhin durch die Regelungen der Gruppenfreistel-
lungsverordnung (EG) Nr. 2790/1999 ergänzt werden. Demnach können vertikale Ver-
einbarungen, obwohl sie Beschränkungen des Wettbewerbs beinhalten, dann freigestellt
werden, wenn anzunehmen ist, dass sie im Allgemeinen zur Verbesserung der Produkti-
on und des Vertriebs führen. Dass diese Regelungen nicht immer eindeutig und unmiss-
verständlich formuliert sind, soll anhand der folgenden Ausarbeitungen dargelegt wer-
den. Da das nationale und europäische Wettbewerbsrecht nunmehr sehr eng miteinander
1

verbunden ist, soll eine gemeinsame Bearbeitung erfolgen, um dann auf einzelne Wett-
bewerbsbeschränkungen eingehen zu können.
2. Theoretischer Hintergrund des Themas
Um die Voraussetzungen für ein besseres Verständnis der Arbeit zu schaffen, sollen
im Folgenden Begriffe und theoretische Grundsachverhalte näher definiert und erläutert
werden. Weiterhin soll die Unternehmensform des Franchisings genauer eingeordnet
und in Anlehnung an das Thema umfassend erläutert werden.
2.1 Begriffserklärungen
2.1.1 Vertikale Vereinbarungen
Vereinbarungen zwischen Unternehmen verschiedener Wirtschaftsstufen nennt man
im Allgemeinen vertikale Vereinbarungen. Insbesondere bei Franchiseverträgen ist die
Form des vertikalen Vertriebsvertragssystems als charakteristisch anzusehen, bei dem
der Franchisenehmer oftmals in der Verpflichtung steht, Produkte oder Dienstleistungen
vom Franchisegeber, eine oder mehrere Vertriebsstufen höher stehend, abzunehmen.
1
Nach dem Wortlaut der Kommission der Europäischen Gemeinschaft sind vertikale
Vereinbarungen:
,,Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen zwischen
zwei oder mehr Unternehmen, von denen jedes zwecks Durchführung der Ver-
einbarung auf einer unterschiedlichen Produktions- oder Vertriebsstufe tätig
ist, und welche die Bedingungen betreffen, zu denen Parteien bestimmte Wa-
ren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen können."
2
Aus dieser Begriffsbestimmung können drei zentrale Merkmale herausgefiltert wer-
den, die für ein besseres Verständnis und zur Prüfung sowie der Subsumption der Tat-
bestände von Bedeutung sind:
1
Vgl. Martinek M./ Habermeier S., Kartellrechtliche Wirksamkeitsschranken von Franchiseverträgen,
in Martinek M./ Semler, F.-J./ Habermeier S. (Hrsg.), Handbuch des Vertriebsrechts, 2003 S. 538
2
Kommission, Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 vom 22. Dezember 1999, Artikel 2 Absatz 1 L 336/23
2

­ Vereinbarungen zwischen zwei oder mehr Unternehmen ­ d.h. Vereinbarungen
sind nur laut Gesetz von den einschlägigen Normen betroffen, wenn es sich um solche
zwischen Unternehmen handelt. Absprachen mit Endverbrauchern fallen nicht unter
diese Regelungen.
­ unterschiedliche Stufen der Produktions- oder Vertriebskette ­ d.h. als verschiede-
ne Produktionsstufen können hier zum einen die Rohstoffbeschaffung und -verarbeitung
und zum anderen die Weiterverarbeitung zu Endprodukten angesehen werden. Weiter-
hin als unterschiedlich gelten die Vereinbarungen zwischen Großhändlern und Einzel-
händlern, wobei zu beachten ist, dass ein Unternehmen auf verschiedenen Stufen der
Produktion oder des Vertriebs tätig sein kann.
­ bestimmte Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen
können ­ d.h. mit diesem Merkmal werden, durch die GVO, die Vorraussetzungen er-
fasst, unter denen die Vertragsparteien Waren und Dienstleistungen beziehen, verkaufen
oder weiterverkaufen können. Ebenso werden Waren und Dienstleistungen einbezogen,
die Zwischen- und Endprodukte anbelangen. Die Erfassung der Bezugs- und Vertriebs-
vereinbarungen sind hierbei als elementar anzusehen.
3
Vereinbarungen oder Austauschverträge über Waren oder Dienstleistungen zwi-
schen Unternehmen verschiedener Wirtschaftsstufen fallen in den Anwendungsbereich
des deutschen und damit auch des europäischen Kartellrechts, da es sich um Abspra-
chen handelt, die geeignet sind, den Wettbewerb innerhalb des Europäischen Wirt-
schaftsraums zu behindern. Solche Vereinbarungen können sich z.B. in Form von Preis-
und Mengen- oder Zeitabsprachen zeigen und sind damit innerhalb Deutschlands und
der Europäischen Union von kartellrechtlicher Bedeutung.
2.1.2 Vertikale Beschränkungen
Vertikale Vereinbarungen, die geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten
zu beeinträchtigen und den Wettbewerb verhindern, einschränken oder verfälschen, sind
grundsätzlich verboten und werden unter dem Begriff der vertikalen Beschränkungen
zusammengefasst.
4
Diese Beschränkungen beziehen sich auf den gemeinsamen Markt
der Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWG) und sollen durch die
3
Vgl. Kommission, Leitlinien für vertikale Beschränkungen, Rn. 24 C 291/7
4
Vgl. Kommission, Leitlinien für vertikale Beschränkungen, Rn. 5 C 291/3.
3

Normen des Europäischen Gemeinschaftsvertrages (EGV) verhindert werden, um so
einen optimalen Wettbewerb zwischen den Teilnehmern zu gewährleisten. Darüber hin-
aus können vertikale Beschränkungen unter besonderen Voraussetzungen von den Ver-
boten freigestellt werden. Die Begriffe der vertikalen Vereinbarungen und der vertika-
len Beschränkungen sind eng aneinander gebunden und können nicht ohne Weiteres
getrennt voneinander behandelt werden. Eine Vereinbarung zwischen Unternehmen
kann auch immer zugleich eine Beschränkung des Wettbewerbes sein. Eine Prüfung ist
anhand der Kartellgesetze, der Verordnungen und deren Leitlinien notwendig. Gerade
Franchisesysteme eignen sich durch ihre häufige Abhängigkeitsstruktur des Franchise-
nehmers vom Franchisegeber oftmals für derartige Beschränkungen des Marktes, da ein
Franchisegeber versuchen kann, seine Vertriebs- und Distributionskanäle gegenüber
dem internen und externen Wettbewerb zu schützen, in dem er soviel Einfluss als mög-
lich auf seinen Franchisenehmer nimmt. Dies zeigte sich in der Vergangenheit durch
Beschränkungen wie z.B. Preisbindungen, Preisempfehlungen, Abnahmemengenrege-
lungen, bestimmte Vertriebsgebietsfestlegungen sowie Gebietsbindungen bei bekannten
Franchisesystemen.
5
2.1.3 Franchising
Der Begriff des Franchisings wurde bereits mehrfach seit seiner Entstehung abgeän-
dert und überarbeitet. So wurde der Begriff in Frankreich als Befreiung und Abschaf-
fung von Steuern verstanden. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde in Großbritannien und
den Vereinigten Staaten von Amerika die Franchise als Einräumung eines Privilegs de-
finiert, später dann als Vertriebsmethode bezeichnet.
6
Eine aktuelle, allgemein aner-
kannte Bestimmung des Begriffs wurde im Europäischen Verhaltenskodex für Franchi-
sing entwickelt:
,,Franchising ist ein Vertriebssystem, durch das Waren und/ oder Dienstleis-
tungen und/ oder Technologien vermarktet werden. Es gründet sich auf eine
enge und fortlaufende Zusammenarbeit rechtlich und finanziell selbständiger
und unabhängiger Unternehmen, den Franchise - Geber und seine Franchise -
Nehmer. Der Franchise - Geber gewährt seinen Franchise - Nehmern das
Recht und legt ihnen gleichzeitig die Verpflichtung auf, ein Geschäft entspre-
chend seinem Konzept zu betreiben. Dieses Recht berechtigt und verpflichtet
5
Vgl. BGH, Urteil vom 02. Februar 1999, Preisbindung durch Franchisegeber, WuW 1999, S. 494
6
Vgl. Skaupy W., Franchising, 1995, S. 1ff
4

den Franchise - Nehmer, gegen ein direktes oder indirektes Entgelt im Rah-
men und für die Dauer eines schriftlichen, zu diesem Zweck zwischen den Par-
teien abgeschlossenen Franchise - Vertrags bei laufender technischer und be-
triebswirtschaftlicher Unterstützung durch den Franchise - Geber, den Sys-
temnamen und/ oder das Warenzeichen und/ oder die Dienstleistungsmarke
und/ oder andere gewerbliche Schutz- oder Urheberrechte sowie das Know-
how, die wirtschaftlichen und technischen Methoden und das Geschäftssystem
des Franchise - Gebers zu nutzen."
7
Der Begriff Know-how wird anschließend wie folgt definiert:
,,Know-how bedeutet ein Paket von nichtpatentierten praktischen Kenntnissen,
die auf Erfahrungen des Franchise - Gebers und Erprobungen durch diesen
beruhen und die geheim, wesentlich und identifiziert sind."
8
Im europäischen Kartellrecht und seinen Verordnungen wird auf das Know-how de-
tailliert verwiesen, da der Begriff ,,Franchising" in der Vertikal ­ GVO nicht explizit
definiert wurde. Die Kerneigenschaften des Know-hows werden wie folgt beschrieben:
,,Geheim" bedeutet, dass das Wissen in seiner Zusammensetzung nicht allgemein be-
kannt und zugänglich ist, ,,wesentlich" bedeutet, dass das Wissen einen Umfang an
Kenntnissen umfasst, der für den Käufer zur Durchführung der Franchise unerlässlich
ist und ,,identifiziert" charakterisiert das Know-how als umfassend beschrieben, damit
überprüft werden kann, ob die Merkmale ,,geheim" und ,,wesentlich" erfüllt sind.
9
2.2 Die Unternehmensform des Franchisings
Im folgenden Abschnitt soll das Wesen des Franchisevertrages näher dargestellt
werden. Weiterhin sind die Vorteile des Franchisings von Bedeutung, die es dem Fran-
chisenehmer ermöglichen sollen, im bestehenden Markt konkurrenzfähig zu sein und
Wettbewerbsvorteile zu generieren und zu nutzen. Hierbei sind auch die Nachteile näher
zu betrachten. Abschließend erfolgt eine Zusammenfassung dieser Art der vertikalen
Vereinbarung.
7
o.V., o.J., Was ist Franchising ­ Der Begriff ,,Franchising", http://www.franchiseverband.com/ Stand:
01. Februar 2007, Übersetzung nach European Franchise Federation (EFF), o.V., 1991, What´s Franchi-
sing?, http://www.eff-franchise.com/codeofethics1.html Stand: 01. Februar 2007
8
o.V., o.J., Was ist Franchising ­ Der Begriff ,,Franchising", http://www.franchiseverband.com/ Stand:
01. Februar 2007, Übersetzung nach European Franchise Federation (EFF), o.V., 1991, What´s Franchi-
sing?, http://www.eff-franchise.com/codeofethics1.html Stand: 01. Februar 2007
9
Vgl. Kommission, Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 vom 22. Dezember 1999, Artikel 1 lit. f), L
336/22
5

2.2.1 Erläuterungen zum Franchisevertrag
2.2.1.1 Der Vertragsabschluss
Franchiseverträge werden grundsätzlich schriftlich fixiert, da mit der Mehrzahl sol-
cher Vereinbarungen eine Bezugsverpflichtung gegenüber dem Franchisegeber einher-
geht. Wenn es sich hierbei um Verträge zwischen Verbraucher und Unternehmer han-
deln würde, müsste § 505 Absatz 1 Satz 2 i.V.m. § 505 Absatz 2 Satz 1 BGB Anwen-
dung finden. Nach dem Beschluss Az.: III ZB 36/04 des Bundesgerichtshofes (BGH)
vom 24.02.2005 ist jedoch der Verbraucher bereits als Unternehmer zu behandeln, wenn
Geschäfte während der Existenzgründung zu diesem Zweck geschlossen werden.
10
Nach § 507 BGB wird bei Vereinbarungen, bei denen der Nettodarlehensbetrag oder
Barzahlungspreis EUR 50.000 nicht übersteigt, der Existenzgründer als Verbraucher
i.S.d. § 13 BGB angesehen und zur Anwendung kommen die Normen über Verbrau-
cherdarlehen. Im Umkehrschluss wird der Existenzgründer grundlegend als Unterneh-
mer i.S.d. § 14 BGB eingeordnet.
11
Unproblematisch sind solche Verträge, in denen
eine Verpflichtung zum Bezug von speziellen Waren und Produkten nicht vorliegt, die-
se Vereinbarungen können ohne weiteres mündlich geschlossen werden. Jedoch ist eine
schriftliche Vertragsvereinbarung aus Beweisgründen immer zu empfehlen. Im Nachhi-
nein sind mündliche Absprachen gerichtlich nur sehr schwer zu belegen.
Die Grundlage eines jeden Franchisevertrages bilden, neben den Hauptvereinbarun-
gen des Vertrages, die Geschäftsbedingungen des Franchisegebers, die einer Kontrolle
nach den Regeln der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) (§§ 305 ff. BGB)
standhalten müssen. Seitdem Franchiseverträge als Verträge zwischen Unternehmern
angesehen werden, wird die Inhaltsprüfung der AGB eingeschränkter geprüft, d.h. ver-
tragliche Bestandteile wie Haftungsausschlüsse, Vertragsstrafen oder Ausschlüsse von
Leistungsverweigerungsrechten sind bei Verträgen zwischen Unternehmern, in diesem
Fall Franchisegeber und ­nehmer, nunmehr integrationsfähig, da nach § 310 Absatz 1
BGB hier der § 307 BGB einschlägig angewandt wird. Bei Verbrauchern dagegen wer-
den die AGB nach den §§ 308, 309 BGB zur Anwendung gebracht. Zu beachten ist
nach der Inhaltskontrolle des § 307 Absatz 1 BGB, das Bestimmungen, welche nicht
10
Beschluss des III. Zivilsenats vom 24.2.2005 - III ZB 36/04 -, ,,im Zuge der Aufnahme einer gewerb-
lichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit", II. 2. b. Satz 1
11
Beschluss des III. Zivilsenats vom 24.2.2005 - III ZB 36/04 -, II. 2. b. cc. Satz 1 und 2
6

dem Gebot von Treu und Glauben folgen, unwirksam sind und nicht Bestandteil der
AGB werden können. Im Zweifelsfall muss hier eine Einzelfallprüfung entscheiden, um
unzulässige Formulierungen herausfiltern zu können.
12
2.2.1.2 Die rechtliche Einordnung
Die vertraglichen Vereinbarungen des Franchisings werden als vertikal ausgerichtete
Dauerschuldverhältnisse verstanden. Dauerschuldverhältnisse werden dabei in obligato-
rische und fakultative Bestandteile aufgliedert. So werden elementare Vereinbarungen
über die Lizenzierung zum Gebrauch von gewerblichen Schutzrechten und das zu nut-
zende Know-how als erforderlich angesehen. Als ergänzend können zum Beispiel Ne-
benabreden, der Franchisevertrag selbst, Lieferbedingungen, Festlegung des Wirkungs-
kreises oder der Belieferungsausschluss bestimmter Großkunden genannt werden. Wei-
terhin werden meist Geschäftsräume vom Franchisegeber gemietet oder erworben, die
dann umgehend an den Franchisenehmer untervermietet werden.
13
Die genannten Maß-
nahmen und Verträge sind nicht abschließend und können durch eine Fülle von weite-
ren Vereinbarungen, Regelungen und Verträgen ergänzt werden.
Eine genaue rechtliche Einordnung des Franchisevertrages ist schwierig, da das
deutsche und europäische Recht den Franchisebegriff und die vertraglichen Besonder-
heiten nicht explizit kennt. In der Vergangenheit hat die Literatur in Anlehnung an den
amerikanischen Begriff versucht, eine genauere Zuordnung zu realisieren, jedoch ohne
das gewünschte Ergebnis.
14
Vom derzeitigen Standpunkt der Literatur aus stützt der
Franchisevertrag sich auf die Formulierung des Typenkombinationsvertrages oder
Mischvertrages, der Elemente verschiedener Rechtsgebiete enthält. So wird beim Fran-
chisevertrag oftmals eine Kombination aus Bestandteilen des Zivilrechts, des gewerbli-
chen Rechtsschutzes, des Handels- und Gesellschaftsrechts und Wettbewerbsrechts so-
wie des Arbeits- und Sozialversicherungsrechts zu finden sein.
15
Auffällig dabei ist,
dass die Elemente, die in diesem Sammelsurium an Vertragsbestandteilen vorkommen,
hinsichtlich ihrer mehr oder minder starken Ausprägung nicht exakt zu definieren
12
Vgl. o.V., Franchise - Recht, B. Franchise - Vertrag, http://www.franchisestarter.de/277.0.html, 2006,
Stand 01. Februar 2007
13
Vgl. Skaupy W., Franchising, 1995, S. 11f.
14
Vgl. Martinek M., Moderne Vertragstypen, Band 2, 1992, S. 41
15
Vgl. o.V., Franchise - Recht, B. Franchise - Vertrag, http://www.franchisestarter.de/277.0.html, 2006,
Stand 01. Februar 2007
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Title
Zur Problematik vertikaler Franchisevereinbarungen im deutschen und europäischen Kartellrecht unter Berücksichtigung der Gruppenfreistellungsverordnung 2790/1999
College
University of Applied Sciences Jena
Grade
1.7
Author
Year
2007
Pages
73
Catalog Number
V186303
ISBN (eBook)
9783869437927
ISBN (Book)
9783869431109
File size
785 KB
Language
German
Keywords
problematik, franchisevereinbarungen, kartellrecht, berücksichtigung, gruppenfreistellungsverordnung
Quote paper
Markus Vogel (Author), 2007, Zur Problematik vertikaler Franchisevereinbarungen im deutschen und europäischen Kartellrecht unter Berücksichtigung der Gruppenfreistellungsverordnung 2790/1999, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186303

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