Darlegung des Wahrheitsbegriffes Nietzsches.
Friedrich Nietzsches philosophisches Werk wurde Zeit seines Lebens, vor allem aber auch
nach Ende seiner philosophischen Schaffenskraft, äußerst umfassend und vor allem sehr
kontrovers diskutiert. Dabei hält sich die allgemeine Auffassung, dass sein Denken etwas
Extremes darstellt. Bei der Beschäftigung mit den Aphorismen Nietzsches fällt auf, dass es
sich dabei wahrlich um etwas Besonderes im Bereich der Philosophie handelt. Ausdrücke wie
Antiphilosoph oder Antichrist tauchen des Öfteren bei der Beschäftigung mit der Literatur
seiner Kritiker, Befürworter und Anhänger und auch in seinen eigenen Schriften auf. Die
Meinungen und Kritiken zu seinen Ansichten, Theorien und Schriften sind weit gestreut und
variieren in einem Paradigma von absolutem Unverständnis bis hin zu absoluter Zustimmung.
Er stellte die Philosophie „auf den Kopf“ und konstruierte mit seinem Gesamtwerk etwas
Einzigartiges, scheute sich dabei auch nicht, die frühen griechischen Philosophen wie
Aristoteles zu kritisieren bzw. ihre grundlegenden Ansätze genauestens zu hinterfragen und
Gegenpositionen aufzustellen. Ausgehend von Schopenhauer und Wagner, den
entscheidenden Einflüssen seiner Anfangszeit, entwickelte er eine eigene Philosophie, die von
der Loslösung von bis dahin fest gedachten Begriffen und Konzepten gezeichnet war. Für
eine sinnvolle und vollständige kritische Betrachtung seiner Arbeiten ist eben aufgrund dieser
Abkehr von den Dogmen und Lehrsätzen in den Anfängen der Philosophie ein ganzes
Studium notwendig, wenn es denn überhaupt möglich sein sollte, Nietzsche so zu begreifen,
wie er es selbst tat. Es soll hier daher ein Aspekt seines Denkens betrachtet werden, der
Aufschluss darüber geben kann, wie es möglich war und ist, die Philosophie bis in die
Grundpfeiler zu verändern bzw. etwas völlig Neues, bis dahin nicht Vorstellbares zu
konstruieren und auch begründen zu können. Die Rede ist demnach von Nietzsches
Auffassung der Wahrheit, seiner Abkehr von den einzelnen objektiven Wahrheiten und seiner
Bestimmung eines neuen allgemeinen Wahrheitsbegriffes, der systematisch aus seiner
Metaphysikkritik wächst und durchaus notwendig ist, um zum Beispiel das Konzept des
semantischen Nihilismus sinnvoll nachvollziehen zu können. Nietzsche selbst sah diese
Neubetrachtung des Konzeptes der Wahrheit als eine seiner Hauptaufgaben an.[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zur Wahrheit in der Philosophie
- Nietzsches Metaphysikkritik
- Nietzsches Neubestimmung der Wahrheit
- Auswirkungen auf die Praxis - Logik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Nietzsches Wahrheitsbegriff im Kontext seiner Metaphysikkritik und beleuchtet dessen Auswirkungen auf die philosophische Praxis. Ziel ist es, Nietzsches Abkehr von traditionellen Wahrheitskonzepten zu verstehen und seine Neubestimmung der Wahrheit zu analysieren.
- Nietzsches Kritik an traditionellen Wahrheitskonzepten
- Nietzsches Metaphysikkritik als Grundlage seines Wahrheitsbegriffes
- Nietzsches Neubestimmung der Wahrheit: Leben, Selbst, Freiheit, Leiblichkeit, Perspektivität und Steigerung
- Auswirkungen von Nietzsches Wahrheitsbegriff auf die Logik
- Der epistemische und semantische Nihilismus bei Nietzsche
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 (Einleitung): Die Einleitung stellt Nietzsches Werk und dessen kontroverse Rezeption vor und kündigt die Analyse seines Wahrheitsbegriffes als zentralen Aspekt seines Denkens an.
Kapitel 2 (Zur Wahrheit in der Philosophie): Dieses Kapitel beschreibt gängige philosophische Wahrheitskonzepte (Korrespondenztheorie, Kohärenztheorie, Evidenztheorie, Pragmatismus, Redundanztheorie) und deren Kritikpunkte. Es zeigt die objektive und statische Natur dieser Konzepte im Gegensatz zu Nietzsches dynamischer Auffassung.
Kapitel 3 (Nietzsches Metaphysikkritik): Hier wird Nietzsches Kritik an der traditionellen Metaphysik als Grundlage seines Wahrheitsbegriffes dargestellt. Die Inkonsistenz metaphysischen Denkens und die Problematik der Begriffsexplikation werden hervorgehoben.
Kapitel 4 (Nietzsches Neubestimmung der Wahrheit): Dieses Kapitel erläutert Nietzsches Neubestimmung der Wahrheit anhand der Begriffe Leben, Selbst, Freiheit, Leiblichkeit, Perspektivität und Steigerung. Es wird gezeigt, wie Nietzsche die „strenge Methode der Wahrheit“ als Produkt einer „zweitausendjährigen Zucht“ der abendländischen Metaphysik und der christlichen Religion kritisiert.
Kapitel 5 (Auswirkungen auf die Praxis – Logik): Das Kapitel untersucht die Auswirkungen von Nietzsches Wahrheitsbegriff auf die Logik und zeigt, wie sein Denken den Satz vom Widerspruch in Frage stellt und eine neue Perspektive auf den epistemischen und semantischen Nihilismus ermöglicht. Es wird die Bedeutung der Dichtung in diesem Zusammenhang beleuchtet.
Schlüsselwörter
Nietzsche, Wahrheitsbegriff, Metaphysikkritik, epistemischer Nihilismus, semantischer Nihilismus, Pragmatismus, Leben, Selbst, Freiheit, Leiblichkeit, Perspektivität, Steigerung, Logik, Wille zur Macht, Genealogie der Moral.
- Quote paper
- Christian Hense (Author), 2011, Zu Nietzsches Wahrheitsbegriff, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/187224