Die moderne Welt ist interkulturell geworden. Die Zeit der nach sprachlicher und nationaler Homogenität strebenden Nationen ist in den postindustriellen Dienstleistungsgesellschaften vorbei. Es ist ein unabänderliches Faktum, dass mehrere Nationen und Kulturen in einer Gesellschaft zusammen leben und multikulturelle Begegnungen zum Alltag gehören. Das Zusammenwachsen von Europa, der Globalisierungsprozess und wachsende Flüchtlingsströme verlangen nach neuen Ideen und Strategien des toleranten, offenen und friedlichen Umgangs miteinander. Das Interkulturelle Lernen soll Strategien und Wege finden, um die "Gleichheit der Verschiedenheit" anzuerkennen und in diesem Sinne eine Gesellschaft zu schaffen, in der Verschiedenheit Bereicherung und nicht Handicap ist. So weit der Anspruch: Die Wirklichkeit wird aber von einer Dualisierung des Prozesses transkultureller Wanderungen in "Experten- bzw. Elitemigration" einerseits und "Elendsmigration" andererseits bestimmt. Die Migrationspolitik differenziert zwischen positiven Anreizen für die Ersteren und negativen Sanktionen für die Letzteren. Es existieren tatsächlich verschiedene Formen und Methoden Interkulturellen Lernens, je nachdem, ob man, vereinfacht und plakativ gesagt, eine Interkulturelle oder eine Multikulturelle Schule besucht. Die erste vermittelt Sprachkenntnisse und Handlungsfähigkeit für die globalisierte Welt, die andere, bei günstigem Verlauf, garantiert eine berufliche und soziale Integration im Aufnahmeland.
Obwohl es sich in beiden Fällen um Interkulturelles Lernen handelt, im Sinne der reifen Begegnung mit einer anderen Kultur, so lässt sich der Riss nicht übersehen, der möglicherweise weniger mit Verschiedenheit der Sprachen und Sitten zu tun hat als eine Auseinandersetzung des Traditionellen mit der Moderne ist. Wenn das so wäre, so hat die Gesellschaft dringend die richtigen Antworten nötig.
Falsche Wirklichkeitsanalysen und folglich unzureichende Strategien können dieses Dilemma für die Gesellschaft(siehe den letzten Integrationsbericht) und für die Interkulturellen Erziehungswissenschaften nicht lösen.
Inhaltsverzeichnis
- I Einleitung
- II Die unterschiedlichen Sichtweisen auf die Zweisprachigkeit - ein kurzer historischer Rückblick
- III Förderung der Zwei- und Mehrsprachigkeit im heutigen Bildungswesen
- 1. Emigrationsorientierte (Nieke, 2000) Interkulturelle Erziehung und Förderung der Fremdsprachen
- a. Lernen für Europa
- b. Interkulturelles Lernen und Training für die globalisierte Welt
- 2. Immigrationsorientierte (Nieke, 2000) Interkulturelle Erziehung
- a. Deutsch als Zweitsprache
- b. Vernünftiger Umgang der Majorität (Nieke, 2000) mit den ethnisch-kulturellen Minoritäten und miteinander
- 1. Emigrationsorientierte (Nieke, 2000) Interkulturelle Erziehung und Förderung der Fremdsprachen
- IV Interkulturelle Erziehung spricht zwei verschiedene Konzepte an
- 1. Zweisprachigkeit als Kompetenz und Ressource
- 2. Zweisprachigkeit als Lern- und Integrationshindernis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Idee des interkulturellen Lernens als Reaktion auf gesellschaftliche Veränderungen, insbesondere im Kontext von Zwei- und Mehrsprachigkeit im deutschen Bildungssystem. Sie hinterfragt, ob das Konzept des interkulturellen Lernens einen Dualismus aufweist.
- Historische Entwicklungen des Umgangs mit Zweisprachigkeit im deutschen Bildungswesen
- Emigrations- und immigrationsorientierte Ansätze interkultureller Erziehung
- Zweisprachigkeit als Kompetenz oder Hindernis
- Der mögliche Dualismus des Konzepts des interkulturellen Lernens
- Der Umgang mit sprachlicher Vielfalt im Kontext von Globalisierung und Migration
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die Forschungsfrage nach einem möglichen Dualismus im Konzept des interkulturellen Lernens. Kapitel II bietet einen historischen Rückblick auf unterschiedliche Sichtweisen auf Zweisprachigkeit im deutschen Bildungssystem, beginnend mit der Einführung der Schulpflicht. Kapitel III beleuchtet die Förderung von Zwei- und Mehrsprachigkeit im heutigen Bildungswesen, differenziert nach emigrations- und immigrationsorientierten Ansätzen. Kapitel IV diskutiert zwei gegensätzliche Konzepte: Zweisprachigkeit als Kompetenz und als Integrationshindernis.
Schlüsselwörter
Interkulturelles Lernen, Zweisprachigkeit, Mehrsprachigkeit, Migrationshintergrund, Integration, Assimilation, deutsches Bildungswesen, interkulturelle Erziehung, Globalisierung, Dualismus.
- Citation du texte
- Kristina Bornemann (Auteur), 2011, Die Idee des Interkulturellen Lernens als Antwort auf eine veränderte Welt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/187306