Prüfungen dienen der Leistungskontrolle. Sie stellen fest, ob und mit welchem Erfolg der Studierende das vorgegebene Studienziel erreicht hat. Somit haben sie richtungsweisende Bedeutung für die akademi-schen Abschlüsse und regeln die Zulassung zu bestimmten Berufsgruppen. Noch nie haben in NRW so viele Studenten ihr Examen abgelegt wie im Jahr 2010. Gleichzeitig ist aber auch die Anzahl prüfungsrechtlicher Streitigkeiten gestiegen. Damit einher geht eine zunehmende Ver-antwortung für den einzelnen Hochschullehrer, denn er entscheidet in seiner spezifischen Funktion als Prüfer über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Prüfungsleistung. Die Abnahme von Prüfungen, die zu den hauptberuflichen Tätigkeiten des Hochschullehrers gehört, findet sich somit in einem komplexen ver-fassungsrechtlichen Verhältnis zwischen Berufsfreiheit (Art. 12 I GG) und Chancengleichheit (Art. 3 I GG) der Prüflinge sowie dem staatlichen Ausbildungsauftrag der Hochschulen, die wiederum selbst Grundrechtsträger der Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 III 1 GG sein können, wieder.
Anhand eines verfassungsrechtlichen Ansatzes sollen in dieser Arbeit Freiheit und Grenzen der verschiedenen Prüfungstätigkeiten eines Hochschullehrers vorgestellt werden. Als Prüfer werden hier die verbeamteten Hochschullehrer an staatlichen Hochschulen verstanden.
Ausgangspunkt dieser Arbeit ist folgender: Akademische Prüfungen finden – mit Ausnahme von staatli-chen und kirchlichen Prüfungen – an Hochschulen und damit in einem wissenschaftlichen Umfeld statt. Es erscheint daher zunächst fraglich, ob und inwieweit Prüfertätigkeiten überhaupt unter dem Mantel der für die Hochschullehrer bedeutsamen Wissenschaftsfreiheit durch Art. 5 III 1 GG verfassungsrechtlich geschützt sind und gar als eigene Ausprägung einer verfassungsrechtlich garantierten „Prüfungsfreiheit“ angesehen werden können. Dieser verfassungsrechtliche Anknüpfungspunkt dient dazu, die sich daran anschließenden Fragen nach den tatsächlichen Gewährleistungsinhalten, ihren Grenzen und den in der Praxis auftretenden Grundrechtskollisionen besser zu verstehen. Relevante Vorgaben zur Prüfertätigkeit finden sich im Dienstrecht der Hochschullehrer und den Studien- und Prüfungsordnungen. Die Thematik wird dabei am Beispiel des nordrhein-westfälischen Landesrechts vorgestellt.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einführung
- B. Existenz einer durch Art. 5 III 1 GG verfassungsrechtlich garantierten Prüfungsfreiheit
- I. Akzessorietät zwischen Lehr- und Prüfungsfreiheit
- 1. Meinungsstand
- 2. Auslegung
- II. Kernbereich der Prüfungsfreiheit
- III. Der Hochschullehrer als Grundrechtsträger der Prüfungsfreiheit
- 1. Das besondere Beamtenrechtsverhältnis des Hochschullehrers
- 2. Universitäts- und Juniorprofessoren
- 3. Fachhochschulprofessoren
- IV. Ausgestaltungsbedürftigkeit der Prüfungsfreiheit
- 1. Das verfassungsrechtliche Rechte- und Pflichtendreieck
- 2. Dogmatisches Verständnis der Ausgestaltungsregelungen
- 3. Rechtsgrundlagen
- V. Schranken der Prüfungsfreiheit
- C. Dienstrechtliche Ausgestaltung der Prüfungsfreiheit
- I. Prüfungsverpflichtung des Hochschullehrers
- II. Prüfungsberechtigung
- III. Prüfungsfach
- IV. Fachliche Qualifikation des Prüfers
- 1. Allgemeine Hochschulprüfungen
- 2. Promotionen
- 3. Habilitationen
- D. Reichweite und Grenzen einzelner Prüfertätigkeiten
- 1. Auswahl des Prüfungsgegenstandes
- 2. Durchführung von Prüfungen
- a. Prüferverhalten und Befangenheit
- b. Prüfungsdauer
- 3. Bewertung von Prüfungen
- a. Widerspruchsverfahren und Neubewertung
- b. Begründungspflicht
- c. Prüfungsspezifische Bewertungsspielräume
- d. Bewertungen durch mehrere Prüfer
- E. Zusammenfassung der Ergebnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht die verfassungsrechtlichen Grundlagen und dienstrechtlichen Ausgestaltungen der Prüfungsfreiheit von Hochschullehrern in Deutschland. Sie analysiert die rechtlichen Rahmenbedingungen der Prüfertätigkeit, die Rechte und Pflichten der Hochschullehrer als Prüfer und die Schranken der Prüfungsfreiheit. Die Arbeit beleuchtet den komplexen Zusammenhang zwischen Lehr- und Prüfungsfreiheit.
- Verfassungsrechtliche Grundlagen der Prüfungsfreiheit
- Rechte und Pflichten des Hochschullehrers als Prüfer
- Schranken der Prüfungsfreiheit und deren Ausgestaltung
- Dienstrechtliche Regelungen der Prüfungsaktivitäten
- Reichweite und Grenzen einzelner Prüfertätigkeiten
Zusammenfassung der Kapitel
A. Einführung: Dieses einleitende Kapitel dient der allgemeinen Einführung in das Thema und skizziert den Forschungsgegenstand der Arbeit. Es legt den Fokus auf die zentrale Fragestellung, die im weiteren Verlauf der Arbeit untersucht wird.
B. Existenz einer durch Art. 5 III 1 GG verfassungsrechtlich garantierten Prüfungsfreiheit: Kapitel B befasst sich mit der zentralen Frage nach dem verfassungsrechtlichen Schutz der Prüfungsfreiheit von Hochschullehrern. Es untersucht die Akzessorietät der Prüfungsfreiheit zur Lehrfreiheit, beleuchtet den Kernbereich dieser Freiheit und analysiert die Rolle des Hochschullehrers als Grundrechtsträger. Die Ausgestaltungsbedürftigkeit der Prüfungsfreiheit wird im Kontext eines verfassungsrechtlichen Rechte- und Pflichtendreiecks diskutiert, wobei die relevanten Rechtsgrundlagen beleuchtet und Schranken der Prüfungsfreiheit erörtert werden.
C. Dienstrechtliche Ausgestaltung der Prüfungsfreiheit: Kapitel C widmet sich der dienstrechtlichen Ausgestaltung der Prüfungsfreiheit. Es analysiert die Prüfungsverpflichtung und -berechtigung des Hochschullehrers, untersucht die Bedeutung des Prüfungsfachs und die fachliche Qualifikation des Prüfers im Kontext von allgemeinen Hochschulprüfungen, Promotionen und Habilitationen. Dieses Kapitel setzt die verfassungsrechtlichen Überlegungen aus Kapitel B in einen konkreten dienstrechtlichen Kontext.
D. Reichweite und Grenzen einzelner Prüfertätigkeiten: In Kapitel D wird die Reichweite und die Grenzen einzelner Prüfertätigkeiten detailliert untersucht. Es werden die Auswahl des Prüfungsgegenstandes, die Durchführung von Prüfungen (einschließlich des Prüferverhaltens, der Befangenheit und der Prüfungsdauer) und die Bewertung von Prüfungen (mit den Aspekten Widerspruchsverfahren, Begründungspflicht, Bewertungsspielräume und Bewertungen durch mehrere Prüfer) analysiert. Das Kapitel zeigt die vielschichtigen Herausforderungen und rechtlichen Feinheiten der Prüfertätigkeit auf.
Schlüsselwörter
Prüfungsfreiheit, Hochschullehrer, Lehrfreiheit, Grundrechte, Art. 5 III 1 GG, Dienstrecht, Prüfungsverpflichtung, Prüfungsberechtigung, Bewertung, Befangenheit, Hochschulrecht, Verfassungsrecht.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Seminararbeit: Prüfungsfreiheit von Hochschullehrern
Was ist der Gegenstand dieser Seminararbeit?
Die Seminararbeit untersucht die verfassungsrechtlichen Grundlagen und dienstrechtlichen Ausgestaltungen der Prüfungsfreiheit von Hochschullehrern in Deutschland. Sie analysiert die rechtlichen Rahmenbedingungen der Prüfertätigkeit, die Rechte und Pflichten der Hochschullehrer als Prüfer und die Schranken der Prüfungsfreiheit. Ein Schwerpunkt liegt auf dem komplexen Zusammenhang zwischen Lehr- und Prüfungsfreiheit.
Welche verfassungsrechtlichen Grundlagen werden behandelt?
Die Arbeit beleuchtet die Existenz einer durch Art. 5 III 1 GG garantierten Prüfungsfreiheit, ihre Akzessorietät zur Lehrfreiheit, den Kernbereich dieser Freiheit und die Rolle des Hochschullehrers als Grundrechtsträger. Die Ausgestaltungsbedürftigkeit der Prüfungsfreiheit wird im Kontext eines verfassungsrechtlichen Rechte- und Pflichtendreiecks diskutiert, inklusive relevanter Rechtsgrundlagen und Schranken der Prüfungsfreiheit.
Wie werden die dienstrechtlichen Aspekte der Prüfungsfreiheit behandelt?
Die dienstrechtliche Ausgestaltung der Prüfungsfreiheit wird umfassend analysiert. Dies beinhaltet die Prüfungsverpflichtung und -berechtigung des Hochschullehrers, die Bedeutung des Prüfungsfachs und die fachliche Qualifikation des Prüfers im Kontext von allgemeinen Hochschulprüfungen, Promotionen und Habilitationen.
Welche konkreten Prüfertätigkeiten werden untersucht?
Die Reichweite und Grenzen einzelner Prüfertätigkeiten werden detailliert untersucht. Dies umfasst die Auswahl des Prüfungsgegenstandes, die Durchführung von Prüfungen (Prüferverhalten, Befangenheit, Prüfungsdauer) und die Bewertung von Prüfungen (Widerspruchsverfahren, Begründungspflicht, Bewertungsspielräume, Bewertungen durch mehrere Prüfer).
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Prüfungsfreiheit, Hochschullehrer, Lehrfreiheit, Grundrechte, Art. 5 III 1 GG, Dienstrecht, Prüfungsverpflichtung, Prüfungsberechtigung, Bewertung, Befangenheit, Hochschulrecht, Verfassungsrecht.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: A. Einführung; B. Existenz einer durch Art. 5 III 1 GG verfassungsrechtlich garantierten Prüfungsfreiheit; C. Dienstrechtliche Ausgestaltung der Prüfungsfreiheit; D. Reichweite und Grenzen einzelner Prüfertätigkeiten; E. Zusammenfassung der Ergebnisse.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Seminararbeit zielt darauf ab, die verfassungsrechtlichen Grundlagen und dienstrechtlichen Ausgestaltungen der Prüfungsfreiheit von Hochschullehrern zu untersuchen und die rechtlichen Rahmenbedingungen, Rechte und Pflichten sowie Schranken der Prüfertätigkeit zu analysieren.
- Quote paper
- Norman Peter Koschmieder (Author), 2011, Der Hochschullehrer als Prüfer, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191628