Ohne Zweifel lässt sich behaupten, dass Essen und Kochen – und dessen Verschriftlichung in Form von Rezepten und ganzen Kochbüchern – mehr sind, als die reine Befriedigung eines körperlichen Bedürfnisses. Vielmehr sollten Rezepte auch verstanden werden, als ein kultur- und sozialhistorischer Spiegel ihrer Zeit. Womöglich banal erscheinende Kochrezepte können uns heute viel mehr verraten als gemeinhin angenommen. Bedauerlicherweise ist der heutige Forschungsstand bezüglich der Kochrezeptliteratur noch immer nicht vergleichbar mit dem anderer Fachbereiche. Die Ursache hierfür ist die in Deutschland vergleichsweise spät3 einsetzende Erforschung von Fachliteratur – zu der die Rezepte zählen – im Allgemeinen. Trotz zunehmender Behandlung des Themas, sind erst ca. die Hälfte der bekannten aus dem Mittelalter stammenden deutschsprachigen Kochbücher überhaupt ediert bzw. teils kommentiert und untersucht. Dies ist besonders schade, da im europäischen Vergleich die deutschsprachigen Rezeptüberlieferungen in der Tat rein zahlentechnisch den größten Teil einnehmen. So sich denn doch in der Germanistik jemand mit dem Thema Ernährung auseinandergesetzt hat, wurden bedauerlicherweise Reflexionen über den Zusammenhang von Kultur und Ernährung unterlassen; man beschränkte sich vornehmlich auf reine Beschreibungen.
Ziel dieser Arbeit waren also zunächst einige kulturhistorische Betrachtungen zum Thema, die u.a. folgende Punkte beinhalten: Entstehung und Bedeutung von Kochrezeptsammlungen, eine kurze Entwicklungsgeschichte des Kochrezepts, Ernährungsgewohnheiten im Spätmittelalter, eine grobe Bestandsaufnahme der deutschsprachigen Rezepthandschriften sowie Überlegungen zu Autoren, Rezipienten und Zweck der Rezepte. Daran schließen sich Untersuchungen zur Sprache der Kochbücher des Spätmittelalters allgemein sowie speziell im sogenannten Kochbuch aus der Stiftsbibliothek Michaelbeuern (Man. chart. 81) an. In dem Teil, der sich explizit der Handschrift widmet, stellt – nach einer formellen Betrachtung des Manuskripts – eine sprachliche Analyse vor allem Auffälligkeiten in den Mittelpunkt: Neben einer Darstellung, inwieweit sich Merkmale des Frühneuhochdeutschen finden, wird auf in Rezepten deutlich gehäuft auftretende sprachliche Phänomene hingewiesen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kulturhistorische Betrachtung
- Ernährungsgewohnheiten im Spätmittelalter
- Zur Entstehung und Bedeutung von Kochrezeptsammlungen: Überlegungen zu Autoren, Rezipienten und Zweck der Rezepte
- Entwicklungsgeschichte der Textsorte Kochrezept
- Bestandsaufnahme der deutschsprachigen Rezepthandschriften
- Zeitliche Verteilung
- Räumliche Verteilung
- Untersuchungen zur Sprache der Kochbücher des Spätmittelalters
- Allgemeines
- Das Kochbuch aus der Stiftsbibliothek Michaelbeuern (Man. chart. 81)
- Beschreibung der Handschrift und der Rezeptsammlung
- Überlegungen zu Entstehungsort und -zeit der Rezepte
- Das Frühneuhochdeutsche in den Rezepten
- Spezifische (sprachliche) Auffälligkeiten in den Rezepten
- Der nächste Schritt: das gedruckte Kochbuch
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit Kochrezeptsammlungen des Spätmittelalters, insbesondere mit dem Kochbuch aus der Stiftsbibliothek Michaelbeuern (Man. chart. 81). Ziel ist es, die kulturhistorische Bedeutung von Kochrezepten aufzuzeigen und die sprachlichen Besonderheiten dieser Textsorte zu untersuchen. Die Arbeit beleuchtet dabei verschiedene Aspekte:
- Entwicklung und Bedeutung von Kochrezeptsammlungen
- Ernährung im Spätmittelalter
- Die Rolle von Autoren und Rezipienten
- Sprachliche Merkmale des Frühneuhochdeutschen in Kochrezepten
- Spezifische sprachliche Auffälligkeiten in den Rezepten des Michaelbeuerner Kochbuchs
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema Kochrezeptsammlungen ein und erläutert die Bedeutung dieser Texte als kulturhistorische Quelle. Im Kapitel "Kulturhistorische Betrachtung" werden die Ernährungsgewohnheiten im Spätmittelalter sowie die Entstehung und Bedeutung von Kochrezeptsammlungen beleuchtet. Dabei werden auch Überlegungen zu Autoren, Rezipienten und dem Zweck der Rezepte angestellt. Weiterhin wird die Entwicklungsgeschichte der Textsorte "Kochrezept" und die Bestandsaufnahme der deutschsprachigen Rezepthandschriften behandelt, wobei die zeitliche und räumliche Verteilung dieser Handschriften analysiert wird.
Das Kapitel "Untersuchungen zur Sprache der Kochbücher des Spätmittelalters" geht zunächst auf die allgemeine Sprache der Kochbücher ein und widmet sich anschließend dem Michaelbeuerner Kochbuch. Die Beschreibung der Handschrift und der Rezeptsammlung sowie die Überlegungen zu Entstehungsort und -zeit der Rezepte bilden den Ausgangspunkt für die sprachliche Analyse. Dabei wird besonders auf die Merkmale des Frühneuhochdeutschen in den Rezepten und auf spezifische sprachliche Auffälligkeiten eingegangen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit Kochrezeptsammlungen des Spätmittelalters, Frühneuhochdeutsch, Ernährungsgewohnheiten, Kulturgeschichte, Sprache der Kochbücher, Rezepthandschriften, Stiftsbibliothek Michaelbeuern, Man. chart. 81.
- Arbeit zitieren
- Dorothea Bernhard (Autor:in), 2012, Kochrezeptsammlungen des Spätmittelalters, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/192825