Literatur im Film – Film aus Literatur

Eine Studie zum Verhältnis Literatur und Film am Beispiel von Patrick Süskinds Roman „Das Parfum“ und dessen Verfilmung durch Tom Tykwer


Mémoire de Maîtrise, 2009

165 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Alt gegen new. Beziehungen zwischen den Medien - Ein Rückblick

2. Formen der Aufeinanderbezogenheit von Literatur und Film - Ein Abriss

3. Der Film trifft auf die Literatur - Eine Geschichte von Koexistenz und Konkurrenz, Synthese und Interdependenzen
3.1 Veränderung der Rahmenbedingungen von Filmproduktion und -rezeption: Institutionalisierung, Ökonomisierung und Fiktionalisierung des Films
3.2 Erzähltechnische Veränderungen als Voraussetzung für die Adaption Literarischer Erzählstrukturen - Der Film lernt das „Erzählen“
3.3 Der frühe Rückgriff auf Literatur
3.4 Die historische Beurteilung der Literaturverfilmung
3.5.1 Koexistenz und Konkurrenz - Die mediale Opposition zum Theater
3.5.2 Synthese und Interdependenzen - Filmische Ambitionen literarischer Autoren

4. Historische Abgrenzungsstrategien: Literarische Reflexionen über Gemeinsamkeiten und medienspezifische Unterschiede von Film und Literatur
4.1 Das „Kinobuch“ in der Tradition einer wechselseitigen Entfremdung von Kunst, Zweck und Unterhaltung
4.2 Die „babylonische“ Überschätzung des Films: Der Stummfilm als weitere Möglichkeit einer Abgrenzung der Literatur vom Film
4.3 Fazit: „Die Krise des Wortes“ oder die Angst, selbst nicht mehr gelesen zu werden - Literatur und Film in Zeiten der populären Kultur der Unterhaltung

5. Das Verhältnis von Literatur und Film im Allgemeinen und die Literaturverfilmung im Speziellen in der Film- und Literaturtheorie
5.1 Literaturtheoretische Einflüsse auf die frühe Filmtheorie
5.2 Der Paradigmenwechsel in den 1960er Jahren: Die Einbettung
Medientheoretischer und -analytischer Probleme in die Literaturwissenschaft
5.3 Das neue Konzept der Literaturverfilmung: Künstlerische Freiheit statt Werktreue-Postulat
5.4 Das aktuelle Verständnis des Verhältnisses von Film und Literatur: Das Konzept der Intermedialität
5.5 Die Untersuchung filmischer Verfahren der Umsetzung von Literatur - Die Adaptionstypologie
5.5.1 Die Transposition
5.5.2 Die Adaption
5.5.3 Die Transformation
5.5.4 Die Transfiguration
5.6 Fazit: Der Film als soziologischer und ökonomischer Faktor - Die Popularisierung als Grundprinzip filmischer Adaption

6. Erfolgreich ist, was auch zu unterhalten vermag
6.1 Über die deutsche Lust am Lesen und die Abhängigkeit des Leseverhaltens von mediengesteuerten Einflüssen
6.2 Über „Das Parfum“ als unterhaltender Welterfolg
6.3 Über das Parfum als Weltmeister im Kampf um die Verfilmungsrechte

7. Die Adaption als „Anpassung an die Möglichkeiten der Leinwand“: Über Verfilmbarkeit und Unverfilmbarkeit des „Parfüms“ in der Literatur-Rezeption
7.1 Über den Reiz einer Verfilmung des „Parfum“-Romans
7.2 Die Problematik der De-Mimetisierung
7.3 Die filmische Darstellbarkeit der Figur des Grenouille
7.4 Die aisthetische Reduktion auf den Geruchssinn

8. Jean-Baptiste Grenouille musste im Lilm ein anderer werden: Die populärdramaturgische Ausrichtung des Lilms
8.1 Das Kino der Gefühle
8.1.1 Sehnsucht statt Obsession: die filmische Dimension des Grenouille
8.1.2 Die Problematik des moralischen Bewusstseins
8.1.3 Über die Film-Figur Grenouille, die weder lieben noch geliebt werden konnte
8.2 Sinn und Zweck dramaturgischer Abweichungen
8.3 Transformation oder Adaption?

9. Die Rezeption des Lilms „Das Parfüm“ in den deutschen Medien...

Schlussbetrachtung

Bibliografie

Anhang

Einleitung

„Steht das E-Book vor der Tür? Lesen wir bald nur noch auf Bildschirmen mit elektronischer Tinte? Naht das Ende der Gutenberg­Galaxis?

Wenn man all den Prognosen und Kassandrarufen der vergangenen Wochen und Monate Glauben schenkte, wurde auf der Frankfurter Buchmesse 2008 das Sterbeglöckchen für das gedruckte Buch geläutet.“[1]

Mit diesen Sätzen titelte das renommierte Goethe-Institut auf seiner Website anlässlich der Frankfurter Buchmesse im Jahr 2008. Das elektronische Buch, auch E­Book genannt, trat auf dieser Messe in besonderem Maße in das öffentliche Bewusstsein und markierte nach Ansicht des Goethe-Instituts den Eintritt in eine Zukunft, die das „Lesen“ von nun an nicht nur vorrangig auf anderen Trägermedien gestalten, sondern ihm womöglich auch eine gänzlich neue Bedeutung beimessen könnte. Doch auch angesichts dieser Konfrontation des Buchs mit einem „neuen“, konkurrierenden Medium, verfällt man auf Seiten der „Goethianer“ keineswegs in ebensolche „Kassandrarufe“, sondern ist sich vielmehr des typischen Charakteristikums bewusst, welches das Verhältnis zwischen den Medien - wie die Beziehung zwischen „Altem“ und „Neuem“ generell - über Jahrhunderte prägte. So pflegt eine neue Idee, eine neue Technik oder eben ein neues Medium stets an bereits Vorhandenem anzuknüpfen, es weiterzuentwickeln, um sich letztlich seines spezifischen Alleinstellungsmerkmals zu versichern. Dass damit aber nicht auch zwangsläufig die Verdrängung des bereits Existierenden verbunden ist, erkennen selbst die Vertreter der Buchkultur:

„Doch wie immer die Entwicklung verlaufen mag, ob kontinuierlich, wellenförmig oder sprunghaft, wir werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten Zeugen einer Lesekultur werden, in der mit dem allmählichen Wandel der Trägermedien das Inhaltsformat ,Buch’ zwar nicht verschwinden, aber eine begriffliche Veränderung erfahren wird.

Wenn unsere Nachfahren von ,Buch’ sprechen werden, meinen sie damit vielleicht so etwas wie eine Bühne, auf der sich Texte mit multimedialen Sequenzen mischen werden, auf der Buchlandschaften entstehen, die unserer heutigen Rezeptionshaltung möglicherweise widersprechen, vielleicht aber auch ungeahnte, überraschend neue Qualitäten des medialen Erlebens in sich bergen.“[2]

Rückblickend betrachtet, zeigten sich Literaturschaffende neuen medialen Einflüssen gegenüber jedoch nicht schon immer derart liberal, wie mit dem Blick des renommierten Goethe-Instituts auf das E-Book geschehen. Vielmehr wurden neue Medientechnologien wiederkehrend als Bedrohung für die Kulturvermittlung durch das geschriebene Wort, wenn nicht gar für die gesamte Lesekultur beschworen. Insbesondere dem Film wurde in den ersten Jahren seiner Genese dieses Schicksal zuteil, welches das Verhältnis zwischen ihm und der Literatur lange Zeit bestimmen sollte. Denn gleich jeder anderen neuen Medientechnologie, die zunächst an Vorhandenes und bereits Erprobtes anschließt, stellte sich auch das Medium Film in den frühen Jahren seiner Entwicklung an die Seite von Literatur und Theater, adaptierte nicht nur literarische Stoffe, sondern bediente sich ebenso literarischer Erzähl- wie auch theatraler Darstellungstechniken. So provozierte insbesondere der frühe Film - in der vorliegenden Untersuchung mit den Jahren des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts bis einschließlich der 1910er Jahre des Stummfilms eingegrenzt - eine dezidierte, langwierige Stellungnahme der literarischen Intelligenz, die sich schließlich im Rahmen der sogenannten Kino-Debatte bis Ende der zwanziger Jahre zu Wort meldete.

Die vorliegende Studie wird für die Darstellung des Verhältnisses von Literatur und Film am Beispiel von Patrick Süskinds Roman „Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders“ zwei Zugänge wählen. Hierbei wird der erste Teil der Arbeit - Kapitel 1 bis 4 - zunächst dem historischen Rückblick dienen. Denn ist das heutige Verhältnis der Literatur zum Film im Allgemeinen beziehungsweise zur Literaturverfilmung im Speziellen als durchaus ausgeglichen, und vor allem in der filmischen Adaptionspraxis weitestgehend konfliktfrei zu bezeichnen, wird sich mit Blick auf die Vergangenheit wie gezeigt ein anderes Bild eröffnen. So widmet sich die Untersuchung zunächst den Ursprüngen eines historisch betrachtet überaus problematischen Verhältnisses. Hierbei wird zum einen das Aufeinandertreffen von Film und Literatur und die daraus resultierende Auseinandersetzung der literarischen Intelligenz mit dem (Kunst-)Medium Film dargestellt werden, insbesondere hinsichtlich seiner Anlehnung an Literatur und Theater. Zum anderen sollen die im Verborgenen liegenden tatsächlichen Ursachen des breiten literarischen

Abwehrkampfes gegen die filmische Adaptionspraxis beleuchtet werden. Denn so war es nicht die bloße filmische Adaptionspraxis literarischer Werke, welche die Kino-(Theater-)Debatte der 1910er und 1920er Jahre auslöste. Der historische Konflikt resultierte vielmehr aus dem Selbstverständnis einer Literatur, die an der Tradition der „wechselseitigen Entfremdung von Kunst, Zweck und Unterhaltung“[3] festhielt und nur das gelten ließ, was bildungsbürgerlichen Wertmaßstäben genügte. Ihr war es letztlich nicht möglich, den ästhetischen Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden. Demgegenüber vermochte es der Film bereits in seinen ersten Jahren, den Menschen genau das zu geben, wonach sie in dem sich mit der Industrialisierung und zunehmender Technisierung konstituierenden populär­kulturellen Zeitalter verlangten. So wurde in jener Zeit, die sich zunehmend auf Massenmedien wie Zeitung und Zeitschrift, Plakate, Schallplatten und Fotografie, wie schließlich auch den Film einstellte und darauf zu reagieren lernte, ein Unterhaltungsbedürfnis geboren, welches das Verhältnis der Menschen zu den neuen, wie auch zu den traditionellen Medien wie der Literatur bis heute prägen sollte. Ergebnis war auf der einen Seite die Angst der Literaten, selbst nicht mehr gelesen zu werden, und die wachsende Zahl der Kinos sowie ihrer Besucherzahlen auf der anderen Seite. Aus dieser kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklung eröffnet sich schließlich der von der Untersuchung gewählte zweite Zugang zum Verhältnis von Literatur und Film.

So wird der zweite Teil dieser Arbeit - Kapitel 6 bis 9 - direkt an die zuvor gewonnenen Erkenntnisse anschließen. Denn als logische Konsequenz der historischen Entwicklung ergibt sich die These, dass etwas vor allem dann Erfolg verspricht - und dies ist zuallererst in ökonomischer Hinsicht zu verstehen - wenn es ein möglichst breites Publikum (anspruchsvoll) zu unterhalten vermag, das ästhetische Bedürfnis der Menschen in jener populär-kulturellen Epoche somit zu befriedigen versteht. Dieses Erfolgsrezept teilen sich Literatur und Film - wie Kapitel 6 zeigen wird -, genauso wie es auch das Verhältnis beider bestimmt. Daher wird der Blick vor allem auf die populäre beziehungsweise kommerzielle Filmindustrie gelenkt werden, wobei sich die „Popularisierung“ als ein Grundprinzip literarischer Adaptionen erweisen wird, die sich sowohl auf die literarische Vorlage als auch auf deren filmische Umsetzung bezieht. In Anlehnung an Franz-Josef Albersmeier werden die Strategien der Popularisierung am Beispiel des Romans „Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders“ analysiert werden. Aufgrund des Umstands, dass „Das Parfum“ nicht nur Weltbestseller, sondern zugleich wohl auch Weltmeister im Kampf um dessen Verfilmungsrechte ist, eignet sich dieser Roman in besonderer Weise, um jene speziellen Strategien in ihrem gesamten Umfang zu verdeutlichen.

Das diesem Teil der Arbeit vorangestellte 5. Kapitel soll dazu dienen, die Literaturverfilmung - in historische Rückschau eingebettet - als methodisches Konzept zu definieren, das losgelöst von jeglichem historischen Werktreue-Postulat als Akt der Interpretation zu verstehen ist, welche die literarische Vorlage je nach filmischer Intention und Entscheidung der Filmemacher umsetzt. Die Verfilmung „Das Parfum“ wird hierbei exemplarisch belegen, welche dramaturgischen Mechanismen notwendigerweise greifen, wenn Produzent und Regisseur gleichermaßen mit größtmöglichen „populären Intentionen“ an eine literarische Vorlage herantreten. So wird erkennbar, dass in der literarischen Rezeption unverfilmbar erachtete Komponenten dieses Romans - dargestellt in Kapitel 7 - auch gar nicht filmisch umgesetzt werden müssen. Vielmehr verlangt die populäre Dramaturgie filmischer Erzeugnisse - theoretisches Rüstzeug des kommerziellen Kino-Erfolgs - ganz eigene gestalterische Strategien, die in Kapitel 8 analysiert werden. Zum Ende dieses Kapitels wird schließlich geklärt, welchem Adaptionstypus die Verfilmung zugeordnet werden kann, rekurrierend auf die in Kapitel 5 dargestellte Adaptionstypologie Schanzes.

Letztlich wird ein Blick auf die Rezeption der Verfilmung in den deutschen Medien in Kapitel 9 nicht nur Aufschluss darüber geben, ob die im Vorfeld problematisierten Komponenten der Vorlage in ihrer filmischen Umsetzung als gelungen beurteilt werden. Es wird sich darüber hinaus auch zeigen, inwiefern die kommerzielle Verfilmung mit ihren populären Strategien als solche wahrgenommen wird und inwiefern sich die Autoren der publizistischen Beiträge hinsichtlich des Verhältnisses von Literatur und Film in heutiger Zeit positionieren.

Der erste Teil dieser Arbeit wird einen umfassenden Einblick in den Forschungsstand zum historischen Verhältnis von Literatur und Film beziehungsweise zur filmischen Adaptionspraxis gewähren. Insbesondere die Untersuchungen Hellers über das Verhältnis der literarischen Intelligenz zum Film, Schaudigs überblickshafte Darstellung der Problematik des Medienwechsels, Paechs filmhistorischer Blick auf die Genese des Films sowie Albersmeiers zahlreiche Arbeiten zur Problematik der Literaturverfilmung werden hierbei das Fundament bilden. Ergänzend hierzu wird sich die Untersuchung auf zahlreiche Quellen stützen, die insbesondere die wesentlichen Inhalte der Kino-Debatte der 1910er und 1920er Jahre erhellen werden. Diesbezüglich boten vor allem die Anthologien von Kaes und Schweinitz eine große Zahl relevanter Veröffentlichungen zeitgenössischer Literaten.

Für die Darstellung des Verhältnisses von Film und Literatur beziehungsweise der Literaturverfilmung im historischen Wandel der Film- und Literaturtheorie werden weiterhin die Arbeiten Bazins, Schnells, und Kanzogs herangezogen. Zudem wird anhand der Untersuchungen Schanzes und Kreuzers eine Adaptionstypologie erläutert, welche das 5. Kapitel abschließt.

Für die Analyse der Verfilmung „Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders“ von Regisseur Tom Tykwer und Produzent Bernd Eichinger wurde hingegen weitestgehend Neuland betreten. Ist der Roman „Das Parfum“ literaturtheoretisch erschlossen und in der Forschung ergiebig aufbereitet worden - zu nennen wären hier beispielsweise die Arbeiten von Degler, Wittstock, Willems, Hallet oder auch Frizen und Spancken -, konnten für die Untersuchung der Verfilmung lediglich der Essay Luekens sowie Kisslers und Leimbachs Ausführungen herangezogen werden, wobei letztere jedoch weniger filmanalytisch vorgehen als vielmehr einen Gesamtüberblick über Romaninhalt, Romanautor sowie Regisseur und Produzent des Films „Das Parfum“ geben. Somit wird sich die filmische Analyse dieser Arbeit größtenteils auf Interpretationsansätze der Autorin stützen, die wiederum in Eders Entwurf der populären Dramaturgie gründen, um die Umsetzung dieser anspruchsvoll-unterhaltenden Verfilmung zu ergründen.

Für das 9. und letzte Kapitel wurde schließlich eine Auswahl publizistischer Artikel herangezogen, die unmittelbar vor dem Filmstart oder auch kurze Zeit später in den Feuilletons deutscher Zeitungen wie auch in deutschen Filmmagazinen veröffentlicht wurden. Insbesondere das Presse-Archiv der Deutschen Kinemathek bot hierbei eine große Vielfalt zusammengestellter Publikationen zur Verfilmung des „Parfum“-Romans.

1. Alt gegen neu: Beziehungen zwischen den Medien - Ein Rückblick

„Die ersten Dampfschiffe sahen aus wie große Segelschoner, die statt eines Mastes einen hohen Schornstein hatten. Die ersten Eisenbahnwagen ahmten Postkutschen nach, die ersten Automobile trugen große Karosserien von Landauern, und das Kino geriert sich als Pantomime, Drama oder illustrierter Roman.“[4]

Mit diesen Sätzen beschreibt der Schauspieler, Filmregisseur und Drehbuchautor Paul Wegener den Umstand, dass jede neue Idee nicht immer gleich die ihr eigentümliche Form findet und auch eine „neue Technik (...) zunächst an Vorhandenes anzuknüpfen“[5] pflegt, bis sie die ihr eigens gegebenen Möglichkeiten spezifiziert hat. Neue Medien beruhen also in vielem auf alten Medien.[6] So zeigt ein Blick auf die Mediengeschichte, dass innovative Medientechnologien stets mit „Medienwechseln korreliert“[7] sind. Dies geschah entweder im experimentellen Entwicklungsstadium des jeweils neuen Mediums oder aber im „Substitutionsprozess alter Medien durch neue“[8]. An jeder mediengeschichtlich prägnanten Zäsur kann die Analyse neu angesetzt werden: Das Aufkommen der Fotografie im Jahr 1824, die Genese des Films 1895 und schließlich die Ausbreitung des Fernsehens nach 1945[9]:

„Unter dem Aspekt der Entwicklung einer technischen Reproduzierbarkeit - vom einfachen optischen bis hin zum elektronischen Verfahren - ist im Traditionszusammenhang visueller Medien die Camera obscura dabei retrospektiv gesehen das Protomedium zur Fotografie, diese für die Kinematographie und diese wiederum für das Fernsehen“[10].

Die Landschafts- und Porträt-Motive, denen sich die Malerei über Jahrhunderte hinweg widmete, hielt die Fotografie mit zunehmender technischer Weiterentwicklung bald im Nu per Knopfdruck fest. Der Film - aus den statischen Bildern der Fotografie durch deren Aneinanderreihung mithilfe bereits bekannter Darstellungsmittel bewegte schaffend[11] - trat in seiner frühen Phase an die Seite von Literatur und Theater, was im Folgenden noch einer tiefer gehenden Untersuchung unterzogen werden wird. Und letztlich bringt das Fernsehen das Erlebnis Film einem Jeden direkt ins heimische Wohnzimmer. Die drei Medien Fotografie, Film und Fernsehen hatten - neben dem Radio - somit eine ähnlich revolutionierende Wirkung wie die Erfindung des Buchdrucks und setzten den traditionellen Medien Buch und Theater darüber hinaus ein „jeweils eigenspezifisches System“[12] (audio-)visueller Ausdruckspotenziale entgegen.[13]

Michael Schaudig begründet den stetig expandierenden Markt der innovativen Medientechnologien Fotografie, Film und Fernsehen mit deren Vermögen, „der zentralen neurophysiologischen Rezeptionsweise, dem Sehen, ein illusionssteigerndes Äquivalent“[14] anbieten zu können. Was heißt, dass ein verstärktes Interesse an immer neuen Seherfahrungen auch die Suche nach innovativen Möglichkeiten vorantrieb, Dinge zu visualisieren, zum Leben zu erwecken - und dies im Wechsel von der Leinwand auf das Fotopapier, von festgehaltenen Bildern zu bewegten auf den Kinoleinwänden dieser Welt. Das Sehen erwies sich um die Jahrhundertwende und im Verlauf der ersten Jahre des 20. Jahrhunderts als „omnikulturelles Bindeglied“ hinsichtlich einer von Sprache weitestgehend „unabhängigen Dekodierbarkeit im Bereich von Fotografie und Stummfilm“[15]. Hans Jürgen Scheurer bringt diesen Prozess, welcher im Hinblick der Mediengenese der „gesamten Entwicklung der technisch reproduzierenden Medien des 20. Jahrhunderts“[16] zugrunde liegt, mit seiner Bezeichnung „Die Industrialisierung des Blicks“[17] auf den Punkt. Und wie bereits erwähnt, schuf die Fotografíe ein Jahrhundert zuvor die dafür benötigte medientechnologische Basis.[18] Die zunehmende Technisierung des Alltags - und damit des Blicks - erhöhte die Qualität der Erfahrungen, die durch die Industrialisierung erst ermöglicht worden waren. So veränderte sich Wahrnehmung dahingehend, dass Raum und Zeit zu variablen Größen wurden.[19] Scheurer spricht in diesem Zusammenhang von einer „Segmentierung des Blicks“[20] bei gleichzeitig zunehmender Quantität des visuellen Erfahrungsangebots. Wichtigster Wegbereiter der neuen, segmentierten Wahrnehmung, die die „komplexe Einheit früherer Erfahrungsräume“[21] zerfallen ließ, sei, so Scheurer, die Eisenbahn, deren Geschwindigkeit alles bisher Dagewesene überstieg und die Welt zeitgenössischer Reisender beinahe vorbeirasen ließ. Klaus Peter Dencker attestiert dem neuen Zeitalter so auch in seinem Vortrag „Über die wechselseitige Befreiung der Künste“:

„Das verbindende Element (...) auch eines wachsenden besonderen Lebensgefühls, geprägt von den Bedingungen, unter denen sich das Publikum mit der zunehmenden Technik und Industrialisierung auseinandersetzen muß und auf Massenmedien wie Zeitung, Zeitschrift, Plakat, Schallplatte, Fotografie und schließlich Film reagieren lernt, ja aus ihnen am Ende ein Unterhaltungsbedürfnis ableitet, das ganz wesentlich von schnellen optischen Reizen und Informationen bestimmt wird, dieses verbindende Element ist das Element der Bewegung.“[22] Einmal geweckt, wurden diesem neuen Unterhaltungsbedürfnis[23] mit dem Film als „Kind der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts“[24] immer wieder neue Anreize geliefert, so, wie auch der Wunsch nach Unterhaltung das Verhältnis der Menschen zu den neuen, genauso wie zu den „alten“, traditionellen Medien wie der Literatur bis heute prägen sollte. So bedeutete die technische Neuerung des Mediums Film ein weiteres Puzzleteil innerhalb der sich bereits seit 1850 - mit den aufkommenden Familienzeitschriften im Medium der Literatur[25] - konstituierenden populären Kultur[26] der Unterhaltung. Dass insbesondere die Kategorie der „Unterhaltung“ maßgeblichen Ausschlag für das Verhältnis der Literatur zum frühen Film geben sollte, wird sich im weiteren Verlauf der Untersuchung zeigen.

In der Forschung wurde insbesondere seit den siebziger und achtziger Jahren eine historisch abgesicherte Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Literatur und den neuen Medien - insbesondere dem Film - sowie die Einbeziehung der Medien in die literaturwissenschaftliche Theorie und Praxis nicht nur damit begründet, durch deren Berücksichtigung neue Bereiche für die Literaturwissenschaft erschließen zu können. Erstrebenswert war nach Albersmeier vor allem auch „eine mediengerecht betriebene Literaturwissenschaft“, die zumindest die Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts nicht aus den Bezügen zu anderen Medien herausreißt, um sie „innerliterarisch-isoliert“[27] zu analysieren. Vielmehr würden die neuen audio­visuellen Medien den Rahmen bilden, in dem sich „Literatur als eine Kommunikationsform unter anderen artikuliert“[28]. Zudem zwang die im 20. Jahrhundert als Jahrhundert der sich etablierenden audiovisuellen Massenkultur die Literatur gar dazu, sich mit diesen neuen Medien auseinanderzusetzen. Denn hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Literatur und den sogenannten neuen Medien müsse nach Ansicht Albersmeiers festgehalten werden, dass spätestens seit 1824 - mit dem Eintritt der Fotografie in den „medialen Markt“ - der Lektürevorgang von „audio-visuellen Vermittlungsinstanzen“ begleitet wird, „die der Transposition auch literarischer Inhalte fähig sind“[29]. Wie Albersmeier zuspitzt, wird die Literatur dann in der Folgezeit in „zunehmendem Maße von den audio-visuellen Medien aufgesogen“, mit dem vorläufigen Höhepunkt der Ausbreitung des Films. Mehr noch: Dieser sei ohne ihren Beitrag, vor allem dem des Theaters und des Romans, im Grunde undenkbar.[30]

Die Entwicklung der Beziehungen zwischen der „alten“ Literatur und den neuen Medien verläuft so von Anfang an parallel und ist neben einer „Koexistenz“ - wie Franz-Josef Albersmeier feststellt - auch gekennzeichnet durch „Interdependenz und Konkurrenz“[31]. Dieses Verhältnis verdeutlicht sich insbesondere im Zusammenhang von Film und Literatur, wie sich im Verlauf der ersten Entwicklungsjahre des neuen Mediums Film zeigen wird.

2. Formen der Aufeinanderbezogenheit von Literatur und Film - Ein Abriss

Für die die weitere Untersuchung des sich konstituierenden Verhältnisses von Literatur und Film ist es zunächst notwendig, die Aufeinanderbezogenheit beider Medien aus heutiger Sicht konkreten Kategorien zuzuordnen, um an diesen die jeweiligen historischen Wurzeln und weiteren Entwicklungen nachzuzeichnen. Denn wie sich zeigen wird, ist dieses Verhältnis insbesondere in der frühen Phase des Mediums Film als ein durchaus problematisches zu bezeichnen und wird auch zu Beginn dieser Arbeit im Mittelpunkt des Interesses stehen.

Franz Josef Albersmeier klassifiziert drei Grundtypen der Aufeinanderbezogenheit von Literatur und Film, die im Rahmen dieser Arbeit in unterschiedlicher Gewichtung von Bedeutung sein werden. Der erste Typus zielt auf den Einfluss der Literatur auf den Film ab. Dieser bezieht die Literatur als „Stoffgeber“, die filmische Adaption literarischer Werke und die Transposition literarischer Gattungen, Erzählformen oder Techniken in den Film, wie auch seine sogenannte Literarisierung oder Regisseure mit literarischen Intentionen, mit ein.[32] In dieser Untersuchung werden jene Aspekte zunächst im historischen Rückblick aufgegriffen, wobei sich vor allem die Rolle der Literatur als „Stoffgeber“ in besonderem Maße herauskristallisieren wird, die bis heute im Verhältnis zum Medium Film ihre herausragendste ist, was auch das Beispiel des deutschen Weltbestseller-Romans „Das Parfum“ verdeutlichen wird. Die Transposition literarischer Techniken in der frühen Phase des Films wird zudem als Grundvoraussetzung dafür begriffen, dass sich ein Verhältnis zwischen beiden Medien ausbilden konnte. In Anlehnung an die These Paechs musste der Film nämlich erst das Erzählen lernen, damit es überhaupt eine Beziehung zwischen ihm und der Literatur geben konnte.[33] Somit wird diese Kategorie der Aufeinanderbezogenheit hier zunächst als historische Problematik begriffen. Denn letztlich provozierte insbesondere die Inszenierung literarischer Stoffe eine dezidierte Stellungnahme der literarischen Intelligenz[34], die sich schließlich im Rahmen der sogenannten Kino-Debatte zu Wort meldete.

Wie Albersmeier resümiert, sei der Einfluss der Literatur auf den Film „historisch in allen Epochen der Filmgeschichte nachweisbar“, darüber hinaus in Form der Adaption literarischer Werke „geradezu ein kultureller Faktor bedeutenden Ausmaßes“[35], wobei die Adaption in heutiger Zeit zur alltäglichen und überaus erfolgreichen Filmpraxis geworden ist. An diesen Punkt wird die Arbeit mit der Analyse der Verfilmung des „Parfum“-Romans anknüpfen und vor allem im Kontext des „Unterhaltungs“-Begriffs den Gegensatz der historischen Beurteilung der Literaturverfilmung zu jener über die gegenwärtige Adaptionspraxis verdeutlichen. Dieser wird angesichts des Paradigmenwechsels in den siebziger Jahren offensichtlich.

Insgesamt kristallisieren sich drei Faktoren heraus, die nach Ansicht Albersmeiers besonders auf den Prozess der Filmadaption literarischer Werke einwirken und welche auch am Beispiel der Verfilmung des „Parfums“ analysiert werden sollen: Neben der Filmindustrie als einer Profit-orientierten und auf Rentabilität bedachten Organisation spielt auch die Rücksichtnahme des Produzenten auf bestimmte Publikums-Stimmungen beziehungsweise -Präferenzen in Bezug auf die Wahl des Stoffes eine Rolle, sie ist somit gleichsam „Voraussetzung für die Produktion eines ,populären’ (und zugleich kommerziell einträglichen) Films“[36]. Hinzu kommen die Bedingungen des Mediums Film selbst, seine künstlerischen und technischem Möglichkeiten der Umsetzung bestimmter Stoffe, welche den Adaptionsprozess beeinflussen.[37]

Der zweite Typus der „Aufeinanderbezogenheit“ beinhaltet den Einfluss des Films bezüglich literarischer Stoffe und Strukturen beziehungsweise Techniken auf die Literatur. Hierbei sind sowohl der Einfluss des Films auf die literarische Produktion einzelner Autoren und Strömungen gemeint - mit der Montagetechnik in Döblins „Berlin Alexanderplatz“ sei nur ein Beispiel von vielen genannt - als auch jener auf die praktische künstlerische Arbeit, wie beispielsweise dramaturgisch eingesetzte Filmprojektionen.[38] Diesen Einflüssen soll in der vorliegenden Untersuchung allerdings weniger Aufmerksamkeit geschenkt werden, da sonst - trotz großen wissenschaftlichen Erkenntnisinteresses - jeglicher Rahmen gesprengt würde. Zudem fehlen lange Zeit Arbeiten, die sich mit dem Einfluss des Films auf die Literatur beschäftigen, während die umgekehrte Einflussnahme allein schon durch die Praxis der Literaturverfilmungen[39] leicht belegbar ist. So stellt Klaus Peter Dencker im Jahr 1989 fest, dass insbesondere Untersuchungen zu Veränderungen der Literatur durch den Film, die „mindestens 10 bis 20 Jahre vor den durch Alfred Döblins Berlin Alexanderplatz signalisierten erkennbar sind und am Beginn wechselseitig verursachter Veränderungsprozesse stehen“[40], kaum zu finden seien. Die umfassende Darstellung und Diskussion von Untersuchungsergebnissen zum (ästhetischen) Einfluss des Films auf die Literatur wird im Rahmen dieser Arbeit somit nicht zu leisten sein und ist auch nicht ihr Anliegen. Diese Form der Beeinflussung soll vielmehr vor dem Hintergrund der Rückwirkung des Mediums Film auf die literarische Rezeption dargestellt werden, insofern, als der Film als gesellschaftsrelevantes neues (Massen-)Medium[41] zunehmend auch in das Bewusstsein literarischer Intellektueller drang und diese zu einer öffentlichen Reaktion herausforderte. Mit der Sammlung „kinematografischer“ Erzählungen des „Kinobuchs“ wird schließlich auch ein Beispiel literarischer Produktion für den Film dargestellt und im Gesamtzusammenhang beurteilt werden.

Die dritte und letzte Kategorie meint zum einen die wechselseitigen Einflüsse zwischen Literatur und Film, die sich aus der „Kooperation, Komplementarität, Konkurrenz und Interdependenz“[42] zwischen den beiden jeweils eigenständigen Bereichen der Literatur und des Films ergeben. Im ersten Teil dieser Arbeit werden diese Einflüsse zunächst einer historischen Untersuchung unterzogen, wobei vor allem das Konkurrenz-Verhältnis und die Phasen der Kooperation beider Medien interessieren. Im zweiten Teil erfolgt die Betrachtung jener Einflüsse in einem aktuellen Bezugrahmen. Hierbei sollen insbesondere Strategien der (wechselseitigen) Popularisierung im Mittelpunkt stehen, welche am Beispiel des „Parfum“-Romans belegt werden.

Zum anderen bezieht sich diese Kategorie nach Definition Albersmeiers auf den Bestand an alten beziehungsweise „die Entstehung von neuen filmischen und literarischen Mischformen“[43]. Wie Albersmeier in diesem Zusammenhang resümiert, habe der Film - vergleichbar mit der Malerei in ihrer „Kollision“ mit der Kunst der Fotografíe - nicht nur in Form der Erweiterung ihres Gegenstandsbereiches auf die Literatur eingewirkt, sondern sie habe geradezu „gigantische Ausmaße“ annehmende Auswüchse von „literarisch-kinematographischen Mischformen“[44] erlebt. Klassischerweise wäre hier der „Fotoroman“ zu nennen, in welchem die das Geschehen dokumentierenden Fotoaufnahmen mit (literarischem) Text unterlegt sind.[45] Sicherlich könnten im Rahmen einer breiter gefassten Definition durchaus auch unkonventionellere Möglichkeiten filmischer Arbeit mit Literatur (und umgekehrt) angeführt werden. Eine solche realisierte Ralf Schmerberg mit seinem Film „Poem - Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug“ im Jahr 2003, wobei sich das filmische Werk mit (rezitativer) Literaturvermittlung vermischt. Hier eröffnet sich dem Zuschauer eine Zusammenstellung von insgesamt 19 verschiedentlich interpretierten und verfilmten Gedichten von Goethe, Hesse, Heine und Rilke, über Trakl und Kästner bis hin zu Bachmann und Lasker-Schüler.[46] Neben der Rezitation aus dem Off und begleitender Bebilderung (er-)fand der Film oft auch ganz eigene Situationen und wirkungsmächtige Bilder zur Darstellung des jeweiligen lyrischen Gehalts, so zum Beispiel bei Friedrich von Schillers „Ode an die Freude“, vertont mit Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie, geschehen. Dies soll vor dem Hintergrund dieser abrissartigen Darstellung allerdings nur am Rande erwähnt und wie auch die Einflüsse des Films auf die Literatur in dieser Untersuchung nicht tiefer gehend ausgeführt werden.

In den nun folgenden Kapiteln wird vor dem Hintergrund der Untersuchung des Verhältnisses zwischen Film und Literatur genauer auf die verschiedenen Aspekte der ein- und auch wechselseitigen Einflüsse beider Medien eingegangen werden, wobei zunächst die historische Kollision interessieren wird. Diese ergab sich, wie im ersten Kapitel gezeigt, ganz zwangsläufig innerhalb der Epoche der Industrialisierung, welche stetig technische Neuerungen auf (Alt-)Bekanntes treffen ließ.

3. Der Film trifft auf die Literatur - Eine Geschichte von Koexistenz und Konkurrenz, Synthese und Interdependenzen

Um die Wurzeln der Kunst-Debatte um den Film im Allgemeinen, Literatur und Film im Speziellen und in diesem Zusammenhang um Literaturverfilmung im Besonderen freilegen zu können, ist es nötig, zunächst einen kurzen Blick auf die sich im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts konstituierenden Rahmenbedingungen zu werfen. Denn mit der Institutionalisierung, Fiktionalisierung und Ökonomisierung des Mediums Film ging letztlich auch ein ästhetischer Wandel einher, welcher den Grundstein für die Jahrzehnte andauernden Auseinandersetzungen der Literatur mit dem Film legen sollte und ihr Verhältnis lange Zeit prägte.

3.1 Veränderung der Rahmenbedingungen von Filmproduktion und -rezeption: Institutionalisierung, Ökonomisierung und Fiktionalisierung des Films

In den ersten Jahren des Films[47] gab es keinen besonderen Ort wie das Kino für dessen Vorführungen. Und so waren seine Anfänge als „unverbunden[es] Nebeneinande[r] von einzelnen sehr kurzen Filmen und Filmprogrammen neben anderen Varieté-Nummen“[48] immer „untrennbar mit den Einrichtungen der Unterhaltungsindustrie der Jahrhundertwende“[49] verbunden, wie den Varietés oder den Jahrmärkten. Nach Untersuchungen Hellers lässt sich die Ausdifferenzierung der Filmwirtschaft in „die Trias Produktion-Verleih-Vorführbetrieb“[50] - die Institutionalisierung des Films in ortsfesten sogenannten „Ladenkinos“[51] - in Deutschland zeitlich für das Jahr 1907 nachweisen. Der Film an sich war von Anfang an in seinem „ursprünglichen populär-kulturellen Kontext“ aufgehoben und folgte „der szenischen Darstellungsweise von Erzählungen“[52], an die die Besucher der Unterhaltungsstätten gewöhnt waren. Dies war die Grundvoraussetzung für die Verständlichkeit der Filme: Die „Gemeinsamkeit der populären Kultur“[53], sowohl hinsichtlich der Umgebung, in der Filme gezeigt wurden, als auch hinsichtlich des Publikums, welches die Filme in eben diesem „Umfeld populärer Unterhaltung“[54] rezipierte.

„Die Fähigkeit zu erzählen blieb in diesen frühen Filmen äußerlich, nicht sie erzählten, sondern sie wurden durch eine Erzählung in ihrem Zusammenhang organisiert, die entweder dem Publikum bekannt war oder zusätzlich mitgeteilt werden mußte. Das gilt auch für den (noch seltenen) Fall, daß literarische Stoffe ,verfilmt’ wurden. Stoffe der ,gehobenen’ Literatur kamen noch kaum in Betracht, weil ihre Kenntnis im Publikum (...) nicht vorausgesetzt werden konnte.“[55]

Um in Zeiten zunehmender Nachfrage nach „erzählenden“ Filmen zwischen 1906 und 1908 schnell und effizient produzieren zu können, verschob sich im Bereich des Filmgenres die große Zahl der Produktion filmischer Dokumentation von Ereignissen nach und nach zu einer von (fiktionalen) narrativen Stoffen.[56] Denn das Publikum begann sich bei der andauernden Darstellung „vorhersehbarer, ritualisierter“[57] Ereignisse - wie beispielsweise Paraden oder Auftritten von Hoheiten und Politikern, Reise- und Städtebildern, Kriegs- und Sportberichten - in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts allmählich zu langweilen.[58] Diese „Fiktionalisierung“[59] des Films wurde begleitet von der „Ökonomisierung“ der Filmproduktion: Das neu geschaffene Studiosystem etablierte den Film als Industrie.

Am Ende des mediengeschichtlichen Prozesses von Fiktionalisierung, Ökonomisierung und Institutionalisierung steht letztlich auch ein „neuer Standard der Filmästhetik“[60], der die Debatte um Film und Literatur für die nächsten Jahrzehnte prägen sollte. Dies war eine Reaktion auf veränderte Bedingungen, die Paech mit der ,„Einschreibung’ des Films in die Institutionen der bürgerlichen Kultur und Kunst“[61] beschreibt. Resultierend aus finanziellen Bestrebungen der Produktionsfirmen, das Geschäft mit dem Film so lukrativ wie möglich zu erhalten, wurde der Versuch unternommen, zusätzlich zum „einfachen“ Publikum der (Laden-)Kinos und Jahrmärkte und dem Mittelstandspublikum der Varietés auch das bürgerliche Publikum in die Kinos zu locken, das sich bis dato wenig interessiert zeigte, vielmehr aus einer feindlichen Abwehrhaltung heraus den Vorführstätten generell fernblieb.[62] Angelehnt an „bürgerliche Erzähltraditionen“[63] entstanden so zwischen 1908 und 1909 Filme auf Grundlage berühmter (und anspruchsvollerer) Romane, Gedichte und Theaterstücke.[64] Am Ende dieses Prozesses begannen die Kinos nicht nur ihre Programme zu ändern, sondern mit der allmählichen Wandlung zu „Kino- Theatern“[65] auch ihr Image.

3.2 Erzähltechnische Veränderungen als Voraussetzung für die Adaption literarischer Erzählstrukturen - Der Film lernt das „Erzählen“

Die Entwicklung von Institutionalisierung, Ökonomisierung und Fiktionalisierung des Films während der ersten 10 Jahre des 20. Jahrhunderts führte nicht nur zu einer veränderten Produktion von Filmen, sondern es wurden auch gänzlich andere Filme geboren, als es bis dahin der Fall war. Und dies wiederum lässt Rückschlüsse auf die ästhetische Beziehung zwischen Film und Literatur zu: Denn eine solche Beziehung kann es nur geben, wenn der Film gelernt hat, wie die Literatur zu erzählen.[66] Und eben dieses „Erzählen“ vermochten die bewegten Bilder mit der Zeit zu leisten. Befindet sich die Frühgeschichte des Films mit den anfänglich sehr kurzen und in ihren Darstellungs- und Ausdrucksmöglichkeiten auf das Mindeste beschränkten Filmen technisch gesehen „naturgemäß [noch] auf einer zunächst niederen Stufe“[67], entwickelten sich die Filme in künstlerischer Hinsicht jedoch rasch weiter. Betrachtet man die ersten Schritte der illustrierenden Bilder von „Laterna magica“-

Vorführungen[68] [69], die dem Publikum durch einen begleitenden Erzähler Reiseberichte, biblische oder literarische Erzählungen präsentierten, war der rückblickend betrachtete Weg zu bewegten Bildern der Filme, die für sich selbst sprechen können, nicht weit.

„Der Ansatzpunkt für das filmische Erzählen bzw. das Erzählen mit Filmen lag nicht mehr wie bei den Laterna magica-Vorführungen zwischen den Bildern im Übergang von einem Bild zum nächsten (...), sondern in der (zunächst einzigen) Einstellung des Films selbst.“[70] Und wie Paech einschätzt, ist es grundsätzlich möglich, dass auch ein Film mit nur einer Einstellung „die Gliederung des narrativen Minimalschemas realisiert“[71]. Auch wenn das Erzählen der frühen Filme zu Beginn de facto „äußerlich“ durch den begleitenden Erzähler und die später aufkommenden Zwischentitel organisiert wurde, so zeigt sein in diesem Zusammenhang angeführtes Beispiel aus dem Jahr 1895 (!), der Kurzfilm „L’Arroseur arrosé” von Louis Lumière, dennoch die vorhandenen Möglichkeiten filmischen Erzählens bereits in jener Phase auf, obschon diese sicherlich nicht repräsentativ für die ersten Jahre des Films sind.

Mit der zunehmenden Länge der Filme wichen kleine szenische Alltagsdarstellungen dem „Reichtum der Literatur an vorgeformten und bewährten Handlungen“[72]. Die genannte Einführung von Zwischentiteln um 1907/ 1908 - die bereits in „Aktualitäten- und Dokumentarfilmen“[73] Verwendung fanden - erweiterte so die zu jener Zeit immer noch „stark beschränkten Zeigemöglichkeiten der Kamera“[74] wie auch die „narrative Kompetenz der Spielfilme“[75]. Der funktional angemessene Gebrauch musste allerdings erst noch eingeübt werden.[76]

Paech präzisiert die wesentlichen Veränderungen gegenüber der vorangegangenen „populär-kulturellen Phase des Films“, der „nicht- institutionalisierten Art filmischer Darstellung“[77], an drei Merkmalen. So weicht die theatral geprägte Vorgehensweise, die „Nicht-Kontinuität zeitlicher Abläufe“ durch „große szenische Nähe in räumlich dominierten Situationen“[78] zu kompensieren, der Vorherrschaft des zeitlichen Ablaufs einer Handlung. Ergebnis war, dass die Handlungsorte mithilfe der Stilmittel der Parallel-Montage oder Alternation nun auch weit auseinandertreten konnten - an verschiedenen Orten, aber dennoch mit zeitlich parallelem Verlauf - um irgendwann wieder zusammengeführt zu werden. Das Erzählen im Film nähert sich dem „literarisch Imaginären“ an, da es zur „imaginären Herrschaft über den Raum in der Zeit“[79] wird. Weiterhin war die Filmästhetik von nun an bemüht, „Einstellungsfolgen als kontinuierliche, homogene Erzählung“[80] zu organisieren, was mit einer zeitlich linearen Erzählweise einhergeht, die die Handlung strukturiert. Damit ist der Wechsel von der äußerlichen Handlungsorganisation zu einer inneren vollzogen und gleichzeitig die „Voraussetzung für die Adaption literarischer Erzählstrukturen“[81] geschaffen.

Die nicht-kontinuierliche Erzählweise hatte ihren Empfänger bis dato immer außerhalb der Erzählung, nämlich in der von Paech attestierten „populären Kultur und im Wissen ihrer Mitglieder“[82], die ihrerseits den Film auch nur mit diesem Wissen verstehen konnten, ganz gleich ob es sich um einen dokumentierenden oder fiktionalen Film handelte. Wie Paech als dritten Punkt anführt, tendiert die Veränderung zu einer kontinuierlichen, homogenen Erzählweise nicht zuletzt dazu, „sich nicht mehr wie bisher auf ein referentielles Umfeld kultureller Codes, etwa des Jahrmarktes oder der Varietés, das kulturelle Wissen und die Lebenspraxis ihrer Benutzer zu beziehen, sondern eine eigene, in sich stimmige, verstehbare, homogene Welt zu inaugurieren. Diesen Horizont erzählter imaginärer Welten teilen sich künftig Literatur und Film.“[83]

Diese neue narrative Struktur des Films - als die „alte des literarischen Erzählens der realistischen Literatur des 19. Jahrhunderts“[84] - setzte sich schließlich bis zum Ersten Weltkrieg sowohl in den USA als im weiteren Verlauf auch in Europa durch. Beim Anschluss an die Tradition eines literarischen Erzählens, „deren Paradigma der realistische Roman des 19. Jahrhunderts ist“[85], fungiert dieses literarische Paradigma aber nicht nur als Vorbild „kinematografischer Darstellung“. Vielmehr ist es infolge neuer Wahrnehmungsmuster, die vor dem Hintergrund der Industrialisierung im neunzehnten Jahrhundert natürlich auch prägend auf die schriftstellerische Tätigkeit einwirkten[86], selbst von einer „Art ,fílmischer Schreibweise’ durchsetzt“[87], die die Genese der beweglichen Bilder auf vielerlei Art vorwegnimmt. Und in der Folgezeit schließt die „kinematographische Reflexion der Realität“[88] nicht nur an literarische Schreibweisen an, sondern fällt auch auf diese zurück. Dies verdeutlicht sich besonders an einer Publikation aus dem Jahr 1913, dem „Kinobuch“ als Sammlung „kinematografischer“ Erzählungen verschiedener renommierter literarischer Autoren, auf die allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt im Kontext der kontroversen Debatte um das Kino eingegangen wird.

Neben den erzähltechnischen Neuerungen trat aber auch zunehmend in Erscheinung, was bereits im zweiten Kapitel dieser Arbeit Erwähnung fand. Nämlich der neue wirtschaftliche Aspekt der Relation zwischen Film und Zuschauer, die, von Anfang an unabdingbar, „sich bald enger als in anderen Künsten“[89] erwies. Schon früh begann sie Form und Inhalt von Produktionen zu beeinflussen, was sich über all die Jahrzehnte bis in die heutige Zeit nie verändern, vielmehr hinsichtlich der „Macht des Zuschauers“ noch verfestigen sollte - ein wichtiger Punkt, der vor allem im Zusammenhang mit der Verfilmung des Romans „Das Parfum“ nochmals aufgegriffen wird.

3.3 Der frühe Rückgriff auf Literatur

Der Film griff von Anfang an nach Literatur, auch wenn seine handwerkliche und künstlerische Erzählweise nicht von Beginn an der der Literatur entsprach. So war es schon bis 1910 durchaus nicht ungewöhnlich, „daß bekannte literarische Werke zur stofflichen Vorlage von Filmstreifen herangezogen wurden: vor allem die Bibel, hier insbesondere die Passionsgeschichte, die Dramen Shakespeares und die Werke der deutschen Klassiker stellten einen reichen Fundus dar und waren vor solchen Zugriffen nicht gefeit.“[90]

Wie bei Estermanns Untersuchungen ersichtlich wird, erfolgte die erste Literaturverfilmung bereits im Jahre 1896 in Frankreich durch Lumières filmische Umsetzung von „Faust“-Motiven. In Deutschland begründet in Zeiten der beginnenden Institutionalisierung dann vor allem der aus der stark gestiegenen Nachfrage resultierende „Stoffhunger der Ateliers“[91] den Griff nach der Literatur. Denn man erkannte neben den Dokumentationsfähigkeiten des bewegten Bildes nun auch dessen Gestaltungsfähigkeiten und versuchte, (fiktionale) „Handlungs- und Aktionszusammenhänge“[92] zu inszenieren, um Szenen auf der Leinwand zu füllen. In Deutschland besaß man eine große Vorliebe für die Dramen Friedrich Schillers, so wurden im Jahr 1907 beispielsweise „Kabale und Liebe“ und „Die Räuber“ verfilmt.[93] Doch „angesichts der technischen und ästhetischen Unzulänglichkeiten des frühen Films“ - womit die Jahre bis etwa 1910 gemeint sind -, kann bei diesen Inszenierungen, wenn überhaupt, nur von „bewegte[n] Illustrationen zu den ohnehin auf einige wenige veräußerlichte Handlungsmotive verknappten und verschnittenen literarischen Vorlagen“[94] die Rede sein. So bestand die filmische Projektion von „Die Räuber“ auch lediglich aus 5 Bildern[95]

Mit den technischen Weiterentwicklungen, die die Phase des Stummfilms[96] mit sich brachte, war man dann in der Lage, literarische Vorlagen zusammenhängender darzustellen. Darüber hinaus hatte der institutionalisierte Film, wie gezeigt, bereits Ende der ersten zehn Jahre des 20. Jahrhunderts längst die Voraussetzungen für die Adaption literarischer Erzählstrukturen geschaffen, man denke nur an das Prinzip der kontinuierlichen Erzählweise und ihrer „imaginären Herrschaft über den Raum in der Zeit“[97].

Die literarische Adaptionspraxis bedeutete von Anfang an eine wenigstens stoffliche Orientierung am Künstlerischen, auch wenn in der (erzähl-)technisch noch wenig entwickelten Phase des Films zunächst nur gewisse Ausschnitte übernommen werden konnten - meist aus klassisch gewordenen Werken, „bei denen am ehesten mit der Bekanntheit einzelner Szenen gerechnet werden konnte“[98]. Diese filmischen Experimente jener Jahre werden von Estermann als Versuche beurteilt, „auch mit Hilfe der Literatur das Kino zu erobern“. Sie können seiner Ansicht nach nicht als zeitgenössisch bedrohlich empfundene „Bestrebungen, mit Hilfe des Kinos ,Literatur’ in Besitz zu nehmen“[99], gewertet werden. Einen Film zu drehen und diesen auch zur Vorführung zu bringen, war wichtigster Antrieb der Filmschaffenden jener Zeit, wie auch an den neuen ästhetischen Aufgaben wachsen und zu neuen Erkenntnissen gelangen zu können.[100] Auch die späteren Ambitionen, mithilfe der bewussten Adaption „anerkannter tradierter literarischer Stoffe und dramatischer Darstellungsmuster“[101] neue soziale Publikumsschichten zu erschließen und den Film gesellschaftlich zu nobilitieren, gründeten noch „nicht auf einer inneren Reform [des Films, A.G.], die aus der Reflexion des eigentümlichen filmästhetischen Materialstandes, der filmspezifischen Produktions- und Rezeptionsweise erwachsen wäre, so rudimentär diese zu jenem Zeitpunkt auch erst entwickelt waren“[102].

Vielmehr ist auch zu dieser Zeit - in den ersten Jahren des Stummfilms - die filmische Adaptionspraxis in die ausgemachten Publikumswünsche und die stetigen ökonomischen Zwänge, die Kino-Häuser füllen zu müssen, eingebunden.

Als allgemeine Motive für den Rückgriff auf Literatur führt Helmut Kreuzer zum einen das rein „pragmatisch-ökonomische“ einer „Arbeitserleichterung“[103] der eigenen Findung oder Erfindung von filmischen Stoffen seitens der Filmemacher und auch die Einsparung des Honorars für etwaige Autoren an, welches bei älteren, klassisch gewordenen Texten in der Regel entfiel. Zudem besaßen literarische Autoren jener Zeit vielfach noch zu wenig Erfahrung mit der kinematografischen Herausforderung, wie sich auch in der Darstellung der literarischen Autorenfilmer zeigen wird. So erschien der Rückgriff auf bereits existierende literarische Werke ohne die Mitarbeit Drehbücher verfassender Autoren erfolgversprechender, was sich auch daran zeigt, dass die „innovativen Impulse“ des Stummfilms insgesamt sogar „weniger von Originaldrehbüchern“[104] ausgingen als vielmehr von Literaturverfilmungen. Darüber hinaus erkannte man durchaus den Vorteil des Bekanntheitsgrades vieler literarischer Werke und rechnete mit dem starken Wirkungspotenzial ausgewählter Handlungen[105], was sich bis heute nicht mehr ändern sollte.

3.4 Die historische Beurteilung der Literaturverfilmung

Die zeitgenössischen Beurteilungen der literarischen Stoffe für Verfilmungen innerhalb der frühen, nicht-institutionalisierten Phase bis etwa 1910 sind geprägt durch Schlagworte wie „Schmierentheater“ und „Hintertreppen-Literatur“, alternativ auch „Schundliteratur“, welche die „Brücke zum Film“[106] bilden würden. Wie Paech anregt, mache es mehr Sinn, kulturkritische Verdikte durch „populäre Literatur“ zu ersetzen, um in dieser Hinsicht durchaus berechtigt von einer „Brücke zwischen dieser Literatur und dem frühen Film“[107] sprechen zu können. Denn die ungeheure Popularität der Erzählungen - Paech führt in diesem Zusammenhang auch Alexandre Dumas an, zu jener Zeit in die Ecke der „Schundliteratur“ gestellt, heute der Weltliteratur zugehörig - machte gerade den Wiedererkennungswert innerhalb der Filmvorführung aus, der, wie in Kapitel 3.1 gezeigt, unabdingbar für ihr Verständnis war.

Eine grundsätzliche Ablehnung der Literaturverfilmung wurde vielfach damit begründet, dass das literarische Werk durch eine nachträgliche Bearbeitung zerstört würde. Denn man führte die „Authentizität eines Kunstwerks“ auf dessen „Form- Inhalt-Beziehung“[108] [109] zurück. Was bedeutet, dass die nachträgliche Trennung von Form und Inhalt eines Kunstwerks, beispielsweise durch eine filmische Bearbeitung, den „künstlerischen Wert“[110] des Werkes zerstören würde, wie beispielsweise der deutsche Verleger und Autor Max Bruns im Jahr 1913 betont. Denn diese Kategorien waren der damaligen Auffassung nach untrennbar, da sie „nur einer Intuition“[111] entsprungen seien, nämlich der des originären Autors.

In der Konsequenz dieser Anschauung beurteilte man die filmische Adaptionspraxis nach allgemeingültigem historischen Verständnis der zehner und zwanziger Jahre so auch lediglich als filmischen Anschluss an das originäre literarische Werk.[112] Denn wenn Form und Inhalt durch die filmische Bearbeitung schon getrennt würden, dann nur unter der Voraussetzung, den künstlerischen Gehalt des literarischen Werkes - seinen Inhalt - weiterzuführen. Diese Auffassung sollte auch erst mit der sich konstituierenden Filmwissenschaft und den damit verbundenen Konzepten der Intermedialität und Mediendifferenz in den siebziger Jahren weitestgehend verdrängt werden. Erst dann wird sich das Beurteilungskriterium eines möglichst werkgetreuen Anschlusses der Verfilmung an deren Vorlage zu dem einer filmischen Bearbeitung der Vorlage gewandelt haben, Literaturverfilmung wird dann als Akt der „Interpretation“ angesehen. Den Weg dorthin begründete das neue Verständnis von Literaturverfilmungen als „integrale[r] Bestandteil einer ästhetisch wie industriell gefestigten Kunstgattung ,Film’“, was wiederum die Unabhängigkeit von der „dominierenden Einflußnahme“[113] durch die Literaturszene bedeutete. Zudem sollte sich mit den Jahren zunehmend

„anläßlich der ,neuen Generation’ von Literaturverfilmungen (...) auch die Erkenntnis durchsetzen, daß es bei der Adaption weniger auf die originäre poetische Schöpfung einer literarischen Vorlage denn auf die innovative kinematographische Gestaltung durch den Regisseur ankommt“[114].

An diesen Punkt wird die Untersuchung zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der literatur- und filmtheoretischen Einbindung der Literaturverfilmung noch einmal zurückkehren.

Doch nicht nur in ästhetischer Hinsicht wurde der Rückgriff des als wenig künstlerisch erachteten Mediums Film auf die Literatur debattiert - die genaue Argumentation der literarischen Intelligenz wird in Kapitel 4 analysiert werden -, es breiteten sich vielmehr zunehmend existenzielle Ängste aus, die mit Blick auf die wachsende Konkurrenz der Kino-Häuser alsbald das Ende der Theater heraufbeschworen, ohne jedoch dem Kern allen „Übels“ auf den Grund zu gehen. Doch zunächst zur ausgemachten Gefahr der medialen Opposition.

3.5 Koexistenz und Konkurrenz - Die mediale Opposition zum Theater

So, wie es in heutiger Zeit selbstverständlich ist, im Fernsehen auch „den verlängerten Arm des Films“ zu sehen, müsse die „mediale (...) Opposition“[115] zwischen Literatur (im Medium des Buches) und Film (in Kino und Fernsehen) nach Ansicht Albersmeiers auch durch das szenische Medium „Theater“ erweitert werden. Denn das Theater ist im Gegensatz zu der privaten Lektüre die „öffentliche Begegnungsstätte zwischen der literarischen Intelligenz und dem Publikum“[116] und demzufolge natürlich umso interessanter für (öffentliches) literarisches Wirken.

Der Lumiére’sche Kinematograf trat Ende des 19. Jahrhunderts nicht primär zur Buchliteratur in Konkurrenz, sondern in erster Linie zu den Institutionen des Theaters. So erzählte er Geschichten und inszenierte Dramen in „unverstellter Anlehnung an die in der Gattungshierarchie und vom aristokratisch-bürgerlich geprägten Kulturverständnis her als weit nobler eingestuften Theaterkonventionen“[117]. Diese Übernahme „prestigeträchtige[r] Element[e] der Theaterkultur“[118] empfand ein großer Teil der Literaten zu jener Zeit als unangemessene Provokation. Nichts desto trotz wurden aufgrund der damaligen Anschauung, das Kino gehöre „funktions- und gattungsmäßig in die Nähe des Theaters“[119], in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts überwiegend Klassiker für ein breites Publikum aufbereitet, wenngleich mit den genannten, zunächst noch „trivialen dramaturgischen Mitteln“[120]. Mit der anfänglich formalen Orientierung am Theater wurde die Textgattung Drama[121] hinsichtlich der Entwicklung eines realistischen Filmstils „als Maßstab für die Entwicklung einer analogen filmspezifischen Dramaturgie“[122] betrachtet. Mit dem Aufkommen dieses neuen Filmgenres des „Kinodramas“ sollte sich der Kino-Theater-Streit unumkehrbar entzündet haben. Nach Ansicht Welthers wird dabei vor allem die Frage aufgeworfen, ob die Dramatik lediglich der „tradierten Theaterkunst“ vorbehalten und somit auch nur auf der (Theater-)Bühne umzusetzen sei oder ob sie als womöglich „übergeordnete ästhetische Kategorie“[123] als solche dem Prinzip nach auch auf andere Medien übertragen werden könne. Vor dem Hintergrund der durch den Film praktizierten „Übertragung“ der Dramatik störte man sich auf Seiten der Literaten insbesondere an der „scheinbare[n] Zusammenhanglosigkeit der Filmszenen“, die als solche „in krassem Gegensatz zum Postulat der psychologischen Motivierung jeglicher Bühnenhandlung“[124] stehe. Nach Ansicht Schaudigs resultierte die in seinen Augen durchaus berechtigte kritische Distanz und Skepsis des Bildungsbürgertums gegenüber dem neuen Medium Film weiterhin aus der Anlehnung des Stumm-Films an das Sprech-Theater.[125] So bemerkt Max Brod in seinen Ausführungen zum „Kinematographentheater“ im Jahr 1909 ironisch:

„Dies bewundere ich; noch mehr aber, wie durch Gesten die kompliziertesten Voraussetzungen deutlich gemacht werden. Man sieht:

,dich hasse ich’ oder ,warum hast du gestern meinem Onkel gesagt, daß ich um halb sechs Uhr noch zu Hause war?’ oder ,auch der Sohn dieses Mannes hat mich vor zwanzig Jahren bestohlen’. Und nur das eine erscheint mir rätselhaft, da gewöhnliches Sprechen schon durch so starke Gesten dargestellt wird: wie man kinematographisch jemanden andeuten würde, der in einem fremden Land gestikulierend sich verständlich macht oder der von Natur aus zu heftigen Gebärden neigt.“[126]

Vor allem die Tatsache, dass die Theater in den Jahren 1909 und 1910 einen starken Rückgang der Besucherzahlen zu verbuchen hatten, versetzte deren Betreiber und die literarische Intelligenz in Alarmstimmung. Das Kino wurde schnell als augenscheinlich zu starker Konkurrent ausgemacht und galt somit als Kern allen Übels. Jedoch bringt Emilie Altenloh bereits im Jahr 1914 in einer vorgelegten Studie den Nachweis, dass das Publikum des Kinos mit jenem des anspruchsvollen (Literatur-)Theaters nicht gleichzusetzen ist, das behauptete Konkurrenzverhältnis somit also gar nicht bestünde. Vielmehr sei das Theater „eine Bühne für wenige Auserlesene“, der „drei Viertel der Menschen (...) fremd gegenüberstehen und für sich nichts mehr darin finden können“[127]. Darüber hinaus bemerkt Walter Serner im Jahr 1913:

„Die Konkurrenz, die das Kino dem Theater macht, ist übrigens negativ: sieben Achtel aller Kinobesucher gingen vor dem Erscheinen des Kinos ebenso selten oder ebenso häufig ins Theater wie nachher.“[128]

So sieht auch Heller die ungeheure Popularität des frühen Films maßgeblich in der „Kluft“ zwischen einer Literatur, welche „als ,die’ (Theater-)Literatur nur das gelten ließ, was einverständlichen bildungsbürgerlichen Wertmaßstäben genügte“, und einem „Massenpublikum, das seine ästhetischen Bedürfnisse stattdessen im Film zu befriedigen suchte“[129], begründet. Somit setzt sich allein das Kino in einer Zeit als populäre Kunst durch, „in der selbst das Theater - eine in hohem Maße soziale Kunstform - nur eine kulturell und finanziell privilegierte Minderheit anzieht“[130]. Das neue Publikum wird mehr und mehr erobert, vor allem auch insofern, als eine offensichtliche „Kultivierung“[131] der Kinos die Gäste in „Kinopaläste“ strömen lässt. Die Betreiber künftiger Kino-Häuser wollten mithilfe repräsentativer Architektur und opulenter Ausstattung neben Arbeitern auch das besser zahlende Publikum der Kleinbürger und Angestellten zu den Vorstellungen locken.[132] Ein Vorhaben, das Manuel Lichtwitz als Imitation des Theaters als „Tempel des bürgerlichen Bildungsbegriffes“[133] beurteilt. Und so wandelten sich die einstigen Provisorien bis zum Ersten Weltkrieg in elegante Kinos mit über tausend Plätzen, für deren Besuch sich manch einer kleidete, „als ob es sich um ein gesellschaftliches Ereignis und nicht nur um den Besuch des ,Kintopp’ an der Ecke handelt“[134].

Letztlich hatte sich die Filmindustrie bis zum Jahr 1912 gänzlich im Unterhaltungsgewerbe etabliert, was auch die Zahlen der sich immer mehr verbreitenden Kino-Häuser in Deutschland belegen: Gab es 1900 lediglich 2 von ihnen, waren es 1910 in 29 Städten bereits 456 und 1913 in ganz Deutschland 2371 ständige F ilm-Vorführstätten.[135]

Diese Entwicklung hatte auch wirtschaftliche Folgen für das Theater. Das Kino, einst von Theaterkritikern als „Theater des kleinen Mannes“[136] belächelt und ignoriert, entwickelte sich zu einer ernstzunehmenden „ökonomischen Medienkonkurrenz“[137]. Doch statt eigene Strategien zu entwickeln, um mehr Menschen zu den Theatervorstellungen zu locken, wurde Mitgliedern des Deutschen Bühnenvereins und der Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger im Jahr 1912 die Beteiligung an jeglicher Filmproduktion untersagt. Man versuchte so, die publikumswirksamen Ambitionen, bekannte Theater-Schauspieler und Autoren zu einer Arbeit für den Film zu bewegen, zu unterbinden.[138] Diese Angriffe von Seiten des Theaters unterwarfen den Film „einem kulturellen Legitimationszwang“[139], welcher die Debatte um das neue Medium noch Jahre später prägen sollte.

Ergebnis war letztlich ein Zustand zunehmender Konfrontation von Kino und Theater, bedingt durch die als ernste Konkurrenz empfundene Filmproduktion, die sich ab dem Jahr 1907 zunehmend auf dramatische Filme konzentrierte.[140] Und auch wenn sich die filmästhetischen Techniken zunehmend von der theatralen Erzählweise lösten - wie beispielsweise die Einführung von Zwischentiteln und die dadurch möglich gewordenen narrative Strukturierung von Ort und Zeit -, sei an dieser Stelle erwähnt, dass die ansatzweise neuen Möglichkeiten filmdramaturgischer Gestaltung noch nicht die Abkehr von einer (äußerlichen) Anlehnung an das Theater bedeuten sollten, vor allem mit Blick auf die sogenannten „Kino-Theater“, die sich im Ringen um gesellschaftliches Ansehen um 1910 boomartig ausbreiteten und so eine Konfrontation des Literatur- mit dem Filmbetrieb nicht unbedingt verhinderte. Nicht zuletzt die Tatsache, dass die Verfilmung von Dramen als klassisches Repertoire des Theaters bis zum Auftritt des Tonfilms im Vergleich zu verfilmten epischen Werken grundsätzlich überwog[141], gibt zumindest dem Vorwurf einer Anlehnung des Films an die Dramatik recht, auch wenn es sich letztlich nur noch auf eine äußerliche Anlehnung beschränkte, da der Film in Zeiten des Stummfilms längst auf eigene spezifische Darstellungsmittel zurückgreifen konnte.

Letztlich forderten diese Entwicklungen so bestehende kulturelle Institutionen heraus, sich den neuen Gegebenheiten zu stellen. Und Ergebnis dieser leidenschaftlichen Auseinandersetzungen über Film und Theater war genau das, was doch eigentlich vermieden werden sollte: Das Kino wird zunehmend öffentlich thematisiert und ein „ernstzunehmender Kulturfaktor“, dem in einer „weiter gewordenen Kultursphäre ein Platz eingeräumt werden muß“[142], auch wenn dies noch nicht der Platz neben dem Theater sein sollte. Und nicht zuletzt zeigen der Streit um das Konkurrenzverhältnis zwischen Kino und Theater und die Abgrenzungsbestrebungen der literarischen Intelligenz, dass der Film längst das ist, was gerne wegdiskutiert werden wollte: Nämlich ein ernstzunehmender Gegner.

Bevor jedoch die Kunst-Debatte um den Film im Allgemeinen, Literatur und Film im Speziellen und in diesem Zusammenhang um Literaturverfilmung im Besonderen im vierten Kapitel dieser Arbeit thematisiert werden soll, verdeutlicht das nun folgende Kapitel - im direkten Anschluss an die Kino-Theater-Problematik - , dass keineswegs jeder in dem Neuen eine existenzielle Gefahr für Altbewährtes sah. Mit der Hoffnung auf (lukrative) künstlerische Neuorientierung öffneten sich nun einige literarische Autoren und Bühnenschauspieler einer aktiven Teilnahme am Film-Geschäft. So stellen die Jahre 1912 und 1913 mit der Kooperation von Angehörigen des Theaterbetriebs und Autoren auf Seiten der Literatur mit

Filmschaffenden auf der anderen Seite eine wesentliche filmhistorische Zäsur für die (Be-)Achtung des Mediums Film auch in kulturkritischen Kreisen dar.

3.6 Synthese und Interdependenzen - Filmische Ambitionen literarischer Autoren

Trotz der Diskussion um den „Einbruch“ des Films in die traditionellen Kulturgüter Literatur und Theater und der Tatsache, dass der Film zunächst keine Anerkennung als Kunstform fand, aber den Versuch einer Annäherung an bürgerliche Kunstinstitutionen, berühmte Schriftsteller und Theaterschauspieler unternahm[143], erkannte man auf Seiten mancher literarischer Autoren und Bühnenschauspieler - trotz des offiziellen Verbots des Bühnenvereins - die Chancen künstlerischer Neuorientierungen, welche womöglich gar eine Bereicherung für den Kulturbetrieb hätten darstellen können.

Mit dem Ziel, „literarisch wertvolle“ Filme zu realisieren, regten Filmproduzenten in Deutschland literarisch tätige Autoren zu „Bearbeitungen für den Film“ wie auch zu „Neuschöpfungen für ihn“[144] an. Und die im Jahr 1910 nach französischem Vorbild gegründete „Gesellschaft zur Verwertung schriftstellerischer Ideen für kinematographische Zwecke“, gleich ihrer französischen Vorgängerin der „Film d’Art“, machte es sich schließlich zur Aufgabe, durch das Engagement berühmter Bühneninterpreten und literarischer Autoren Stoffe der Weltliteratur zu verfilmen.

Für den ersten als „künstlerisch wertvoll“ erachteten Stummfilm „Der Andere“ schrieb Paul Lindau, bekannter Autor und ehemaliger Intendant des Berliner Deutschen Theaters, das Drehbuch nach seinem gleichnamigen Bühnenstück aus dem Jahr 1893. Damit war im Jahr 1912 über die erstmalige „literarisch- kinematographische Kooperation“[145] der „Autorenfilm“[146] geboren, überhaupt wurde das Medium Film erst durch diese Produktion von der literarischen Intelligenz alsmediengeschichtliches Novum auf breiter Basis zur Kenntnis genommen.[147] So breitete sich in Deutschland schließlich auch der Terminus „Literaturverfilmung“ ab den Jahren 1912 und 1913 parallel zu jenem der „Autorenfilme“ aus.[148]

Die filmhistorische Zäsur wurde in ihrer Bedeutung als solche von den Zeitgenossen allerdings nicht erkannt. War es doch in erster Linie auch nur der zu jener Zeit bedeutendste deutsche Bühnenschauspieler Albert Bassermann[149], der in seiner Rolle als Rechtsanwalt Hallers in „Der Andere“ glänzte und die Aufmerksamkeit der „meinungsbildenden ,Kulturöffentlichkeit’“[150] - niemand von ihnen Filmschaffender - erregte, und nicht so sehr Max Macks’ filmische Umsetzung des Bühnenstückes, welche das Interesse weckte. So stellt dieser Einschnitt keinen wirklichen Umbruch im Verhältnis von Literatur zum Film dar. Vielmehr erkannte man auf Seiten der Filmindustrie, dass die literarische „Kost“ der Autorenfilme meist nicht den Geschmack der breiten Masse des Publikums traf, um nicht zu sagen, dass ihr die dargestellten Inhalte größtenteils unverständlich blieben.[151] Es war allerdings kein Problem einer vermeintlich ästhetischen Überforderung des „einfachen“ Filmsehenden durch (literarisch) anspruchsvolle Produktionen, sondern vielmehr eines des sozialen Gehalts, „der den meisten ,Autorenfilmen’, ihren Konflikt- und Handlungsstrukturen, innewohnte“[152]. So weist Heller auf die eigentümliche thematische Konstanz der besonderen Vorliebe „für das Problem der fragwürdigen oder zerbrochenen Identität“[153] hin, wobei mit „Der Andere“ längst nicht nur ein Beispiel filmischer Gestaltung gespaltener Persönlichkeiten genannt werden könnte.[154] Zudem offenbarte sich ein offensichtlicher Widerspruch zwischen Literaturschaffenden auf der einen Seite, die sich mit dem deutschen Autorenfilm augenscheinlich auf das neue Medium einließen, und dem daraus resultierenden ästhetischen Produkt auf der anderen Seite, welches aber zumeist „Bilderwelten eines.

[...]


[1] Roesler-Graichen, Michael (2008): Perspektiven für das E-Book in Deutschland. Online im Internet: URL: http://www.goethe. de/kue/lit/thm/lub/de3834876.htm [23.02.09].

[2] Roesler-Graichen, Michael: Perspektiven für das E-Book in Deutschland.

[3] Helmut Kreuzer: Medienwissenschaftliche Überlegungen zur Umsetzung fiktionaler Literatur. Motive und Arten der filmischen Adaption, 1981; In: Helmut Kreuzer: Aufklärung über Literatur: Epochen, Probleme, Tendenzen; ausgewählte Aufsätze (Bd. 1), hrsg. von Seibert, Peter/ Bäumer, Rolf/ Bollenbeck, Georg; Heidelberg 1992, S. 254-271, S. 260.

[4] Wegener, Paul: Die künstlerischen Möglichkeiten des Films (1916), In: Möller, Kai (Hrsg.): Paul Wegener. Sein Leben und seine Rollen; Hamburg 1954, S. 102-113, hier: S. 104.

[5] Wegener, S. 104, siehe auch: Helmut Kreuzer: Medienwissenschaftliche Überlegungen, S. 257.

[6] Vgl. Kanzog, Klaus: Der Film als philologische Aufgabe; In: Kontroversen, alte und neue; S. 267- 276, hier: S. 270.

[7] Schaudig, Michael: Literatur im Medienwechsel: Gerhart Hauptmanns Tragikomödie „Die Ratten“ und ihre Adaptionen für Kino, Hörfunk, Fernsehen; Prolegomena zu einer Medienkomparatistik (Diskurs Film: Bibliothek, Bd. 4); München 1992, S. 31; Schaudig definiert den Begriff „Medienwechsel“ wie folgt: „Wird ein künstlerisches Werk aus dem Präsentationszusammenhang seines originären Mediums gelöst und für ein anderes Medium genutzt, so ist der Akt dieses Transformationsprozesses als Medienwechsel, sein Ergebnis als Adaption zu bezeichnen.“, S. 25.

[8] Schaudig, S. 31; Zur Vorgeschichte kinematografischer Wahrnehmung und dem speziellen Aspekt der Entwicklung von technischer Reproduzierbarkeit siehe Schnell, Ralf: Medienästhetik. Zu Geschichte und Theorie audiovisueller Wahrnehmungsformen, Stuttgart/ Weimar 2000, S. 13-50.

[9] Vgl. Albersmeier, Franz-Josef: Bild und Text. Beiträge zu Film und Literatur (1976-1982); Europäische Hochschulschriften (Reihe 30: Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften, Bd. 12); Frankfurt Main/ Bonn 1983, S. 66.

[10] Schaudig, S. 30.

[11] Zur Genese des bewegten fotografischen Bildes ausführlicher in Jacobsen, Wolfgang/ Kaes, Anton/ Prinzler, Hans-Helmut (Hg.): Geschichte des deutschen Films; Stuttgart/ Weimar 2004, S. 13ff.

[12] Schaudig, S. 13.

[13] Vgl. Albersmeier: Bild und Text, S. 66.

[14] Schaudig, S. 30.

[15] Vgl. ebd. S. 30.

[16] ebd. S. 30.

[17] Scheurer, Hans. J.: Zur Kultur- und Mediengeschichte der Fotografie: Die Industrialisierung des Blicks; Köln 1987.

[18] Vgl. Schaudig, S. 30.

[19] Vgl. Scheurer, S. 61.

[20] ebd. S.62.

[21] ebd. S. 62.

[22] Dencker, Klaus Peter: Über die wechselseitige Befreiung der Künste. Zum Medieneinfluß und zur Veränderung des Kunstbegriffs auf dem Weg ins 20. Jahrhundert; In: Sprache im technischen Zeitalter; 109 (1989), März, 27. Jg., S. 151-170, hier: S.159.

[23] Unterhaltung soll hier im Sinne Hans-Otto Hügels zunächst definiert sein als „Teilhabe an medial vermittelten Ereignissen und Artefakten“; In: Hügel, Hans-Otto: Zugangsweisen zur Populären Kultur. Zu ihrer ästhetischen Begründung und zu ihrer Erforschung; In: Göttlich, Udo/ Albrecht,Clemens/ Gebhardt, Winfried (Hg.): Populäre Kultur als repräsentative Kultur. Die Herausforderung der Cultural Studies; Köln 2002, S. 52-78, hier: S. 66.

[24] Paech, Joachim: Literatur und Film; Stuttgart/ Weimar 1997, S. 1.

[25] Hügel, Hans-Otto: Ästhetische Zweideutigkeit der Unterhaltung. Eine Skizze ihrer Theorie; In: montage/av; 2/ 1 (1993), S. 119-141, hier: S. 138.

[26] Der Terminus „populäre Kultur“ ist erst seit den 1970er Jahren in wissenschaftlichen Werken zu finden und dient der Unterscheidung zwischen Hoch- und Populärkultur, über deren Einteilung bis heute im Rahmen der Cultural Studies diskutiert wird (exemplarisch hierfür: Udo Göttlich, Clemens Albrecht, Winfried Gebhardt (Hg.): Populäre Kultur als repräsentative Kultur. Die Herausforderung der Cultural Studies; Köln 2002); In Anlehnung an Hans-Otto Hügel halte auch ich die Differenz zweier Systeme für sinnvoll, wobei die „populäre Kultur“ hier durch eine unterhaltende Zugangsweise bestimmt sein soll. Im Maßstab einer ganzen Gesellschaft meint „populär“ „kulturale Praxen und Angebote, die der Unterhaltung und Vergnügung vieler dienen und aus der Perspektive von Bildung in Frage gestellt werden“, Maase, Kaspar: Jenseits der Massenkultur. Ein Vorschlag, Populäre Kultur als repräsentative Kultur zu lesen, In: Udo Göttlich, Clemens Albrecht, Winfried Gebhardt (Hg.): Populäre Kultur als repräsentative Kultur. Die Herausforderung der Cultural Studies; Köln 2002, S. 79-104, hier: S. 80; Auf die umfassende Definition von Unterhaltung wird zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der Anerkennung des Films als Kunst noch einzugehen sein.

[27] Albersmeier: Bild und Text, S. 72.

[28] Ebd. S. 72.

[29] Ebd. S. 66.

[30] Vgl. Ebd. S. 66.

[31] Albersmeier: Bild und Text, S. 66.

[32] Ebd. S. 73.

[33] Vgl. Paech: Literatur und Film, S. 5.

[34] „Literarische Intelligenz“ bezieht sich mit Blick auf die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert auf die bildungsbürgerliche, literarische Öffentlichkeit, welche innerhalb des politischen Meinungsbildungsprozesses einen exklusiven Stellenwert besaß. Die Auseinandersetzung mit dem Medium Film und der Institution „Kino“ erfolgte insbesondere durch die Kinoreformbewegung, welche auf dem bildungsbürgerlichen Selbstverständnis gesellschaftlicher Exklusivität gründete (Vgl. Anm. 172), sowie durch die Kino-Debatte, die sich auf dem literarischen Selbstverständnis künstlerischer Exklusivität gründete, wobei man sich innerhalb dieser Debatte dieses Selbstverständnisses vergewisserte.

[35] Albersmeier: Bild und Text, S. 83.

[36] Ebd. S. 74.

[37] Vgl. Ebd. S. 74.

[38] Vgl. Albersmeier: Bild und Text, S. 85; So sei der Film aus der internationalen modernen Dramaturgie nicht mehr wegzudenken, wie beispielsweise bei Brechts Inszenierungen erkennbar würde.

[39] Vor dem Hintergrund der kontroversen Diskussion über den (Un-)Sinn der Bezeichnung „Literaturverfilmung“ (ausführlicher dazu in Kapitel 5.4) soll der Begriff „Literaturverfilmung“ in dieser Untersuchung in Anlehnung an Schaudigs Definition lediglich als Indikator eines stattgefundenen Medienwechsel genutzt werden. Auch die Bezeichnungen im Kontext von „Adaption“ und „Transformation“ dienen im Verlauf lediglich dem wörtlich-prozessualen Sinne von „anpassen“, „umwandeln“ oder auch „umgestalten“, unabhängig von der in Kaptitel 5.5 vorgenommenen methodischen Klassifizierung der Adaptionstypen.

[40] Dencker S. 151, Hervorhebung aus Original übernommen.

[41] Der Begriff des Mediums soll hier zunächst als umfassender Begriff verstanden werden, der alle Mittel umschließt, derer wir uns beim Kommunikationsprozess bedienen. Dieser Medienbegriff bezieht so auch das Theater, historisch wie aktuell, mit ein, wodurch wiederum auch die historische Dimension gewährleistet ist, auf welche die Untersuchung eingangs abhebt. Zum Medienbegriff vor dem Hintergrund des „Prinzip[s] der Organisation von Kommunikation“ siehe Schanze, Helmut: Literaturgeschichte als ,Mediengeschichte’? Umrisse einer Fernsehgeschichte der Literatur; In: Kreuzer, Helmut (Hg.): Literaturwissenschaft-Medienwissenschaft; Heidelberg 1977, S. 131-144, hier: S.132. Zum Begriff „Massenmedium“: Hier soll das Kriterium der Reichweite (sowohl qualitativ als auch quantitativ) herangezogen werden, um das Massenmedium von anderen Medien zu unterscheiden.

[42] Albersmeier: Bild und Text, S. 73.

[43] Ebd. S. 73.

[44] Ebd. S. 93.

[45] Ausführlicher dazu Albersmeier: Bild und Text, S. 92ff

[46] Gedichte zum Nachlesen und Ansehen: Poem - Ein Film von Ralf Schmerberg (2003): Online im Internet: URL: http://www.poem-derfilm.de [28.2.2009].

[47] Die erste öffentliche Filmvorführung erfolgte mit dem „Cinématographe“ der Brüder Louis und Auguste Lumière im Dezember des Jahres 1895 in Paris. In der Filmgeschichtsforschung hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine „Geburt“ des Films im Sinne eines bestimmten Datums nicht zu halten ist; So weist Elsaesser darauf hin, dass weniger von einer „Geburtsstunde“ die Rede sein sollte, sondern vielmehr von kontinuierlichen Versuchen technischer „Verbesserungen des schon Bestehenden“ (bspw. als Fortführung der Laterna Magica); In: Elsaesser, Thomas: Filmgeschichte und frühes Kino. Archäologie eines Medienwandels (edition text+kritik); München 2002, S. 37; Exemplarisch auch bei Toeplitz, Jerzy: Geschichte des Films; Bd. 1 (1895-1928); Berlin 1984, Vgl. S. 17: Toeplitz beurteilt den Verdienst der Brüder Lumiere als Vollendung der Versuche vieler bekannter und unbekannter Vorgänger, sie setzten quasi das I-Tüpfelchen auf die Entwicklung des technischen Projektionsapparats. So entwickelten sich Möglichkeiten des technischen Aufnahme- und Wiedergabeverfahrens an verschiedenen Orten unabhängig voneinander etwa zu gleichen Zeit.

[48] Paech: Literatur und Film, S. 5; siehe auch Jacobsen/ Kaes/ Prinzler: Geschichte des deutschen Films, S. 16f.; Heller sieht den wesentlichen Grund der großen Popularität des frühen Films zur Zeit des „ambulanten“ Kinogewerbes und auch in den ersten Jahren der späteren Sesshaftigkeit im Programm-Charakter eines „mixtum compositum“. Soweit angesichts der Kürze der Filmstreifen schon von Genres die Rede sein kann, schlossen diese sich zu einem „wahren Potpourri“ nur eines abendfüllenden Filmprogrammes zusammen: Naturaufnahmen, Dokumentaraufnahmen öffentlichkeitswirksamer gesellschaftlicher Vorgänge, Vorläufer des späteren „Kulturfilms“ und insbesondere der späteren Wochenschauen, inszenierte Spielszenen mit Zügen der Humoresken, des Melodrams bis hin zu jenen von Abenteuer- und Schauerdramatiken, Trickaufnahmen und „rudimentäre Vorformen späterer Slapstick- wie auch formalistischer Experimentalfilme“; In: Heller, Heinz-Bernd: Literarische Intelligenz und Film. Zu Veränderungen der ästhetischen Theorie und Praxis unter dem Eindruck des Films 1910-1930 in Deutschland (Medien in Forschung und Unterricht, Serie A, Bd. 15); Tübingen 1985, S. 32.

[49] Paech: Literatur und Film, S. 2.

[50] Heller, S. 27.

[51] Der Begriff „Laden-Kino“ gründet vor allem auf der Eröffnung von notdürftig umfunktionierten ständigen Vorführstätten in den Ladenzeilen größerer Städte, wie bspw. in Caféstuben, Destillen, Ladenlokalen; Der Image-Wandel von Film und Kino vollzog sich Jahre später auch hinsichtlich dieser Lokalitäten, so wandelten sich die „Laden-Kinos“ in Berlin bereits 1910 zu „Kino-Theatern“ - beinahe schon zu palastähnlichen Häusern -, worauf im weiteren Verlauf noch genauer eingegangen wird; Vgl. Paech, Anne/ Paech, Joachim: Menschen im Kino. Film und Literatur erzählen; Stuttgart/ Weimar 2000, S. 29; Heller, S. 25f.

[52] Paech: Literatur und Film, S. 13.

[53] Hügel unterscheidet 6 Phasen der populären Kultur der „Unterhaltung“, wobei die 3. Phase (datiert von 1890 bis 1920) - nach einer Zeit der „Unterhaltung“ als vornehmlich unterhaltende Lektüre, die überwiegend zu Hause geschieht - nun durch das Entstehen von einer Unterhaltungskultur geprägt ist, d.h. eine „Etablierung von sozialen, außerhäuslichen Gewohnheiten, Orten, Institutionen, Zeiten, die der Unterhaltung gewidmet sind“, In: Hügel, Hans-Otto (Hg.): Handbuch populäre Kultur; Stuttgart 2003, S. 18.

[54] Paech: Literatur und Film, S. 11.

[55] Ebd. S. 11f.

[56] Vgl. Elsaesser: Filmgeschichte und frühes Kino, S. 25; Paech: Literatur und Film, S. 26.

[57] Paech: Literatur und Film, S. 26.

[58] Vgl. Jacobsen/ Kaes/ Prinzler: Geschichte des deutschen Films, S. 19; Vgl. Paech: Literatur und Film, S.8 u. S.26.

[59] Um 1900 betrug der Anteil dokumentierender Filme an der Gesamtproduktion noch 87%, 1904 noch 42% und 1908 nur noch 4% gegenüber fiktional-narrativen Texten; In: Paech: Literatur und Film, S. 25; siehe auch Schaudig, S. 42.

[60] Paech: Literatur und Film, S. 28.

[61] Paech: Literatur und Film, S. 28.

[62] Vgl. ebd. S. 28.

[63] Ebd. S. 28.

[64] Im Vergleich zu den Jahren 1908/ 09 betrug im Jahr 1904 der Anteil von Komödien und Trickfilmen an der Gesamtproduktion noch 50%, der der dramatisch-erzählenden Filme aber nur 8%; Der Anteil dramatisch-erzählender Filme sollte somit mit der Zeit überwiegen; In: Paech: Literatur und Film, S. 25.

[65] Siehe Anm. 51.

[66] Vgl. Paech: Literatur und Film, S. 5.

[67] Estermann, Alfred: Die Verfilmung literarischer Werke; Abhandlungen zur Kunst-, Musik- und Literaturwissenschaft (Bd. 33); Bonn 1965, S. 185.

[68] Das Verfahren von Laterna magica-Vorführungen beruhte auf einer Aneinanderreihung von Scheiben, wobei jede einzelne für sich eine Szene einer Erzählung etc. illustrierte, die entweder bekannt war oder vom Vorführer erzählt wurde; Vgl. Paech: Literatur und Film, S. 10.

[69] Vgl. Paech: Literatur und Film, S. 5.

[70] Ebd. S. 5.

[71] Ebd. S. 7; Paech sieht dies beispielsweise in Lumières „Arroseur arrosé“ gegeben - eine der ersten fiktionalen Erzählungen über einen Gärtner, der mit einem Schlauch den Rasen sprengt (a), dem dann von einem Jungen ein Streich gespielt wird (b) und der sich letztlich dafür rächt (c): eine kleinste vollständige Handlung zeigt sich im anfänglichen Zustand des Gleichgewichts (a), der zu einer Störung des Gleichgewichts fortschreitet (b), bis am Ende der Gleichgewichtszustand wieder hergestellt wird (c).

[72] Estermann, S. 188; siehe auch Kreuzer: Medienwissenschaftliche Überlegungen, S. 257.

[73] Schaudig, S. 44.

[74] Estermann, S. 186.

[75] Schaudig, S. 44.

[76] Schaudig belegt die positive Entwicklung hin zu einem adäquaten Gebrauch der Zwischentitel wie folgt: 1908 betrug das „durchschnittliche Verhältnis der Anzahl von Zwischentiteln zu Bildeinstellungen“ etwa 70%, dies verringerte sich 1912 auf etwa 50%, bis 1920 erreichte es ein „erträgliches Maß“ von 20%; In: Schaudig, S. 44.

[77] Paech: Literatur und Film, S. 29.

[78] Ebd. S. 29.

[79] Ebd. S. 29.

[80] Ebd. S. 29: David Wark Griffith trug seit 1908 als Regisseur der amerikanischen Biograph­Company „wesentlich zur Herausbildung der neuen narrativen Strukturen“ bei. Er war der erste, der als „film-künstlerische Persönlichkeit mit den in dieser Zeit entstehenden neuen Ausdrucksmöglichkeiten des Films“ in Verbindung gebracht werden konnte, sowohl hinsichtlich der Entwicklung hin zum kontinuierlichen filmischen Erzählen als auch bei der Herausbildung wesentlicher Montageprinzipien.

[81] Paech: Literatur und Film, S. 29.

[82] Ebd. S. 29.

[83] Ebd. S. 29.

[84] Paech: Literatur und Film, S. 30.

[85] Kaltenecker, Siegfried: Die Komödie der Dinge: 'Professor Unrat' im 'Blauen Engel'. Anmerkungen zum Verhältnis von Literatur und Film; In: Wespennest; 95 (1994), S. 57-65, hier: S. 57.

[86] Hier sei noch einmal in aller Kürze auf den von Albersmeier definierten Typ der Einflussnahme von Film auf Literatur verwiesen: Im Kontext einer medialen Wechselwirkung wurde auch der Einfluss des Films auf den Prozess des Schreibens als selbstverständliches Wirkungsprinzip erkannt. Denn so stellt sich schon der Regisseur Sergej Eisenstein angesichts der von ihm in den Romanen von Charles Dickens entdeckten filmischen Mittel wie Montage- und Überblendungstechniken die Frage, ob Dickens damit gar die „Sinfonie der Großstadt“ vorweggenommen hätte - ein Film, der bekanntlich erst mehr als ein halbes Jahrhundert nach Dickens den Weg auf die Leinwand fand. Insgesamt ist durch die Technik des Films eine gänzlich neue Optik in die Literatur gebracht worden wie auch qualitative auszumachende Veränderungen, belegbar beispielsweise an Döblins „montierten“ Roman „Berlin Alexanderplatz“; Vgl. Dencker, S. 157ff.

[87] Kaltenecker, S. 57.

[88] Ebd. S. 57.

[89] Estermann, S. 188.

[90] Heller, S. 42.

[91] Estermann, S. 187; Helmut Kreuzer bezeichnet diese Entwicklung als „notorischen Stoffhunger“, In: Kreuzer: Medienwissenschaftliche Überlegungen, S. 257f.; Estermann nutzt in seinen Darstellungen die Bezeichnung „Atelier“, wohingegen der Begriff „Ladenkino“ in Paechs mediengeschichtlicher Untersuchung des Films vorherrscht.

[92] Estermann, S. 187.

[93] Vgl.ebd. S. 15 u. S. 18.

[94] Heller, S. 42.

[95] Vgl. Estermann, S. 18.

[96] In der Phase des Stummfilms (1912-1930) sind alle Errungenschaften zu verzeichnen, die in der Filmtheorie als das „Filmische“ gelten: Montage- und Schnitttechniken, Beweglichkeit der Kamera, Aufnahme- und Kopiertricks, die Vor-, Rück- und Zwischenblenden, das Kammerspiel, die systematische Großaufnahme, die zunehmende Verdrängung von Zwischentiteln und die Konzentration auf das „erzählerische“ Wesen des Films; Vgl. Michel, Willy: Literaturverfilmung - Funktionswandel eines Genres; In: Universitas. Zeitschrift für Wissenschaft, Kunst und Literatur; 9 (1985), 40. Jg., Nr. 472, S. 1015-1027, hier: S. 1018; Estermann, S. 190.

[97] Paech: Literatur und Film, S. 29.

[98] Estermann, S. 187.

[99] Ebd. S. 187.

[100] Vgl. ebd. S. 187.

[101] Heller, S. 41.

[102] Ebd. S. 41, Hervorhebung aus Originaltext übernommen.

[103] Kreuzer: Medienwissenschaftliche Überlegungen, S. 258.

[104] Schaudig, S. 52.

[105] Vgl. Kreuzer: Medienwissenschaftliche Überlegungen, S. 258.

[106] Paech: Literatur und Film, S. 12.

[107] Ebd. S. 12.

[108] Vgl. Paech: Literatur und Film, S.12.

[109] Michel, S. 1018.

[110] Bruns, Max: Beitrag zur Umfrage des Börsenblattes für den deutschen Buchhandel (1913), In: Kaes, Anton (Hg.): Kino-Debatte. Texte zum Verhältnis von Literatur und Film (1909-1929); Tübingen 1978, S. 83-87, hier: S. 85.

[111] Bruns, S. 85, Hervorhebung durch Verfasserin.

[112] Vgl. Schaudig, S. 16.

[113] Ebd. S. 52, Hervorhebung aus Originaltext übernommen.

[114] Schaudig, S. 52, Hervorhebung aus Originaltext übernommen.

[115] Albersmeier, Franz-Josef: Literatur und Film. Entwurf einer praxisorientierten Textsystematik; In: Von Zima, Peter (Hg.): Literatur intermedial: Musik-Malerei-Photographie-Film; Darmstadt 1995, S. 235-268, hier: S. 238.

[116] Welther, Tilman (2000): Medienrevolutionen und Redereflexe. Die Etablierung neuer Medien im Spiegel ihrer Diskurse (Diss.). Online im Internet: URL: http://dokumentix.ub.uni- siegen.de/opus/volltexte/2005/65/pdf/welther.pdf [10.01.2009], S. 42; Hervorhebung durch die Verfasserin.

[117] Albersmeier: Literatur und Film, S. 238.

[118] Welther, S. 42.

[119] Estermann, S. 197.

[120]Michel, S. 1017.

[121]Siehe dazu die Auflistung Estermanns S. 196: in den Jahren 1896-1912 stehen insg. 45 Verfilmungen von Dramen den 13 Verfilmungen epischer Werke (Roman, Novelle, Erzählungen, Storys) und den lediglich 5 Verfilmungen „sonstiger“ Werke (Balladen etc.) gegenüber.

[122] Schaudig, S. 13.

[123] Welther, S. 47.

[124]Ebd. S. 47.

[125]Vgl. Schaudig, S. 13; Willy Michel sieht die Ablehnung im Vorwurf der „Pantomimisierung der Klassiker“ begründet, In: Michel, S. 1017.

[126] Max Brod: Kinematographentheater (1909); In: Kaes, Anton (Hg.): Kino-Debatte. Texte zum Verhältnis von Literatur und Film (1909-1929); Tübingen 1978, S. 39-41, hier: S. 40.

[127] Altenloh, Emilie: Theater und Kino (1914), In: Schweinitz, S. 248-252, hier: S. 250.

[128] Serner, Walter: Kino und Schaulust (1913), In: Schweinitz, Jörg: Prolog vor dem Film. Nachdenken über ein neues Medium (1909-1914); Leipzig 1992, S. 208-214, hier: S. 213.

[129] Heller, S. 33, Hervorhebung aus Original übernommen; ausführlicher zu den „Wertmaßstäben“ siehe Anm. 172.

[130] Bazin, André: ,,Für ein ,unreines’ Kino - Plädoyer für die Adaption"; In: Was ist Kino? Bausteine zur Theorie des Films; Hrsg. von Bitomsky, Hartmut/ Farocki, Harun/ Kaemerling, Ekkehard; Köln 1975, S. 45-67, hier: S. 47.

[131] Paech: Menschen im Kino, S. 29; Einer der ersten sogenannten Kinopaläste ist der Mozartsaal am Berliner Nollendorfplatz, der am 3. September 1910 sein Programm eröffnete, Jacobsen/ Kaes/ Prinzler: Geschichte des deutschen Films, S. 20.

[132] Vgl. Paech: Menschen im Kino, S. 29.

[133] Lichtwitz, Manuel: Die Auseinandersetzung um den Stummfilm in der Publizistik und Literatur (1907-1914); Göttingen 1986, S. 246.

[134] Paech: Menschen im Kino, S. 30.

[135] Vgl. Heller, S. 19; Allein in Berlin waren es im Jahr 1913 bereits 206 Kinos mit insgesamt 49695 Plätzen, vgl. Jacobsen/ Kaes/ Prinzler: Geschichte des deutschen Films, S. 20.

[136] Wegener, S. 104.

[137] Kreuzer: Medienwissenschaftliche Überlegungen, S. 258.

[138] Vgl. Jacobsen/ Kaes/ Prinzler: Geschichte des deutschen Films, S. 30; Vgl. Schaudig, S. 13f. u. S. 47.

[139] Kreuzer: Medienwissenschaftliche Überlegungen, S. 258.

[140] Vgl. Schaudig, S. 48; Vgl. Statistik Estermann, S. 196.

[141] Vgl. Statistik Estermanns S. 196.

[142] Welther, S. 48.

[143] Vgl. Lutz-Kopp, Elisabeth: Lieblingskinder - Mehrfach verfilmte Prosa europäischer Autoren; In: Stock, Walter (Hg.): „Wahlverwandtschaften“. Kunst, Musik und Literatur im europäischen Film (Bundesverband Jugend und Film e.v.); Frankfurt a.M. 1992, S. 129-134, hier: S. 129.

[144] Estermann, S. 192.

[145] Schaudig, S. 49.

[146] „Autorenfilm“ meint zu jener Zeit die Mitwirkung des Verfassers eines literarischen Werkes an der filmischen Adaption seiner Vorlage. Im historischem Rückblick war Paul Lindau der erste sich filmischen „Zwecken“ zur Verfügung stellende Schriftsteller. Als „Autorenfilm“ wird heutzutage die Personalunion von Drehbuchautor und Regisseur, unabhängig von der Verwendung des Original-Filmstoffes oder der Adaption einer literarischen Vorlage, bezeichnet; Vgl. Schaudig, S. 17f., Anm. 21.

[147] Vgl. Schaudig, S. 39; siehe auch: Heller, Heinz-Bernd: Historizität als Problem der Analyse intermedialer Beziehungen. Die Technifizierung der literarischen Produktion und „filmische“ Literatur; In: Schöne, Albrecht (Hg.): Kontroversen, alte und neue. Akten des VII. Internationalen Germanisten-Kongresses, Göttingen 1985; Tübingen 1986, S. 277-285, hier: S. 281.

[148] Albersmeier, Franz-Josef: Von der Literatur zum Film. Zur Geschichte der Adaptionsproblematik; In: Albersmeier, Franz-Josef/ Roloff, Volker (Hg.): Literaturverfilmungen; Frankfurt Main 1989, S. 15-37, hier: S. 27.

[149] Vgl. Schaudig, S. 14.

[150] Ebd. S. 49.

[151] Vgl. Heller, S. 93ff.

[152] Ebd. S. 94.

[153] Ebd. S. 94.

[154] In diesem Zusammenhang wäre auch noch der nach Hanns Heinz Ewers’ Drehbuch äußerst erfolgreich verfilmte „Der Student von Prag“ aus dem Jahr 1913 anzuführen: Auch hier steht in der Gestaltung des Doppelgängermotivs die erlittene Persönlichkeitsspaltung im Mittelpunkt, dargestellt durch Paul Wegener in der Rolle des Studenten Balduin; Vgl. Heller, S. 81 ff.

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Résumé des informations

Titre
Literatur im Film – Film aus Literatur
Sous-titre
Eine Studie zum Verhältnis Literatur und Film am Beispiel von Patrick Süskinds Roman „Das Parfum“ und dessen Verfilmung durch Tom Tykwer
Université
Humboldt-University of Berlin  (Institut für deutsche Literatur)
Note
1,3
Auteur
Année
2009
Pages
165
N° de catalogue
V193855
ISBN (ebook)
9783656189985
ISBN (Livre)
9783656191711
Taille d'un fichier
1249 KB
Langue
allemand
Mots clés
Parfum, Tykwer, Süskind, Literatur, Film, Adaption, Roman, Verfilmung, Tom Tykwer, Patrick Süskind, olfaktorisch, Gerüche, Geruch, Kino, Literaturverfilmung, Deutscher Film, Grenouille, Unverfilmbarkeit, Jean-Baptiste Grenouille, Leinwand, Mimetisierung, Geruchssinn
Citation du texte
Anika Gössel (Auteur), 2009, Literatur im Film – Film aus Literatur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193855

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