„Worte können sein wie winzige Arsendosen: sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.“
Diese Beschreibung aus Viktor Klemperers „LTI“ kennzeichnet meiner Ansicht nach sehr treffend die systematische Manipulation der deutschen Sprache während der Herrschaft des Nationalsozialismus in Deutschland. Eine solch beschriebene verdeckte und schleichende Sprachsteuerung basiert auf der Verwendung von bestimmten sprachlichen Mitteln, die bei einem zielgerichteten und geplanten Gebrauch der Sprache einen manipulativen Charakter verleihen können. Ein Beispiel für diese sprachlichen Mittel sind Euphemismen. Sie lassen sich in jeder Sprache finden, müssen aber nicht zwingend einen manipulativen Charakter besitzen. Doch gerade in totalitären politischen Systemen wie dem Nationalsozialismus in Deutschland wurden Euphemismen für die sprachliche Manipulation eingesetzt.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick über das sprachliche Phänomen der Euphemismen zu geben und den spezifischen Gebrauch derselben im Nationalsozialismus am Beispiel einer „Festtagsrede“ von Joseph Goebbels zum 10. Jahrestag der nationalsozialistischen Machtergreifung zu analysieren.
Um die genannten Ziele in dieser Arbeit zu erfüllen, folgt zunächst eine Auseinandersetzung mit dem Begriff des Euphemismus aus sprachwissenschaftlicher Perspektive sowie eine Betrachtung der sprachlichen Realisierungsmöglichkeiten von Euphemismen. Im Anschluss daran wird das Modell für die Textanalyse von Christian A. Braun vorgestellt werden, da dieses Modell als Grundlage für die darauffolgende Analyse der Goebbels-Rede dient. Den Abschluss und das Zentrum der Untersuchung in der Hausarbeit bildet die Analyse der Rede von Joseph Goebbels anlässlich des zehnten Jahrestages der nationalsozialistischen Machtergreifung.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Theoretische Betrachtungen zu Euphemismen
- 2.1 Eine Definition für Euphemismus und Euphemisierung
- 2.2 Kommunikative Funktionen von Euphemismen
- 2.2.1 Der verhüllende Euphemismus
- 2.2.2 Der verschleiernde Euphemismus
- 2.3 Die sprachliche Realisierung von Euphemismen
- 2.3.1 Die formale Ebene
- 2.3.2 Die semantische Ebene
- 2.4 Euphemismen in Abgrenzung zu ähnlichen sprachlichen Mitteln
- 3. Die Methode der Textanalyse nach dem pragmatisch-textlinguistischem Ansatz von Braun
- 4. Die Analyse der Rede von Joseph Goebbels vom 30.01.1943
- 4.1 Textexterne Faktoren
- 4.1.1 Allgemeine textexterne Faktoren
- 4.1.2 Der historische Kontext zum Zeitpunkt der Rede
- 4.1.3 Die Situation und die Motive des Sprechers
- 4.1.4 Die Adressaten der Rede
- 4.2 Die Funktion des Textes und die Textsorte
- 4.3 Das Textthema und die Binnenstruktur
- 4.4 Die Untersuchung von Euphemismen in der Goebbels-Rede
- 4.4.1 Euphemismen im Beginn der Rede
- 4.4.2 Euphemismen im Abschnitt zur Entwicklung des NS-Staates
- 4.4.3 Euphemismen im Abschnitt über das deutsche Volk und den Krieg
- 4.4.4 Euphemismen im Abschnitt über den Zweiten Weltkrieg
- 4.4.5 Euphemismen im Schlussabschnitt der Rede
- 4.5 Das Wirkungspotenzial des Textes durch die Euphemismen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den euphemistischen Sprachgebrauch im Nationalsozialismus. Das Hauptziel ist die Analyse der Verwendung von Euphemismen in einer Rede Joseph Goebbels, um deren kommunikative Funktion und manipulatives Potential aufzuzeigen. Die Arbeit gibt zunächst einen Überblick über die sprachwissenschaftliche Betrachtung von Euphemismen. Die Analyse der Goebbels-Rede bildet den Schwerpunkt.
- Definition und Klassifizierung von Euphemismen
- Kommunikative Funktionen von Euphemismen (Verhüllung und Verschleierung)
- Sprachliche Realisierung von Euphemismen
- Methode der Textanalyse nach Braun
- Analyse der Goebbels-Rede und deren Wirkungspotential
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema ein und benennt die Zielsetzung der Arbeit: die Analyse des euphemistischen Sprachgebrauchs im Nationalsozialismus anhand einer Rede von Joseph Goebbels. Sie stellt die Relevanz des Themas heraus, indem sie auf die manipulativen Möglichkeiten von Euphemismen hinweist und die Bedeutung der Sprachwissenschaftlichen Analyse für das Verständnis nationalsozialistischer Propaganda betont. Das Zitat von Viktor Klemperer veranschaulicht eindrucksvoll die verdeckte Wirkung von manipulativer Sprache.
2. Theoretische Betrachtungen zu Euphemismen: Dieses Kapitel bietet einen umfassenden Überblick über die Definition und die kommunikativen Funktionen von Euphemismen. Es werden verschiedene Definitionen diskutiert, wobei der Fokus auf dem kommunikativ-pragmatischen Ansatz von Iris Forster liegt, welcher die Unterscheidung zwischen verhüllenden und verschleiernden Euphemismen hervorhebt. Die Kapitel diskutiert außerdem die sprachlichen Realisierungsmöglichkeiten von Euphemismen auf formaler und semantischer Ebene und grenzt Euphemismen von ähnlichen sprachlichen Mitteln ab. Die verschiedenen Ansätze zur Definition und Beschreibung von Euphemismen werden kritisch gewürdigt und in Bezug zueinander gesetzt.
Häufig gestellte Fragen zur Analyse der Goebbels-Rede
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert den euphemistischen Sprachgebrauch in einer Rede von Joseph Goebbels aus dem Jahr 1943. Das Hauptziel ist es, die kommunikative Funktion und das manipulative Potential der verwendeten Euphemismen aufzuzeigen.
Welche Aspekte der Euphemismen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Definition und Klassifizierung von Euphemismen, ihre kommunikativen Funktionen (Verhüllung und Verschleierung), ihre sprachliche Realisierung auf formaler und semantischer Ebene sowie die Abgrenzung zu ähnlichen sprachlichen Mitteln. Es wird ein pragmatisch-textlinguistischer Ansatz nach Braun zur Textanalyse angewendet.
Welche Methode wird zur Textanalyse verwendet?
Die Analyse der Goebbels-Rede erfolgt nach dem pragmatisch-textlinguistischen Ansatz von Braun. Dieser Ansatz berücksichtigt textexterne Faktoren (historischer Kontext, Sprechermotive, Adressaten etc.) und die Funktion des Textes sowie dessen Binnenstruktur.
Welche textexternen Faktoren werden berücksichtigt?
Die Analyse berücksichtigt allgemeine textexterne Faktoren, den historischen Kontext der Rede (30.01.1943), die Situation und Motive des Sprechers (Joseph Goebbels), sowie die Adressaten der Rede.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, einen theoretischen Teil über Euphemismen, die Beschreibung der Analysemethode, die detaillierte Analyse der Goebbels-Rede (inkl. Untersuchung der Euphemismen in verschiedenen Abschnitten der Rede) und schließlich die Betrachtung des Wirkungspotenzials der Euphemismen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit enthält Kapitel zu Einleitung, theoretischen Betrachtungen zu Euphemismen (inkl. Definition, kommunikativen Funktionen und sprachlicher Realisierung), der Methode der Textanalyse nach Braun und der detaillierten Analyse der Goebbels-Rede (inkl. Textexternen Faktoren, Textfunktion, Textthema, Binnenstruktur und Wirkungspotenzial).
Welche konkreten Abschnitte der Goebbels-Rede werden untersucht?
Die Analyse der Goebbels-Rede umfasst eine detaillierte Untersuchung der Euphemismen im Beginn, im Abschnitt zur Entwicklung des NS-Staates, im Abschnitt über das deutsche Volk und den Krieg, im Abschnitt über den Zweiten Weltkrieg und im Schlussabschnitt der Rede.
Was ist das zentrale Ergebnis der Arbeit?
Die zentrale Erkenntnis der Arbeit soll die manipulative Wirkung von Euphemismen in der nationalsozialistischen Propaganda aufzeigen, indem sie deren kommunikative Funktion und ihr Wirkungspotenzial im Kontext der Goebbels-Rede analysiert.
Welche Bedeutung hat die Arbeit?
Die Arbeit leistet einen Beitrag zum Verständnis der nationalsozialistischen Propaganda und verdeutlicht die Bedeutung der sprachwissenschaftlichen Analyse für die Erforschung von Manipulationstechniken. Sie zeigt auf, wie Euphemismen zur Verschleierung von Gewalt und zur Legitimierung nationalsozialistischer Ideologie eingesetzt wurden.
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- Michel Stark (Author), 2011, Dimensionen des euphemistischen Sprachgebrauchs im Nationalsozialismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/194260