Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Phasen eines typischen Vorgehensmodells
2.1 Vorphase
2.2 Planungsphase
2.3 Durchführungsphase
2.4 Projektabschluss
3. Bedeutung der Phasen in Relation zur Projektkomplexität
4. Kritische Betrachtung von Kosten und Nutzen des Projektmanagements
5. Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
1.Einleitung
„Grünes Licht für „Stuttgart 21"
Der Lenkungskreis des Großprojekts "Stuttgart 21" hat grünes Licht für den Bau
des Infrastrukturprojekts gegeben. […] Die Kosten für das Projekt belaufen sich
nach der neuen Kalkulation auf 4,1 Milliarden Euro - die bisherige Kalkulation
sah Kosten von 3,1 Milliarden Euro vor. Die Mehrkosten…“[1]
So oder so ähnlich liest man fast tagtäglich Nachrichten über Großprojekte, wie
auch bei der Einführung der LKW-Maut oder dem Bau der neuen Landebahn
des Frankfurter Flughafens. Wenn trotz professionellen Managements die
Kosten explodieren und Termine um mehrere Jahre verschoben werden,
scheinen Vorbehalte durchaus berechtigt. Daher kann man nachvollziehen,
dass einige Auftraggeber und Projektmitglieder ein professionelles
Projektmanagement oft für überflüssig oder für zu zeitaufwändig halten.
Man muss jedoch beachten, dass Projekte meist in die Wege geleitet werden
um auf Veränderungen zu reagieren oder an diesen teilzuhaben. Das
Hauptproblem bei der Planung innovativer Projekte liegt darin
Unvorhersehbares vorherzusehen.[2] Viele bedeutende Entscheidungen werden
am Anfang getroffen, bei denen die Risiken hoch sind und das Projektwissen
niedrig ist (siehe Anhang 1). Der Prozess des Vorausdenkens fällt schwer. Man
muss sich erst darüber klar werden, was wozu gemacht werden soll, in welchen
Schritten, in welcher zeitlichen Reihenfolge und was man benötigt.
Doch was versteht man unter einem Projekt oder Projektmanagement? Darauf
geben Standards wie Normen des Deutschen Instituts für Normung (DIN) oder
die ICB IPMA Competence Baseline (ICB) Antwort. Gemäß DIN 69901 ist ein
Projekt, ein "Vorhaben, das im Wesentlichen durch die Einmaligkeit der
Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, wie z.B. Zielvorgabe,
zeitliche, finanzielle, personelle und andere Begrenzungen; Abgrenzung
gegenüber anderen Vorhaben; projektspezifische Organisation“[3] und
Projektmanagement „die Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation,
-techniken und -mitteln für die Initiierung, Definition, Planung, Steuerung und
den Abschluss von Projekten“.[4] Welche Aufgabe ohne Routinecharakter jedoch
ein Projekt für eine einzelne Organisation ist und in welcher Ausprägung sie
Projektmanagement umsetzt, muss sie für sich selbst bestimmen.
In meiner Ausarbeitung möchte ich verdeutlichen, dass Großprojekte wie
„Stuttgart 21“ mit kleineren und mittleren Projekten in ihrer Komplexität und
ihrem Detailierungsgrad nicht vergleichbar sind. Ich werde nach dem typischen
Ablauf eines Projektes mit seinen unterschiedlichen Phasen deren Bedeutung
in Relation zu der Projektkomplexität untersuchen. Abschließend werde ich den
Nutzen von professionellem Projektmanagement unter Berücksichtigung des
dafür benötigten Aufwandes beleuchten.
2. Phasen eines typischen Vorgehensmodells
Intuitiv verhalten sich viele Menschen eher nach dem Motto „fangen wir mal an,
wir werden schon sehen“. Projekte sollten jedoch systematisch geplant und
umgesetzt werden. Einheitliche, strukturierte Vorgehensmodelle haben sich
dabei bewährt. Als Projektleiter hat man die Wahl zwischen Phasen- oder
Prozessmodellen und Stage-Gate-Modellen, die firmen- und
branchenspezifisch variieren. [5]
In diesem Abschnitt werde ich ein Phasenmodell mit den typischen Teiletappen
eines Projektes vorstellen und kurz auf diese eingehen. Die Anzahl der
Projektphasen schwankt in der Literatur meist zwischen vier und sechs.
Beispielsweise unterteilt das Deutsche Institut für Normung Projekte in fünf
Phasen; Initialisierung, Definition, Planung, Steuerung und Abschluss. In
einigen Vorgehensmodellen wird eine Nachprojektphase genannt, die nach
dem Abschluss Projektergebnisse nutzt, implementiert, umsetzt oder sogar
weiterentwickelt. Der Projektstart wird laut DIN in die Phase der Initialisierung
und die der Definition aufgeteilt. Pragmatischer Weise können die Phasen
allerdings zusammengefasst werden. Die Nachprojektphase wird selten
genannt, insofern habe ich mich an einem Vierphasenmodell orientiert (siehe
Anhang 2). Dieses Modell ähnelt einem standardisierten Problemlösungszyklus,
der projektspezifisch angepasst werden kann.
Doch was versteht man überhaupt unter einer Projektphase? Da die aktuelle
DIN 69901 aus dem Jahr 2009 für eine Projektphase keine eindeutige Definition
liefert, habe ich mich nach dem 2006 veröffentlichten Projektmanagement-
Standard ICB 3.0 gerichtet. Dieser definiert eine Projektphase ähnlich wie die
alte DIN 69901 von 1987 als eine „…klar abgegrenzte, zeitliche Periode des
Projektablaufs...“ Jeder Übergang zur nächsten Phase ist mit einer besonderen
Prüfung und Entscheidung verbunden; der "Freigabe"[6], einem Meilenstein
besonderer Art.
2.1 Vorphase
In dieser Phase wird der Projektstart vorbereitet. Die Initialisierung erfolgt in
der Regel durch den Auftraggeber. Diese „Idee“ gilt es durch erste
Untersuchungen näher auszuarbeiten. Besonders wichtig in der Phase des
Projektes ist ein enger Kontakt zum Auftraggeber, damit seine Ideen nach und
nach in möglichst exakt festzulegende Ziele überführt werden können.
Dies wird durch sogenannte Auftragsklärungsgespräche konkretisiert. Bei
denen es darum geht, möglichst viele Informationen vom Auftraggeber über die
eigentlichen Ziele des Projektes zu erhalten und sauber zwischen Lösungen
und Zielen zu trennen.[7] Hierfür kann es notwendig sein intensiv nachzufragen,
denn manchmal ist sich der Auftraggeber gar nicht bewusst, welche Ziele er mit
dem Projekt verfolgt bzw. möchte diese nicht offen äußern. Die
Gesprächsergebnisse sollten schriftlich festgehalten werden und in einem
nachfolgenden Gespräch nochmals hinterfragt werden, denn je deutlicher der
Auftraggeber verstanden wird, desto besser kann die Umsetzung erfolgen.
Werden Unklarheiten erst spät entdeckt, wird vielleicht zu lange in eine falsche
Richtung gearbeitet.[8] Die gemeinsam entwickelten Ziele sollten SMART
formuliert werden. Das englische Akronym steht sinngemäß für spezifisch,
messbar, akzeptiert, realistisch und terminierbar. Darüber hinaus müssen
Kriterien mit dem Auftraggeber abgestimmt werden, wann die Ziele als erfüllt
gelten und welche Prioritäten er setzt. Anhand dieser Informationen kann eine
erste Schätzung der Zeit, des Budgets sowie des Inhalts bzw. Qualität des
Projektes erfolgen. Diese Steuerungsgrößen beschreiben das sogenannte
„magische Dreieck“ (siehe Anhang 3) des Projektmanagements, das des
Öfteren sowohl um die Größen Projektumfeld als auch die „Stakeholder-
Zufriedenheit“ ergänzt wird.[9] Es verdeutlicht die Abhängigkeit der Zielgrößen
anschaulich. Ist beispielsweise nur wenig Zeit vorhanden, geht dies zu Lasten
der Qualität oder erhöht die Kosten.
Jedes Projekt muss seine Mitarbeiter organisieren. Diese Projektorganisation
wird speziell für die Dauer des Projektes eingerichtet. Dabei hängt die Wahl der
Organisationsform stark von dem Projekt ab. Sehr komplexe Projekte werden
vorzugsweise in einer reinen Projektorganisation abgewickelt, wogegen kleine
Projekte eher in der allgemeinen Stab-Linienorganisation abgewickelt werden.
Die am häufigsten angewandte Projektorganisation ist eine Mischform die
sogenannte Matrix-Organisation in der der Fokus bei der Projektarbeit liegt, die
Mitarbeiter aber trotzdem dem Alltagsgeschäft verpflichtet sind.
Die Vorphase endet mit dem schriftlich fixierten Projektauftrag, dem ersten
Meilenstein, indem mindestens die Projektziele sowie deren Messgrößen, die
grobe Schätzung der Ressourcen und die Projektorganisation festgehalten sind.
Dieser Meilenstein ist ein überprüfbares Zwischenergebnis, das inhaltlich und
terminlich definiert ist und somit eine erste Gesamtbeurteilung des Projektes
erlaubt.[10]
2.2 Planungsphase
Durch die Planungsphase wird aus einer schematischen Planung des Projektes
eine Feinplanung bis ins letzte Detail. Wichtige Elemente hierfür sind, der
Projektstrukturplan, der Ressourcen- und Kostenplan, der Ablauf- und Zeitplan,
die Kontextklärung, die Risikoanalyse und die Festlegung der Verantwortlichen.
Auf diese Elemente werde ich im Folgenden eingehen.
Der Projektstrukturplan gliedert das Projekt in überschaubare Teilaufgaben,
sogenannte Arbeitspakete[11], und stellt folglich den organisatorischen Rahmen
des Projektes dar. Anfangs werden alle Aktivitäten, die im Zusammenhang mit
dem Projekt erledigt werden müssen, zusammengetragen. Danach werden sie
inhaltlich strukturiert und zu sinnvollen Arbeitspaketen zusammengefasst.
Jedes Arbeitspaket erhält einen charakteristischen Namen und bekommt einen
Verantwortlichen sowie die benötigten Ressourcen zugewiesen. Danach wird
der damit verbundene Arbeitsaufwand geschätzt, wobei zeitliche Puffer zu
berücksichtigen sind. Dann werden die Abhängigkeiten zwischen den Paketen
bestimmt und abschließend die benötigten Fähigkeiten für das jeweilige
Arbeitspaket ermittelt. Somit wird erkennbar welche Personen mit welchen
Qualifikationen für das Projekt benötigt werden. Damit stellt der
Projektstrukturplan die vollständige Erfassung der Aufgaben des Projektes dar
und bildet die Grundlage für die weiteren Projektplanungsinstrumente. Er
gewährleistet jedoch keine zeitliche Darstellung der Abfolge der Arbeitspakete
innerhalb des Projektes. Diese zeitliche Komponente wird mit Hilfe eines
Projektnetzplans oder sehr häufig mit einem speziellen Balkendiagramm, dem
Gantt-Diagramm, auf Basis des Projektstrukturplans erstellt.[12] Der Terminplan,
der die Meilensteine des Projektes beinhalten kann, wird üblicherweise in Form
eines solchen Diagramms dargestellt. Er eignet sich als zentrales
Kommunikations-, Planungs- und Controllinginstrument im Projekt, da er die
logischen Zusammenhänge und die Bearbeitungsdauer der Arbeitspakete zeigt.
Die Frage der Projektfinanzierung wird im Rahmen der Kostenplanung
beantwortet. Dort wird festgelegt, was das Projekt voraussichtlich kostet und
wer die Geldgeber sind. Er zeigt den geplanten Verlauf der Kosten in
Zeitabschnitten, die abhängig von der Projektdauer zu wählen sind. Demzufolge
ist der Finanzbedarf im Projektverlauf ersichtlich.
In einem Ressourcenplan werden entsprechend der Aufgabe des
dazugehörigen Arbeitspaketes die benötigten Ressourcen veranschaulicht. Es
gilt dabei zu berücksichtigen, dass nur ca. 80% der Regelarbeitszeit der
Mitarbeiter verplant werden kann, da der Rest für Urlaub, Feiertage,
Weiterbildung und Krankheit benötigt wird. Bei Übernahme von
Projektkoordinierungsmaßnahmen sollte man einen zusätzlichen Mehraufwand
von ca. 5% berücksichtigen.[13] Durch den Plan wird die Kapazitätsauslastung
der jeweiligen Mitarbeiter ersichtlich.
In der Kontextklärung wird überlegt welche Organisationsbereiche und
Einzelpersonen von dem Projekt betroffen sein können.[14] Es wird nun
entschieden welche Personen miteinbezogen werden und wer informiert
werden muss. Bevor sie Informationen erhalten, wird überlegt wie die
Betroffenen von dem Projekt bzw. wie das Projekt von den Betroffenen
profitieren kann. Das Umfeld wird somit systematisch in Bezug auf versteckte
Widerstände untersucht. Der Fokus wird zwar auf die potentiellen
„Projektgefährder“ gelegt, trotzdem werden auch die förderlichen Quellen
analysiert. Dies dient dazu, auf mögliche Rückschläge vorbereitet zu sein und
neue Energie mit Hilfe von Unterstützern zu schöpfen.
In einem eigenen Arbeitsschritt werden danach mögliche Risiken des Projektes
näher untersucht. Dabei spielt auf Grund der Einmaligkeit des Projektes die
Risikoanalyse eine gewichtige Rolle. Laut ICB sind Projektrisiken „unsichere
Ereignisse oder mögliche Situationen mit negativen Auswirkungen auf den
Projekterfolg insgesamt, auf einzelne Projektziele, Ergebnisse oder Ereignisse.
Sie werden bestimmt durch die Wahrscheinlichkeit des Risikoeintritts und des
möglichen Schadens bei Eintreten des Risikos…“ Zuerst werden die Risiken
identifiziert und mit Hilfe von Wahrscheinlichkeiten bewertet. Dann werden die
möglichen Auswirkungen auf das Projekt geschätzt und eine Klassifizierung in
[...]
[1] (Mz, 2009)
[2] vgl. (Wastian, et al., 2012 S. 22)
[3] (Deutsches Institut für Normen, 2009)
[4] (Deutsches Institut für Normen, 2009)
[5] vgl. (Schelle, et al., 2005 S. 113)
[6] vgl. (Deutsches Institut für Normen, 2009)
[7] vgl. (Marighetti, 2011 S. 8)
[8] vgl. (Schmid, 2009 S. 24)
[9] vgl. (Schreckeneder, 2011 S. 53)
[10] vgl. (Kraus, et al., 2010 S. 54)
[11] vgl. (Marighetti, 2011 S. 34)
[12] vgl. (Schmid, 2009 S. 111)
[13] vgl. (Hemmrich, et al., 2011 S. 88)
[14] vgl. (Marighetti, 2011 S. 11)