Excerpt
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffserklärung und Ursprung des Evidence-based Nursing
3. Dimensionen einer pflegerischen Entscheidungsfindung im Sinn von Evidence-based Nursing
3.1 Externe und interne Evidence
4. Die sechs Schritte der Evidence-based Nursing Methode
4.1 Auftragsklärung
4.2 Fragestellung
4.3 Literaturrecherche
4.4 Kritische Beurteilung
4.5 Implementierung und Adaption
4.6 Evaluation
5. Vor- und Nachteile der EBN-Methode für die Pflege
5.1 Vorteile
5.1.1 Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung
5.1.2 Verbindungslink zwischen Theorie und Praxis
5.1.3 Förderung der Professionalisierung
5.2 Nachteile
5.2.1 Schwierige Umsetzung durch ungünstige Rahmen- und Strukturbedingungen
6. Schlussbetrachtung und Resümee
Bibliographie
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Komponenten der pflegerischen Entscheidung
Abbildung 2: Die sechs Schritte der EBN-Methode
Abbildung 3: Stufen der Evidence
1. Einleitung
Im täglichen Handeln einer Pflegekraft werden eine Vielzahl von pflegerischen Entscheidungen getroffen die für das Wohlergehen von Patienten ausschlaggebend sein können. Hierbei stellt sich den Pflegenden oftmals die Frage nach der richtigen und sinnvollen Entscheidung oder ob das gegenwärtig angestrebte Handeln das Beste für die entsprechende Situation ist. Pflegerisches Handeln und entsprechende Maßnahmen basierten bis noch vor wenigen Jahren oftmals auf traditionellem Erfahrungswissen von Pflegenden - man denke hier z.B. an die antiquierte Dekubitusprophylaxe mittels „Fönen und Eisen". Aufgrund neuzeitlicher veränderter Anforderungen im Gesundheitswesen, die kostenbewusstes, nachhaltiges und wirtschaftliches Handeln unumgänglich machen und infolge der Tatsache, dass pflegerische Entscheidungen als auch daraus resultierende Handlungen heute begründet sowie mit Argumenten belegt werden müssen, wird ein kritisches Nachdenken über die Sinnhaftigkeit und Anwendung von Pflegemaßnahmen notwendig.[1] Aber nicht nur angesichts der Veränderungen im äußeren Kontext des Gesundheitssystems, auch durch Veränderungen innerhalb des pflegerischen Berufsfeldes in Deutschland, hin zu einem eigenständigen Berufsstand mit neuem Selbstverständnis und eigenem Wissenschaftsbereich, wird das Überdenken des alltäglichen Tuns unabdingbar. Überdenken bedeutet in diesem Zusammenhang, dass heutzutage Erkenntnisse aus der Wissenschaft in die pflegerische Alltagspraxis einfließen müssen und auch pflegerische Handlungen, mehr denn je, wissenschaftlicher Fundierung bedürfen.[2] Eine wissenschaftliche Fundierung von pflegerischen Handlungen ist nicht nur aus den zuvor genannten Aspekten von großer Wichtigkeit, sondern auch im Hinblick auf die Verantwortung, die Pflegende gegenüber ihren Patienten tragen, von höchster Relevanz - schließlich ist es ist wichtig zu wissen was man tut und warum man etwas tut! Hanns hält dazu fest: wie kann man Ver antwortung für die Durchführung von Pflegemaßnahmen übernehmen, deren Wirksamkeit nicht valide nachgewiesen wurde?' [3]
Die Methode des Evidence-based Nursing bietet der Pflege die Möglichkeit Wissenschaft und Alltagspraxis zu verknüpfen und somit pflegerische Entscheidungen bzw. Handlungen zu fundieren, d.h. auf der Grundlage von überprüften Erkenntnissen und nicht nur aus tradiertem Erfahrungswissen heraus zu handeln.[4] Im Nachfolgenden soll genauer erörtert werden ob Evidence-based Nursing nur eine gut gemeinte Idee ist oder eine Methode die der Pflege nützen kann.
2. Begriffserklärung und Ursprung des Evidence-based Nursing
Evidence-based Nursing ist ein Terminus aus dem englischen Sprachgebrauch und bedeutet sinngemäß übersetzt: Auf Beweisen basierende Pflege.[5] Ziel des EBN Konzeptes ist es eine forschungsbasierte Pflegepraxis zu ermöglichen und zu unterstützen,[6] oder etwas ausführlicher formuliert: Ziel von Evidence-based Nursing ist es, eine Grundlage zu schaffen, um Pflegebedürftigen die beste und wirksamste Pflege zukommen zu lassen. Dies kann erreicht werden, wenn bei der Interaktion zwischen Pflegebedürftigen und Pflegenden Handlungen stets hinterfragt werden und eine kontinuierliche Wissenserweiterung, unter Beachtung von aktuellen wissenschaftlichen Belegen, zur pflegerischen Entscheidungsfindung angestrebt wird.[7] Hanns beschreibt Evidence-based Nursing treffend und mit einfachen Worten als: "[...] eine Konzept, wodurch wissenschaftliche Belege in die tägliche Entscheidungsfindung bzw. in das pflegerische Handeln einbezogen werden können. Es überzeugt als ein sinnvolles und praxisnahes Vorgehen, um Pflegende zu befähigen, Forschungsarbeiten zu erschließen und deren Erkenntnisse in der Pflegepraxis umzusetzen." [8]
Von geschichtlicher Seite aus wird Florence Nigthingale als frühe Pionierin und Vorreiterin der EBN-Methode angesehen.[9] Sie führte um 1858 die ersten klinischen Pflegeversuche durch, aufgrund deren die Sterblichkeitsrate in einem Soldatenlazarett enorm gesenkt werden konnte. Später veröffentlichte Sie ihre Ergebnisse und machte sie somit allen zugänglich. Das Konzept des EBN, wie wir es heute kennen, hat sich in der Mitte der 90er Jahre im angloamerikanischen Raum aus dem Pendant des medizinischen Bereichs, der Evidence-based Medicine, entwickelt.[10] Sackett et al. definierten Evidence-based Medicine als bewusstes, ausdrückliches und umsichtiges Anwenden des gegenwärtig stärksten externen Beweises in der Entscheidung für die Versorgung einzelner Patienten.[11] Die Pflegeprofession übernahm das Konzept der Evidence-based Medicine als Evidence-based Nursing für den Pflegebereich, erweiterte jedoch die medizinisch einseitige Sichtweise dahingehend, dass bei der Entscheidungsfindung, im Hinblick auf eine fundierte (evidenzbasierte) pflegerische Intervention, neben wissenschaftlichen Belegen ebenso Patientenpräferenzen und die Erfahrungen der PraktierInnen beachtet werden müssen.[12] Eine aktuelle Definition von EBN nach Behrens et al. lautet: „Evidence-based Nursing ist die Nutzung der derzeit besten wissenschaftlich belegten Erfahrung Dritter im individuellen Arbeitsbündnis zwischen einzigartigen Pflegebedürftigen und professionell Pflegenden. " [13]
In Deutschland fand die Methode um 1999 Einzug und befindet sich seitdem hierzulande in vielen Institutionen auf dem Vormarsch.[14],[15] Ergänzend sei hier noch erwähnt, dass heutzutage der Begriff Evidence-based - also alles das was wissenschaftlich belegt meint - zu eine Art Modebegriff avanciert, ist mit dem versucht wird viele Disziplinen zu veredeln. So gibt es mittlerweile neben Evidence-based Medicine und Evidence-based Nursing noch weitere Bereiche wie etwa: Evidence-based Health-System,
Evidence-based Decision-Making und Evidence-based Health-Care.[16] Auf diese Begrifflichkeiten soll im Rahmen der vorliegenden Ausarbeitung aber nicht näher eingegangen werden.
3. Dimensionen einer pflegerischen Entscheidungsfindung im Sinn von Evidence-based Nursing
Evidence-Based Nursing ist eine Methode, die wie zuvor schon beschrieben versucht, pflegerische Entscheidungen unter dem Einbezug von wissenschaftlichen Erkenntnissen und der Zusammenarbeit von professionell Pflegenden sowie den Patienten zu treffen. Sie stellt sich die Frage, ob und wie, wissenschaftlich überprüfte Erfahrungen in die eigene Praxis - d.h. in das einzigartige Bündnis zwischen Patienten und professionell Pflegenden - einbezogen werden können.[17]
Im Hinblick auf all diese Aspekte und vor allem dem, was einen großen Bestandteil der Pflege ausmacht, nämlich der Beziehungsebene zwischen Patient und Pflegekraft,[18] muss eine Entscheidungsfindung für pflegerische Handlungen im Rahmen der EBN-Methode unter mehreren Perspektiven getroffen werden. Hierzu ist es wichtig zum einen wissenschaftliches Wissen - aus der Pflegeforschung sowie auch aus fremden Fachbereichen -, die Expertise der Pflegenden - d.h. die Fähigkeit Probleme sowie Ressourcen von Patienten richtig einzuschätzen und adäquate Pflege zu planen -, die Patientenpräferenzen - Wünsche, Bedürfnisse, Erwartungen der Patienten -, als auch die vorhandenen Umgebungsbedingungen - externe Anreize und Kontexte -, zu vereinen bzw. zu analysieren, um so aus all diesen Elementen eine Entscheidung für oder gegen eine pflegerische Maßnahme ableiten zu können.[19] Die nachfolgende Abbildung stellt diesen komplexen Zusammenhang etwas verständlicher dar.[20]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Komponenten der pflegerischen Entscheidung
3.1 Externe und interne Evidence
Im Rahmen der Entscheidungsfindung mit EBN tauchen in der Literatur immer wieder die Begriffe externe sowie interne Evidence auf. Diese Begrifflichkeiten sollen hier kurz charakterisiert werden.
- Externe Evidence:
Externe Evidence umfasst alles gesicherte - in der Wirksamkeit erwiesenes - Wissen, das man aus Erfahrungen Dritter bekommen kann.[21] Dieses gesicherte (erwiesene) Wissen liegt in Form von Studien, fortgeschrittenen kontrollierten Versuchen, Übersichtsarbeiten und Analysen in Datenbanken wie etwa der Cochrane Library, Pub Med, eviden- ce-basierten Journalen, u.a. vor.[22] Einfach ausgedrückt lässt sich sagen: Externe Evidence macht eine Aussage darüber, was bei Anderen wie geholfen hat.[23]
- Interne Evidence:
Interne Evidence bezeichnet alles Wissen über uns selbst, das of nur in der Begegnung zwischen jeweils einzigartigem Pflegebedürftigen und Pflegenden entsteht sowie geklärt werden kann. Dies wäre z.B. das Wissen darüber was der Patient erwartet, was er kann, was er darf, welche Wünsche und Bedürfnisse er hat - zusammengefasst also: Zielklärung, Anamnese und Pflegediagnose(n).[24]
4. Die sechs Schritte der Evidence-based Nursing Methode
Die Methode des Evidence-based Nursing - also die Lösung pflegerischer Probleme anhand der zuvor beschriebenen Dimensionen - besteht insgesamt aus sechs Schritten. Diese erfordern jeweils unterschiedliche Fähigkeiten und müssen von den ausführenden Personen - Pflegenden - erst erlernt werden, bevor EBN praktikabel angewendet werden kann. In Anlehnung an die Komplexität einer pflegerischen Fragestellung, als auch an die Verfügbarkeit von externer Evidence (Studien), ist es möglich, dass einzelne Schritte sehr subtil zu bearbeiten sind und somit der Weg von einer Fragestellung bis zur Lösung des Problems über ein paar Stunden bis hin zu Monaten andauern kann.[25] Die nachfolgende Abbildung gibt einen kurzen Überblick der sechs EBN-Schritte und ihrer notwendigen Prozessevaluation (gestrichelte Pfeile).[26]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Die sechs Schritte der EBN-Methode
Im weiteren Verlauf werden die einzelnen Schritte und ihre spezifischen Inhalte genauer erläutert.
[...]
[1] Vgl. Herr-Wilbert(2008), S. 142f.
[2] Vgl. Schlömer(2000), S. 47ff.
[3] Hanns(2003), S. 3.
[4] Vgl. Behrens et al.(2006), S. 20ff.
[5] Vgl. Herr-Wilbert(2008), S. 143.
[6] Vgl. Panfil(2005), S. 70.
[7] Vgl. Hanns(2003), S. 4f.
[8] Hanns(2003), S. 2.
[9] Behrens etal.(2006), S. 21.
[10] Vgl. Schneeweiss(2008), S. 10.
[11] Vgl. Sackett etal. (1996), S. 71.
[12] Vgl. Schneeweiss(2008), S. 10.
[13] Behrens etal.(2006), S. 27.
[14] Vgl. Thiel et al.(2001), S. 268.
[15] Vgl. Behrens et al.(2006), S. 21.
[16] Vgl. Panfil(2005), S. 71.
[17] Vgl. Behrens etal.(2004), S.21ff.
[18] Vgl. Gross(2004), S. 200.
[19] Vgl. Behrens et al.(2006), S. 27ff.
[20] Quelle: Behrens et al.(2010), S. 47.
[21] Vgl. Behrens et al.(2010), S. 27f.
[22] Vgl. Behrens etal.(2006), S. 103.
[23] Vgl. Behrens et al.(2010), S. 28.
[24] Vgl. Behrens et al.(2010), S. 28.
[25] Vgl. Behrens et al.(2006), S. 42.
[26] Quelle: Behrens et al.(2006), S. 43.
- Quote paper
- Stefan Glaser (Author), 2010, Evidence-based Nursing, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/197353
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