Zur Genese eines doppelten Geheimnisses – Homoerotik und Objekt der Begierde.

Lebenswandel, Selbsterkenntnis und Besessenheit der fiktiven Hauptfigur ‚Gustav von Aschenbach‘ in Thomas Manns Novelle ≫Der Tod in Venedig≪


Hausarbeit, 2011

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Zur Beschreibung von Status, Herkunft und Wesen der Figur Aschenbach

3. In Venedig: Zur Genese eines doppelten Geheimnisses
Homoerotik und Objekt der Begierde ↔ Lebenswandel, Selbsterkenntnis und Besessenheit

4. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende, veranstaltungsbegleitende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Thematik, dass und wie es in Thomas Manns (1875 – 1955) Novelle ≫Der Tod in Venedig≪ (1911 entstanden, 1912 publiziert) bei der fiktiven (Haupt-)Figur[1] ‚Gustav von Aschenbach‘ zur Genese[2] eines doppelten Geheimnisses kommt. Eben dieses doppelte Geheimnis[3] setzt sich – wie bereits in der Themenstellung angedeutet – zusammen aus den zwei Komponenten ‚Homoerotik‘ und ‚Objekt der Begierde‘. Wie diese beiden Komponenten beim Protagonisten entstehen (auch im Sinne von ‚sich offenbaren‘), sich entwickeln und – so behaupte ich – dass sie miteinander verwoben, voneinander abhängig sind bzw. sich gegenseitig bedingen, wird ein Teil dieser Arbeit sein; damit in Verbindung steht ein weiterer Teil, nämlich die drei Attribute ‚Lebenswandel‘, ‚Selbsterkenntnis‘ und eine gewisse ‚Besessenheit‘, bei denen es aufzuzeigen gilt, dass bzw. inwieweit auch diese untereinander untrennbar miteinander verknüpft und an das doppelte Geheimnis gebunden sind. Die Künstlerproblematik der Hauptfigur wird am Rande und lediglich in geringem Ausmaß auch mit erwähnt – sie ist aber als solche an sich, das ist zu betonen, kein Schwerpunkt der Abhandlung.

Methodisch erfolgt die Auseinandersetzung mit dem Thema werkimmanent[4], aber auch rezeptionsästhetisch[5], was auch heißt, dass die Textanalyse vor allem durch von mir gewählte, der Belegung dienenden Textstellen/-beispiele der Novelle und durch die daraus resultierenden Argumente erfolgen wird, an passender Stelle unterstützt von Aussagen ausgewählter Sekundärliteratur.

Kleiner Exkurs: Trotz der werkimmanenten Absicht soll – nur hier in der Einleitung – informativ erwähnt werden, dass durch die Notizbücher Thomas Manns in seinen Novellen einschließlich ≫Der Tod in Venedig≪ ein autobiographischer Kern als bestätigt angesehen wird und die Notizen wohl belegen, dass das problematische Künstler-Ich der fiktionalen Texte reale Beziehungsprobleme repräsentiert.[6] Die Novelle wird also als eine autobiographische Schrift angesehen, in der wohl – sehr genau – das Selbstportrait Thomas Manns enthalten ist.[7] Drei Beispiele für den autobiographischen Hintergrund in der Novelle sind die 1911 erfolgte Venedig-Reise der Familie Mann (= die Reise der Figur Aschenbach nach Venedig), die niemals ausgelebte Homosexualität des Autors (= ebenfalls wie bei Aschenbach) und die sich inhaltlich deckenden – im Titel abgeänderten – Werke Thomas Manns mit denen Aschenbachs (z. B. das Werk über ‚Friedrich von Preußen‘). Exkurs zu Ende.

Eine (detaillierte, vollständige) Inhaltsangabe des Werkes, Biographisches zum Autor sowie Ausführungen zur Epoche werden nicht erfolgen. Die Hausarbeit soll mit den wichtigsten Aspekten einen grundlegenden Abriss zum genannten Thema bieten und sich aufgrund des Umfanges auf das Wesentliche beschränken.

2. Zur Beschreibung von Status, Herkunft und Wesen
der Figur Aschenbach

Um sich ein allgemeines Bild von der Figur machen zu können, hier jetzt einführend wichtige Aspekte zur fiktiven Person ‚Gustav Aschenbach‘:

Gleich auf der ersten Seite der Novelle wird der Leser über das ungefähre Alter (bzw. über die ungefähre Altersgeneration), den Gesellschaftsstand inklusive Wohngegend und Beruf informiert, nämlich dass der Protagonist an seinem 50. Geburtstag[8] geadelt wurde und seitdem den offiziellen Namenszusatz ‚von‘ vor seinem Nachnamen trägt. Dass er zur höheren Gesellschaftsschicht gehört, zeigt nicht nur die Nobilitierung, sondern auch die Angabe, dass sich seine Münchener Wohnung in der Prinzregentenstraße (Pracht- und Nobelstraße) befindet. Von Beruf ist Aschenbach Schriftsteller und hat sich mit Werken wie z. B. ‚Maja‘, ‚Ein Elender‘, ‚Geist und Kunst‘ sowie ‚Friedrich‘ als Künstler etabliert und wird von der Nation für sein Können geehrt und anerkannt. Eine durch den Tod bedingte, kurze Ehe, aus der eine Tochter hervorgegangen war, hatte er „in noch jugendlichem Alter mit einem Mädchen aus gelehrter Familie

[...]


[1] „Durch einen fiktionalen Text dargestellte Gestalt, der die Fähigkeit zu mentalen Prozessen zugeschrieben wird.“ (Metzler Lexikon Literatur. Stuttgart 2007, S. 238.)

[2] Entstehung und Entwicklung.

[3] Ein Geheimnis ist im allgemeinen Sinne etwas, das andere Leute nicht erfahren sollen; eine Information, die nur eine beschränkte Anzahl von Personen weiß bzw. in die nur bestimmte Personen eingeweiht sind.

[4] Die Interpretation des Textes wird auf diesen selbst gestützt. Die Deutungsaussagen werden allein durch den Text gerechtfertigt, d. h. für die Interpretation werden Biographie des Autors sowie kulturelles/historisches Umfeld nicht herangezogen. (Vgl. Metzler Lexikon Literatur. Stuttgart 2007, S. 828.); Interpretation von ‚interpretatio‘ → nicht nur Deutung und Auslegung, sondern auch Erklärung und Übersetzung.

[5] Im Mittelpunkt steht die Aneignung literarischer Texte durch den Leser; der Blick ist auf einen Dialog zwischen Text und Leser gerichtet, d. h. der Leser wird mit einbezogen. (Vgl. ebd., S. 650.)

[6] Vgl. Renner, Rolf Günter: Das Ich als ästhetische Konstruktion. ≫Der Tod in Venedig≪ und seine Beziehung zum Gesamtwerk Thomas Manns. Freiburg im Breisgau 1987, S. 99.

[7] Vgl. Koopmann, Helmut: Thomas Mann. Konstanten seines literarischen Werks. Göttingen 1975, S. 40.

[8] Aus Textstellen wie „[…] seit sein Leben sich langsam neigte […]“ (Mann, Thomas: Der Tod in Venedig. Fischer Taschenbuch Verlag (22. Auflage: Oktober 2010), Frankfurt am Main 1992, S. 15.) und „[…] der Vorteil seiner Jahre […]“ (Ebd., S. 17.) lässt sich in sprachlicher Hinsicht gewisserweise schließen, dass er das 50. Lebensjahr schon seit einiger oder gar längerer Zeit überschritten hat. Oder gar konkreter: „[…] der Dichter Gustav von Aschenbach, wohl im sechsten Jahrzehnt seines Lebens […]“ (Karthaus, Ulrich: Literaturwissen für Schule und Studium. Thomas Mann. Reclam, Stuttgart 1994, S. 69.)

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Zur Genese eines doppelten Geheimnisses – Homoerotik und Objekt der Begierde.
Untertitel
Lebenswandel, Selbsterkenntnis und Besessenheit der fiktiven Hauptfigur ‚Gustav von Aschenbach‘ in Thomas Manns Novelle ≫Der Tod in Venedig≪
Hochschule
Universität Erfurt
Note
1,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
15
Katalognummer
V198465
ISBN (eBook)
9783656247821
ISBN (Buch)
9783656249832
Dateigröße
530 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
genese, geheimnisses, homoerotik, objekt, begierde, lebenswandel, selbsterkenntnis, besessenheit, hauptfigur, aschenbach‘, thomas, manns, novelle, venedig≪
Arbeit zitieren
B.A. Ann Drechsler (Autor:in), 2011, Zur Genese eines doppelten Geheimnisses – Homoerotik und Objekt der Begierde. , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198465

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