Die Rolle kirchlicher Schulen im Kontext der Apartheid in Südafrika


Dossier / Travail de Séminaire, 2010

19 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Situation in Südafrika - historischer Hintergrund
2.1. Das Bildungssystem in Südafrika 1949 - 1989
2.2. Die historische Bedeutung der kirchlichen Schulen

3. Rolle der kirchlichen Schulen im Apartheid Regime
3.1. Auf dem Papier: Stellungnahme der südafrikanischen Kirchen zum Apartheid Regime
3.1.1. Die Niederländische Reformierte Kirche (NGK)
3.1.2. Die englischsprachigen Kirchen: Methodisten und Anglikaner
3.1.3. Die Lutherische Kirche
3.1.4. Die Römisch-Katholische Kirche (RKK)
3.2. In der Praxis: Umsetzung der Überzeugungen im Bildungssystem
3.2.1. Die Niederländische Reformierte Kirche
3.2.2. Die englischsprachigen Kirchen
3.2.3. Die Lutherische Kirche
3.2.4. Die besondere Rolle der katholischen Schulen

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis
5.1 Internetquellen
5.2 Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

Im Rahmen eines Seminars über die Barrieren und Schwierigkeiten im Bildungssektor in Südafrika wurde mein Interesse für diesen Bereich geweckt. Die Arbeit beschäftigt sich mit der Rolle der kirchlichen Schulen während der Apartheid in Südafrika in den Jahren 1949 bis 1989. Es soll herausgefunden werden, ob kirchliche Schulen einen nennenswerten Einfluss im Schulsystem der Apartheid hatten und wenn ja, welchen. Wurden Versuche unternommen, sich gegen die Politik zur Wehr zu setzten? Welche Stellung hatten die Kirchen, also die Träger der kirchlichen Schulen zur Ideologie der Apartheid und wie wurde diese Meinung umgesetzt?

In Punkt 2 werde ich ausführlich auf den historischen Kontext in Südafrika eingehen, da ohne diesen Hintergrund das Bildungssystem und die Entscheidungen, Aussagen und Reaktionen der Kirchen nicht verstanden werden können. Punkt 2.1 soll hierbei insbesondere einen Überblick über die Situation im Bereich Bildung geben. Die Bedeutung der kirchlichen Schulen vor 1949, dem offiziellen Beginn der Apartheid, wird in Punkt 2.2 dargestellt. Hier soll deutlich werden, welchen Anteil kirchliche Schulen am Bildungssystem hatten und was durch sie in der Vergangenheit schon geleistet wurde. In Punkt 3 geht es darum, die Hauptfragestellung näher zu beleuchten. Welche Kirchen haben welche Haltung (Punkt 3.1) und wie wird diese Haltung sichtbar (Punkt 3.2)? Was haben die Kirchen versucht, um ihr Verständnis des christlichen Glaubens in den und durch die Schulen zu vertreten? Hierbei soll ein besonderes Augenmerk auf die Schulen der katholischen Kirche gelegt werden. Im Fazit werde ich die Ergebnisse der Arbeit zusammenfassen und persönlich dazu Stellung nehmen.

Ich werde in dieser Arbeit die Begriffe ‚schwarz’, ‚farbig’, ‚indisch’ und ‚weiß’ verwenden. Diese rassistische Einteilung entspricht der Klassifizierung der Apartheid, ist aber für eine Beschreibung der damaligen Situation unumgänglich. Es soll ausdrücklich darauf hingewiesen sein, dass diese Bezeichnungen hier ohne Wertung gemeint sind!

2. Die Situation in Südafrika - historischer Hintergrund

Die Situation in Südafrika während der Apartheid, die offiziell von 1948 bis 1994 dauerte, hat eine lange Vorgeschichte. Hier sei nur ein grober Überblick gegeben. Das Wort Apartheid wird vom niederländischen Wort apart abgeleitet, welches getrennt oder gesondert bedeutet. In Bezug auf Südafrika ist damit die Trennung der Gesellschaft in Rassen schwarz, farbig, indisch (asiatisch) und weiß gemeint. Diese Trennung bezieht sich auf das private und öffentliche Leben, das Wohnen, die Wirtschaft und das Bildungssystem.

Warum es wichtig ist, sich mit der ‚Rassenfrage’ zu beschäftigen, zeigt ein Blick in die Geschichte Südafrikas. 1652 baute Jan van Riebeeck nahe dem Kap der Guten Hoffnung eine Versorgungsstation auf, die die Schiffe, die Handel mit Indien trieben, mit frischen Lebensmitteln versorgen sollten. Dazu traten die Siedler in eine freundschaftliche Handelsbeziehung zu den ansässigen Khoikhoi. Durch die Ankunft von immer mehr Siedlern, die dort Landwirtschaft betrieben (daher Buren genannt), stieg der Bedarf an Land. Daraufhin zogen die Buren weiter ins Landesinnere und trafen in den so genannten ‚Kaffernkriegen’, bzw. den „Wars of Dispossession’, 1770 auf die Xhosa. Die nomadische Lebensweise der Buren hatte großen Einfluss auf ihr Denken: „Großherzigkeit gegenüber ihresgleichen, Hass auf alles Fremde“ (Albers (1986), S. 21).

1806 übernahmen die Briten die Herrschaft. Die Anglikanisierung begann und legte den Grundstein für eine lang anhaltende Feindschaft zwischen Buren und Briten. Insbesondere auch dadurch, dass 1828 die Briten allen Einwohnern Südafrikas, also auch den Eingeborenen, die gleichen Bürgerrechte verliehen. 1806 kamen auch die ersten Missionare ins Land, deren Ziel die Christianisierung und Zivilisierung der afrikanischen Bevölkerung war. Sie bildeten Reservate, die die Einheimischen von den Weißen trennten, um besser auf die Menschen einwirken zu können. Als Folge kann man von einer „Entfremdung von der einheimischen Kultur und Sprache“ (Meyer (1991), S. 11) sprechen. Im ‚großen Trek’ 1836 - 1840 zogen die Buren nach Norden, um sich der britischen Herrschaft zu entziehen. Bei einem Kampf mit den Zulu am Blood River unterwarfen sie diese und töteten 3.000 Menschen. Die auf dem Trek entwickelte Mentalität der Buren, die sich wie die Israeliten auf ihrem Weg nach Kanaan und deshalb zur Landeinahme berechtigt fühlten, legt den Grundstein für die spätere theologische Begründung der Apartheid durch die Niederländische Reformierte Kirche (NGK). Nach dem Burenkrieg kamen aber auch die von den Buren eroberten Territorien 1900 unter britische Herrschaft. 1902 endeten die kriegerischen Auseinandersetzungen und 1910 wurde die Südafrikanische Union gegründet. Es liegt nahe, anzunehmen, dass dies u.a. aus dem Interesse heraus geschah, die wirtschaftliche Vorherrschaft der Weißen zu sichern. Die Verfassung von 1910 legte die Grundlage für die spätere Apartheidpolitik, indem sie den Nicht-Weißen ihr Wahlrecht absprach. (Vgl. Albers, S.19-28 und Meyer, S.9-14)

Die Zeit von 1910 bis 1948 zeichnet sich durch eine stetige Verschlechterung der rechtlichen Stellung der Schwarzen aus. Diese Verschlechterung war eine Folge von verschiedenen Gesetzten, die die weiße Herrschaft sichern, sowie für genügend billige (schwarze) Arbeitskräfte sorgen sollten. Im Folgenden seien einige der wichtigsten aufgeführt. 1913 wurden durch den ‚Natives Land Act’ Reservate nur für Schwarze geschaffen. Die Fläche dieser Reservate lag bei 7,3% des Staatsterritoriums, wobei der Bevölkerungsanteil an Schwarzen 1911 67% betrug (Vgl. Meyer, S.14). 1923 wurden Wohngebiete durch den ‚Natives Urban Act’ in den Städten nach schwarzer und nicht- schwarzer Bevölkerung getrennt. Der ‚Mines and Works Amendment Act’ von 1926 verbietet den Schwarzen, qualifizierte Tätigkeiten im Bergbau zu verrichten. 1927 wurde durch den ‚Immorality Act’ der außereheliche Geschlechtsverkehr zwischen Weißen und Schwarzen strafbar.

Nachdem 1949 die Nationale Partei der Buren die Wahlen gewann, bezeichnet dies den offiziellen Beginn der Apartheid: Rassismus per Gesetz. Nun wurden auch vermehrt die Farbigen in die diskriminierende Gesetzte mit einbezogen. Heiraten über Rassengrenzen wurde mit dem ‚Prohibition of Mixes Marriages Act’ 1949 verboten. 1950 erschienen der Population Registration Act’, der die Menschen in Südafrika nach Rassen einteilte und der ‚Group Area Act’ trennte nun alle Wohngebiete strikt nach Rassen. Der ‚Reservation of Separate Amenities Act’ führte 1953 eine Trennung an allen öffentlichen Orten ein und wurde im selben Jahr verabschiedet wie der ‚Bantu Education Act’, der alle Schulen für Schwarze mehr oder weniger unter die Kontrolle des Staates brachte. Der ‚Sabotage Act’ von 1963 erlaubte eine Inhaftierung von Personen über 90 Tage ohne Anklage. 1968 wurden auch die 3 Plätze im Parlament, die von Nicht-Weißen gewählt wurden, abgeschafft. So wurden nach und nach Ausbeutung und Ungleichheit legalisiert. Durch vermehrten Widerstand und später auch internationalen Druck auf die Regierung Südafrikas, sowie Wirtschaftsboykott kam es 1989 dazu, dass die Regierung offiziell das Scheitern der Apartheidpolitik bekannt gab. 1994 fanden die ersten freien Wahlen statt, bei denen Nelson Mandela zum Präsidenten gewählt wurde. (Vgl. Albers, S.29-39 und Kaiser, S.15-17)

2.1. Das Bildungssystem in Südafrika 1949 - 1989

„ [ … ] education is the key to the creation of the proper relationship between European and non-European in South Africa. [ … ] “

[Hervorhebung durch S. Thrams]

(The Eiselen Report, 1951; zitiert nach: Christie/ Collins (1988), S.176)

Meilensteine der südafrikanischen Bildungspolitik sind die Eiselen Kommission und der Bantu Education Act. Die Eiselen Kommission wurde 1949 damit beauftragt, Pläne für ein Erziehungs- und Bildungssystem für Schwarze herauszuarbeiten. Dabei wurden die Schwarzen ganz bewusst als „unabhängige Rasse“ (Meyer (1991), S.44) betrachtet, deren „angeborene rassische Qualitäten, ihre kennzeichnenden Charakteristika und Haltungen und ihre Bedürfnisse“ (ebd., S. 44) beachtet werden sollten. Das Ergebnis war der Eiselen Bericht von 1951, der die Grundlage für den Bantu Education Act bildete. Darin wurde nahegelegt, dass das Bildungssystem der Schwarzen die gesellschaftliche und ökonomische Trennung der Rassen unterstützen sollte. Auch wurde auf die Bedeutung der Schulen für das Fortbestehen und die Entwicklung der Schwarzen Kultur eingegangen (Vgl. Christie/ Collins, S.160). 1953 verabschiedete die Regierung den Bantu Education Act, der zum Inbegriff der Bantu Erziehung politisch geplanter Diskriminierung in Südafrika wurde. Die Kontrolle der schwarzen Schulen wurde größtenteils dem Native Affairs Departement und dessen Minister, zur damaligen Zeit Dr. H.F. Verwoerd, übertragen. In seiner Rede an den Senat 1954 machte Verwoerd seine Ansichten zur Bantu Erziehung deutlich:

„ [ … ] There is no place for him in the European community above the level of certain forms of labour. Within his own community, however, all doors are open. For that reason it is of no avail for him to receive a training which has as its aim absorption in the European community, where he cannot be absorbed. Until now he has been subjected to a school system which drew him away from his own community and misled him by showing him the green pastures of European society in which he was not allowed to gaze. [ … ] ” [Hervorhebung durch S. Thrams] (Verwoerd, H.F. Speech to the Senate 07.06.1954; zitiert nach: Christie./ Collins (1988), S.173)

Die Schulen wurden nach schwarz und nicht-schwarz getrennt und alle Schulen für Schwarze mussten registriert werden. Es gab ‚Community schools’, ‘Government schools’ und ‘Private schools’; auch die Privatschulen bedurften einer Erlaubnis durch die Regierung. Ab 1955 gab es auch Auflagen für die Abend- und Teilzeitschulen, die in den meisten Fällen deren Schließung zur Folge hatten.

Die Schwarzen sollten in ihren eigenen Gebieten wohnen, ihre eigenen Schulen, Kirchen, etc. haben. Sie sollten eine Grundbildung bekommen, damit der Staat als gesamtes funktionieren konnte und der Wirtschaft genügend einfache Arbeiter zur Verfügung standen.

„The reproduction of labour is a two-fold process, involving on the one hand the reproduction of attitudes and values appropriate to the social relations of production, and willingness to participate in capitalist exchange relationships; on the other hand involving the reproduction of appropriate skills “(Christie/ Collins (1988), S.175).

Möglichkeiten zum Aufstieg in der weißen Gesellschaft und Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt sollte es nicht geben. Eine kleine schwarze Elite sollte entstehen, um Personal für die Durchführung des Bantu Self-Government Act, der 1959 verabschiedet wurde, bereitzustellen. Die Reservate sollten eine eigene, schwarze Regierung haben. Dazu benötigte man entsprechend ausgebildetes Personal, das dazu bereit war, die vorgegebenen politischen Strukturen durchzusetzen. Hand in Hand damit ging die Ausweitung des Universities Act 1959, der die weißen Universitäten für schwarze Studenten unzugänglich machte, aber in den Reservaten Universitäten für Schwarze aufbaute. Damit wurde einerseits die gesellschaftliche und soziale Trennung verstärkt und zum anderen der Regierung mehr Kontrolle über die Ausbildung der schwarzen Elite eingeräumt, so dass der Staat die Lehrinhalte nach Belieben bestimmen konnte, ohne die Qualität der weißen Ausbildung zu gefährden. Dazu kam, dass die schwarze und weiße Bevölkerung jeweils für die Ausbildung ihrer Kinder finanziell aufkommen mussten. Fast 4/5 der von Schwarzen gezahlten Steuern floss in die Bantu Erziehung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1

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Abb. 2

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Fin de l'extrait de 19 pages

Résumé des informations

Titre
Die Rolle kirchlicher Schulen im Kontext der Apartheid in Südafrika
Université
University of Marburg  (Insitut für Erziehungswissenschaft)
Cours
Seminar: Politische und kulturelle Barrieren des Zugangs zu Bildung und Erziehung und Handlungsalternativen am Beispiel Südafrika
Note
1,0
Auteur
Année
2010
Pages
19
N° de catalogue
V198493
ISBN (ebook)
9783656247500
ISBN (Livre)
9783656248712
Taille d'un fichier
470 KB
Langue
allemand
Annotations
Kommentare der Dozentin: " - sehr guter Aufbau und Argumentationskette - sprachlich gut dargestellt - Fazit fasst alles schlüssig zusammen - trotz knapp vorhandener Literatur wurden aufschlussreiche Quellen gefunden "
Mots clés
interkulturelle Pädagogik, Schule in Afrika, Apartheid, Südafrika, kirchliche Schulen, Bildungsungleichheit, Rassismus, Geschichte Süafrikas, Niederländische Reformierte Kirche (NGK), englischsprachige Kirchen in Südafrika, Lutherische Kirche, Römisch-Katholische Kirche
Citation du texte
Svenja Thrams (Auteur), 2010, Die Rolle kirchlicher Schulen im Kontext der Apartheid in Südafrika, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198493

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