Einleitung-Problemstellung
Die Bundesrepublik ist sehr stolz auf ihr Bildungssystem. Infolge-dessen stellte man 2001 nach der Publizierung der Ergebnisse der internationalen PISA-Studie entsetzt fest, dass Deutschland im Länder-vergleich bei den Fähigkeiten von Jugendlichen im Alter von 15 Jahren vergleichsweise mäßig abgeschnitten hatte. Nicht bloßes Wissen in Form von Sach- oder Methodenwissen, sondern Kompetenzen im Lesen, der Mathematik und den Naturwissenschaften wurden geprüft. Schüler sollen demnach Wissen nicht nur wiedergeben, sondern es auch anwenden und auf neue Probleme transferieren können, d.h. wirkliche Kompetenzen besitzen (Baumert/Artelt, 2003, S. 13). Über Kompetenzen zu verfügen, bedeutet in einem Fachgebiet erfolgreich handeln zu können. Das Gegenteil davon ist die Inkompetenz und bedeutet, dass man Anforderungen in einem gewissen Segment nicht gewachsen ist (Klieme/Maag-Merki/Hartig, 2007, S. 5).
Es gibt wohl kein zweites Prinzip, welches die bildungspolitische Diskussion in den letzten Jahren vergleichsweise bestimmt hat. Der Begriff der Kompetenz wird zum Leitgedanken in den unterschiedlichen Bereichen des deutschen Bildungssystems. Damit einher geht ein Paradigmenwechsel von der Input- zur Outputsteuerung (Hensge/Lorig/Schreiber, 2011, S. 133).
Im Mittelpunkt steht dabei die Neuausrichtung der Curricula, da darüber einheitliche Bildungsstandards sowie Transparenz möglich werden. Dafür sind Konzepte und Verfahren notwendig, über die Kompetenzorientierung verankert werden kann. In der sogenannten Klieme-Expertise wurde 2003 für den allgemeinbildenden Bereich in Anlehnung an PISA bereits ein solches Konzept erarbeitet (siehe Kapitel 3.2), welches allgemeine Bildungsziele über Kompetenzmodelle und Kompetenzmessungen konkretisieren möchte, um die Kompetenzen von Schülern in einem Fach zu beschreiben (ebenda).
Auf europäischer Ebene wird über den Europäischen Qualifikations-rahmen eine Vergleichbarkeit (Transparenz) von Bildungsabschlüssen bzw. Kompetenzen angestrebt, um die Mobilität von Arbeitnehmern zu verbessern (Bethscheider/Höhns/Münchhausen, 2011, S. 1).
Somit hat die Kompetenzorientierung in den letzten Jahren auch in der Berufsbildung (Aus- und Weiterbildung) an Gewicht gewonnen (ebenda, S. 9). Mit Kompetenzansätzen sollen Handlungs und Reaktionsmöglichkeiten bereitgestellt werden (...).
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung - Problemstellung
- Europäisierung der Berufsbildung im Kompetenzparadigma
- Kompetenzverständnisse in Bildung und Berufsbildung
- Der Kompetenzbegriff – theoretischer Hintergrund und Klassifizierung
- Bildungsstandards und Kompetenzverständnis im allgemeinbildenden Bereich
- Kompetenzverständnis in der beruflichen Bildung
- Kompetenzmodelle in der Berufsbildung
- Kompetenzkonzept zur Neuordnung der Berufsausbildung
- Kompetenzmessung in der Berufsbildung
- Kompetenzmessung im Überblick
- Testverfahren von Achtenhagen/Winther im Rahmen eines VET-LSA
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem Paradigma der Kompetenzorientierung in der aktuellen Bildungs- und Berufsbildungsdiskussion. Sie analysiert, inwiefern die aktuellen Ansätze der Kompetenzorientierung in Deutschland für eine Reformierung der dualen Berufsausbildung genutzt werden können und welche weitergehende Neuorientierung die deutsche Berufsbildung erfahren könnte.
- Entwicklung des Kompetenzbegriffs und verschiedene Kompetenzverständnisse
- Europäisierung der Berufsbildung und die Rolle von Kompetenzstandards
- Kompetenzmessung in der Berufsbildung und deren Bedeutung für die Qualitätssicherung
- Potenzial und Herausforderungen der Kompetenzorientierung für die duale Berufsausbildung
- Relevanz von Kompetenzorientierung für die Anpassung an die Anforderungen der Arbeitswelt
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Relevanz des Kompetenzbegriffs in der aktuellen Bildungsdidaktik und verweist auf die internationalen PISA-Studien als wichtigen Impulsgeber. Sie stellt den Paradigmenwechsel von der Input- zur Outputsteuerung im Bildungswesen heraus, der mit der wachsenden Bedeutung der Kompetenzorientierung einhergeht. Zudem werden die europäischen Entwicklungen im Hinblick auf die Harmonisierung von Qualifikationen durch den Europäischen Qualifikationsrahmen (EQF) und die Bedeutung von Kompetenzansätzen in der Berufsbildung beleuchtet.
Kapitel 2 analysiert die Europäisierung der Berufsbildung im Kontext des Kompetenzparadigmas. Es werden die politischen Ziele der EU zur Stärkung des europäischen Wirtschaftsraums und die Herausforderungen durch unterschiedliche Bildungssysteme in den Mitgliedsstaaten dargelegt. In diesem Zusammenhang werden wichtige Instrumente zur Vergleichbarkeit von Qualifikationen, wie der Europass, ECTS und ECVET, sowie der EQF beschrieben.
Kapitel 3 widmet sich den Kompetenzverständnissen in Bildung und Berufsbildung. Zunächst wird der theoretische Hintergrund des Kompetenzbegriffs beleuchtet und verschiedene Klassifikationen vorgestellt. Anschließend werden Bildungsstandards und Kompetenzverständnis im allgemeinbildenden Bereich sowie das Kompetenzverständnis in der beruflichen Bildung analysiert. Das Kapitel beleuchtet zudem Kompetenzmodelle in der Berufsbildung und stellt das Kompetenzkonzept zur Neuordnung der Berufsausbildung vor.
Kapitel 4 behandelt die Kompetenzmessung in der Berufsbildung. Es werden verschiedene Ansätze der Kompetenzmessung im Überblick dargestellt und das Verfahren von Achtenhagen/Winther im Rahmen eines VET-LSA näher betrachtet.
Schlüsselwörter
Kompetenzorientierung, Berufsbildung, Bildungssystem, Europäisierung, Qualifikationsrahmen, Kompetenzmessung, Bildungsstandards, duale Berufsausbildung, PISA-Studie, VET-LSA, ECVET, ECTS, EQF, Kompetenzmodelle, Kompetenzverständnis, Handlungskompetenz, Fachkompetenz, Sozialkompetenz, Methodenkompetenz, Selbstkompetenz
- Citation du texte
- Andreas Holtz (Auteur), 2012, Zum Paradigma der Kompetenzorientierung in der aktuellen Bildungs- und Berufsbildungsdiskussion, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200619