Über vier Jahrzehnte lang konzentrierten sich die Vereinten Nationen zur Friedenssicherung – konfrontiert mit dem Ost-West-Konflikt – auf die Kontrolle und Abrüstung von Massenvernichtungswaffen (vgl. Müller/Schörnig 2006: 219). Doch sind konventionelle Waffen (s. u. 2.1.1) seit dem Ende des Kalten Krieges zu einem der drängendsten Probleme der internationalen Politik geworden. Innerstaatliche Konflikte haben seither stark zugenommen und diese Konflikte werden meist ausschließlich mit konventionellen Waffen ausgetragen (vgl. Stohl/Grillot 2009: 2) – und allein durch diese Waffen sterben nach Angaben der Hilfs- und Entwicklungsorganisation Oxfam International jeden Tag 2000 Menschen (vgl. Oxfam International 2012). Sie werden daher auch als die „wahren Massenvernichtungswaffen“ (Müller/Schörnig 2006: 219) bezeichnet. Es scheint also geboten, dass die UNO sich dieses Problems annimmt.
Immerhin brachten die Vereinten Nationen 1980 mit der UN-Waffenkonvention (Convention on Certain Conventional Weapons, CCW) ein Verbot besonders inhumaner konventioneller Waffen auf den Weg. 1991 folgte mit dem UN-Waffenregister (UN Register of Conventional Arms) ein Instrument, das Transparenz in den internationalen Handel mit konventionellen Waffen bringen sollte. 2010 schließlich wurde ein Übereinkommen über Streumunition abgeschlossen. Die Verhandlungen über einen Vertrag zur Regulierung des internationalen Waffenhandels und internationaler Waffentransfers (Arms Trade Treaty) scheiterten dagegen am 27. Juli 2012. Die Hoffnungen, die mit diesen Verhandlungen ver-bunden waren, wurden also vorerst enttäuscht.
Die (potenzielle) Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen ist zwar nach wie vor gegeben (siehe Israel, Iran, Nordkorea), doch ist dieser Bereich bereits durch umfassende internationale Abkommen reguliert. Im Bereich der konventionellen Waffen muss man dagegen bisher eher von „Stückwerk“ reden.
Da der „Wille der Staaten zur Nutzung der Vereinten Nationen als multilaterales Forum für Abmachungen und Kommunikationsplattform im Bereich der […] Rüstungskontrolle […] stark unterschiedlich ausgeprägt [ist]“ (Gareis/Varwick 2007: 150), stellt sich die Frage, welche Rolle die UNO im Bereich der konventionellen Rüstungskontrolle überhaupt spielen kann. Dieser Frage gehe ich im vorliegenden Text am Beispiel der Arms-Trade-Treaty-Verhandlungen nach.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische Grundlagen
- Begriffsklärung
- Rüstungskontrolle
- Konventionelle Waffen
- Erklärungsansatz
- Sicherheit durch Macht — Neo-Realismus
- Interdependenz und Kooperation — Institutionalismus
- Ideen und Werte — Konstruktivismus
- Begriffsklärung
- Konventionelle Rüstungskontrolle als Ziel der UNO
- Bisherige Abkommen
- Die Arms-Trade-Treaty-Verhandlungen
- Analyse
- Die neo-realistische Perspektive
- Die institutionalistische Perspektive
- Die konstruktivistische Perspektive
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der vorliegende Text analysiert die Rolle der Vereinten Nationen im Bereich der konventionellen Rüstungskontrolle am Beispiel der Arms-Trade-Treaty-Verhandlungen. Dabei wird die Frage untersucht, welche Möglichkeiten und Grenzen die UNO in diesem Politikfeld hat.
- Die Bedeutung konventioneller Waffen in der internationalen Politik
- Die Rolle der UNO in der Rüstungskontrolle
- Die Arms-Trade-Treaty-Verhandlungen und deren Scheitern
- Die Anwendung und Bewertung verschiedener theoretischer Perspektiven (Neo-Realismus, Institutionalismus, Konstruktivismus)
- Der Einfluss nicht-staatlicher Akteure auf die internationale Politik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die zentrale Frage nach der Rolle der UNO im Bereich der konventionellen Rüstungskontrolle. Dabei wird die Bedeutung konventioneller Waffen im Kontext innerstaatlicher Konflikte und die bisherige Rolle der UNO in der Rüstungskontrolle beleuchtet.
Kapitel 2 beschäftigt sich mit den theoretischen Grundlagen der Analyse. Es werden die Begriffe Rüstungskontrolle und konventionelle Waffen geklärt und drei Theorien vorgestellt, die im weiteren Verlauf des Textes zur Analyse des Verhandlungsprozesses herangezogen werden: der Neo-Realismus, der Institutionalismus und der Konstruktivismus.
Kapitel 3 beleuchtet die Ziele der UNO im Bereich der konventionellen Rüstungskontrolle und zeichnet den Verlauf der Verhandlungen über die Arms Trade Treaty nach. Es werden die bisherigen Abkommen der UNO in diesem Bereich vorgestellt und die Herausforderungen, die mit der Verhandlung eines umfassenden Abkommens über den internationalen Waffenhandel verbunden sind, aufgezeigt.
Kapitel 4 analysiert den Verhandlungsprozess der Arms Trade Treaty aus Sicht der drei zuvor vorgestellten theoretischen Perspektiven. Der Neo-Realismus erklärt das Scheitern des Abkommens mit dem Machtstreben der Großmächte, der Institutionalismus hingegen betont die Bedeutung der internationalen Kooperation und die Rolle der UNO als Forum für Verhandlungen. Der Konstruktivismus schließlich zeigt den Einfluss nicht-staatlicher Akteure auf die internationale Politik und die Bedeutung von Ideen und Werten in diesem Bereich.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die konventionelle Rüstungskontrolle, die Arms Trade Treaty-Verhandlungen, die Rolle der UNO in der internationalen Politik, die Anwendung theoretischer Perspektiven, den Einfluss nicht-staatlicher Akteure und die Bedeutung von Ideen und Werten. Der Text analysiert die Herausforderungen, die mit der Verhandlung und Umsetzung eines globalen Abkommens über den internationalen Waffenhandel verbunden sind, und die Rolle, die die UNO in diesem Prozess spielt.
- Citar trabajo
- Florian Wollenschein (Autor), 2012, Die UNO und konventionelle Rüstungskontrolle, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/202510