Das Studienscript befaßt sich mit den Teilaufgabenfeldern innerhalb des Wirtschaftszweiges. Es geht nach der Einführung in das Seminarthema auf Grundlagen ein, wendet sich Einzelaspekten zu, thematisiert die Umwetzung und bietet eine Zusammenfassung mit Ausblick. Im Anhang befinden sich Fragen als Anstöße zur Reflexion.
Inhaltsverzeichnis
Einführung
Einführung in das Seminarthema
Grundlagen
Zeitgemässes Management als Aufgabenstellung
Soziale Organisationen, Dienste und Einrichtungen
Grundverständnis von Sozialmanagement ein-
schliesslich deren strategischer Zielperspektive
Abgrenzung von Tätigkeitsfeldern
Anforderungsprofil von Fach- und Führungskräften im Sozialmanagement
Aufgaben-, Organisations- und Führungsstruktur
Einzelaspekte
Kommunikation, Interaktion und Integration
Personalmanagement einschliesslich der Sonder-
problematik „Ehrenamtliche“
Organisation und Organisationsentwicklung
(Schaffung effizienter Strukturen und Arbeitsabläufe)
Planung und Budgetierung sozialer Arbeit
Finanzierung und Controlling sozialer Arbeit
Rechtliche und politische Aspekte, sowie die Auswir-
kungen der Europäischen Integration
Neue Herausforderungen und neue technologische
Hilfestellungen durch die Informations- und
Kommunikationstechnologien
Sicherung dynamischer Entwicklungsfähigkeit und
Entwicklung
Unternehmenskultur, Corporate Identity und sozial-
ethische Aspekte
Sozialmarketing und Öffentlichkeitsarbeit
Sponsoring und Fundraising
Qualitätsmanagement
Umsetzung
Theorie-Praxis-Problem und Umsetzungsstrategien
Gratwanderung zwischen psychosozialen Ansprüchen
und ökonomischen Erfordernissen
Pragmatischer Kompromiss zwischen institutionellen
Anforderungen, Professionalität und funktionaler
Differenzierung
Qualifizierungskonzept
Grenzen einer Professionalisierung für die Zukunft
Zusammenfassung und Ausblick
Zusammenfassung und Ausblick
Anhang
Literaturverzeichnis
Anstösse zur Reflexion
Über den Autor
Wer sich mit Sozialwirtschaft und Non-Profit-Management auseinandersetzt, der ist gut beraten, zunächst ein Grundverständnis von Sozialmanagement zu erwerben, bevor er sich Einzelaspekten sowie dem Theorie-Praxis-Problem und den Umsetzungsstrategien zuwendet. Wir folgen dieser Gliederung im Rahmen nachfolgender Ausführungen.
Einführung
Einführung in das Seminarthema
Mit der Seminarreihe „Sozialwirtschaft und Non-Profit-Management“ soll
- ein globaler Überblick über den aufgeworfenen Themenkomplex vermittelt und
- die in diesem Bereich erforderliche Sensibilität gefördert werden.
- Es gilt die Verantwortung gegenüber der Aufgabenstellung, dem Gemeinwohl und dem Gewissen anzunehmen, sowie
- im Tagesgeschäft konkurrierende wirtschaftliche und soziale Ziele angemessen zu berücksichtigen.
Grundlagen des Managements von sozialen Organisationen, Diensten und Einrichtungen
Wir befassen uns im Rahmen der Grundlagen des Managements von sozialen Organisationen zunächst mit der im Titel der Seminarreihe enthaltenen Begrifflichkeit, d.h.
- mit zeitgemässem Management als Aufgabenstellung,
- mit sozialen Organisationen, Diensten und Einrichtungen, sowie
- dem Grundverständnis von Sozialmanagement, einschliesslich deren strategischer Zielperspektive.
Daran schliesst sich eine Abgrenzung von Tätigkeitsfeldern und die Betrachtung des Anforderungsprofils an Fach- und Führungskräften im Sozialmanagement an.
Dies mündet ein in die Darstellung der im sozialen Bereich bestehenden vielschichtigen Aufgaben-, Organisations- und Führungsstruktur, auf die das Management sozialer Organisationen, Dienste und Einrichtungen angemessene Rücksicht zu nehmen hat.
Einzelaspekte des Managements sozialer Organisationen, Dienste und Einrichtungen
Bei den Einzelaspekten sind als soziale Aspekte Kommunikation, Interaktion und Integration der Betroffenen in den Aufgabenerfüllungsprozess aufzugreifen, ebenso das Personalmanagement einschliesslich der Sonderproblematik der „Ehrenamtlichen“.
Berücksichtigung muss auch die Organisation und deren Entwicklung finden. Schliesslich sind als permanente Herausforderung effiziente Strukturen und Arbeitsabläufe sicherzustellen und eine kostensparende Aufgabenbewältigung - auch angesichts bestehender Finanzknappheit und eines Rückzugs der öffentlichen Hand - zu gewährleisten.
Einzugehen ist auf Planung und Budgetierung, sowie auf Finanzierung und Controlling sozialer Arbeit.
- Planung umfasst den systematischen Prozess zur Erkennung und Lösung von Zukunftsproblemen,
- Budgetierung weist in zeitlicher, personaler, sachbezogener, prozessbezogener und formaler Sicht für konkrete Aufgaben verfügbare Finanzmittel zu und dient damit der Orientierung, Entscheidung, Koordination und Integration, sowie der Motivation und Kontrolle.
- Finanzierung setzt sich mit der Beschaffung von Kapital auseinander, das zur Erfüllung betrieblicher Aufgaben benötigt wird und
- Controlling gewährleistet als Informations-, Steuerungs- und Überwachungsinstrument eine permanente Ausrichtung auf die strategischen Ziele.
Da soziale Arbeit eingebunden in rechtliche und politische Aspekte stattfindet, erscheint eine diesbezügliche Thematisierung zwingend. In diesem Zusammenhang ist auch
- auf die Auswirkungen der Europäischen Integration einzugehen und
- der Gegensatz von zunehmender Verrechtlichung und geforderter Entbürokratisierung, Flexibilisierung, sowie höherer Effizienz zu thematisieren.
Neue Herausforderungen, aber auch neue technologische Hilfestellungen ergeben sich durch die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien. Diese heute gezielt in die Aufgabenbewältigung einzubeziehen und Möglichkeiten der Entlastung wahrzunehmen gilt als unabweisbares Muss.
Schiesslich gilt es im Zuge der Unternehmenskultur Entwicklungsfähigkeit zu sichern und ein lernendes, sozialverpflichtetes Unternehmen zu gewährleisten. Dies erscheint besonders wichtig, angesichts der notwendigen Zukunftsorientierung, der Unsicherheit von Prognosen und der Dynamik der Entwicklung im sozialen Bereich. Auch sind Unternehmenskultur generell, Corporate Identity und sozialethische Aspekte zu beleuchten.
Sozialmarketing und Öffentlichkeitsarbeit, sowie Sponsoring und Fundraising, aber auch Qualitätsmanagement bilden letztlich den Abschluss der im Rahmen der Seminarreihe aufgegriffenen Einzelaspekte.
Umsetzung des Managements von sozialen Organisationen,
Diensten und Einrichtungen
Die Umsetzung des Managements von sozialen Organisationen, Diensten und Einrichtungen muss sich primär dem Theorie-Praxis-Problem und Umsetzungsstrategien zuwenden. Hier ist heraus zu arbeiten, wie theoretische Erkenntnisse im praktischen Vollzug Berücksichtigung finden und wie praktische Erfahrungen Einfluss auf die Theoriebildung gewinnen können.
Mit den bestehenden psychosozialen Ansprüchen und der in der Praxis erforderlichen Gratwanderung zwischen psychosozialen Ansprüchen und ökonomischen Erfordernissen werden heere Zielperspektiven in die Niedrigkeit praktischer Problembewältigung vor Ort gestellt.
Letztlich ist auch die Diskrepanz zwischen institutionellen Anforderungen, der Professionalität des Managements von sozialen Organisationen, Diensten und Einrichtungen, sowie funktionaler Differenzierung fortlaufend in einem pragmatischen Kompromiss aufzulösen.
Abschluss im Rahmen der Betrachtungen zur Umsetzung bildet eine Reflexion über das Qualifizierungskonzept und über die Grenzen einer Professionalisierung für die Zukunft.
Zusammenfassung und Ausblick
Zusammenfassung und Ausblick sollen schliesslich in einer Gesamtschau das Management sozialer Organisationen, Dienste und Einrichtungen in seinen Einzelaspekten unter den heutigen Herausforderungen in Erscheinung treten lassen und absehbare Perspektiven thematisieren.
Grundlagen
Zeitgemässes Management als Aufgabenstellung
Gehen wir im Rahmen unserer Betrachtungen vom Titel der Seminarreihe aus, so gilt es zunächst zu klären
- was mit Management bezeichnet wird,
- was wir unter zeitgemässem Management verstehen,
- was zeitgemässes Management im sozialen Bereich bedeutet und
- was sich daraus als abgeleitete Aufgabenstellung ergibt.
Management und zeitgemässes Management
Management ist die angelsächsische Bezeichnung für Führung. Der Begriff wird differenziert
- in die Tätigkeit oder Technik des Managements und
- in die mit Führungsaufgaben betrauten Institutionen (Leitungsorgane).
Er umschliesst mithin alle notwendigen Vorgänge zielgerichteter Planung, Durchsetzung, Kontrolle und Steuerung (auch nach aussen) und die institutionelle Differenzierung nach Führungsebenen (Top-, Middle- und Lower Management) macht abweichende Schwerpunktsetzungen bei den zugeordneten Tätigkeiten deutlich (Strategisches-, Taktisches-, Operatives Management).
Mit Management werden psychosoziale Aspekte ebenso thematisiert, wie Organisationsstrukturen und Verfahrensabläufe. Schliesslich verstehen wir unter Führung: andere Menschen zielgerichtet, in einer formalen Organisation und unter konkreten Umweltbedingungen bei Wahrung humaner Ansprüche dazu zu bewegen, Aufgaben zu übernehmen und erfolgreich auszuführen (vgl. Neuberger 1993, 8).
Seit Beginn der Disziplin „Management“ gab es vielfältige Managementansätze aus unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen (z.B. das Scientific Management, der Human-Relations-Ansatz). Sie rücken häufig recht einseitig Aufgaben, Menschen, Organisation, Umwelt oder Humanisierung ins Zentrum der Betrachtungen. Dies kann nicht befriedigen.
Zeitgemässe Führungs- bzw. Managmentkonzepte erkennt man daran, dass bei ihnen
- alle entscheidenden Merkmale im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes Berücksichtigung finden und
- einseitige Überbetonungen von Einzelaspekten vermieden werden.
Auf eine differenzierte Auseinandersetzung mit bestehenden Managementansätzen muss an dieser Stelle verzichtet werden. Sie würde den vorgegebenen Rahmen sprengen (siehe Seminarreihen: Grundlagen der Personalführung bzw. Grundlagen der Organisation).
Zeitgemässes Management im sozialen Bereich
Im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes muss zeitgemässes Management im sozialen Bereich nicht nur alle entscheidenden Merkmale (Aufgaben, Menschen, Organisation, Umwelt, Humanisierung) einbeziehen, sondern darüber hinaus auch der spezifischen Eigenart des Aufgabenfeldes, den Beteiligten und Einrichtungen Rechnung tragen. Diese Eigenart ist heute unter anderem gekennzeichnet durch
- die an den Erfordernissen orientierten sozialen Zielsetzungen, die in einem konfliktträchtigen Verhältnis zu ökonomischen Erfordernissen stehen,
- die demographische Entwicklung und dem daraus resultierenden höheren Bedarf an sozialen Dienstleistungen bei begrenztem Finanzvolumen, sowie
- die aus der existenziellen Angewiesenheit der Klienten resultierende besondere Verantwortung und Fürsorgepflicht.
Angesichts der unübersehbaren Symptome des Umbruchs im sozialen Bereich gewinnt ein zeitgemässes Sozialmanagement mit ausgeprägter Problembewältigungskompetenz erheblich an Bedeutung. Symptome sind z.B.
- „Die öffentlichen Mittel fliessen spärlicher.
- Die Kassen bzw. Leistungsträger verhandeln härter. Die Selbstbeteiligung der Leistungsträger wird stärker gefordert.
- Finanzierbarkeit wird schwieriger.
- Der Wettbewerb wird härter.
- Kosten steigen – Kostendenken wird notwendig.
- Die Steuergesetzgebung greift immer mehr ein.
- Öffentlichkeitsarbeit und öffentliche Motivation müssen ausgebaut werden.
- Personalabbau auf der einen Seite wird zu einer drückenden Frage. Berechtigte Arbeitszeitverkürzung und Lohnerhöhungen verschärfen die Situation.
- Andererseits wird der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern grösser. Gute Mitarbeiter steigen aus.
- Innere Kündigung und Motivationsdefizite verringern unsere Leistung und Wettbewerbsfähigkeit.
- Konflikte werden immer zahlreicher. Uns fehlt die Fähigkeit damit zu leben.
- Führungskräfte leiden unter der Last, nicht genügend qualifiziert zu sein im Bereich von Management.
- Arbeitsrechtliche Schwierigkeiten, Arbeitsprozesse binden sehr viel Energie, werden mit grossem Kostenaufwand und oft geringem Sachverstand abgewickelt.
- Wirkungsvoller Umgang mit Kollegen, Patienten, Ärzten, Vorständen und Gesprächsfähigkeit erhalten eine immer grössere Bedeutung.
- Auch Einsatzführung und -organisation leiden immer mehr unter den Mängeln in Management und Führung“ (Decker 1992, 15).
Insoweit erscheinen Strategien angezeigt, die den bestehenden Gegebenheiten und den sich abzeichnenden Entwicklungen offensiv gegenübertreten und angemessene Lösungsansätze bieten, anstatt abwartend den Herausforderungen zu begegnen.
Aus den von der obersten Führungsebene zu verabschiedenden strategischen Zielen, die die Richtung vorgeben, leiten sich taktische und operative Ziele ab. Dies bedeutet, dass alle Aktivitäten an den strategischen Zielen auszurichten sind. Damit wird beabsichtigt,
- eine widerspruchsfreie Gesamtkonzeption zu verfolgen,
- ein gemeinsames gleichgerichtetes Handeln zu gewährleisten und
- Reibungsverluste zu minimieren.
Ziel zeitgemässen Managements im sozialen Bereich muss letztlich ein ganzheitliches, professionelles, zielgerichtetes, sozial verpflichtetes und effizientes Handeln der jeweiligen Organisation, des jeweiligen Dienstes oder der jewieligen Einrichtung sein.
Aufgabenstellung im Rahmen zeitgemässen Sozialmanagements
Zur Aufgabenstellung im Rahmen zeitgemässen Managements bei sozialen Organisationen, Diensten und Einrichtungen zählen unter anderem die gezielte Einflussnahme, der intensive Informationsaustausch, das stete Optimierungsbemühen und die Bewältigung der ökonomischen Herausforderung. Es geht also darum,
- gezielt im Interesse der Klienten Einfluss auf sozial- und gesellschaftspolitische Entwicklungen zu nehmen und bestehende Notwendigkeiten einzufordern,
- über eine offene Informationspolitik mit ernsthafter argumentativer Auseinandersetzung stets um Offenlegung, Austausch und Erkenntnisgewinn bemüht zu sein,
- im eigenen Zuständigkeitsbereich in Übereinstimmung mit den sich wandelnden Gegebenheiten erforderliche Veränderungen (Leistungsangebot, Strukturen, Verfahrensweisen, Personal, Unternehmenskultur) anzustossen und umzusetzen (z. B. verstärkte Adressatenzentrierung) und
- innovativ einen Ausgleich zwischen sozialen Zielsetzungen und ökonomischen Erfordernissen herbeizuführen.
Ziele, Aufgabenstellung und einzelnen Massnahmen sind immer wieder neu zu hinterfragen, damit eine kontinuierliche Entwicklung krasse Brüche im Entwicklungsverlauf möglichst vermeidet. Denn krasse Brüche ziehen
- erhebliche Unsicherheiten, vermeidbare Gefahren (z.B. Überforderung von Beschäftigten) und dysfunktionale Effekte nach sich;
- sie reduzieren die Qualität der Aufgabenbewältigung, die Mitarbeiterzufriedenheit und den realisierbaren Grat an Effizienz.
- Ferner wird die erforderliche Ausbildung der sozialen Institution als „Lernendes Unternehmen“ behindert.
Soziale Organisationen, Dienste und Einrichtungen
Nach einer Betrachtung des Wesens zeitgemässen Managements erscheint eine Auseinandersetzung mit sozialen Organisationen, Diensten und Einrichtungen zwingend geboten. Im Vordergrund stehen hier die Verbände der freien Wohlfahrtspflege. Zu den sozialen Organisationen, Diensten und Einrichtungen zählen aber auch private Initiativen, Vereine und Selbsthilfeeinrichtungen, staatliche Einrichtungen sowie privatwirtschaftliche Unternehmen. Uns interessieren
- traditionelle Wohlfahrtspflege,
- Entwicklungstendenzen und
- eine grundlegende Positionsbestimmung.
Traditionelle Wohlfahrtspflege
Freie gemeinnützige Wohlfahrtsverbände nehmen heute im System der organisierten Sozialpolitik und Sozialarbeit in der Bundesrepublik Deutschland eine zentrale Stellung ein. „Die Funktions- und Aufgabenteilung zwischen gesetzlich-behördlichen und verbandlichen Trägern sowie die wechselseitige vertikale und horizontale Verflechtung der jeweiligen Untergliederungen - etwa in paritätisch besetzten Fachausschüssen und -gremien, ist das Ergebnis einer historischen Entwicklung“ (Heinze/Olk 1984, 1262)
In der Nachkriegszeit erhielten die Wohlfahrtsverbände angesichts der Erfahrungen mit dem totalitären Staat eine gesetzliche Absicherung ihrer Kompetenzen (JWG, BSHG). Es erwuchs eine Vorrangstellung freier Träger und deren verstärkte Einbindung in die staatliche Sozialpolitik. (70 % der Jugendbildungsstätten, 71 % der Kindergärten, 60 % der Altenheime und Pflegestätten, 71 % der Kinderheime).
„Mit der Übernahme öffentlicher Aufgaben durch die „freien“ Träger wächst nicht nur deren Einfluss auf die staatliche Politik, sondern umgekehrt auch die Kontrollmöglichkeit des Staates sowie die Abhängigkeit der Verbände von staatlicher Unterstützung“ (ebd., 1272).
Derzeit besteht eine verschärfte von Schlagworten und Argumentationsfiguren geprägte Auseinandersetzung um Macht-, Kompetenz- und letztlich Mittelzuweisung. Diese Auseinandersetzung findet ihre Begründung nicht zuletzt
- in den unübersehbaren verbandlichen Bürokratisierungs- und Zentralisierungstendenzen und
- einer Dezentralisierung und Dekonzentration des expandierenden Systems staatlich bzw. kommunal erbrachter Dienstleistungen.
Beide Entwicklungen laufen dem postulierten grundlegenden Wesensunterschied behördlicher und verbandlicher Sozialarbeit zuwider.
Wohlfahrtsverbände bedürfen heute offensichtlich einer aktuellen Standortbestimmung und neuer Konzepte für zeitgemässe soziale Arbeit. Überkommene Argumentationsmuster reichen nicht mehr aus. In diesem Zusammenhang hat nicht zuletzt die Wissenschaft ihrer Verantwortung durch eine unterstützende Beratung und Begleitung gerecht zu werden.
Entwicklungstendenzen
An Entwicklungstendenzen zeichnet sich im Bereich sozialer Dienstleistungen die Ausbreitung einer neuen Wertorientierung ab, die persönliche Beziehungen und überschaubare Organisationsformen präferiert. Dies begünstigt private Initiativen und Selbsthilfegruppen als Alternativen (z.B. selbstverwaltete Heime, Frauenhäuser, Stadtteilgruppen, Selbsthilfegruppen im Gesundheitssektor). Sie richten sich gegen
- bürokratische Verkrustungen,
- mangelnde Partizipationsmöglichkeiten der Klienten und
- fehlende Sensibilität gegenüber neuen Problemlagen.
Politische Aktionsgruppen wenden sich darüber hinaus als nicht unmittelbare Erbringer von Hilfeleistungen gegen Missstände in Heimen und Behördenwillkür gegenüber Hilfesuchenden.
Grossverbände und private Initiativen können sich wechselseitig befruchten und damit Vorteile erzielen. In der Konsequenz
- bedürfen Grossverbände einer Revitalisierung durch Einbindung von zeitgemässen Aktivitätspotentialen und
- selbstorganisierte Initiativen sind in einer bürokratisierten und verregelten Umwelt auf vermittelnde Instanzen mit etablierter Machtposition angewiesen.
Bereitschaft und Fähigkeit im Interesse der Klienten aufeinander zuzugehen sind sowohl in den einzelnen Verbänden der freien Wohlfahrtspflege als auch in den jeweiligen Initiativen und Selbsthilfegruppen sehr unterschiedlich ausgeprägt.
- Bestehen einerseits Befürchtungen vor dem spontanen Charakter privater Initiativen und werden diese als überflüssiger Restbestand vormoderner Hilfeformen betrachtet,
- so bestehen andererseits Misstrauen und Berührungsängste gegenüber etablierten Bürokratien - ob bei Behörden oder bei Grossorganisationen.
Privatwirtschaftliche Einrichtungen im sozialen Sektor konzentrieren sich angesichts ihrer Gewinnorientierung auf wirtschaftlich erfolgsträchtige Leistungsangebote. Sie decken aber nicht nur für spezielle Zielgruppen (z.B. zahlungskräftige Senioren) soziale Teilsegmente ab.
Grundlegende Positionsbestimmung
Gesamtgesellschaftlich bedarf die aktuelle Kritik am Sozialstaat und der Entwicklungsprozesse in modernen Wohlfahrtsstaaten einer grundlegenden Diskussion. So ist unter anderem zu klären,
- was ein Wohlfahrtsstaat leisten kann und was er leisten muss,
- wie die hierfür erforderlichen Mittel aufzubringen sind und
- wie eine den legitimen Bedürfnissen verpflichtete Leistungserstellung wirtschaftlich tragbar realisiert werden kann.
Im Zusammenhang mit den Trägern sozialer Dienstleistungen steht die Umsetzung im Vordergrund, d.h.
- wie sich der gesamtgesellschaftliche Konsens im Rahmen des angebotenen Leistungsprogrammes praktisch umsetzen lässt,
- welche Modifikationen an Leistungsangebot und deren Darbietungsformen angesichts gesellschaftlicher Entwicklungen durchzuführen sind,
- wie eine permanente Optimierung institutionalisiert (Qualitätsbewusstsein) und finanzielle Tragfähigkeit gewährleistet werden kann (innovative Ausschöpfen bestehender Ressourcen).
Individuell ist schliesslich zu fragen einerseits nach dem Anspruchsniveau gegenüber der Gesellschaft und den Leistungserbringern im sozialen Bereich und andererseits nach der persönlichen Leistungsbereitschaft (z.B. Ehrenamtliches Engagement).
Grundverständnis von Sozialmanagement einschliesslich deren strategischer Zielperspektive
Zu den Grundlagen des Managements sozialer Organisationen, Dienste und Einrichtungen zählt ohne Zweifel, ein Grundverständnis von Sozialmanagement zu entwickeln. Dieses Grundverständnis dient als Ausgangs- und Orientierungspunkt und gibt den zu realisierenden Managementaktivitäten die Richtung vor. Ihren Ausdruck findet das Grundverständnis von Sozialmanagement in der jeweiligen strategischen Zielperspektive. So ist nachfolgend einzugehen auf
- das Grundverständnis von Sozialmanagement,
- das dahinterliegende Menschen- und Weltbild, sowie
- die strategische Zielperspektive.
Grundverständnis von Sozialmanagement
Management sozialer Organisationen, Dienste und Einrichtungen bedarf eines Grundverständnisses sozialer Arbeit und dieses Grundverständnis ist kulturell geprägt. Nach wie vor sind christliche Aussagen und Überzeugungen für den gesellschaftlichen Grundkonsens in der Bundesrepublik wesentlich,
- wenn auch in Teilen des Landes über Jahrzehnte durch forcierten Atheismus und ideologische Beeinflussung der gesamtgesellschaftlicher Zugang zu dieser „Kultur des Abendlandes“ teilweise verschüttet wurde,
- wenn auch durch bestehende Wanderungsbewegungen (Umsiedler, Aussiedler, Gastarbeiter, Asylsuchende) von den bodenständigen Anschauungen abweichende kulturkreisgeprägte Antworten Eingang in das öffentliche Bewusstsein finden,
- wenn auch in der heute bestehenden Demokratie eine Relativierung von Werten und Anschauungen stattfindet und traditionell geprägter Normierungsdruck bei wachsenden neuen Anpassungsverpflichtungen (Konsum, Statussymbole, Besitz) abnimmt.
Das Grundverständnis stellt eine verbindende Klammer zwischen den Individuen her und bietet damit notwendige Orientierung und Stütze. Nur die wenigsten Mitmenschen sind in der Lage, sich permanent neu zu orientieren, sich flexibel und dynamisch neuen Entwicklungen anzupassen. Ohne ein einvernehmliches Grundverständnis sind die meisten Individuen überfordert. Dies trifft naturgemäss auch auf die Mitarbeiter in sozialen Organisationen, Diensten und Einrichtungen zu.
Insoweit ist das einvernehmliche Grundverständnis gesamtgesellschaftlich, aber auch unternehmensindividuell ein zwingendes Erfordernis, wenn es auch die zunächst bestehenden Freiheitsgrade einschränkt. Einvernehmliches Grundverständnis findet gesamtgesellschaftlich in kodifizierten Normen und ungeschriebenen Regeln ihren Niederschlag.
Dahinterliegendes Menschen- und Weltbild
Entscheidend geprägt wird das Grundverständnis von Sozialmanagement durch das dahinterliegende Menschen- und Weltbild der obersten Führungsebene, das auch in der jeweiligen Unternehmenskultur ihren Niederschlag findet. Dieses Menschenbild kann tendenziell
- vom Sozialdarwinismus („Nur die Stärksten überleben“) oder von der sozialen Verantwortung allen Menschen gegenüber (Christliche Soziallehre bzw. Humanismus) geprägt sein und
- es kann von der menschenunfreundlichen Theorie X (Mitarbeiter bedarf Zwang, Kontrolle und Führung) oder von der menschenfreundlichen Theorie Y nach Mc Gregor (Mitarbeiter bedarf der Entfaltungs- und Erfolgsmöglichkeiten) beeinflusst sein,
Gerade die oberste Führungsebene ist entscheidend, da sie den untergeordneten Ebenen letztlich vorgibt,
- in welche Richtung die Reise geht (strategische Zielperspektive der Organisation, des Dienstes bzw. der Einrichtung),
- in welchen Strukturen und nach welchen Verfahrensabläufen die Aufgabenerfüllung zu leisten (organisatorische Komponente) und
- welchen Richtlinien und Anweisungen zu folgen ist (Personalführungskomponente).
Das Phänomen des in einer Organisation herrschenden Menschen- und Weltbildes und die damit verbundene Unternehmenskultur lässt uns erkennen, warum wir uns in einer Organisation wohl fühlen und in einem anderen nicht. Ausschlaggebend hierfür ist letztlich die Übereinstimmung herrschender Organisationsansichten und individueller Überzeugungen. Auf die krankmachende Wirkung eines unüberbrückbaren Gegensatzes sei an dieser Stelle nur hingewiesen. (Beispiel: Arbeit bei einem Träger mit Grundüberzeugungen, die von den eigenen stark abweichen, angesichts fehlender Alternativen zur Existenzsicherung.)
Strategische Zielperspektive des Sozialmanagements
Aus dem kulturell geprägten Grundverständnis, dem dahinterliegenden Menschen- und Weltbild und der Berücksichtigung relevanter Rahmenbedingungen und Einflussgrössen lässt sich die strategische Zielperspektive eines Unternehmens, in unserem Falle einer sozialen Organisation, eines sozialen Dienstes oder einer sozialen Einrichtung, entwickeln.
Gehen wir von der Abendländischen Kultur und einer menschenfreundlichen Grundorientierung aus, stellen wir darüber hinaus in Rechnung, dass finanzielle Spielräume angesichts vielfältiger limitierender Rahmenbedingungen enger werden, so könnte die strategische Zielperspektive beispielsweise lauten: Unsere soziale Organisation, unser sozialer Dienst, unsere soziale Einrichtung verfolgt das strategische Ziel,
- im angestammten Aufgabengebiet für die Zielgruppen optimale soziale Leistungen zu bieten und um stetige Optimierung bemüht zu sein,
- dabei die legitimen Wünsche und Interessen der Klienten und Mitarbeiter angemessen zu berücksichtigen und die Betroffenen in Planungs-, Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse einzubeziehen,
- die Fortentwicklung des Leistungsangebotes, der Strukturen und Verfahrensabläufe stetig an die sich wandelnden Herausforderungen anzupassen und die Kultur eines „Lernenden Unternehmens“ zu fördern,
- innovativ bestehende Probleme zu bewältigen um Bester im Markt zu sein,
- dabei aber die ökonomischen Erfordernisse nicht aus dem Blickfeld treten zu lassen, da wirtschaftliches Überleben den langfristigen Bestand der Einrichtung, die langfristige soziale Dienstleistung auf hohem Niveau und langfristige Arbeitsplätze sichert.
Diese Festlegung würde den Primat der sozialen Aufgabenstellung vor Gewinninteressen festschreiben.
Die globalen strategische Ziel bedürfen der Konkretisierung. Sie müssen für die einzelnen betrieblichen Ebenen übersetzt und ausdifferenziert werden. So ergibt sich letztlich ein Zielsystem, das für eine gemeinsames zielgerichtetes Handeln sorgen soll.
Abgrenzung von Tätigkeitsfeldern
Organisationen, Dienste und Einrichtungen im sozialen Bereich üben ihr Wirken in sehr unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern und mit sehr unterschiedlichem Leistungsumfang aus. So erscheint es angemessen,
- eine entsprechende Abgrenzung von Tätigkeitsfeldern und
- eine Differenzierung der Organisationen, Dienste und Einrichtungen vorzunehmen.
- Daraus lässt sich Verbindendes und Trennendes herausarbeiten.
Abgrenzung, Differenzierung und die Herausarbeitung des Verbindenden und Trennenden soll uns einen Überblick über den vielfältigen sozialen Sektor geben.
Soziale Tätigkeitsfelder
Zu den etablierten klassischen Tätigkeitsfeldern sozialer Arbeit zählen unter anderem:
- Altenarbeit (z.B. Beratung, Bildung, Erholung, soziale und gesundheitliche Hilfen in Einrichtungen der Altenhilfe, in Altenheimen und Altenklubs, sowie in Familien),
- Elementarerziehung (z.B. Erziehung und Bildung in Kinderkrippen, Kindergärten, Schulkindergärten, Kindertagesstätten, Kindererholungseinrichtungen, Beratung und Bildung von Eltern),
- Erwachsenenbildung (z.B. Bildungs-, Organisations- und Verwaltungsarbeit sowie Beratung in Erwachsenenbildungseinrichtungen),
- Erziehungshilfe und Heimpädagogik (z.B. Beratung, Erziehung und soziale Hilfe in Jugendämtern und Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege),
- Familienhilfe (z.B. Beratung, Bildung, soziale und gesundheitliche Hilfen in Jugend-, Sozial- und Gesundheitsämtern sowie in Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege),
- Gesundheitshilfe (z.B. Beratung, Gesundheitserziehung, gesundheitliche und soziale Hilfe in Gesundheitsämtern, Krankenhäusern, Krankenkassen, Kur- und Erholungseinrichtungen),
- Jugendarbeit (z.B. Beratung, Bildung und Erziehung sowie Planungs-, Organisations- und Verwaltungsarbeit in Einrichtungen der Jugendarbeit freier und öffentlicher Träger),
- Rehabilitation und Sonderpädagogik (z.B. Beratung, Schulung, soziale und gesundheitliche Hilfen für Jugendliche und Erwachsene in Beratungsstellen, Heimen, Werkstätten für Behinderte, Berufsbildungs- und Berufsförderungswerken),
- Resozialisierung (z.B. Beratung, Erziehung und soziale Hilfe für Jugendliche und Erwachsene in der Bewährungshilfe, in Vollzugsanstalten und Einrichtungen für Nichtsesshafte) und
- Sozialverwaltung (z.B. Planungs-, Organisations- und Verwaltungsarbeit bei freien und öffentlichen Trägern).
Daneben entwickelten sich vielfältige spezifische Angebote der Beratung (z.B. Psychosoziale-, Schuldner-, Sucht-, Aids-Beratung) und Therapien (z.B. Psycho-, Verhaltenstherapie), der Nachsorge (z.B. Krebsnachsorge), von Betreuung und Unterstützung (z.B. Besuchsdienste, Haushaltshilfe, Angehörigenbetreuung) und Kurzzeitpflege. Diese Angebote werden ergänzt z.B. durch Hilfen zur Bewahrung der Selbständigkeit (z.B. Funknotruf, Essen-auf-Rädern, Besorgungen, Pflegedienst), Sonderaktionen und öffentlich geförderte Projekte.
Differenzierung der Organisationen, Dienste und Einrichtungen
Differenzieren lassen sich Organisationen, Dienste und Einrichtungen des sozialen Sektors nach vielfältigen Kriterien.
- Wir treffen auf Leistungsanbieter mit umfassendem Vollprogramm und auf Träger mit speziellen zielgruppenspezifische Hilfen,
- auf Vollzeitpflege- und Betreuungseinrichtungen, aber auch auf Träger mit Beratung und punktueller Hilfestellung.
- Zu differenzieren sind Wohlfahrtsverbände, staatliche Einrichtungen, private Initiativen und privatwirtschaftliche Unternehmen die nebeneinander stehen und
- von unterschiedlichen Leitideen und philosophischen Grundhaltungen geprägt sind (konfessionell-, humanitär-, zielgruppeninteressen-, profit- bzw. sozialstaatlich-geprägte Einrichtungen).
- Soziale Arbeit wird von professionellen hauptamtlichen Kräften verrichtet, von hauptamtlichen-, nebenamtlichen- und ehrenamtlichen Kräften oder überwiegend von Ehrenamtlichen.
Eine professionellen Ansprüchen genügende Zuordnung von Tätigkeitsfeldern zu Trägern ist überaus schwierig und von den jeweiligen Beurteilungsmassstäben abhängig. Immerhin lässt sich konstatieren, dass
- die Erwartungen an Leistungserbringer im sozialen Bereich bei begrenztem Finanzvolumen stetig steigen und
- immer neuen Erkenntnissen, Verfahren und Bedürfnissen in angemessener Weise Rechnung zu tragen ist.
Angesichts der skizzierten Vielfalt gilt es gezielt Vorsorge zu treffen für eine angemessene soziale Aufgabenerfüllung.
- Für den jeweiligen Hilfsbedürftigen gilt es die für ihn richtige Einrichtung zu finden, die in Übereinstimmung seinen Vorstellungen, im benötigten Bereich und Umfange, optimale Hilfestellung wirtschaftlich effizient zu leisten in der Lage ist (Verantwortung des Hilfsbedürftigen und dessen Angehörigen).
- Für Träger kommt es darauf an, optimal zugeschnittene professionelle Angebote für bestehenden und absehbaren Bedarf wirtschaftlich tragfähig zu gestalten und in diesem Zusammenhang auch der Fürsorgeverpflichtung gegenüber den Mitarbeitern (angemessene Professionalisierung, Führung, Supervision etc.) nachzukommen (Verantwortung des Trägers).
- Und schliesslich hat der Staat durch vorbeugende und überwachende Massnahmen (z.B. Heimaufsicht) Fehlentwicklungen zu verhindern und sich abzeichnende Schwachstellen zu beseitigen (Verantwortung des Staates).
Verbindendes und Trennendes
Alle skizzierten Tätigkeitsfelder und Träger verbindet das Bemühen um eine den Bedürfnissen der Klienten gerecht werdende soziale Dienstleistung. Die Angemessenheit ist dabei aus individueller, aber auch aus gesamtgesellschaftlicher Sicht zu beurteilen.
Die unterschiedlichen Leitideen und Ausprägungsformen der Hilfe tragen sowohl der Unterschiedlichkeit der Leistungen nachfragenden Individuen, als auch den nach Art, Umfang und Form abweichenden sozialer Bedürfnisse Rechnung.
In der Praxis wird sich immer wieder neu ein Ringen um Angemessenheit ergeben und ergeben müssen. Vielfalt lässt hoffen, dass keine unbefriedigten legitimen sozialen Bedürfnisse verbleiben (Versorgungslücken) und bestehende Angebote sich wechselseitig ergänzen.
Anforderungsprofil von Fach- und Führungskräften im Sozialmanagement
Wer sich mit dem Management sozialer Organisationen, Dienste und Einrichtungen auseinandersetzt, muss auch auf das Anforderungsprofil von Fach- und Führungskräften eingehen. Gerade qualifizierte Fach- und Führungskräfte haben ja
- adressatengerechte professionelle und effiziente soziale Dienstleistungen,
- eine positive Entwicklung des jeweiligen Trägers,
- zufriedene Klienten, Mitarbeiter und sonstige Bezugspersonen, sowie
- ein positives Erscheinungsbild nach Innen und Aussen sicherzustellen.
Lassen Sie uns daher auf das generelle Anforderungsprofil im Management eingehen, die zusätzlichen Anforderungen im Sozialmanagement thematisieren, sowie die bestehende Diskrepanz und deren gezielten Abbau aufgreifen.
Generelles Anforderungsprofil im Management
Zu den Anforderungen an das Management wurden in den letzten Jahren vielfältige Untersuchungen mit in die gleiche Richtung weisenden Ergebnissen durchgeführt (vgl. BMBW 1994, 47 ff). Zu stellen sind klar zu umreissende Anforderungen an
- das Wissen und Können (Kognitive Fähigkeiten),
- die Einstellungen (affektive Fähigkeiten) und
- das Verhalten.
Psychomotorische Fähigkeiten sind für das Management von untergeordneter Bedeutung.
„Alle Managementtätigkeiten sind gleichermassen
- durch einen hohen Anteil an Kommunikation mit anderen Menschen gekennzeichnet. ...
- Darüber hinaus gilt für alle Führungskräfte im Management, dass sie fähig sein müssen, in schlecht definierten Handlungssituationen Probleme zu erkennen, zu definieren, angemessene Lösungsmethoden zu finden und schliesslich Entscheidungen zu fällen bzw. vorzubereiten“ (ebd., 11).
- Alle Manager haben die Ziele und Werte ihrer Organisation und bestehende Gesetze zu beachten. (Gesetze stellen in der Privatwirtschaft dabei den Handlungsrahmen dar; in der öffentlichen Verwaltung und den intermediären Institutionen definieren sie auch die einzelnen Ziele der Organisation.)
- „Für alle Manger ist darüber hinaus Wissen in den Bereichen Personalmanagement (Personalauswahl, Personalführung, Personalentwicklung etc.) und betriebswirtschaftliche Organisation erforderlich.
- Angesichts knapper Mittel müssen sie ebenfalls über Kenntnisse im Bereich Rechnungswesen und Controlling verfügen. Auch bestimmte Allgemeinkenntnisse sind notwendig“ (ebd., 11 f).
Andere Anforderungen variieren je nach Wirtschaftszweig (Privatwirtschaft, öffentliche Verwaltung, intermediärer Sektor) Hierarchieebene, Funktion und Organisationsgrösse.
Zusätzliche Anforderungen im Sozialmanagement
Im Sozialmanagement sind neben dem generellen Anforderungsprofil zwingend zusätzliche Anforderungen zu erfüllen. Denn der spezifischen Eigenart des Aufgabenfeldes muss hinreichend Rechnung getragen werden. Wie beim generellen Anforderungsprofil kann unterschieden werden zwischen
- generellen zusätzlichen Anforderungen im Sozialmanagement und
- Anforderungen, die je nach Wirtschaftszweig (Privatwirtschaft, öffentliche Verwaltung, intermediärer Sektor), Dienstleistungsangebot, Hierarchieebene, Funktion und Organisationsgrösse variieren.
Im vorgegebenen Rahmen können wir an dieser Stelle nur auf generelle zusätzliche Anforderungen im Sozialmanagement eingehen. Dies ist
- eine vertiefte Kenntnis des Sozial-, Verwaltungs- und Verfahrensrechtes, sowie weiterer relevanter Rechtsgebiete,
- die soziale Grundorientierung, die sich in einer bewussten Zuwendung zum Menschen, dem Streben, erforderliche Hilfe zu leisten, und der Bereitschaft, im Interesse des Klienten auch neue Wege zu gehen, ausdrückt.
- Zu den generellen zusätzlichen Anforderungen zählt auch das Ernstnehmen und das Wahrnehmen der im sozialen Bereich bestehenden besonderen Verantwortung gegenüber Personen, die ihre Angelegenheiten partiell oder generell nicht selbst regeln können und deren Angehörigen.
- Es wird ferner erwartet, über das dienstlich vorgegebene Mass hinaus bei auftretendem Zusatzbedarf (z.B. aufgrund besonderer sozialer Umstände oder unbefriedigender Rahmenbedingungen) bereitwillig Flexibilität, Engagement und Leistungsbereitschaft zu zeigen,
- Schliesslich bedarf es psychischer Stabilität, um angemessen mit niedrigen intellektuellen Fähigkeiten, fehlendem Wissen, abweichendem Verhalten, echter Not, bestehenden Krankheit und Behinderungen, aber auch Tod umzugehen – mit jenen Phänomenen also, die aus der sogenannten „heilen Welt“ weitgehend ausgeblendet sind.
- Nicht zu vergessen ist die Kompetenz zur Selbstreflexion, zur Aufarbeitung belastender Krisensituationen (z.B. Grenzen des Leistbaren), die Bereitschaft zu Erfahrungsaustausch und ggf. Supervision (je nach Einbindung in die konkrete Arbeit am Klienten).
Die eben angesprochenen generellen zusätzlichen Anforderungen im Sozialmanagement sind vor allem im Bereich der Einstellungen und Verhaltensweisen angesiedelt.
Bestehende Diskrepanz und deren gezielter Abbau
Ohne Zweifel besteht heute bei qualifizierten Fach- und Führungskräften in vielen sozialen Organisationen, Diensten und Einrichtungen eine Diskrepanz zwischen erforderlicher und vorhandener Kompetenz. Defizite sind vor allem unübersehbar
- im Bereich klassischen Managementwissens,
- im Bereich betriebswirtschaftlichen Denkens,
- in der Verknüpfung und zielgerichteten Anwendung der unterschiedlichen erforderlichen Kompetenzbereiche,
- der Kompetenz zur angemessener Organisationsentwicklung und
- in der personenbezogenen Führungstätigkeit.
Letztgenannte Bereiche werden wegen ihrer besonderen Bedeutung gesondert benannt. Diese Diskrepanz gilt es im Interesse der jeweiligen Organisation etc. gezielt in einem stufenweisen Prozess abzubauen. Managementschulung, Personalentwicklung, aber auch Coaching (abrufbares Expertenwissen im Rahmen der Beratung) sind hier wesentlicher Teil der Vorbereitung der betrieblichen Organisation auf die Zukunft, sie sind Teil betrieblicher Organisationsentwicklung.
Aufgaben-, Organisations- und Führungsstruktur
Aufgaben-, Organisations- und Führungsstruktur als Gesamtheit zu betrachten eröffnet uns den Blick für wesentliche Zusammenhänge. So werden nachfolgend
- traditionelle und moderne Organisationsstruktur einander gegenüber gestellt,
- Rechtsformen sozialer Unternehmen und Einrichtungen angesprochen und schliesslich
- Schlussfolgerungen zur Aufgaben-, Organisations- und Führungsstruktur gezogen.
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- Prof. Dr. Alfons Maria Schmidt (Auteur), 2012, Sozialwirtschaft und Non-Profit-Management, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204032