Telearbeit - Chancen für den deutschen Arbeitsmarkt


Tesis, 2003

61 Páginas, Calificación: 2


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Verzeichnis der Anlagen

1. Einleitung

2. Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt

3. Entwicklung der Telearbeit

4. Was ist Telearbeit?
4.1. Formen der Telearbeit
4.1.1. Heimbasierte Telearbeit
4.1.2. Mobile Telearbeit
4.1.3. Centerbasierte Telearbeit
4.1.4. On-Site-Telearbeit

5. Geeignete Tätigkeiten

6. Technische Entwicklung und Ausstattung von Telearbeitsplätzen

7. Nutzen und mögliche Nachteile der Telearbeit
7.1. Vorteile für Unternehmen
7.2. Vorteile für den Telearbeiter
7.3. Vorteile für die Gesellschaft
7.4. Mögliche Nachteile für das Unternehmen
7.5. Nachteile für den Arbeitnehmer
7.6. Mögliche Nachteile für die Gesellschaft

8. Wirtschaftlichkeit der Telearbeit
8.1. Beispielrechnung für Unternehmen
8.2. Beispielrechnung für Telearbeiter

9. Telearbeit – Chancen für den deutschen Arbeitsmarkt
9.1. Behinderte
9.2. Frauen
9.3. Sicherung bestehender Arbeitsplätze
9.4. Indirekte Beschäftigungseffekte

10. Ausblick

Anlagen

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Übersicht über die Formen der Telearbeit

Abbildung 2: Anforderungen an telearbeitsgeeignete Tätigkeiten

Abbildung 3: Jobs where telework is practised (EU10)

Abbildung 4: Allgemeine Richtlinien für die technische Gestaltung

Abbildung 5: Vorteile für das Unternehmen und Befürchtungen bei der

Einführung von Telearbeit

Abbildung 6: Vorteile für den Telearbeiter und Befürchtungen bei der

Einführung von Telearbeit

Abbildung 7: Vorteile für die Gesellschaft und Befürchtungen bei der

Einführung von Telearbeit

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Eckdaten der deutschen ITK-Branche

Tabelle 2: Verbreitung der Telearbeit in der EU 2002

Verzeichnis der Anlagen

Anlage 1: Erwerbstätige Deutschland – Monatsdurchschnitte

Anlage 2: Registrierte Arbeitslose Deutschland

1. Einleitung

Die Arbeitsmarktlage in Deutschland ist seit Jahren problematisch und die Zahl der Arbeitslosen liegt deutlich über 4 Millionen. Im Zuge der Globalisierung und des damit einhergehenden Strukturwandels nimmt die Bedeutung von Anpassungsfähigkeit und Flexibilität der Unternehmen und Arbeitnehmer zu. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, ob Telearbeit als innovative Form der Arbeitsorganisation, positive Impulse zur Verbesserung der Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt geben kann.

Nach der Einleitung schließt sich im Kapitel 2 der Arbeit die Betrachtung der Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt an. Hierbei findet die Entwicklung der Erwerbstätigen- und Arbeitslosenzahlen von 2000 bis 2003 Beachtung. Es werden Erklärungsansätze für die ungünstige Entwicklung der Beschäftigungslage in Deutschland aufgezeigt und der Einfluss der Globalisierung sowie der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien betrachtet. Kapitel 3 zeichnet die Entwicklung der Telearbeit nach. Berücksichtigt werden hier die USA, Skandinavien und Deutschland. In Kapitel 4 wird die Frage beantwortet, was unter Telearbeit zu verstehen ist und welche Erscheinungsformen es gibt. Es schließt sich in Kapitel 5 die Betrachtung telearbeitsgeeigneter Tätigkeiten und ihrer Anforderungen an. Technologische Entwicklungen, die eine wichtige Voraussetzung für die Schaffung von Telearbeitsplätzen darstellten, werden in Kapitel 6 betrachtet. Anschließend wird die Ausstattung des Telearbeitsplatzes mit Hardware, Software und Technologie für den Informationsaustausch dargestellt. Kapitel 7 beschäftigt sich mit dem Nutzen und möglichen Nachteilen der Telearbeit. Es werden Vor- und Nachteile für Unternehmen, Arbeitnehmer, Gesellschaft und Gesamtwirtschaft aufgezeigt. Beispielrechnungen zur Wirtschaftlichkeit der Telearbeit für Unternehmen und Telearbeiter finden sich in Kapitel 8. In Kapitel 9 wird untersucht inwiefern Telearbeit eine Chance für den deutschen Arbeitsmarkt darstellen kann. Hierbei werden Chancen berücksichtigt, die sich für Frauen und behinderte Personen ergeben können und es werden die Aspekte der Sicherung vorhandener Arbeitsplätze und indirekter Beschäftigungseffekte betrachtet. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse und einem Ausblick auf die zukünftige Entwicklung der Telearbeit ab.

2. Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt

Die Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt ist seit Jahren sehr angespannt. Im Jahresdurchschnitt 2000 ist die Zahl der Erwerbstätigen auf 38,53 Mio., um 1,5% gestiegen, dies sind rund 580.000 Personen mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Arbeitslosen betrug 3.888.700.

Der Beschäftigungsaufbau kam 2001 zum Stillstand auf Grund der konjunkturellen Schwäche. Im Jahresdurchschnitt 2001 konnte in Deutschland nur ein geringer Anstieg um 0,2 % (70.000 Personen) bei den Erwerbstätigen festgestellt werden. Dies bezieht sich jedoch nur auf Westdeutschland (+ 0,5% oder + 180.000). In Ostdeutschland (- 1,7% oder – 110.000) waren rückläufige Erwerbstätigenzahlen zu verzeichnen. Betrachtet man jedoch die monatlichen saisonbereinigten Erwerbstätigenzahlen im Verlauf des Jahres 2001, so ist zu erkennen, dass diese insbesondere von Mitte bis Ende 2001 leicht abgenommen haben. Dies ist auch der Tabelle zu den Erwerbstätigen in Deutschland zu entnehmen, die als Anlage beigefügt ist. Ausgewiesen sind dort die Monatsdurchschnitte der Erwerbstätigen für die Jahre 2000 bis 2002.1 Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit blieb wegen des schwachen Wirtschaftswachstums und Beschäftigungsdynamik, hinter den Erwartungen zurück. „Im Jahresdurchschnitt 2001 ergab sich eine Zahl von rund 3,85 Mio. Arbeitslosen (West rd. 2,48 Mio., Ost 1,37 Mio.). Dies sind zwar rund 40.000 weniger als im Vorjahr. Gegenüber dem Niveau zu Jahresbeginn waren die Zahlen zum Jahresende hin aber wieder erheblich höher. Denn die saisonbereinigten Zahlen nahmen von Monat zu Monat zu.“2

Im Jahr 2002 hat die Zahl der Erwerbstätigen im Jahresdurchschnitt um mehr als 220.000 abgenommen3. Hinsichtlich der Anzahl arbeitsloser Personen in Deutschland ist 2002 ein starker Anstieg festzustellen. Gab es 2001 im Jahresdurchschnitt 3,85 Mio. Arbeitslose, so betrug die Zahl im Jahr 2002 durchschnittlich 4,07 Mio.4.

Auch von Januar bis August 2003 lag die Zahl der Arbeitslosen deutlich über 4 Mio., schwankte zwischen 4,62 Mio. im Januar und 4,31 Mio. im August5. Bezugnehmend auf die zuvor genannten Zahlen ist festzustellen, dass sich die Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren verschlechtert hat, die Zahl der Erwerbstätigen nahm ab, die Zahl arbeitsloser Personen stieg an.

Es stellt sich die Frage nach den Gründen für diese problematische Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt.

Es wird unter anderem die Ansicht vertreten, dass die ungünstige Entwicklung der Beschäftigungssituation in Deutschland primär auf „Rigiditäten des Arbeitsmarktes“6 zurückzuführen ist. Damit sind institutionelle Regelungen gemeint, die die Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes dahingehend beeinflussen, dass Angebot und Nachfrage nicht zur Deckung gebracht werden können. Als Ursachen für diese negative Beeinflussung des Marktmechanismus werden beispielsweise Kündigungsschutzbestimmungen, die Lohnfestlegung durch Kollektivverträge, geringe Lohnspreizung, eingeschränkte Möglichkeit Arbeitsverträge zu befristen, zu hohe Zahlungen bei Arbeitslosigkeit, unflexible Arbeitszeitregelungen etc angesehen. Insgesamt gesehen haben nach der These von den Rigiditäten des Arbeitsmarktes, die zuvor genannten Regelungen sowie die hohe Abgabenbelastung von Unternehmen und Arbeitnehmern wesentlich zur hohen strukturellen Arbeitslosigkeit beigetragen. Es ist jedoch anzumerken, dass quantifizierbare empirische Tests für die Rigiditätstheorie fehlen.

Ein weiterer Erklärungsversuch ist eine Wachstums- und Nachfrageschwäche und die Folgen des ökonomischen Umbruches in Ostdeutschland. Eine mögliche Lösung wird in einer besseren makropolitischen Steuerung gesehen.

Eine andere Theorie spricht von einer sogenannten Dienstleistungslücke als Ursache für die schlechte Beschäftigungslage in Deutschland. „Die These lautet, dass die ungünstige Beschäftigungslage Deutschlands ausschließlich auf die im internationalen Vergleich besonders geringe Beschäftigung im geschützten Sektor, speziell bei den Dienstleistungen, zurückzuführen ist, während im exponierten Sektor sogar eine überdurchschnittliche Beschäftigung – höher als in den USA – erreicht wird.“7 Als Ursache für diese Dienstleistungslücke wird das Leistungsprofil und die Finanzierungsstruktur des deutschen Sozialsystems angesehen. Diese Theorie sieht eine Lösungsmöglichkeit in der Verringerung der Sozialabgaben geringer Einkommen, um somit ein preiswertes Angebot privater Dienstleistungen zu ermöglichen. Auch die Verringerung der Arbeitslosigkeit durch eine steuerfinanzierte Ausdehnung des öffentlichen Beschäftigungssektors (soziale Dienstleistungen) wird in Betracht gezogen.

Es gibt also verschiedene Erklärungsansätze für die negative Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt.

Dieser wird auch durch die Globalisierung beeinflusst, die Gewinner und Verlierer auf der Ebene von Volkswirtschaften und innerhalb dieser hervorbringt. Angesichts des beschleunigten Strukturwandels, der mit der Globalisierung einhergeht, stehen „Länder, Unternehmen, Kulturen und Sozialschichten, die beim beschleunigten Strukturwandel nicht mithalten können und die weder über Macht noch Reichtum noch weltweit benötigte Ressourcen verfügen ...“8, als Verlierer da. Gewinner der Globalisierung ist, wer sich anpassen kann und über den entsprechenden Einfluss und das Kapital verfügt, um die Richtung des Strukturwandels zu seinen Gunsten mitzubestimmen. Im Schlussbericht der Enquete-Kommission „Globalisierung der Weltwirtschaft“ wird darauf hingewiesen, dass Deutschland seinen Außenhandelsüberschuss auch in Zeiten weltwirtschaftlicher Schwäche erhalten konnte und insgesamt als Gewinner der Globalisierung betrachtet werden kann. Dennoch gibt es auch in Deutschland Verlierer wie kleine und mittlere Unternehmen, die Unterstützung benötigen, um sich dem Strukturwandel anzupassen. Weiterhin zählen zu den Globalisierungsverlierern Personen mit geringer Berufsqualifikation, für die im Privatsektor, besonders im Dienstleistungsbereich nicht genug einfache Arbeitsplätze geschaffen werden.9

Internationale Arbeitsteilung, Mobilität des Kapitals sowie hochqualifizierter Arbeitskräfte, Innovations- und Wettbewerbsdruck nehmen zu. Die Situation auf den internationalen Märkten kann sich schnell ändern, was die Fähigkeit zu schneller und flexibler Anpassung erforderlich macht. Die Arbeitsmarktchancen von Personen, die diese Fähigkeiten besitzen, steigen. Es ist insgesamt ein Anstieg der Qualifikationsanforderungen zu verzeichnen. Der Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt wird auch bedingt durch den Wandel der Erwerbsformen. Die Europäische Arbeitskräfteerhebung von Eurostat wies aus, dass die Zahl der Normalarbeitsverhältnisse in Deutschland von 1991 bis 2001 gesunken ist. Die Anzahl von Teilzeitbeschäftigten stieg ebenso wie die der geringfügigen und befristeten Beschäftigungsverhältnisse. Eine weitere Veränderung auf dem deutschen Arbeitsmarkt besteht in der Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Diesbezüglich wurde ein Zusammenhang zwischen Arbeitszeitveränderung und Qualifikationsniveau der Arbeitnehmer festgestellt. Die Arbeitszeit verkürzte sich für Personen mit einfachen Qualifikationen und erhöhte sich für Beschäftigte mit höheren Qualifikationen. Es arbeiten weniger Personen in „Normalarbeitszeit“. „Wenn man Normalarbeitszeit äußerst restriktiv als Vollzeitarbeit von montags bis freitags, mit konstanter Verteilung der Arbeitszeit, ohne Überstunden, Schichtarbeit, Nachtarbeit und Wochenendarbeit interpretiert, dann hatten schon 1989 nur noch 24 Prozent der Beschäftigten, 1995 noch 19 Prozent und 1999 nur noch 15 Prozent der Beschäftigten eine normale Arbeitszeit.“10

Ein weiteres Arbeitsmarktproblem ist die strukturelle Arbeitslosigkeit. Hierbei stellt sich die Situation besonders schwierig dar für Beschäftigte mit einfacher Qualifikation. Die Arbeitslosenquote geringqualifizierter Arbeitnehmer ist höher als die allgemeine Arbeitslosenquote.

Angesichts der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt stellt sich die Frage nach Möglichkeiten, die Situation zu verbessern. Hier ist zum einen die Bildungs- und Qualifizierungspolitik zu nennen, mit der dazu beigetragen werden kann, dass Beschäftigte dem steigenden Innovations- und Flexibilisierungsdruck standhalten können. Eine Volkswirtschaft mit gut ausgebildeten und qualifizierten Arbeitnehmern hat bessere Chancen, im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Die OECD hebt in ihrem diesjährigen Beschäftigungsausblick die Bedeutung einer arbeitsplatzbezogenen Aus- und Weiterbildung hervor. „Manche Arbeitskräfte können, wenn sie eine Beschäftigung finden, in Niedriglohnfallen geraten und durch Trainingsmaßnahmen kann diese Gefahr möglicherweise verringert werden, weil sie den Betreffenden helfen, ihr Produktivitäts- und Verdienstpotenzial effektiv zu realisieren.“11 Die OECD warnt, dass das zukünftige Wirtschaftswachstum gefährdet ist, falls die Beschäftigung nicht ausgeweitet und stärker in die Aus- und Weiterbildung investiert wird.12 Des Weiteren ist eine Arbeitsmarktpolitik mit dem Ziel, arbeitssuchende Personen in den regulären Arbeitsmarkt zu integrieren, bedeutsam. Ansatzpunkte sind die Verbesserung der Arbeitsvermittlung, Unterstützung von Ausbildung und beruflicher Weiterbildung sowie Existenzgründungen. Von Bedeutung ist auch die Arbeitszeitpolitik. „Es wird empfohlen, sich für Arbeitszeitverkürzungen in den verschiedensten Formen einzusetzen. Dabei kommt einer individuell differenzierten und freiwilligen Arbeitszeitverkürzung eine besondere Bedeutung zu. Zum einen muss die Arbeitszeit wegen der steigenden Anforderungen an Innovationstempo und Reaktionsgeschwindigkeit flexibler werden. Dies gilt zumindest für die der Globalisierung ausgesetzten und wettbewerbs- und modernisierungsintensiven Bereiche der Wirtschaft. Zum anderen ist im Hinblick auf das für mindestens ein Jahrzehnt bestehende gesamtwirtschaftliche Arbeitsplatzdefizit bzw. den Arbeitskräfteüberschuss Umverteilung von Arbeit durch Arbeitszeitverkürzung notwendig.“13 Es wird auf eine individuell differenzierte und freiwillige Arbeitszeitverkürzung hingewiesen, da die Situation von Betrieben in den Branchen und in verschiedenen Berufsgruppen sehr unterschiedlich ist und dem würde eine Arbeitszeitverkürzung durch schematische und flächendeckende Rationalisierung der Arbeitskraft nicht gerecht werden. Weiterhin sollte auf die Steigerung der Frauenerwerbstätigkeit Wert gelegt werden.

Angesichts dieser Lage ist die Beschäftigung mit neueren Formen der Arbeitsorganisation, wie Telearbeit notwendig, um das hier vorhandene Potential an Arbeitsplätzen auszuschöpfen.

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Entwicklung der Anzahl der Erwerbstätigen in der deutschen ITK-Branche im Zeitraum vom 1999 bis 2002.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Eckdaten der deutschen ITK-Branche[1]

Gab es im Jahr 1999 noch 745.000 Erwerbstätige in dieser Branche, so waren es im Jahr 2000 bereits 75.000 mehr, ein Zuwachs von 10,1%. „Die Krise der New Economy und die allgemeine Konjunktureintrübung führten im Jahr 2001 zu einem deutlich verlangsamten Wachstum und im Jahr 2002 zu einem Rückgang beim Umsatz von 1,3% und bei der Beschäftigung um 36.000. Für das Jahr 2003 ist noch keine signifikante Besserung zu erwarten. Die mittelfristigen Aussichten der Branche werden aber weiterhin positiv eingeschätzt. Insbesondere von der Einführung und Verbreitung neuer Technologien, z.B. UMTS und Breitband, werden wichtige Impulse für die zukünftige Entwicklung der ITK-Branche und der Gesamtwirtschaft erwartet.“15

Neue Informations- und Kommunikationstechnologien führen zu Änderungen existierender Organisations- und Arbeitsstrukturen. Dezentrale, vernetzte Organisationsformen können eingeführt werden, so dass Arbeitsprozesse zeitlich entkoppelt und räumlich ausgelagert werden können. Die Telearbeit wird als innovative und flexible Form der dezentralen Arbeitsorganisation betrachtet. Die Auflösung starrer und standardisierter Arbeitszeiten und -formen ist die vorherrschende Perspektive. Die Arbeitsteilung innerhalb und zwischen Unternehmen, Organisationen und Verwaltungen wird zunehmend neu strukturiert. Politik, Wissenschaft, Arbeitnehmer-Vertreter und Arbeitgeber sowie Unternehmen überlegen, wie Arbeit ökonomischer und ökologischer gestaltet werden kann und suchen nach Arbeitsorganisationen, die die Arbeitseffektivität erhöhen. Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien und die weltweite Verknüpfung von Datennetzen haben das Potential für Steigerungen von Leistung und Effizienz.

3. Entwicklung der Telearbeit

Betrachtet man die Geschichte der Telearbeit, so sind verschiedene Entwicklungsstränge erkennbar. Im Jahr 1973 kam es zu einer Ölkrise. Arabische Staaten verhängten gegen die Niederlande und die USA einen Lieferboykott wegen ihrer israelfreundlichen Haltung im Jom-Kippur-Krieg. Die betroffenen Staaten reagierten mit Sparprogrammen und suchten nach alternativen Energiequellen. In den USA wurden daraufhin Überlegungen angestellt, wie der Berufsverkehr reduziert und Energie eingespart werden könnte. Jack Nilles führte im Jahr 1976 eine Studie durch, in der er die Entwicklungsprozesse der Dezentralisierung untersucht und dabei die Stufen Zentralisierung, Zergliederung, Ausbreitung und Zerstreuung / Vermischung unterscheidet.

„Mit Centralisation (Zentralisierung) bezeichnet er die Konzentration von immer mehr Arbeitsplätzen in einem Gebäudekomplex. Diese Arbeitsform war zum damaligen Zeitpunkt überwiegend anzutreffen. Der Begriff Fragmentation (Zergliederung) steht für die zweite Stufe und entspricht der Aufteilung von Unternehmen in kleinere, dezentrale Einheiten, die entweder ein Abbild der Zentrale oder eine Auslagerung funktionaler Einheiten aus der Zentrale sein können. Nach der in dieser Arbeit aufgestellten Definition wären diese als Satellitenbüros zu bezeichnen. Unter Dispersion (Ausbreitung) versteht er eine weitere Aufgliederung der Zweigstellen in noch kleinere Einheiten. Diese sind gegenüber der Zentrale sehr eigenständig und arbeiten mit kleinen Einheiten anderer Unternehmen unter einem Dach. Die bei einer Dispersion gebildeten Einheiten entsprechen demnach, eine leistungsfähige Kommunikations-infrastruktur vorausgesetzt, einem Nachbarschaftsbüro. An die vierte und damit letzte Stelle plaziert Nilles die Diffusion (Zerstreuung, Vermischung). Bei dieser Organisationsform haben die Unternehmen eine relativ kleine Stammbelegschaft, während die restlichen Arbeiter formal unabhängig sind und aus diesem Status heraus mit mehreren Zentralen zusammenarbeiten. Diese Stufe der Dezentralisierung entspricht laut der vorliegenden Begriffsbestimmung der Teleheimarbeit.“16

Der Begriff des Telecommuting oder Telependelns geht auf Jack Nilles zurück. Er beschäftigte sich unter anderem mit der Frage, welche Einsparpotentiale es beim Pendelverkehr gibt. Der Begriff Telependeln weist bereits auf einen Aspekt der Telearbeit hin, und zwar das „Pendeln“ von Informationen. Der Ansatzpunkt ist nicht mehr das Pendeln eines Mitarbeiters zwischen seinem Wohnort und der Arbeitsstätte, sondern der Austausch von Informationen mittels Telekommunikation.

Im Rahmen der Diebold-Studie wurden 1981 in den USA in sieben Fallstudien in amerikanischen Unternehmen die Vor- und Nachteile von Telearbeit untersucht. Seitens der Unternehmen wurden insbesondere die Reduzierung von Raum-, Energie- und Transportkosten als Beweggründe genannt, Telearbeit einzuführen. Als Problembereiche wurden von den Unternehmen die Kommunikation mit den Mitarbeitern, deren Kontrolle und soziale Aspekte genannt.

„Die Studie stellte fest, dass Telearbeit zu einer höheren Motivation und Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter führen kann, sie somit an ein Unternehmen bindet und dessen Produktivität steigert. Nicht zu Unrecht werden die Vereinigten Staaten deshalb als Pioniere auf dem Feld der Telearbeit bezeichnet. Und obwohl lange Zeit weitgehend die Kostenaspekte im Vordergrund der Auseinandersetzung mit dem Thema Telearbeit standen, wurden doch bald unternehmens- und mitarbeiterbezogene Gründe und die Betrachtung der Auswirkungen von Telearbeit in den Katalog der untersuchungsrelevanten Aspekte miteinbezogen.“17

1990 wurde in Kalifornien das Umweltschutzgesetz „Clean Air Act“ erlassen, in dem Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern dazu verpflichtet wurden, das durch diese Mitarbeiter verursachte Verkehrsaufkommen um 20% zu verringern. Die USA sind das „Ursprungsland“ der Telearbeit. Eine Studie der „International Telework Association & Council“ ergab, dass es im Jahr 2000 in den USA 16,5 Mio. regelmäßig beschäftigte Telearbeiter (Alter mindestens 18 Jahre, Ausübung von Telearbeit mindestens ein Tag pro Monat) gab.18

Hinsichtlich der Erfahrungen mit Telearbeit in Skandinavien ist festzuhalten, dass Formen der Dezentralisierung von Arbeitsplätzen von staatlichen und regionalen Institutionen und Behörden der Wirtschaftsförderung initiiert wurden. Hintergrund ist die regionale ländliche Struktur. Telearbeit kann in Form eines Nachbarschaftsbüros realisiert werden, so geschehen im Rahmen des Forschungsprojektes „Neighbourhood 90“. Hier wurde 1982 ein Nachbarschaftsbüro in Nykvarn eingerichtet, einer ca. 50km von Stockholm entfernten Kleinstadt. „In dem Nachbarschaftsbüro wurden mit finanzieller Unterstützung privater Sponsoren und öffentlicher Institutionen insgesamt 11 Arbeitsplätze für Büro- und Verwaltungsaufgaben eingerichtet. An dem Modellversuch nahmen 1 Vertreter einer Bank, 3 Verwaltungskräfte der Gemeinde, 2 Datenerfasserinnen, 2 Sachbearbeiter aus Beratungsgesellschaften, 2 Angestellte eines Chemieunternehmens sowie ein Mitarbeiter eines Planungsinstitutes teil. Jeder dieser Mitarbeiter behielt seinen ursprünglichen Arbeitsplatz in der Unternehmenszentrale, erhielt nun aber die Möglichkeit, seine Arbeit auch an seinem dezentralen Arbeitsplatz in dem Nachbarschaftszentrum zu verrichten. Der Arbeitsort und die Arbeitszeit konnten den jeweiligen Bedürfnissen entsprechend individuell gewählt werden.“19 Von den Mitarbeitern wurden als fördernd für die persönliche Weiterentwicklung die räumliche Nähe zu Angestellten anderer Unternehmen sowie die Beschäftigung mit anderen Aufgaben und DV- und Kommunikationstechnologien eingestuft.

Der Wegfall von Pendelzeiten und die Möglichkeit, die Arbeitszeit flexibel zu gestalten, wurde ebenfalls als positiv eingeschätzt.

Auch in Norwegen und Dänemark bestand Interesse an der Einrichtung von Nachbarschaftszentren und so wurde 1986 ein Interessenverband zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Projekten in den skandinavischen Ländern und des Aufbaus weiterer Nachbarschaftszentren gegründet.

Im Vergleich zu den USA begann die Diskussion um Telearbeit in Deutschland erst später, im Jahr 1980. „Als zu Beginn der 80er Jahre die Informations- und Kommunikations-Technologie ausreichende Ansätze sowie Möglichkeiten zur Realisierung von Heimarbeitsplätzen ermöglichte, entstand zur Thematik "Telearbeit" die erste Pilotstudie unter der Leitung des Bundesministeriums für Forschung und Technologie in Deutschland. Diese Studie mit dem Titel "Auswahl, Eignung und Auswirkungen von informationstechnisch ausgestatteten Heimarbeitsplätzen" ergab, dass im Untersuchungsjahr 1981 noch keine Telearbeit in Deutschland realisiert wurde.“20

Das Unternehmen Siemens führte 1983 das Projekt "Autarke Texterfassung unter Zuhilfenahme von Teletex" durch. Im Bundesland Baden-Württemberg begann am 1.1.1984 ein zweijähriger Modellversuch zur „Schaffung dezentraler Arbeitsplätze unter Einsatz von Teletex“. Die fehlende Projektbereitschaft der Mitarbeiter führte zur Einstellung der Projekte. Die Haltung von Unternehmen und Gesellschaft zur Einführung von Telearbeit war zurückhaltend. Ursache war die nicht realisierbare datenschutzrechtliche Absicherung des Informationsaustausches, noch nicht ausgereifte technische Möglichkeiten sowie hohe Anschaffungskosten für technisches Endgerät. Telearbeit wurde als kosten- und beschäftigungsneutral eingeschätzt.

1988 führte IBM Deutschland Telearbeit in ihrem Unternehmen ein und gab somit neue Impulse für die Diskussion dieser Arbeitsorganisationsform. Bereits vor der eigentlichen Einführung 1988 nutzten Teile der Belegschaft Home-Terminals für Arbeiten im häuslichen Umfeld.21 IBM Deutschland erhielt dafür den "Innovationspreis der Deutschen Wirtschaft".22

In den 80er Jahren gab es weitere Forschungsprojekte, die sich mit Telearbeit beschäftigten. Es stellte sich heraus, dass die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik in Deutschland der Ausgangspunkt zur Untersuchung von Dezentralisierungsmöglichkeiten von Arbeitsplätzen war. Studien, die zu Beginn der 80er Jahre durchgeführt wurden, stellten Probleme bei der Leistungsfähigkeit der Telekommunikationsdienste und der Endgeräte fest und konzentrierten sich insbesondere auf die räumliche Dezentralisierung in Form von Teleheimarbeitsplätzen und einfache Tätigkeiten, wie die Erfassung von Text. Es ist also zu bedenken, dass diese frühen Untersuchungen zur Telearbeit nur einen kleinen Teil ihrer Möglichkeiten betrachten.

„Somit ist es verständlich, dass die Studien zunächst folgende Problembereiche ermittelten:

- die Wirtschaftlichkeit dezentraler Telearbeitsplätze war zum damaligen Zeitpunkt durch die Kosten für Telekommunikationsdienste und Endgeräte noch nicht gewährleistet bzw. stark eingeschränkt,
- speziell die Dezentralisierung von einfach strukturierten Tätigkeiten, wie der Texterfassung, in Form von permanent isolierter Telearbeit war mit vielfältigen Problemen verbunden (soziale Isolation, Qualifikationsverlust etc.),
- nicht nur die Bewältigung der technischen, sondern vor allem die organisatorischen Fragestellungen der Telearbeit stellten eine zentrale Herausforderung dar,
- in bezug auf die rechtliche Absicherung wurde zwar zunächst kein Handlungsbedarf gesehen, in der späteren Diskussion wurden jedoch, auch geprägt durch die Forderungen der Gewerkschaften, verstärkt Forderungen zur Beseitigung arbeits- und sozialrechtlicher Schutzdefizite gestellt.

Die Auseinandersetzung mit den Dezentralisierungsmöglichkeiten zeigte aber bereits, dass die Tendenz zur Dezentralisierung in Unternehmen stark ausgeprägt ist und folgende Potentiale eröffnet:

- durch die Dezentralisierung kann eine höhere Flexibilität (z.B. bzgl. einer besseren Ausschöpfung des Arbeitskräftepotentials oder einer erhöhten Markt- und Kundennähe) erreicht werden,
- erhöhte Flexibilität in bezug auf Arbeitszeit und –gestaltung wird auch von Mitarbeiterseite verstärkt gefordert. Flexibilität stellt somit ein gemeinsames Interesse von Unternehmen und Mitarbeitern dar, das die Verbreitung von Dezentralisierungs-

konzepten fördern kann,

- Formen der Telearbeit wirken sich positiv auf die Produktivität von Mitarbeitern aus,
- durch eine flexible Arbeitsplatz- und –zeitgestaltung kann eine höhere Motivation und Arbeitszufriedenheit sowie eine langfristige Bindung von Mitarbeitern erreicht werden
- zukünftig wird verstärkt die Dezentralisierung von qualifizierten Tätigkeiten in der Form alternierender Telearbeit erwartet.“23

Die Bonner empirica Gesellschaft für Kommunikations- und Technologieforschung mbH hat 2002 eine Repräsentativbefragung von 11.800 Personen in sämtlichen EU-Ländern, der Schweiz und den USA durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass in der Europäischen Union 20 Mio. Telearbeitsplätze existieren, davon 6 Mio. in Deutschland. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Verbreitung der Telearbeit in der Europäischen Union im Jahr 2002:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Verbreitung der Telearbeit in der EU 200224

„Innerhalb der EU liegen im Ländervergleich die Niederlande sowie die skandinavischen Länder hinsichtlich der Verbreitung der Telearbeit an der Spitze. Dank hoher Wachstumsraten finden sich Deutschland und Großbritannien im vorderen Mittelfeld wieder.“25

[...]


1 Quelle: http://www.destatis.de/indicators/d/arb310ad.htm

2 IAB Kurzbericht: http://www.iab.de/ftproot/kb0802.pdf

3 Vgl. Anlage 1. Quelle: http://www.destatis.de/indicators/d/arb310ad.htm

4 Vgl. Anlage 2. Quelle: http://www.destatis.de/indicators/d/arb110ad.htm

5 Vgl. Anlage 2. Quelle: http://www.destatis.de/indicators/d/arb110ad.htm

6 Deutscher Bundestag (Hrsg.): Schlussbericht der Enquete-Kommission – Globalisierung der Weltwirtschaft;

Leske + Budrich, Opladen 2002, S. 209

7 Ebd., S. 210

8 Deutscher Bundestag (Hrsg.): Schlussbericht der Enquete-Kommission – Globalisierung der Weltwirtschaft;

Leske + Budrich, Opladen 2002, S. 53

9 Vgl. ebd., S. 223

10 Deutscher Bundestag (Hrsg.): Schlussbericht der Enquete-Kommission – Globalisierung der Weltwirtschaft;

Leske + Budrich, Opladen 2002, S. 217, 218

11 http://www.oecd.org/document/4/0,2340,en_2649_201185_14894724_1_1_1_1,00.html

12 Vgl. ebd.

13 Deutscher Bundestag (Hrsg.): Schlussbericht der Enquete-Kommission – Globalisierung der Weltwirtschaft;

Leske + Budrich, Opladen 2002, S. 222

[1] Quelle: http://www.bmwi.de/Navigation/Wirtschaft/Branchenfocus/informationswirtschaft.html

15 http://www.bmwi.de/Navigation/Wirtschaft/Branchenfocus/informationswirtschaft.html

16 http://ourworld.compuserve.com/homepages/BWiedemann/MA-TA3.1.html

17 http://ourworld.compuserve.com/homepages/BWiedemann/MA-TA3.1.html

18 Vgl. http://www.workingfromanywhere.org/pdf/ITACTeleworkAmerica2000KeyFindings.pdf, S. 3

19 Godehardt, B.: Telearbeit – Rahmenbedingungen und Potentiale, Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen,

1994, S. 30

20 http://www.i-netagency.de/tele.htm

21 Vgl. Jäckel, M., Rövekamp, C.: Alternierende Telearbeit – Akzeptanz und Perspektiven einer neuen Form der

Arbeitsorganisation, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag GmbH, 2001, S. 50

22 Vgl.http://www.i-netagency.de/tele.htm

23 Godehardt, B.: Telearbeit – Rahmenbedingungen und Potentiale, Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen,

1994, S. 29

24 Quelle: http://www.empirica.com/aktuelles/files/pm_telearbeit_2.pdf

25 Ebd.

Final del extracto de 61 páginas

Detalles

Título
Telearbeit - Chancen für den deutschen Arbeitsmarkt
Universidad
University of Applied Sciences Wildau  (Fachbereich Wirtschaft, Verwaltung und Recht)
Calificación
2
Autor
Año
2003
Páginas
61
No. de catálogo
V20513
ISBN (Ebook)
9783638243704
Tamaño de fichero
779 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Telearbeit, Chancen, Arbeitsmarkt
Citar trabajo
Mandy Rath (Autor), 2003, Telearbeit - Chancen für den deutschen Arbeitsmarkt, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20513

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Título: Telearbeit - Chancen für den deutschen Arbeitsmarkt



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