Frauen im Western


Thèse de Bachelor, 2012

46 Pages, Note: 2,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Frauen und Western
1.2 Überblick

2 Definition
2.1 Geschichte des Western
2.2 Was ist der Western?
2.3 Der klassische Western

3 Frauenrollen im Western
3.1 Die Prostituierte
3.1.1 Stageeoaeh
3.1.2 McCabe Mrs. Miller
3.1.3 Filmbeispiel: Bad Girls
3.2 Die Frau aus dem Osten
3.2.1 Sonderform: Gcscllsehaftsfraucn
3.2.2 Stageeoaeh
3.2.3 High Noon
3.2.4 The Ballad of Little Jo
3.3 Die Rcvolvcrhcldin
3.3.1 Sonderform: Das verzogene Gör
3.3.2 High Noon
3.3.3 Johnny Guitar
3.3.4 El Dorado
3.3.5 Bad Girls
3.3.6 The Quiek and the Dead
3.4 Die Pionierin
3.4.1 The Searchers
3.4.2 The Ballad of Little Jo
3.5 Zusammenfassung

4 Frauenrollen am Beispiel von klassischen und modernen Western
4.1 Rolle der Frau in Stageeoaeh
4.2 Rolle der Frau in The Missing
4.3 Rolle der Frau in Open Range
4.4 Zusammenfassung

5 Fazit

1 Einleitung

Wenn man an Western denkt, so kommt einem zuerst ein männlicher Protagonist, der durch die ungezähmte Landschaft des Wilden Westen reitet, in den Sinn. Auch unter dem Publikum, das sieh Western ansieht, stellt man sieh ein vorwiegend männ­liches Publikum vor. Daher ist der Western, so wie das Genre in unserer Fantasie geprägt ist, ein männliches Genre. Häufig fällt cs schwer, sieh vorzustcllcn und daran zu erinnern, dass auch Frauen in vielen Western bedeutende Rollen zukommen.

Der Western ist das Filmgenre, das am engsten mit den Vereinigten Staaten von Amerika verknüpft ist. Zum einen spielt er meistens auf dem amerikanischen Kontinent und zum anderen nimmt er für sieh in Anspruch, Teile der amerikanischen Geschichte, nämlich die Zivilisicrung des Landes, auf die Leinwand zu bringen.

1.1 Frauen und Western

Entgegen dem ersten Eindruck sind Fraucnrollcn, auch starke und aktive Fraucn- rollen im Western keine Seltenheit. Bereits unter den frühen Western gab cs einige, die den Fokus auf einen weiblichen Protagonisten gelenkt haben. Oft kommt den Frauen in Western eine besondere Rolle zu, die sieh über die Funktion als Motiva­tor für den Helden, wofür der weibliche Charakter nicht im Film auftauchen muss, über eine Nebenrolle bis zu der Heldin der erzählten Geschichte erstrecken kann. Dennoch kann man davon ausgehen, dass die Rollen von Frauen im Western eine andere Betrachtung und Behandlung erfahren als dies in anderen Genres der Fall ist. (Spiegelei- (2002) S. 8)

In seinem Buch ’’Filmwisscn: Western Grundlagen des populären Films” erklärt Georg Sccfblcn eine der Ursachen für diese Sonderstellung der Frau im Western wie folgt :

“Der Männerüberschuss in der Western-Gesellschaft hatte zu einer Mv- thologisierung der Frau geführt, ihrer «Aufhebung» im Idealbild. Die Lust an der Gewalt und die «Bewahrung» der Frau sind die beiden Sei­ten derselben Situation. So hatte die Beziehung zwischen Männern und Frauen im Westen etwas Wunderliches, etwas Traumhaftes und Trau­matisches an sieh: In einer frauenarmen Gesellschaft wurde das Bild der Frau verklärt, das Verhalten zu ihr einem strengen ritterlichen Code untergeordnet, und das Leben eines Westerners muss von Brüchen und Versagungen sein.” (Seesslen (2011) S. 64)

In diesem Abschnitt beschränkt Sccfblcn die Sonderstellung der Frau im Western nicht nur auf den Westernfilm, sondern schreibt ihr historische Ursachen zu.

1.2 Überblick

Im Folgenden wird ein Ausgangspunkt für die Arbeit definiert und die grundle­genden Begriffe und Definitionen, die in der Arbeit Verwendung finden, festgelegt. Um dies zu erreichen, wird zunächst ein kurzer Überblick über die Geschichte des Western und die gängigen Definitionen des Begriffs gegeben. Danach werden Ste­reotype der Fraucnrollcn definiert, die im Wcstcrngcnrc Vorkommen. Dies wird mit Hilfe von verschiedenen Filmbeispielen veranschaulicht. Im Anschluss daran werden die vorher entwickelten Stereotype auf drei Western angewendet und anhand die­ser die weiblichen Charaktere dieser Western analysiert und definiert. Bei den drei ausgewählten Western handelt cs sieh um die Filme Stagecoach (1939) von .John Ford als einer der ersten Filme der Periode des klassischen Western, The Missing (2003) von Ron Howard, der über einige Besonderheiten in der Darstellung seiner Fraucnrollc verfügt, und Open Range (2003) von Kevin Costner, der sieh, obwohl ein Western der neueren Zeit, stark am Schema des klassischen Western orientiert.

2 Definition

Dor Western entstand zu einer Zeit, in der die Geschichten, die in ihm erzählt werden, gerade erst stattgefunden haben und noch von den Zeitzeugen selbst nie- dcrgcschricbcn oder sogar bereits in ersten Versuchen filmisch festgehalten wurden. So finden sieh in einigen Western auch durchaus Originalfilmaufnahmen von be­kannten Persönlichkeiten, die bei vielen das Bild des Westens geprägt haben, wie zum Beispiel dem bereits zu seinen Lebzeiten durch seine Westernshow berühmten Buffalo Bill Cody. Die Geschichten, die in Western erzählt werden, spielen in einem eng begrenzten Zeitraum der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika und sic entstanden in einer Zeitspanne, die teilweise noch in den von ihnen erzählten Geschichten abgebildet wird. Auch einige der frühen Schauspieler und Regisseure, die an der Entstehung der ersten Western beteiligt waren, haben die Zeit, in der die von ihnen erzählten Geschichten stattfinden, noch selber erlebt und gelebt. (Seesslen (2011) S. 19 ff)

”Dcr Western - und wir präzisieren, dass wir hier ausschließlich den rea­listischen Western behandeln, das heißt, dass wir die Z-Film-Strcifcn nicht zu dieser Kategorie hinzuzählen stellt also eine Verbindung zwi­schen Vergangenheit und Gegenwart her, und zwar durch Vermittlung der Kamera. Man hat mit gutem Grund geschrieben, der Western sei das moderne Heldengedicht schlechthin; als solches besitzt cs also ei­ne Genealogie, die cs verbietet, ihn als künstliches und billiges Genre abzutun.” (Rieupevrout (2007) S. 26)

Dies schrieb .Jean-Louis Rieupevrout bereits 1952 über die Bedeutung des Genres, dass zu diesem Zeitpunkt schon ein halbes .Jahrhundert alt war und das sieh gerade in seiner Blütezeit befand.

2.1 Geschichte des Western

Die ersten Wcstcrnfilmc entstanden bereits, als begonnen wurde, Filme vorzuführen, die über eine Handlung verfügen. Als einer der ersten Western, wenn nicht sogar der erste Western, gilt der Film The Great Train Robbery (1903) von Edwin S. Porter. Von diesem Zeitpunkt an erstreckt sieh die Geschichte des Western von der Zeit des Stummfilms bis in unsere Gegenwart. Jedoch wurde dem Western nicht immer die gleiche Popularität zuteil. Seine Hochzeit erlebte der Western in der Ara der klas­sischen Wcstcrnfilmc, deren Abgesang mit verschiedenen ”End of Western”-Western wie zum Beispiel The Man Who Shot Liberty Valance (1962) von John Ford, aber auch The Wild Bunch (1969) von Sam Peckinpah, eingeläutet wurde und dem da­mit noch einmal ein Denkmal gesetzt wurde. Zwischen dem Beginn des Westernfilms und der Zeit des klassischen Western kam eine Vielzahl von verschiedenen West orn­arteli zustande. So fallen die singenden Cowboys, wie Gene Autry und Roy Rogers, die Wcstcrnscrials und die ersten epischen Western in diesen Zeitraum. Aber auch nach der Ara des klassischen Western und der ”End of Wcstcrn’-Filmc ging cs mit der Geschichte des Western weiter. So folgten dem klassischen Western die Italo­Western und die modernen Western, die häufig als Spätwcstcrn bezeichnet werden. Auch in der Zeit des ersten ”Ncw Hollywood” griffen einige seiner Regisseure auf das Wcstcrngcnrc zurück. (Wcidingcr (2006) S. 114 ff)

Edward Buscombc unterteilt die Geschichte des Westerns in vier große Abschnit­te, beginnend mit dem Western zur Zeit des Stummfilms, in der er The Great Train Robbery (1903) als ersten Film dieser Periode definiert. Auf die Western der Stummfilmzeit und den frühen Tonwcstcrn folgt bei ihm die Periode des klassischen Westernfilms, als dessen Höhepunkt er die 1950er .Jahre sicht. Auf den klassischen Western folgt eine Zeit der Transformation des Genres, zu der viele unterschiedliche Arten des Western zählen. So gehören seiner Meinung nach die ”End of Wcstcrn”- Wcstern, in denen das Genre des Western an sieh reflektiert wird und die sieh thematisch besonders mit dem Ende der fronticr-Pcriodc beschäftigen, in diese Ka­tegorie:

"All of Peckinpah’s films arc in some sense reflections upon the Western itself, and both Ride the High Country and The Wild Bunch arc set at a time when the man on a horse is being superseded by the forces of modern technology. This sclf-consciousncss about the passing of an era is symptomatic of a profound change that was taking place in the genre.” (Buscombc (1996) S. 292)

Aber er platziert in diese Kategorie, die mit einer Veränderung des eigentlichen Western einhergeht, auch noch andere Unterarten des Western, wie zum Beispiel den Italo-Western und diverse weitere Unterarten, die vor allem innerhalb der 1970er Jahre ihren Höhepunkt hatten und in denen cs diverse Experimente mit Verände­rungen am Schema des klassischen Western gab:

”The conservative certainties to which the Western had seemed indisso­lubly wedded were held up for a searching re-examination. The white male protagonist, previously impregnable, now found himself undermi­ned. The distinctly unmacho Jack Crabb (Dustin Hoffman) in Little Big Man was one in an increasingly long line of anti-heroes. In Hannic Caul- dcr (1971) Raquel Welch played a raped and vengeful woman rampaging against the entire male sex. Soldier Blue (1970) managed to be both pro-Indian and pro-feminist at the same time. Even Peckinpah, in The Ballad of Cable Hogue (1970), moved beyond the raw and simple ma­chismo of his previous heroes. The 1970s saw hippy Westerns (Billy .Jack, 1971), black Westerns (Sidney Poitiers Buck and the Preacher, 1971), back-to-naturc ecological Westerns (.Jeremiah .Johnson, 1972), and the anarchically satirical Blazing Saddles (1974), which took aim with a scatter-gun at the entire genre.” (Buscombc (1996) S. 293)

Die letzte Periode, in die er die Geschichte des Western einteilt, ist die Periode, die er als ’’Decline and Revival” des Western bezeichnet. In diese Zeit gehören die Western, die seit den 1980er gedreht worden sind. (Buscombc (1996) S. 293)

2.2 Was ist der Western?

Das Western-Genre an sich ist sehr breit gefächert. So finden sich innerhalb der Wcstcrnfilmc die unterschiedlichsten Gattungen. Ein Western kann eine Komödie sein, aber cs kann sich bei ihm genauso um ein Drama oder ein Epos handeln. So erfuhren Western, die ebenfalls in die Kategorie von Musicals fallen können, eine Weile eine große Aufmerksamkeit, aber auch die vielen Western-Serien und die Serien-Filme in diesem Bereich zeigen von den breiten Variationsmöglichkeiten, die innerhalb des Genres existieren.

Eines der wichtigsten Merkmale für die Definition eines Westerns ist, dass die Handlung immer in einem eng abgegrenzten Zeitfenster der amerikanischen Ge­schichte spielt. So findet die Handlung der meisten Western in einem Zeitraum zwischen 1865 und 1890 statt, wobei diese Zeitspanne teilweise bis in das beginnen­de 20. .Jahrhundert hineinreicht. Dabei stellen sic im Allgemeinen die Geschichte der westlichen Landnahme und der Eroberung und Besiedlung des Westens der Verei­nigten Staaten dar. Sic können sich aber auch mit dem Freiheitskampf gegen die britische Kolonialmacht oder dem amerikanischen Bürgerkrieg beschäftigen. In sei­nem Werk ’’The Western: Ideology and Archetype” erklärt Jim Kitses diverse für den Western archctypischc Erzählelemente. Zu den wichtigsten zählt er die Ver­breitung von Minenstädten, den Bau der Eisenbahn, die Indianerkriege, die großen Viehtriebe, die Ankunft der Farmer und ihren Konflikt mit den bereits ansässigen großen Vichbaroncn, die Geschichten über Gesetzlose und Banditen und das En­de des amerikanischen Bürgerkriegs. Wenigstens eins dieser Elemente kann man in einem Western als Erzählelement wiederfinden. (Kitses (1974) S. 64)

2.3 Der klassische Western

Der klassische Western bildet den Höhepunkt der Geschichte des Western. In der Zeit zwischen 1940 und I960, die auch grob den Zeitraum bildet, in den man den klassischen Western cinordnct, wurden sehr viele Western und auch die meisten der erfolgreichen Western gedreht. In diesen Zeitraum fallen auch die häufigsten Fil­me der berühmten Western-Stars, wie John Wayne und James Stewart, und der großen Western-Regisseure, wie John Ford und Howard Hawkes. Der Film Stage­coach (1939) von .John Ford gilt als einer der ersten Western, die in die Kategorie des klassischen Western fallen und als einer der Western, die den klassischen Western de­finiert haben. Er bildet somit einen Startpunkt für die Ära des klassischen Western und Martin Wcidingcr definiert in seinem Werk ’’Nationale Mythe männliche Hel­den: Politik und Geschlecht im amerikanischen Western” das Ende des klassischen Western in die .Jahre zwischen 1961 und 1963. (Wcidingcr (2006) S. 198)

In den von Wcidingcr definierten Endzeitraum der klassischen Periode des We­stern fallen viele Filme, die zu den letzten gehören, die von den großen Namen des klassischen Western gedreht worden sind. So ist The Man Who Shot Liberty Valance (1962) der letzte gemeinsame Western von .John Ford und John Wayne, deren erster gemeinsamer Western Stagecoach (1939) wie bereits erwähnt, den Beginn der klas­sischen Ära des Western kennzeichnet und die in dem Zeitraum dazwischen einige gemeinsame Western gedreht hatten. (Wcidingcr (2006) S. 198 ff)

3 Frauenrollen im Western

Im Folgenden werden vier Stereotypen definiert, in die sieh die Frauenrollen im Gen­re des Westerns einteilen lassen. Insbesondere wird dabei auf das Mais der Aktivität und der Unabhängigkeit geachtet, die der entsprechende Stereotyp im Vergleich zu den männlichen Rollcnbildcrn genießt.

3.1 Die Prostituierte

Ein im Western verwendeter Stereotyp ist der der Prostituierten. Unter diesem Stereotyp werden nicht nur die Rollen gefasst, die dem Gewerbe der Prostitution nachgehen. Zusätzlich werden hierunter auch weibliche Charaktere gefasst, die all­gemein nicht dem Idealbild der Frau im Kontext eines Western entsprechen. Hierzu zählen unter anderem die Rolle der Tänzerin, der Sängerin oder einfach nur das Barmädchen im Saloon. (Weidinger (2006) S. 107 ff)

Bei der Rolle der Prostituierten handelt cs sieh um eine der aktiveren und freie­ren Rollen, die Frauen im Western spielen können. Häufig erlangen sic diese Freiheit dadurch, dass sic bereits von der Gesellschaft moralisch vorvcrurtcilt wurden und daher nicht mehr unter dem Zwang der gesellschaftlichen Konventionen stehen, de­nen andere weibliche Charaktere unterworfen sind. Oft versucht diese Rolle jedoch im Verlauf eines Westerns aus ihrem Charakter auszubrcehcn, um ein neues Leben zu beginnen und sieh dadurch in einen anderen Archetyp zu verwandeln.

Prostituierte treten sowohl in klassischen als auch in modernen Western auf, wobei sic in modernen Western deutlich häufiger Verwendung finden als andere weibliche Stereotype. Durch ihre Professionalität genießt die Rolle der Prostituierten eine Unabhängigkeit, die anderen Rollen nicht zuteil, wird und dadurch kann sic sieh mehr Aktivität und mehr Freiheiten leisten, als dies anderen Rollen möglich ist. Dennoch ist die Prostituierte oft bemüht, sieh in die Gesellschaft cinzuglicdcrn, was sic sieh allerdings oft auf Kosten ihrer Unabhängigkeit erkaufen muss.

Ein Beispiel für eine Prostituierte, die versucht, sieh ein bürgerliches Leben zu erkaufen, findet sieh in dem Italo-Western C’era una volta il West (1968) von Sergio Leone, in deni Jill McBain, gespielt von Claudia Cardinale, zugibt, dass sic vor ihrer Heirat mit einem Farmer als Prostituierte gearbeitet hat und zu ihrem Schutz eine mögliche Rückkehr in diesen Beruf erwähnt. Auch in dem Film Stagecoach (1939) von .John Ford kann man diesen Versuch in Person der Prostituierten Dallas, gespielt von Claire Trevor, beobachten. Diese setzt in dem Film alles daran, zusammen mit Ringo Kid, gespielt von John Wayne, ein neues Leben zu beginnen. Zum Abschluss des Films fährt sic mit ihm zu seiner Farm, wo sic ein gemeinsames Leben erwartet. (Leone (1968))

Die Rolle der Prostituierten ist eine der aktiveren Rollen. Dies erkauft sie sieh allerdings in den meisten Fällen auf Kosten ihres gesellschaftlichen Ansehens und ihres gesellschaftlichen Status. Im modernen Western kommt es zudem zu einem An­stieg der Rolle der Prostituierten. Dabei handelt es sieh in den meisten modernen Western bei der Rolle der Prostituierten wirklich um Frauen, die diesem Beruf nach- gelien und nicht um die im klassischen Western häufig vor kommenden Tänzerinnen oder Bardamen.

3.1.1 Stagecoach

In dem Film Stagecoach (1939) wird die Prostituierte Dallas, gespielt von Claire Trevor, von den Mitgliedern der ansässigen ’’Law & Order League” gezwungen, mit der Postkutsche die Stadt zu verlassen. Kontrastiert wird das Bild von Dallas mit dem Stereotyp einer Frau aus dem Osten, der von Louise Platt gespielten Lucy Mallory, die auf dem Weg zu ihrem Mann, einem Offizier der Armee, ist. Jedoch zeigt sieh auf der Fahrt durchaus ein anderes Bild von Dallas, das sic weniger als Archetyp der Prostituierten erscheinen lässt. So verhält sic sieh eher passiv. Eine der wenigen Ausnahmen findet sieh in einer Szene, in der sic versucht, Ringo Kid zur Flucht zu verhelfen. Sic zeigt auch ein eher redliches Verhalten und bemüht sieh, Lucy Mallory zu unterstützen und eine positive Beziehung zu ihr aufzubauen. (Ford (1939))

Dallas ist selbstbewusst und ihre Rollcncntwicklung basiert auf Selbstreflektion. Zwar versucht sic eine Beziehung zu Mrs. Mallory aufzubauen, als sic jedoch zu- rückgcwicscn wird, bemüht sic sieh, die "Lady" mit ihrer Anwesenheit möglichst wenig zu behelligen, beziehungsweise das Unwohlsein, das Mrs. Mallory durch ihre Gegenwart empfindet, auf ein Minimum zu reduzieren. Sic ist überrascht, als Rin­go Kid das Verhalten von Mr. Hatfield, einen Gentleman aus dem Süden, zu Mrs. Mallory ihr gegenüber adaptiert und so zeigt, dass sic in seinen Augen den gleichen Status wie die ehrbare Offiziersgattin hat. Sic nimmt zögerlich aber durchaus be­reitwillig an, dass sic von ihm ebenfalls wie eine Lady behandelt wird. Mrs. Mallory gegenüber versucht sic, ihren Wert durch Taten zu beweisen, indem sic ihr die ganze Fahrt über hilfreich zur Seite steht. Besonders offensieht lieh und engagiert wird ihre Unterstützung, als Mrs. Mallory ein Kind zur Welt bringt. (Ford (1939))

3.1.2 McCabe Mrs. Miller

In dem Film von 1971 finden sieh gerade für den Stereotyp der Prostituierten deutli­che Beispiele, da cs in weiten Teilen des Films um ein Freudenhaus geht, welches die beiden namensgebenden Protagonisten zusammen aufgebaut haben. Aber nicht nur die Freudenmädchen, die in dem Bordell arbeiten, entsprechen dem Stereotyp der Prostituierten. Auch die Protagonistin selber ist eine Prostituierte. Zwar ist sic auch Anteilseigner in des Bordells und kümmert sieh um die Mädchen, die dort arbeiten, aber sic arbeitet auch selber als Prostituierte. Selbst ihre Beziehung mit dem Prot­agonisten versucht sic auf eine finanzielle Ebene zu verlagern und die Gefühlsebene dort herauszuhalten. So verlangt sie von McCabe, dass er für den intimen Kontakt mit ihr Geld bezahlt. (Altman (1971))

3.1.3 Filmbeispiel: Bad Girls

In dem Film Bad Girls (1999) beginnt die Handlung mit vier weibliehen Haupteha- rakteren, die als Prostituierte arbeiten. Bei drei von ihnen kann man den entspre­chenden Stereotypen direkt durch ihr Außeres, insbesondere die Kleidung, bestim­men. Bei der vierten ist ihr Stereotyp nicht offensichtlich, da sic wie ein weiblicher Revolverheld gekleidet ist und mit den Männern im unteren Bereich des Saloons, in dem die Frauen arbeiten, am Spieltisch sitzt. Dass sic ebenfalls als Prostituier­te gearbeitet hat, lässt sieh erst im Verlauf der Handlung aus den Aussagen und Kommentaren von diversen Männern schlussfolgern. In diesem Film ist die Rolle der Prostituierten die Ausgangssituation der vier weiblichen Haupteharaktcrc, aus der sic ausbrcehcn, nachdem eine von ihnen einen gewalttätigen Freier tötet, die drei anderen sic vom Galgen retten und sic gemeinsam fliehen. Bereits am Anfang der Flucht beginnen sic damit, sowohl ihr Verhalten als auch ihr Aussehen immer weiter von ihrem ursprünglichen Stereotyp zu entfernen und in andere Rollen hin­einzuwachsen, so wechselt eine von ihnen im Verlauf des Films zum Stereotyp der Pionierin, welches sic vorher für sieh selber noch abgelehnt hat, während zwei an­dere immer deutlicher in den Stereotyp der Rcvolvcrhcldin hcrcinwaehscn. (Kaplan (1994))

3.2 Die Frau aus dem Osten

Ein oft vorkommender Stereotyp im Western ist die Frau aus dem Osten. Dieser wird, wie auch der bereits vorgcstclltc Stereotyp der Prostituierten, in unterschied­lichen Formen verwendet. Häufig wird dieser Stereotyp als zivilisiert und gebildet dargestellt. So handelt cs sieh um eine Sehullehrerin, die am Ende mit dem Helden ein gemeinsames Leben beginnt. Es kann sieh aber genauso gut um die Dame aus besserer Gesellschaft, die Lady aus den Südstaaten oder die Gcscllsehaftsfrau des Ortes handeln.

Bei der Frau aus dem Osten handelt cs sieh in der Regel um eine eher passive Rolle, die aber dennoch ihre Aufgabe hat. Sic ist die weibliche Rolle, die die Zivilisation in die Gesellschaft des Westens bringt, wobei die Verbreitung von Bildung ihr Mittel der Wahl ist. Sic ist cs auch, die versucht, den Protagonisten des Films zu zivilisieren und ihn davon abzuhalten, Gewalt anzuwenden. Im Allgemeinen ist sic gebildet und dem Helden im Gebrauch von Sprache überlegen, wird aber in den meisten Western im Verlauf des Films in ihre Schranken verwiesen und ist auf den Helden angewiesen, damit dieser ihr zu ihrem Ziel verhilft.

Da die Frau aus dem Osten häufig über einen gehobenen Bildungsgrad verfügt, ist sic in diesem Bereich den meisten anderen Rollen im Film überlegen. Oft nimmt sic eine bedeutende Position in der Gemeinschaft ein oder ist eine angesehene Persön­lichkeit. Trotzdem benötigt sic die Hilfe des Protagonisten oder die Unterstützung der Gemeinschaft. Zwar handelt cs sieh bei ihr um eine passive Frauenrolle, jedoch um eine aktivere Rolle als bei dem später vorgcstclltcn Stereotyp der Pionierin. Sic kann in Ausnahmefällen sogar eine aktive Rolle chiudimeli.

Am häufigsten tritt dieses Rollcnbild in Form der Lehrerin in Erseheinung, aber am auffälligsten ist cs in anderen Erseheinungsformen. Ein Beispiel, in dem man sehr gut die Abhängigkeit der Frau aus dem Osten sehen kann, findet sieh in The Ballad of Little Jo (1993), in dem der weibliche Haupteharaktcr erst aus seiner Hilf­losigkeit und Opfcrrollc hcrauskommt, nachdem er einen Wechsel seines Archetyps durchgeführt hat und von der weiblichen Frau aus dem Osten zu einem maskulinen Pionier geworden ist.

Die Frau aus dem Osten hat aber durchaus Potential zur Aktivität und ist dem Protagonisten in vielen Bereichen, die in der Welt des Western zu den weniger wert­vollen Fähigkeiten gehören, wie Bildung und Wortgewandtheit, durchaus überlegen. Allerdings ist sic am Ende von dem Protagonisten abhängig und ihre Versuche, ihn beispielsweise von der Ausübung von Gewalt abzuhalten und ihn dazu zu bringen eine verbale Auseinandersetzung zu suchen, sind zum Seheitern verurteilt. Dennoch ist sic der Stereotyp, dem cs am ehesten gelingen wird, den Protagonisten und die Wcstcrngcscllsehaft zu zivilisieren.

3.2.1 Sonderform: Gesellschaftsfrauen

Gcscllsehaftsfraucn sind im Western vorwiegend als Nebenrollen zu finden. Sic bil­den den Kern des gesellschaftlichen Lebens aufserhalb der männlichen Domänen. Sic verkörpern meistens die Normen und Werte der Kleinstädte, die stark an die puritanische Gesellschaft angelehnt sind.

Oft werden Gcscllsehaftsfraucn in Filmen als komisches Element verwendet, vor allem in Form der Frauen der ’’Law & Order League”, die sich im historischen Ameri­ka für die Einhaltung strikter Wcrtcvorstcllungcn eingesetzt und sieh unter anderem dem Kampf gegen den Alkohol verschrieben haben. Diese Form der Gcscllsehafts­fraucn dominiert häufig ihre Männer und zwingt ihnen ihren Willen auf. Oft ver­suchen sic, ihre Männer zu ändern und cs wird so dargestellt, als würden sic ihnen all das verbieten, was Männern Spaisi macht, vor allem wenn cs sieh um Alkohol handelt. Häufig drängen sic auch Frauen, die nicht ihren moralischen Vorstellun­gen entsprechen, an den Rand der Gesellschaft und versuchen, sic ganz aus ihrem Einflussbereich zu entfernen.

Die Rolle einer Gcscllsehaftsfrau ist in der Regel sehr dominant, allerdings im Normalfall auf eine Art und Weise, die vom Zuschauer als komödiantisch empfunden wird. Trotzdem ist cs diese Rolle, die darüber entscheidet, ob ein anderer Charakter in den Kreis der ehrenwerten Gesellschaft aufgenommen wird oder nicht. Häufig scheinen diese Rollen ihre Ehemänner, denn als Frauen der ehrenwerten Gesellschaft sollten sic ab einem gewissen Alter verheiratet sein, geradezu zu unterdrücken.

Ein Beispiel für diesen Stereotyp stellt die Wcstcrnkomödic The Hallelujah Trail (1965). Hier findet sieh die Gcscllsehaftsfrau nicht nur als Randeharaktcr, sondern übernimmt einen wichtigen Teil der Handlung.

[...]

Fin de l'extrait de 46 pages

Résumé des informations

Titre
Frauen im Western
Université
University of Paderborn
Note
2,7
Auteur
Année
2012
Pages
46
N° de catalogue
V205471
ISBN (ebook)
9783656322863
ISBN (Livre)
9783656325772
Taille d'un fichier
1813 KB
Langue
allemand
Mots clés
frauen, western
Citation du texte
Carolin Rychlik (Auteur), 2012, Frauen im Western, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/205471

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