Unternehmensbewertung nach der Entity-Methode


Bachelorarbeit, 2012

68 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen der Discounted Cashflow-Verfahren
2.1 Gesamtbewertungsverfahren
2.2 Überblick über die verschiedenen DCF-Ansätze
2.3 Entity- vs. Equity-Verfahren : Die Unterschiede

3 Die Entity-Methode
3.1 Grundlagen
3.2 Bestimmung der Kapitalkosten
3.2.1 Eigenkapitalkosten
3.2.2 Fremdkapitalkosten
3.3 Cashflows im Entity-Ansatz
3.4 Ermittlung von Zukunftserfolgen mittels Prognoseverfahren
3.5 Finanzierungsstrategien

4 Berechnung des Unternehmenswertes mit der Entity- Methode
4.1 Weighted Average Cost of Capital
4.1.1 Grundlagen
4.1.2 Autonome Finanzierungsstrategie
4.1.3 Wertorientierte Finanzierungsstrategie
4.2 Adjusted Present Value Ansatz
4.2.1 Grundlagen
4.2.2 Autonome Finanzierungsstrategie
4.2.3 Wertorientiere Finanzierungsstrategie
4.3 Schlussbetrachtung der Entity-Ansätze

5 Fazit

Anhang A: Formelsammlung
Anhang B: Rechenbeispiel WACC im Rentenmodell
Anhang C: Rechenbeispiel APV im Rentenmodell
Anhang D: Rechenbeispiel WACC-Ansatz - Autonome Finanzierungsstrategie
Anhang E: Rechenbeispiel WACC-Ansatz - Wertorientierte Finanzierungsstrategie
Anhang F: Rechenbeispiel APV-Ansatz - Autonome Finanzierungsstrategie

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Übersicht über die Varianten der DCF-Methoden

Abb. 2 Gegenüberstellung der DCF-Ansätze

Abb. 3 Unternehmensrisiko i.S.d. IDW S 1 i.d.F. 2008

Abb. 4 Direkte und indirekte Ermittlung der Cashflows

Abb. 5 Ermittlung des Free-Cashflow

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Seit Jahrzehnten beschäftigt sich die Betriebswirtschaftslehre schon mit der Bewertung von Unternehmen und stellt damit den Bewerter vor eine sehr komplizierte Aufgabe.1 Um das Risiko von Fehlbewertung in dieser komplexen Sphäre zu minimieren, hat sich die anwendungsorientierte Betriebswirtschaftslehre zur Aufgabe gemacht, für verschiedene Bewertungsanlässe2 und -objekte3 möglichst präzise Bewertungsverfahren zu konzipieren, die die jeweiligen spezifischen Individualitäten des zu bewertenden Objektes berücksichtigen.4

Im deutschsprachigen Raum kam in der Vergangenheit primär in der Unterneh- mensbewertung das traditionelle Ertragswertverfahren zum Einsatz,5 welches jedoch in jüngster Zeit von dem verstärkt international ausgerichteten angelsäch- sischen Discounted Cashflow-Verfahren (DCF-Verfahren) abgelöst wurde.6 Dies ist einerseits auf die rasch voranschreitende Globalisierung und die damit im Zu- sammenhang stehende ständig wachsende Zahl grenzüberschreitender Unter- nehmenstransaktionen, andererseits auf die von Unternehmensberatungsgesell- schaften forcierte Verbreitung des Shareholder Value-Ansatz zurückzuführen.7 Auch wird die wachsende Stellung des Verfahrens mit der Aufnahme in das Wirt- schaftsprüfer-Handbuch und des IDW-Standards S 1 unterstrichen.8

Im Rahmen dieser Arbeit soll ein systematischer Überblick über das Discounted Cashflow-Verfahren mit dem Entity-Approach, unter besonderer Berücksichti- gung des Weighted Average Cost of Capital (WACC-) Ansatzes9, verschafft wer- den. Im Anschluss an die allgemeinen theoretischen Erläuterungen der Bewer- tungsverfahren folgt im Anhang jeweils deren Anwendung an Fallbeispielen, wel- che anhand zugrunde gelegter identischer Finanzierungsprämissen auf ihre Vor- teilhaftigkeiten überprüft werden.

2 Grundlagen der Discounted Cashflow-Verfahren

2.1 Gesamtbewertungsverfahren

Vertreter des Gesamtbewertungsverfahrens sind neben dem Ertragswertverfah- ren auch die DCF-Ansätze. Diese beiden Untervarianten basieren auf dem Kapi- talkalkül der Investitionstheorie.10 Dies bedeutet, dass die zu bewertenden Unter- nehmen als Investitionsobjekte betrachtet werden,11 die den Eigentümer Mittel in Form von Dividenden oder Zinsen zufließen lassen. Dieser Mittelzufluss stellt einen Ertrag bzw. im angelsächsischen Raum einen Cashflow (Zukunftserfolgs- wert)12 dar.13 Hierbei leitet sich der Unternehmenswert nicht aus der Summe der im Unternehmen befindlichen Vermögensgegenstände und Schulden ab,14 son- dern aus dessen Leistungsfähigkeit und der Prognose der künftig zu erwartenden Erträge.15

2.2 Überblick über die verschiedenen DCF-Ansätze

Das Discounted Cashflow-Verfahren, welches auf der Grundlage der modernen amerikanischen Finanzierungstheorie aufbaut,16 differenziert in der Literatur zwei verschiedene Arten der Berechnung des zukünftigen Unternehmenswertes:17 Bruttoansatz (Entity-Approach) und Nettoansatz (Equity-Approach). Abhängig vom anzusetzenden Diskontierungssatz, dem einfließenden Cashflow und des Steuervorteils bei anteiliger Fremdfinanzierung18 kristallisieren sich vier verschie- dene Ansätze heraus.19 Sowohl das Verfahren des angepassten Barwertes20 (Ad- justed-Present-Value Verfahren) als auch der Ansatz mit gewogenen durch- schnittlichen Kapitalkosten unter Berücksichtigung von Free-Cashflows21

(Weighted Average Cost of Capital-Verfahren)22 sind Bruttoverfahren, denen mit dem Flow to Equity-Verfahren (FTE) nur ein Nettoverfahren gegenübersteht.23 Der vierte Ansatz, das Total-Cashflow-Verfahren (TCF), ist eine Untervariante des WACC-Ansatzes.24 Auf Grund der Sprunghaftigkeit25 dieses Ansatzes findet er in der Bewertungspraxis kaum Anwendung26 und wird daher nicht weiter im Zuge dieser Arbeit behandelt.27

Folgende Abbildung soll die verschiedenen Varianten der Discounted CashflowVerfahren systematisieren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 : Übersicht über die Varianten der DCF-Methoden

Quelle: In Anlehnung an Brösel, G./ Matschke, J. M. (2006) S. 559 und Ballwieser, W. (2010) S.132

2.3 Entity- vs. Equity-Verfahren : Die Unterschiede

Bei der Entity-Methode wird der Unternehmenswert bzw. der Eigenkapitalwert indirekt28 mittels eines zweistufigen Verfahrens ermittelt. In der ersten Stufe wird der Marktwert29 des Gesamtkapitals (=Bruttounternehmenswert) des Bewer- tungsobjektes bestimmt. Dieser entspricht der Summe der Marktwerte der Positi- onen, die alle Kapitalgeber (Eigen- und Fremdkapitalgeber) dem zu bewertenden Unternehmen bereitgestellt haben und somit der Summe der Marktwerte der künftig zu erwartenden Cashflows. Anschließend wird in der nächsten Stufe durch Subtraktion des Marktwertes des Fremdkapitals vom Marktwert des Ge- samtkapitals der Marktwert des Eigenkapitals (Shareholder Value oder Nettoun- ternehmenswert) bestimmt.30

Bei der Equity-Methode hingegen wird der Nettounternehmenswert direkt31 in nur einem Schritt bestimmt.32 Die in künftigen Perioden erwarteten Zahlungsströme der Eigentümer (nach Abzug der Zahlungen an die Fremdkapitalgeber)33 werden mit risikoäquivalenten Renditeforderungen abgezinst und ergeben somit den Marktwert des Eigenkapitals.34

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ausgangspunkt für alle auf der Bruttomethode beruhenden Varianten der DCF- Verfahren sind die operativen Einzahlungsüberschüsse bzw. operativen Cash- flows (Cashflow vor Zinszahlungen),35 welche zur Verteilung an alle Kapitalgeber (Fremd- und Eigenkapitalgebern) im zu bewertenden Unternehmen zur Verfü- gung stehen.36 Fremdfinanzierungsbezogene Zahlungen wie z.B. Zinsen, Tilgun- gen und Kapitalaufnahmen dürfen sich nicht auf die Überschüsse auswirken.37 In Abhängigkeit, wie der Einfluss der Finanzierung auf die zu zahlende Unterneh- menssteuer berücksichtigt wird, untergliedert man den Entity-Ansatz in Free- Cashflows und Total-Cashflows. Bei den Berechnungen mit dem FCF (APV- Ansatz und WACC-Ansatz) werden die anteiligen aus der Fremdfinanzierung resultierenden Unternehmenssteuerersparnisse nicht berücksichtigt. Hierbei wer- den die Free Cashflows der Eigentümer unter der Prämisse einer vollständigen Eigenfinanzierung38 samt Steuern ermittelt, die ein rein eigenfinanziertes Unter- nehmen zu entrichten hätte.39

Beim Entity-Approach entsprechen die Cashflows dem zur Zahlung an alle Kapi- talgeber zur Verfügung stehenden Betrag. Diese Bruttogröße wird grundsätzlich mit einem gewogenen durchschnittlichen Kapitalkostensatz, welcher sich aus risikoäquivalenten Renditeforderungen der Kapitalgeber, gewichtet zu Eigen- und Fremdkapitalanteilen auf Basis von Marktwerten zusammensetzen, abgezinst. außer bei der Anwendung des APV-Ansatzes, der hierbei eine Ausnahme bil- det.40

Im Gegensatz hierzu werden bei dem Nettoverfahren die zu diskontierenden Cashflows (auch als Flows to Equity bezeichnet) unter Berücksichtigung der Zah- lungen an die Fremdkapitalgeber ermittelt.41 Hierbei müssen die zu zahlenden Fremdkapitalzinsen vom Total-Cashflow subtrahiert und die Änderungen im Fremdkapital (Tilgung-Subtraktion vom TCF/ Aufnahme-Addition zum TCF) be- rücksichtigt werden.42

Beim FTE-Ansatz werden die künftig zu erwarteten Cashflows mit risikoäquivalenten Renditeforderungen, welche sich aus dem risikolosen Basiszinssatz und einer eingegangenen Risikoprämie zusammensetzen, diskontiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Gegenüberstellung der DCF-Ansätze

Quelle: Seppelfricke, P. (2007), S.36

Auf Grund der Übersichtlichkeit und Transparenz der Entity-Ansätze (die Ge- schäftstätigkeit und dessen Finanzierung werden sauber voneinander getrennt) finden diese in der Praxis häufiger Verwendung als der Equity-Ansatz. Diese Me- thode entspricht mehr dem Prinzip des Ertragswertverfahrens, als dem des DCF- Verfahrens43 und ist für eine korrekte und zugleich gut verständliche Bewertung ungeeignet. Beide Ansätze führen jedoch unter gleichen Finanzierungsprämis- sen zu identischen Ergebnissen.44 Aufgrund dessen wird nicht weiter auf die Equity-Methode eingegangen.

3 Die Entity-Methode

3.1 Grundlagen

Bei den Entity-Ansätzen besteht das Ziel darin, aus zukünftig erzielbaren Zahlungsströmen den Unternehmenswert zu berechnen,45 welcher sich durch Diskontierung der Cashflows auf den Bewertungszeitraum bestimmt.46 Hierfür gibt es eine allgemeine Formel, die in Abhängigkeit zum gewählten Ansatz gegebenenfalls zu spezialisieren ist:47

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Um den Kapitalisierungszinssatz (k) bestimmen zu können, muss man zunächst die Kapitalkosten des Bewertungsobjektes betrachten, die sich aus gewichteten durchschnittlichen Kosten (WACC)49 für überlassenes Eigen- und Fremdkapital zusammensetzen und somit die Renditeforderungen der Kapitalgeber50 spiegeln:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie aus diesen Formeln ersichtlich wird, erfordert die Ermittlung des Diskontierungssatzes die Kenntnisse der Kapitalkosten.

3.2 Bestimmung der Kapitalkosten

Bei der Bestimmung der Kapitalkosten muss grundsätzlich zwischen den Kosten für Eigen- und Fremdkapital differenziert werden.

3.2.1 Eigenkapitalkosten

Die Ermittlung der Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber bzw. Eigenkapital- kosten gestaltet sich oft sehr problematisch.51 Wenn keine vertraglichen Verein- barungen über Gegenleistungen vorab getroffen wurden, können aufgrund der Ungewissheit der Zukunft künftige finanzielle Überschüsse nicht mit Sicherheit prognostiziert werden und sind daher risikobehaftet. Die Übernahme für dieses Risiko (Unternehmensrisiko) lassen sich die Eigenkapitalgeber durch Risikoprä- mien, wobei zukünftige Risiken stärker gewichtet werden als zukünftige Chancen (Risikoaversion) abgelten. Der IDW unterscheidet im Einzelnen zwischen Geschäftsrisiko (operatives Risiko) und Kapitalstrukturrisiko (finanzielles Risiko), welches vom Verschuldungsgrad des zu bewertenden Unternehmens beeinflusst wird.52

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 : Unternehmensrisiko i.S.d IDW S 1 i.d.F. 2008

Quelle: In Anlehnung an Franken, L./Schulte, J.

Um das Problem der Ermittlung der Eigenkapitalkosten zu lösen, greift man in der Unternehmensbewertung zunehmend auf kapitalmarkttheoretische Modelle zurück. Das klassische Modell in der Praxis ist das Capital Asset Pricing Modell (CAPM), welches jedoch durch einige Einschränkungen gekennzeichnet ist. Bei der Berechnung eines angemessenen Risikozuschlages wird nur das systemati- sche Risiko ( -Faktor) berücksichtigt. Das unsystematische Risiko wird durch Portfoliobildung eliminiert, so dass hierfür keine zusätzliche Risikoprämie für die Anteilseigner gezahlt wird.53

Unabhängig voneinander wurde das CAPM Mitte der sechziger Jahre von William F. Sharpe, John Lintner und Jan Mossin auf Basis der Portfoliotheorie von Harry M. Marcowitz entwickelt, um risikobehaftete Anlagemöglichkeiten an einem perfekten Kapitalmarkt54 bewerten zu können.55

Laut dem Capital Asset Pricing Modell lassen sich somit die Eigenkapitalkosten aus einem linearen Zusammenhang zwischen der Rendite risikoloser Kapitalan- lagen ( ) und einer Marktrisikoprämie ( - ) herleiten:56

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der -Faktor, Parameter für das individuelle Risiko eines Bewertungsobjektes,57 ist das Maß der Sensitivität zwischen der erwarteten Rendite des Marktportefeuilles und der Rendite risikofreier Kreditanlagen.58

Somit scheint die Berechnung der Eigenkapitalkosten unter Anwendung des CAPM recht einfach zu sein. Der risikolose Zins entspricht ungefähr einer lang- fristigen risikolosen Anleihe des Staates.59 Die erwartete Rendite des Marktporte-feuilles lässt sich anhand von Indices - z.B. in Deutschland der DAX - bestim- men und der -Faktor über Rückgriff auf vergangene Betas (in der Praxis meist 5 Jahre).

Hier kommt es allerdings zu grundlegenden Anwendungsproblemen. Bei der Be- rechnung der zukünftigen -Faktoren wird sich auf Vergangenheitswerte beru- fen.60 Auch erfolgt die Berechnung der Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber (Formel 5) auf der Prämisse eines verschuldeten Unternehmens, da der - Faktor, wie bereits erwähnt neben dem Geschäftsrisiko auch das Kapitalstruktur- risiko, welches durch den Verschuldungsgrad beeinflusst wird, beinhaltet.

Diesem zweiten Problem gilt es entgegen zu wirken. Wird das Unternehmen voll- ständig mit eigenem Kapital finanziert, darf das Kapitalstrukturrisiko nicht mit be- rücksichtigt werden. Der -Faktor des unverschuldeten Unternehmens, auch un- levered Beta ( ) genannt, entspricht dem Operating Beta (Geschäftsrisiko) und wird wie folgt ermittelt:61

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wird das Unternehmen hingegen teilweise mit Fremdkapital finanziert, muss bei der Bestimmung der Eigenkapitalkosten das Kapitalstrukturrisiko (Financial Beta) beachtet werden.62 Unter Berücksichtigung der Steuern und der Annahme risiko-losen Fremdkapitals zeigt sich der Einfluss der Verschuldung auf den -Faktor des verschuldeten Unternehmens, auch Levered Beta (mit : -Faktor des verschuldeten Unternehmens Hier taucht ein weiteres Problem, das Zirkularitätsproblem,64 auf: zur Berechnung der -Faktoren müssen die Marktwerte des Eigen- und Fremdkapitals bekannt sein, welche aber eigentlich das Ergebnis der Unternehmensbewertung darstellen sollen. Um dieses Problem rechnerisch zu beheben, kann alternativ auf folgende Verfahren zurückgegriffen werden:65 Vorgabe einer Zielkapitalstruktur, Iterationsverfahren, Umformulierung der Formeln von bereits bekannter Größen oder rekursive Berechnungsmethoden.66

Auch können die -Faktoren für ein verschuldetes Vergleichsunternehmen aus Veröffentlichungen wie z.B. dem Informationsdienst Bloomberg oder aus dem Handelsblatt entnommen werden.67

In der Literatur lassen sich neben dem CAPM auch die Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber anhand der realitätsfernen68 Annahmen von Franco Modigliani und Merton Miller ableiten. Die Beiden haben im Jahre 1958 unter den Annah- men, dass zukünftige Cashflows ewig fließen (Rentenmodell) und mit einer gleichmäßigen Rate wachsen, nachgewiesen, dass der Marktwert eines unver- schuldeten Unternehmens in einer perfekten Volkswirtschaft69 vergleichbar ist mit dem Marktwert eines risikovergleichbaren, verschuldeten Unternehmens ist (Irre- levanzthese).70

Nach den Modigliani/Miller-Thesen (MM-Thesen) steigen folglich mit dem Verschuldungsgrad auch die Eigenkapitalkosten linear an.71 Daraus lässt sich der Zusammenhang zwischen Verschuldungsgrad und Eigenkapitalrendite für verschuldete Unternehmen darstellen:72

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wachsen dahingegen die Cashflows nicht konstant an, muss man auf die von James A. Miles und John R. Ezzell im Jahre 1980 entdeckte Anpassung zurück- greifen:73

Sowohl beim CAPM als auch im Modigliani/Miller Modell steigen die Eigenkapi- talkosten linear zum Verschuldungsgrad an. Während der Betrachtungszeitraum beim CAPM zwei Zeitpunkte oder eine Periode beträgt, wird im Modigliani/Miller Modell eine ewige Rente unterstellt. Des Weiteren abstrahiert das CAPM die Steuern, wohingegen das M/M Modell die steuerlichen Unterschiede von Eigen- und Fremdkapital berücksichtigt.74 Die Anwendung dieser Prämissen ist oft sehr schwer in der Praxis umzusetzen. Zwar ist das größte Problem die richtige Be- stimmung des -Faktors von börsennotierten Unternehmen behoben, jedoch bleibt die Übertragbarkeit des Grundgedanken des CAPM75 immer noch recht schwierig.76

3.2.2 Fremdkapitalkosten

Die Fremdkapitalkosten ( ) des Unternehmens lassen sich meist recht einfach anhand der aktuell zu zahlenden Zinsen des Marktniveaus für die Aufnahme von Fremdkapital ermitteln.77 Dabei setzen sich die Kosten des Fremdkapitals aus einem risikolosen Zins plus einer Risikoprämie (CS; Credit Spread), aufgrund der Ausfallgefahr der Kreditrückzahlung zusammen. Auch können z.B. notierte Anlei- hen am Kapitalmarkt direkt aus öffentlichen Kapitalmarktinformationen entnom- men werden oder man greift auf die sich aus dem Jahresabschluss ergebenden, durchschnittlichen Fremdkapitalkosten zurück. Zusätzlich kann, soweit das zu bewertende Unternehmen über ein Unternehmensrating verfügt, auf die Fremd kapitalkosten eines anderen Unternehmens mit einem vergleichbaren Rating zurückgegriffen werden.78

3.3 Cashflows im Entity-Ansatz

Der Begriff Cashflow wird als Erfolgskennzahl der Bilanzanalyse oder als Zahlungsstromgröße zur Beurteilung der finanzwirtschaftlichen Lage, bzw. zur Ermittlung des Unternehmenswertes genutzt. Es exisitieren zwei Möglichkeiten den Cashflow zu berechnen: die direkte und die indirekte Methode.

Während die direkte Methode zahlungswirksame Einzahlungs- und Auszah- lungsströme direkt ermittelt und gegenüberstellt, setzt die indirekte Methode bei Ergebnisgrößen an. Hier werden im ersten Schritt zahlungsunwirksame Erträge79 subtrahiert und zahlungsunwirksame Aufwendungen80 addiert. Da die Berech- nungen auf der Ausgangsgröße Gewinn- und Verlustrechnung basieren, muss das Ergebnis in einem zweiten Schritt um die erfolgsneutralen aber zahlungs- wirksamen Vorgänge korrigiert werden, um schließlich als Saldogröße den Cash- flow zu erhalten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 Direkte und indirekte Ermittlung der Cashflows

Quelle: Seppelfricke, P. (2007), S. 45/ Ballwieser, W. (2011), S.133

Beide Methoden führen zum gleichen Ergebnis, wenn alle zahlungsunwirksamen (z.B. Abschreibung) und alle erfolgsneutralen, zahlungswirksamen Vorgänge (z.B. Auflösung von RST) berücksichtigt werden.

Die direkte Methode ist zwar die bessere Variante, da Zahlungsströme einfacher abgelesen werden können, kommt jedoch auf Grund der mangelnden Aufzeichnung der Cashflows nicht oft in der Praxis zur Anwendung.81

Der Entity-Approach arbeitet bei der Unternehmensbewertung mit Cashflows, die alle Zahlungen, auch die der Fremdkapitalgeber, des Unternehmens an seine Umwelt erfassen.

Durch die Berücksichtigung dieser Zahlungen entsteht ein Problem: Der Cashflow zur Unternehmensbewertung ist widersprüchlich, da die in den Cashflow einfließenden Steuern durch die Höhe der Fremdkapitalzinsen, die nicht in den Cashflow eingehen, beeinflusst werden. Daraus folgen zu hohe Unternehmenswerte für hoch verschuldete und zu niedrige für unverschuldete Unternehmen. Dieses Problem kann behoben werden, in dem im Cashflow nur die Steuern auf das Betriebsergebnis vor Zinsen berücksichtigt wird.82

Somit lassen sich die Free-Cashflows für die Entity-Methode wie folgt vereinfachend83 für die direkte und die indirekte Methode auf der oben bereits hergeleiteten CF-Größe bestimmen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4 Ermittlung des Free-Cashflow

Quelle: In Anlehnung an Ernst, D./ Schneider, S./ Thielen, B. (2010) S. 32; Ballwieser, W. (2011), S. 133, Matschke, M.J/ Brösel, G. (2005), S.569

Der Free-Cashflow resultiert dabei nur auf Einzahlungsüberschüssen, die im Leistungsbereich anfallen. Das bedeutet, dass der FCF finanzierungsunabhängig ermittelt wird und dem eines eigenfinanzierten Unternehmens entspricht.84

3.4 Ermittlung von Zukunftserfolgen mittels Prognosever- fahren

Um die Zukunftserfolge zu ermitteln, stehen verschiedene Prognoseverfahren beim Entity Approach zur Verfügung. In der Praxis sind weitestgehend die Pauschal- und die Phasenmethode vertreten (eine Kombination aus beiden Verfahren ist auch möglich).

Bei der Pauschalmethode unterstellt man nach dem Bilanzstichtag einen gleichbleibenden Einnahmeüberschuss. Diese auf der Vergangenheit beruhenden Ergebnisse werden um außergewöhnliche und nicht nachhaltige Einflüsse bereinigt. Das Augenmerk wird auf Vergangenheitszahlen gelegt, nicht auf die zukünftigen Ertragschancen eines Unternehmens.

Bei der Phasenmethode, welche in der Praxis häufiger anzutreffen ist, wird der Planungszeitraum in zwei Phasen unterteilt.85 Die erste Phase (Detailplanungs- phase), welche meist einen Zeitraum von 2-5 Jahren umfasst, liegt in absehbarer Entfernung vom Bilanzstichtag und baut damit auf einer plausiblen und detaillier- ten Cashflow-Rechnung auf. Häufig schwanken die Cashflows in diesen Perio- den im Zeitverlauf. In der zweiten Phase (Rentenphase) wird unterstellt, dass sich das zu bewertende Unternehmen in einem konstanten Zustand befindet, d.h. nachhaltig erzielbare Unternehmensergebnisse erwirtschaftet (ewige Rente). Bei dieser Methode steht im Gegensatz zur Anderen die Analyse des Zukunftserfol- ges im Vordergrund.86

3.5 Finanzierungsstrategien

Betrachtet man die Detailplanungsphase mit schwankenden Cashflows, tritt das Problem auf, dass die Kapitalstruktur je nach gewählter Finanzierungsstrategie im Zeitlauf ebenfalls schwankt.

[...]


1 Vgl. Nölle, J.-U. (2005), S.15

2 Vgl. Henselmann, K./ Kniest, W. (2002), S.17; Bewertungsanlässe können u.a. sein: Kauf und Verkauf von Unternehmen o. -teilen, Zuführung von Eigen- und Fremdkapital, Börsengang, Squeeze-out etc.

3 Bewertungsobjekte können u.a. sein: Unternehmen, Teilunternehmen, Investitionen, Filialen, etc.

4 Vgl. Behringer, S. (2004), S.1

5 Vgl. Kup, A. (2007), S.159

6 Vgl. Born, K. (2003), S.9

7 Vgl. Baetge, J./ Niemeyer, K./ Kümmel, J./ Schulz, R. (2005), S.268

8 Vgl. Seppelfricke, P. (2007), S.39

9 Vgl. Kup, A. (2007), S.160; Der WACC-Ansatz als Entity-Methode ist das am meisten eingesetzte Verfahren in der Bewertungspraxis.

10 Vgl. Ballwieser, W. (2011), S.8

11 Vgl. Ernst, D./ Schneider, S./ Thielen, B. (2010), S.8; Das Unternehmen wird als Bewertungseinheit angesehen.

12 Vgl. Mandl, G./ Rabel, K. (2005), S.53

13 Vgl. Ballwieser, W. (2011), S.8

14 Vgl. Ballwieser, W. (2011), S.9

15 Vgl. Hommel, M./ Dehmel I. (2008), S.45

16 Vgl. Schulze, W. (2003), S.359

17 Vgl. Born, K.(2003), S.9

18 Vgl. Fackler, M./ Schacht, U. (2005), S. 189; Matschke, M. J./Brösel, G. (2006), S.558

19 Vgl. Drukarczyk, J. (2003), S.199

20 Vgl. Seiler, K. (2003), S.28

21 Der WACC-Ansatz kommt in der Praxis fast ausschließlich nur unter Berücksichtigung von Free-Cashflows zur Anwendung.

22 Vgl. Brösel, G./ Matschke M.J. (2006), S.558

23 Vgl. Ballwieser, W. (2010), S.132

24 Vgl. Ernst, D./ Schneider, S./ Thielen, B. (2010), S.36; Die Steuerersparnis aus den Fremdkapitalzinsen wird bereits im Cashflow und nicht erst im Diskontierungszinssatz WACC berücksichtigt;

25 Vgl. Ballwieser, W. (2010), S.187; Im TCF wird die fiktive Eigenfinanzierung sowohl im Zähler als auch im Nenner des Kalküls mit der Verschuldungsprämisse vermischt.

26 Vgl. Ballwieser,W.(2010),S.187

27 Vgl. Brösel, G./ Matschke M.J. (2006), S.558; Beim WACC-Ansatz mit dem FCF werden steuerbedingt Finan- zierungsvorteile im Nenner, sprich in den gewogenen Kapitalkosten erfasst, wohingegen beim WACC-Ansatz mit dem TCF die Steuereffekte im Zähler berücksichtigt werden.

28 Vgl. Seiler, K. (2003), S.28

29 Vgl. Born, K. (2003), S.15; Der Marktwert ist ein sich aus Angebot und Nachfrage ergebender Gleichge- wichtspreis für ein Gut zwischen Kaufwilligen und Verkaufswilligen.

30 Vgl. Fackler, M./ Schacht, U. (2005), S.189

31 Vgl. Seiler, K. (2003), S.28

32 Vgl. Baetge, J./ Niemeyer, K./ Kümmel, J./ Schulz, R. (2009), S.344

33 Vgl. Fackler, M./ Schacht, U. (2005), S.205

34 Vgl. Baetge, J./ Niemeyer, K./ Kümmel, J./ Schulz, R. (2009), S.351

35 Vgl. Seppelfricke, P. (2007), S.21

36 z.B. Dividenden, Gewinnthesaurierung etc.

37 Vgl. Fackler, M/ Schacht, U. (2009), S.191

38 Vgl. Baetge, J./ Niemeyer, K./ Kümmel, J./ Schulz, R. (2009), S.346f.

39 Vgl. Ballwieser, W. (2010), S.133

40 Vgl. Hagenloch, T. (2007), S.97f.

41 Vgl. Ernst, D./ Schneider, S./ Thielen, B. (2010), S.36

42 Vgl. Fackler, M./ Schacht, U. (2009), S.205

43 Vgl. Seppelfricke, P. (2007), S.21f.

44 Vgl. Baetge, J./ Niemeyer, K./ Kümmel, J./ Schulz, R. (2009), S. 351; Vgl. Kup, A. (2007), S.160

45 Vgl. Pape, U. (1999), S.92

46 Vgl. Seppelfricke, P. (2007), S.21

47 Vgl. Hagenloch, T. (2007), S.92

48 In Anlehnung an Mokler, M. (2005), S.219

49 Vgl. Ernst, D./ Schneider, S./ Thielen, B. (2010), S.45

50 Vgl. Mokler, M. (2005), S.219

51 Vgl. Behringer, S. (2004), S.105

52 Vgl. Franken, L./Schulte, J. (2012): Erfassung systematischer und unsystematischer Risiken im Bewertungs- kalkül. In: Bewertungspraktiker 3 - September 2012 S.92

53 Vgl. Franken, L./Schulte, J. (2012): Erfassung systematischer und unsystematischer Risiken im Bewertungs- kalkül. In: Bewertungspraktiker 3 - September 2012 S.92

54 Vgl. Ernst, D./ Schneider, S./ Thielen, B. (2010), S.58

55 Vgl. Peemöller, V.H. (2001), S.288

56 Vgl. Ernst, D./ Schneider, S./ Thielen, B. (2010), S.58

57 Vgl. Franken, L./Schulte, J. (2012): Erfassung systematischer und unsystematischer Risiken im Bewertungs- kalkül. In: Bewertungspraktiker 3 - September 2012 S.92ff.

58 Vgl. Behringer, S. (2004), S.105f.

59 Vgl. Matschke, M. J./ Brösel, G. (2006), S.563; Laufzeit 10 Jahre

60 Vgl. Behringer, S. (2004), S.107

61 Vgl. Ernst, D./ Schneider, S./ Thielen, B. (2010), S.60f.

62 Vgl. Ernst, D./ Schneider, S./ Thielen, B. (2010), S.61; Die Risikoprämie beim WACC-Ansatz wird immer unter der Verwendung des levered Beta berechnet. Beim APV-Ansatz erfolgt hingegen die Berechnung der Abzin- sung der operativen FCF mit den Renditeforderungen der EKG für das unverschuldete U. mit dem unlevered Beta.

63 Vgl.Hommel, M./ Dehmel, I. (2008), S.267

64 Vgl. Kruschwitz, L./Löffler, A./ Essler, W. (2009), S.91

65 Lösungsansätze mittels dieser verschiedenen Lösungsverfahren im Rentenmodell befinden sich im Anhang.

66 Vgl. Hommel, M./ Dehmel, I. (2007), S.244

67 Vgl. Ernst, D./ Schneider, S./ Thielen, B. (2010), S.65

68 Vgl. Matschke, M.J/ Brösel, G. (2005), S.559

69 Vgl. Matschke, M.J/ Brösel, G. (2005), S.42

70 Vgl. Seppelfricke, P. (2007), S.62f.; Matschke, M.J/ Brösel, G. (2006), S.559

71 Vgl. Seppelfricke, P. (2007), S.62f.

72 Vgl. Ballwieser, W. (2011), S.150; Matschke, M.J/ Brösel, G. (2006), S.559

73 Vgl. Schultze, W. (2003), S.293

74 Vgl. Matschke, M.J/ Brösel, G. (2005), S.47

75 Vgl. Behringer, S. (2004), S.110; Anwendung des CAPM bleibt problematisch aufgrund z.B. keiner Berück- sichtigung von Transaktionskosten, schnelle Reaktionen auf Renditeänderungen sind nicht möglich aufgrund von unkündbaren Verträgen und Käufersuche etc.

76 Vgl. Behringer, S. (2004), S.110

77 Vgl. Behringer, S. (2004), S.105

78 Vgl. Schacht, U./ Fackler, M. (2005), S.196

79 Vgl. www.controllingportal.de Stichwort: Einführung und Überblick über Cashflow-Berechnungsarten; z.B. Zuschreibung, aktivierte Eigenleistung, periodenfremde und außerordentliche Erträge, etc.

80 Vgl. www.controllingportal.de Stichwort: Einführung und Überblick über Cashflow-Berechnungsarten; z.B. Abschreibung, Einstellung in die Rücklage, periodenfremde und außerordentliche Aufwendungen, etc.

81 Vgl. Seppelfricke, P. (2007), S.44f.

82 Vgl. Behringer, S. (2004), S.111

83 Vgl. Matschke, M.J/ Brösel, G. (2005), S.564; In der Literatur gibt es sehr viele verschiedene Free-Cashflow Ermittlungsschemata.

84 Vgl. Hagenloch, T. (2007), S. 141

85 Vgl. Von Ahsen, H.B./ De Witt, B. (2005), S. 142

86 Vgl. Kruschwitz, L./ Löffler, A./ Essler, W. (2009), S. 95f.

Ende der Leseprobe aus 68 Seiten

Details

Titel
Unternehmensbewertung nach der Entity-Methode
Hochschule
Fachhochschule Worms
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
68
Katalognummer
V206565
ISBN (eBook)
9783656343141
ISBN (Buch)
9783656343721
Dateigröße
1858 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
unternehmensbewertung, entity-methode, berücksichtigung, wacc-ansatzes
Arbeit zitieren
Velda-Tiffany Keiper (Autor:in), 2012, Unternehmensbewertung nach der Entity-Methode, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/206565

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