Waldmehrungspolitik in der Region Leipzig


Tesis de Máster, 2012

118 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Einführung
1.2 Problemstellung und Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit

2 Material und Methoden
2.1 Dokumentenanalyse
2.2 Experteninterviews
2.2.1 Begriff
2.2.2 Auswahl der Interviewpartner
2.2.3 Interviewleitfaden
2.2.4 Durchführung der Interviews.
2.2.5 Auswertung der Interviews
2.3 Daten zur Waldfläche
2.4 Potentialanalyse im Forstbezirk Leipzig

3 Grundlagen und Rahmenbedingungen
3.1 Begriffe
3.2 Waldmehrung - Für und Wider
3.3 Politische Rahmenbedingungen
3.4 Gesetzliche und rechtliche Grundlagen
3.5 Vorgaben der Raumordnung und Landesplanung
3.6 Situation in Sachsen

4 Waldmehrung in der Region Leipzig
4.1 Untersuchungsgebiet
4.1.1 Ballungsraum Leipzig
4.1.2 Südraum Leipzig und Bergbaufolgelandschaft
4.2 Argumente und Motive für mehr Wald in der Region
4.3 Politische und planerische Zielsetzungen
4.4 Instrumente der Waldmehrung
4.4.1 Raum- und Fachpläne
4.4.2 Finanzielle Förderung
4.4.3 Kompensationsmaßnahmen
4.5 Akteure im Waldmehrungsprozess
4.5.1 Träger von Aufforstungen
4.5.2 Flächennutzer
4.5.3 Akteure der Planung
4.5.4 Akteure im Genehmigungsverfahren
4.5.5 Informelle Akteure
4.6 Aufforstungsaktivitäten
4.6.1 Rückblick und Status Quo
4.6.2 Waldverlust durch Waldumwandlung
4.6.3 Waldflächenbilanz und Waldflächenentwicklung
4.6.4 Beitrag der Instrumente

5 Diskussion
5.1 Probleme und Hemmnisse
5.1.1 Flächenverfügbarkeit
5.1.2 Naturschutzfachliche Restriktionen
5.1.3 Verwaltungsstrukturelle Hindernisse
5.1.4 Politische Hemmnisse
5.2 Defizite
5.3 Instrumentenkritik
5.3.1 Raum- und F achplanungen
5.3.2 Erstaufforstung sförderung
5.3.3 Kompensation
5.4 Aufforstungspotential
5.4.1 Kompensationspotential im Forstbezirk Leipzig
5.5 Methodendiskussion

6 Fazit und Ausblick

7 Zusammenfassung

8 Quellenverzeichnis
8.1 Literatur
8.2 Internetquellen
8.3 Gesetze und Richtlinien
8.4 Mündliche und schriftliche Mitteilungen

Anhang 1

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildungen

Abb. 1: ELER-Gebietskulisse "Ökologische Waldmehrung"

Abb. 2: Waldflächenprozente der Gemeinden in Sachsen

Abb. 3: Landkreise und Kreisfreie Städte in Sachsen

Abb. 4: Untersuchungsgebiet: Planungsregion Leipzig-Westsachsen

Abb. 5: Flächennutzungsartenanteile in der Planungsregion Leipzig-Westsachsen

Abb. 6: Ballungsraum Leipzig

Abb. 7: Südraum Leipzig und Bergbaufolgelandschaft

Abb. 8: Ehemalige Forstamtsstruktur in der Planungsregion Westsachsen

Abb. 9: Forstbezirk Leipzig

Abb. 10: Waldmehrungsprojekte der Stiftung Wald für Sachsen

Abb. 11: Grüner Ring Leipzig

Abb. 12: Genehmigte Erstaufforstungen im Landkreis Leipzig und in der Stadt Leipzig

Abb. 13: Flächennutzungsartenanteile in der Stadt Leipzig

Abb. 14: Flächennutzungsartenanteile im Landkreis Nordsachsen

Abb. 15: Flächennutzungsartenanteile im Landkreis Leipzig

Abb. 16: Luftbildsausschnitt des Südraums Leipzig mit "Neuer Harth" im Zentrum

Tabellen

Tab. 1: Waldflächenentwicklung im Untersuchungsgebiet

Tab. 2: Waldflächenentwicklung im Forstbezirk Leipzig

Tab. 3: Waldmehrung im ehemaligen Regierungsbezirk Leipzig 1990 - 2008

Tab. 4: Waldflächenbilanz im Landkreis Nordsachsen 1991 - 2010

Tab. 5: Waldmehrungsplanung im Grünen Ring Leipzig

Tab. 6: Geförderte Erstaufforstungen im Untersuchungsgebiet

Tab. 7: Kompensationsmaßnahmen im Forstbezirk Leipzig

Tab. 8: Interviewpartner

Tab. 9: Waldflächenentwicklung im Forstbezirk Taura

1 Einleitung

1.1 Einführung

Die Gegend um Leipzig stellt sachsenweit die waldärmste Region dar. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass landesweite Pläne und Programme den Schwerpunkt der Waldvermehrung in Sachsen strikt in diese Region lenken, in der mittlerweile seit über 30 Jahren um mehr Wald gerungen wird. Auch die aktuellste Fassung des Landesentwicklungs­plans 2012, gegenwärtig noch als Entwurf vorliegend, verweist auf die Leipziger Region, wenn es darum geht, den im Bundesvergleich unterdurchschnittlichen Waldanteil Sachsens von gegenwärtig 28,5 % auf 30 % der Landesfläche zu erhöhen. Potential wird hierbei vor allem in der sich immer noch in Rekultivierung befindlichen Bergbaufolgelandschaft des Leipziger Südens sowie in der ausgeräumten Agrarlandschaft des ländlich geprägten Raums gesehen. Initiativen und Bestrebungen, den Waldanteil der Region langfristig zu erhöhen, sind tief in der Geschichte verankert und werden von den verschiedensten Akteuren getragen. In den 1970er Jahren waren es die Staatlichen Forstbetriebe, die im Zuge der Sanierung einer devastierten Tagebaulandschaft ausgedehnte Waldgebiete neu entstehen ließen und der Bevölkerung im Ballungsraum Leipzig damit wieder eine attraktive Erholungslandschaft schaffen wollten. Ab Mitte der 90er Jahre ging der Zuwachs neuer Waldgebiete spürbar zurück und beschränkt sich seit dem auf die Aufforstung kleinerer Flächen in Streulagen. Aus der Sicht vieler Forstfachleute wird diese Tatsache als äußerst unbefriedigend eingeschätzt. Mittlerweile besteht dagegen die Vermutung, dass sich der jährliche Waldflächenzuwachs in der Waage mit einem zunehmenden Waldflächenverlust hält und dass das ursprüngliche Ziel der Waldmehrung dem der Erhaltung des vorhandenen Waldes gewichen ist. Aus diesem Grunde haftet der Region um Leipzig zunehmend das Charakteristikum einer planungs­dynamischen Region an, in der in kurzer Zeit Flächennutzungsarten wechseln und Pläne geändert werden. Erschwert wird die Waldvermehrung aber nicht nur durch wirtschaftliche und Gemeinwohlinteressen, sondern vor allem durch naturschutzrechtliche Vorgaben der Europäischen Union, die "runtergebrochen" auf die Regionalebene zu erheblichen Konflikten im Bestreben um mehr Wald führen. Hinzu kommt ein enorm wachsender Flächenverlust, so dass Landwirte der Region zunehmend nicht mehr bereit sind, ihr wertvolles Ackerland für eine Aufforstung bereit zu stellen. Ein eigens dafür konstruiertes, agrarpolitisches Förderinstrument der Europäischen Union, das landwirtschaftliche Flächennutzer zu einer Aufforstung auf ihrem Grund und Boden bewegen und die Waldvermehrung in Sachsen vorantreiben soll, wird kaum in Anspruch genommen.

Die vorliegende Arbeit greift all diese Problemfelder auf, indem sie den aktuellen Stand der Waldmehrung in der Region Leipzig darlegt und die vielfältigen Standpunkte derjenigen Akteure und Entscheidungsträger in Erfahrung bringt, die von der Thematik entscheidend berührt, tagtäglich mit ihr beschäftigt oder gar konfrontiert sind. Der Autor nutzt die Erkenntnisse geführter Experteninterviews, um ein Gesamtbild der Waldmehrungssituation in der Region Leipzig aufzuzeigen, behördliche Entscheidungen zu analysieren und Konfliktfelder verständlich zu machen. Geklärt werden soll die Frage, warum die landespolitischen Ziele der Waldmehrung in der Region nicht in dem Umfang umgesetzt werden, wie von der Landesregierung im Ursprung angedacht.

Des Weiteren werden Instrumente, die es den Akteuren vor Ort ermöglichen sollen, die Waldvermehrung zu realisieren, identifiziert und auf ihre Wirksamkeit hin untersucht. Dabei handelt es sich sowohl um Planungsinstrumente wie den Regionalplan Westsachsen, der die Vorgaben des Landesentwicklungsplans auf Regionsebene konkretisiert als auch um informelle Instrumente wie den Grünen Ring Leipzig, dessen Ursprungsziel es war, ein geschlossenes Waldgebiet um die Großstadt Leipzig zu etablieren.

Waldmehrungspolitik beinhaltet demnach sämtliche politische Bemühungen um die Vermehrung der Waldfläche, die dafür zur Verfügung stehenden Instrumente und die Wechselbeziehungen aller am Prozess der Waldmehrung beteiligten Akteure sowie die damit verbundenen Konflikt- und Problemfelder.

Eine weitere Teilaufgabe der Arbeit besteht darin, die Entwicklung der Waldfläche aufzuzeigen, um die Charakteristik der Region zu verdeutlichen und eine Argumentations­grundlage für mehr Wald in der Region zu liefern.

Letztendlich soll das Potential zukünftiger, für die Waldvermehrung nutzbarer Flächen aufgezeigt und damit verdeutlicht werden, ob es sich bei den politischen Zielen um real verwirklichbare Zielstellungen handelt.

1.2 Problemstellung und Zielsetzung

Das Ökosystem Wald nimmt eine besondere Stellung im Spektrum der existierenden Ökosystemformen ein, da Wald eine Vielzahl verschiedenartiger Leistungen erbringt. Die vorliegende Arbeit soll vor diesem Hintergrund, speziell für die Region Leipzig klären, welche Gründe es gibt, den Waldanteil zu erhöhen, welchen Zweck die Waldvermehrung verfolgt, welche politischen Ziele dafür gesteckt werden und worauf sich diese Zielsetzungen gründen.

Waldmehrung findet auf solchen Flächen statt, die vorher nicht mit Wald bestockt waren. In den überwiegenden Fällen betrifft das landwirtschaftlich genutzte Flächen, deren Bewirtschaftung zum Zweck der Waldmehrung aufgegeben wird. In dieser Tatsache findet sich ein wesentlicher Konfliktpunkt zwischen den Akteuren der Landwirtschaft, die den Boden zur Produktion landwirtschaftlicher Güter nutzen und demjenigen, der Wald auf dieser Fläche etablieren möchte. Dieser Konflikt ist in der Leipziger Region, im Gegensatz zu anderen Gebieten, verschärft, da hier äußerst hochwertige und für die Landwirtschaft sehr ertragreiche Bodenqualitäten vorzufinden sind. Hinzu kommt eine Besonderheit der Region, die im Vorhandensein der Bergbaufolgelandschaft besteht, in der riesige Flächen einer neuen Nutzung, u.a. der forstwirtschaftlichen zugeführt werden. Das stellt auf der einen Seite ein großes Potential zur Anlage neuer Waldflächen dar; auf der anderen Seite wird es eingeschränkt, da eine Vielzahl anderer Nutzer auf diese Flächen drängen. Vor allem der Naturschutz ist hier zu nennen, denn im Zuge der Rekultivierung sind großflächige Offenlandbereiche entstanden, auf denen sich naturschutzfachlich wertvolle Tier- und Pflanzenarten angesiedelt haben, die durch eine Aufforstung vertrieben würden. Demnach ist das Ziel der Waldmehrung mit mehreren Problemen und Hemmnissen konfrontiert, die in der Arbeit identifiziert, analysiert und aus der Sicht verschiedener Akteure dargelegt werden sollen.

Die Politik stellt verschiedene Instrumente zur Verfügung, die mehr oder weniger stark der Unterstützung des Waldmehrungsziels dienen. An erster Stelle ist hier die finanzielle Förderung zu nennen, die es dem Landwirt ermöglichen soll, seine Fläche ohne Ertragseinbußen aufzuforsten. Des Weiteren existieren zahlreiche Planungsinstrumente, die den Akteuren vor Ort eine Entscheidung zur Anlage von Wald im raumordnerischen Sinne erleichtern sollen. Das naturschutzrechtliche Instrument der Eingriffsregelung wird in den vergangenen Jahren verstärkt dafür genutzt, um über Ausgleichs - und Ersatzmaßnahmen Neuaufforstungen vorzunehmen. Auch an dieser Stelle wird der Autor Analysearbeit leisten, indem er die Instrumente, mit denen eine Erstaufforstung in der Leipziger Region herbeigeführt werden kann, identifiziert und dahingehend untersucht, inwieweit sie zur Waldmehrung beitragen.

Aus der Analyse der Waldflächenentwicklung in der Region soll eine Bilanz erstellt werden, aus der hervorgeht, wieviel Wald in den vergangenen Jahren geschaffen wurde. Damit kann zum einen die Zielerreichung eingeschätzt, zum anderen das Potential noch zur Verfügung stehender Aufforstungsflächen hergeleitet werden.

Besonderes Augenmerk wird der Autor bei der Beantwortung dieser Fragestellungen auf die drei wichtigsten beteiligten Akteursgruppen Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Naturschutz legen, da sie den Prozess der Waldmehrung entscheidend beeinflussen und gestalten. Ziel ist es, die Einstellungen und Denkweisen der einzelnen Akteure in Erfahrung zu bringen und erklärend wiederzugeben.

Aus einer umfangreichen Vorstudie zur Thematik wurden folgende Hypothesen erstellt, die im Laufe der Arbeit und unter Zuhilfenahme von Expertenaussagen Überprüfung finden:

- Die Bereitstellung von Flächen zur Erstaufforstung stellt eines der größten Probleme bei der Umsetzung der Waldmehrung in der Region dar.
- Als Hemmnisse für Erstaufforstungen im Leipziger Raum gelten landwirtschaftliches Gegeninteresse sowie naturschutzfachliche Einwände gleichermaßen.
- In der Region Leipzig mangelt es an einem einheitlichen Waldflächenkataster, welches für alle beteiligten Akteure Transparenz und Nachvollziehbarkeit im Prozess der Waldflächendynamik ermöglicht.
- Die Genehmigung einer Erstaufforstung hängt in entscheidendem Maße von den persönlichen Sichten und Fachinteressen der Entscheidungsträger ab.
- Die hohe bis sehr hohe Bodengüte in der Region Leipzig macht die Bereitstellung landwirtschaftlich genutzter Böden zu Gunsten von Wald unattraktiv.
- Der überwiegende Teil an Erstaufforstungen in der Region Leipzig kommt nur über Kompensationsmaßnahmen zustande.

1.3 Aufbau der Arbeit

Im zweiten Kapitel wird das methodische Vorgehen bei der qualitativen und quantitativen Datensammlung erläutert. Dabei wird ausführlich auf die Methode der empirischen Sozialforschung, das Experteninterview und dessen Durchführung eingegangen. Es stellt das Hauptwerkzeug der Datenbeschaffung für die vorliegende Arbeit dar und bedarf deshalb näherer Erläuterung. Das sich anschließende dritte Kapitel soll zum Einstieg in die Thematik der Waldmehrung dienen, in dem Begrifflichkeiten geklärt und Argumente für mehr Wald aufgeführt werden. Außerdem werden die politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen der Waldmehrung in Sachsen erläutert und damit entscheidendes Grundlagenwissen zum Verständnis der darauffolgenden Kapitel vermittelt. Im vierten Kapitel, es stellt den Hauptteil der Arbeit dar, wird die Waldmehrungs situation mit all ihren Bestandteilen in der Region Leipzig erläutert. Der Abgrenzung und Charakterisierung des Untersuchungsgebietes folgt eine Vorstellung regionaler Ziele, die Identifizierung von Instrumenten, und die Vorstellung der Akteure im Waldmehrungsprozess. Daran schließt sich eine Erläuterung bisheriger Aufforstungsaktivitäten und die Darstellung der Waldflächenentwicklung an. Im fünften Kapitel werden die Probleme, Hemmnisse und Defizite für die Waldmehrungssituation in der Region analysiert und diskutiert, die von den Experten benannt wurden. Des Weiteren erfolgt in diesem Kapitel eine Bewertung identifizierter Instrumente, die Einschätzung des zukünftigen Flächenpotentials für Aufforstungen und eine kritische Betrachtung der gewählten Methodik. Die Prüfung der Hypothesen erfolgt nicht explizit an gesonderter Stelle der Arbeit, sondern wird im Rahmen der Situationsschilderung und der Problem­identifizierung vorgenommen. Fazit und Ausblick finden sich im sechsten Kapitel. In diesem Abschnitt werden sowohl Schlußfolgerungen gezogen als auch Empfehlungen gegeben sowie ein Blick in die Zukunft gewagt. Letztendlich werden die zentralen Inhalte der Arbeit im siebten Kapitel zusammengefasst.

2 Material und Methoden

2.1 Dokumentenanalyse

Zur Anfertigung der Masterarbeit wurden zahlreiche Materialien und Dokumente herangezogen. Am Anfang stand eine ausführliche Recherchetätigkeit im Katalog der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), dem WebOPAC. Weiterhin wurde das von der SLUB zur Verfügung stehende Datenbank-Informations system genutzt (DBIS). Die zur Thematik vorliegende Literatur stammt überwiegend aus den frühen 1990er und den 2000er Jahren, in der insbesondere die Erstaufforstungsförderung auf regionaler, bundesweiter und europäischer Ebene beurteilt wird. Weiterhin finden sich Publikationen, die sich mit der Aufforstungsbereitschaft von Grundeigentümern befassen, die Einstellung des Naturschutzes zur Erstaufforstung abhandeln, Umfragen zur Thematik in bestimmten Regionen und auch Aufforstungsplanungen vornehmen. Die auf diesem Wege ausfindig gemachten Expertisen erwiesen sich als äußerst hilfreich, um einen Einstieg in die Thematik zu erlangen, Schwerpunkte zu identifizieren und darin enthaltene Erkenntnisse zur Formulierung von Vorannahmen in der vorliegenden Arbeit zu nutzen. An dieser Stelle seien die Werke von PLOCHMANN & THOROE (1991) sowie VOLZ (1991), die von TRIEBEL (2002) als auch von HÄRTEL et al. (2000) anzuführen.

Ein weiterer Schritt bestand darin, die Archive renommierter Publikationsorgane der Forst- und Agrarzeitschriften gezielt nach der Thematik "Waldmehrung" zu durchsuchen. Aber auch hier ist der Umfang, was aktuelle Beiträge zur Thematik betrifft, relativ überschaubar. Bei den gesichteten Artikeln handelt es sich größtenteils um ältere Beiträge, die sich mit der Waldflächenentwicklung oder der forstlichen Förderung beschäftigen. Fündiger wurde der Autor auf der Suche nach Fachbeiträgen und Tagungsbänden bei sich für Wald einsetzenden Organisationen. Hier ist vor allem die "Stiftung Wald in Not" sowie die "Schutzgemeinschaft Deutscher Wald" zu nennen. Um an Literatur zu gelangen, die sich speziell mit der Region Leipzig, ihrer Geschichte und ihren Eigenheiten befasst, erwies sich die Recherche im Bestand der Umweltbibliothek Leipzig sowie der Bibliothek des Forstbezirkes als besonders nützlich. Hierbei wurden auch einzelne Expertisen, in Form dokumentierter Tagungen zum Thema sowie forstliche Fachplanungen ausfindig gemacht. Des Weiteren sind das Infomagazin der Stiftung Wald für Sachsen, "Waldblick", als auch der zweimal jährlich erscheinende "Waldbote" des Forstbezirks Leipzig anzuführen.

Nicht wissenschaftlich fundiert, aber von politischer Bedeutung, um die Aktualität des Themas vor Ort zu verfolgen, erwiesen sich die Beiträge der Leipziger Volkzeitung. Regelmäßig dokumentiert sie in journalistischer Form Vorhaben und Entwicklungen zur Waldmehrung bzw. Waldinanspruchnahme.

Ein weitere große Rechercheplattform stellt das Internet dar. Diesem wurden Raumordnungs­pläne, Richtlinien, Gesetze, aber auch einzelne Expertisen und Fachbeiträge sowie aktuelles Zahlenmaterial entnommen. Die lange Liste der Internetquellen im Quellenverzeichnis dieser Arbeit ist darauf zurückzuführen, dass einschlägige Materialien öffentlicher Stellen nicht mehr in gedruckter Form, sondern lediglich in digitaler Form zur Verfügung gestellt werden. Außerdem sind die Websites zahlreicher Institutionen und Verbände zu nennen, denen ebenfalls nützliche Informationen, aktuelles Zahlenmaterial und Fachvorträge entnommen werden konnten. An dieser Stelle ist die Homepage der Stiftung Wald für Sachsen, des Grünen Ring Leipzig und die der Lausitzer- und Mitteldeutschen Bergbauverwaltungs­gesellschaft anzuführen (LMBV).

Von entscheidender Bedeutung waren zudem solche Materialien, die dem Autor von Interviewpartnern übergeben wurden. Darunter befanden sich beispielsweise die Braunkohlenpläne aller Tagebaue der Planungsregion Westsachen, die Waldmehrungs­planung für die ehemaligen sächsischen Forstämter sowie Artikel und Fachvorträge, die von einigen Experten selbst verfasst bzw. gehalten wurden.

2.2 Experten interviews

Die wichtigste Form der Informationsbeschaffung und wesentliche Grundlage dieser Arbeit sind Experteninterviews, die vom Autor über einen zweimonatigen Zeitraum geführt worden sind. Deren Ergebnisse tragen in entscheidendem Maße zur Darstellung der Waldmehrungs­situation in der Region Leipzig bei.

2.2.1 Begriff

Unter dem Begriff "Experte" werden zum einen Angehörige einer bestimmten Funktionselite verstanden, die aufgrund ihrer Position über besondere Informationen verfügen. Zum anderen gelten aber auch Menschen, die nicht in herausgehobenen Positionen arbeiten als Experten, wenn sie Teil eines Prozesses sind oder sich auf ein gewisses Fachgebiet spezialisieren und dadurch über so genanntes Expertenwissen verfügen. Beiden Gruppen ist gemein, dass sie über besonderes Wissen verfügen, das sie auf Anfrage weitergeben. Das Experteninterview ist demzufolge ein Interview mit Personen, die aufgrund ihrer Position über Wissen verfügen, das für den Interviewer von besonderer Relevanz ist. GLÄSER und LAUDEL definieren "Experte" und "Experteninterview" wie folgt: " Experte beschreibt die spezifische Rolle des Interviewpartners als Quelle von Spezialwissen über die zu erforschenden sozialen Sachverhalte. Experteninterviews sind eine Methode, die dieses Wissen erschließen" (Gläser & Laudel 2010: 11-12).

Das Experteninterview, eine Form des qualitativen Interviews, ist eine spezielle Methode innerhalb der qualitativen Sozialforschung, die zu einem ganz bestimmten Zweck eingesetzt wird. Demzufolge handelt es sich um Untersuchungen, in denen der Wissenschaftler mittels Interview das Wissen von Experten über einen ihn interessierenden Sachverhalt ermitteln möchte. Wichtig zu betonen ist an dieser Stelle, dass die Experten nicht das Objekt oder den Fokus der Untersuchung darstellen, sondern als "Zeugen" eines Prozesses verstanden werden, der den Interviewer interessiert. Entscheidend bei der Wahl dieser wissenschaftlichen Methode ist daher das Ziel der Untersuchung und der daraus abgeleitete Zweck des Interviews (Gläser & Laudel 2010: 12).

2.2.2 Auswahl der Interviewpartner

Die Auswahl der Interviewpartner erfolgte dahingehend, dass es sich um Personen handeln musste, die am Prozess der Waldvermehrung in der Region entscheidend beteiligt sind. In Betracht kamen sämtliche Akteure, die direkt oder indirekt über eine Erstaufforstung und damit Waldmehrung mit entscheiden, Planungsgrundlagen dazu erarbeiten, die Waldmehrung also unterstützen und sie letztendlich umsetzen. In Betracht kommen auch Personen, die von einer Entscheidung zur Aufforstung in irgendeiner Form betroffen sind, diese Personen verfügen über spezielles Fachwissen, dass vom Autor in Erfahrung zu bringen war. Im vorliegenden Fall gelten als Experten Leiter und Mitarbeiter der Forst-, Naturschutz- und Landwirtschaftsverwaltung genauso wie von Planungsinstitutionen, regionalen Verbänden, und Interessenvertreter. Hinzu kommen Personen, die aufgrund ihrer Verbundenheit zur Region über historisches Wissen verfügen und die Waldmehrung in den Gesamtkontext der vielfältigen Nutzungsinteressen einordnen können. Bei der Auswahl wurde auf ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen den drei Hauptakteursgruppen Forstwirtschaft, Landwirtschaft und Naturschutz geachtet, um alle Seiten in gleichem Maße zu Wort kommen zu lassen.

Gemeinsam mit dem Leiter des Forstbezirkes Leipzig erfolgte eine Vorauswahl der wichtigsten Gesprächspartner in der Region, da deren Identifizierung für Außenstehende und Unbeteiligte als schwierig gilt. Im Laufe der Interviews wurde die Liste der Gesprächspartner nach und nach, im Sinne des "Schneeballprinzips", ergänzt, indem der Autor weitere wichtige, am Prozess der Waldmehrung beteiligte und betroffene Akteure selbst identifizieren konnte oder diese von Gesprächspartnern benannt bekam.

Insgesamt wurden im Rahmen der vorliegenden Masterarbeit 26 Experteninterviews geführt, unter denen sich zwei Interviews befinden, in denen dem Autor zwei Gesprächspartner gegenüber saßen. Die Liste der Gesprächspartner ist der Anlage I des Anhangs zu entnehmen. Da sich der Fokus der Waldmehrungsaktivitäten seit jeher im Ballungs- und Südraum Leipzig befindet, kommt die Mehrheit der Interviewpartner aus diesem Bereich.

2.2.3 Interviewleitfaden

Das Ziel der Interviews bestand darin, sowohl Grundlagen- und Hintergrundinformationen als auch Meinungen und Beweggründe für das Handeln der ausgewählten Gesprächspartner in Erfahrung zu bringen. Im Vordergrund stand die Erhebung qualitativer Daten mittels nichtstandardisierten Interviews, bei denen weder die Fragen des Interviewers noch die Antworten des Interviewpartners standardisiert werden, d.h. exakt gleich sind (Gläser & Laudel 2010: 41). Der Autor entschied sich zur Durchführung sogenannter Leitfaden­interviews, die mit vorgegebenen Themenkomplexen und einer Frageliste, dem Leitfaden arbeiten. Dieser Interviewleitfaden enthält alle Fragen, die im Interview beantwortet werden sollen. Allerdings sind weder die Frageformulierungen noch die Reihenfolge der Fragen verbindlich (Gläser & Laudel 2010: 42).

Im Vorfeld der Konstruktion des Interviewleitfadens war eine umfassende und tiefgründige Dokumentenanalyse nötig, um diejenigen Sachverhalte zu identifizieren, die von entscheidender Bedeutung zur Darstellung der Waldmehrungssituation in der Region sind. Des Weiteren orientierte sich der Autor bei der Formulierung der Interviewfragen an den eingangs formulierten Zielstellungen und Hypothesen, die sich auch in den Themen­komplexen des Leitfadens wiederfinden.

Der Interviewleitfaden, der dem Anhang I dieser Arbeit zu entnehmen ist, enthält 25 - 30 offene Fragen in sechs Themenkomplexen, d.h., Fragen mit freien Antworten, die der Interviewte selbst formulieren musste. Der Leitfaden wurde je nach Art des Fachgebietes des Gesprächspartners stets leicht abgewandelt, so dass sich die Fragen innerhalb der festen Themenkomplexe von Leitfaden zu Leitfaden leicht unterschieden. Lediglich der erste und zweite Komplex, in denen es um den regionalen Stand der Waldmehrung generell ging, wurden unverändert jedem Interviewpartner vorgelegt. Dies erfolgte vor dem Hintergrund, Meinungen und Standpunkte der einzelnen Akteure vergleichbar machen zu können. Mit den sich anschließenden Komplexen unter der Überschrift "Probleme", "Instrumente" und "Politische Rahmenbedingungen" sollte sichergestellt werden, dass alle wichtigen Bestandteile der Thematik in Erfahrung gebracht werden. Der sechste und letzte Komplex des Leitfadens mit der Überschrift "Spezielle Fragen" enthielt solche, die genau auf die Position des jeweiligen Interviewpartners zugeschnitten waren und die nach Recherchen des Autors nur von diesen Experten beantwortet werden konnten.

2.2.4 Durchführung der Interviews

Nach Identifizierung der Experten wurde der Erstkontakt hergestellt. Dies erfolgte in den meisten Fällen per E-Mail, in der sich der Autor selbst vorstellte sowie das Thema und die Zielstellung der Masterarbeit bekannt gab. Außerdem wurde die Art des Interviews erläutert und um einen Termin gebeten. Die Mail enthielt sowohl den Interviewleitfaden als auch zwei Empfehlungsschreiben der Betreuer der Masterarbeit, die eine Zusage des angeschriebenen Experten erleichtern sollte.

Die Mehrheit der angefragten Gesprächspartner erklärte sich zur Durchführung des Experteninterviews bereit. Lediglich zwei Personen konnten aus Gründen politischer oder betriebsinterner Befangenheit keine Zusage machen. Die Gespräche fanden stets in den Räumlichkeiten der Interviewpartner statt. Der Leitfaden hat sich während des Gespräches als äußerst nützlich erwiesen und wurde von allen Gesprächspartnern positiv angenommen. Um das Interview so weit wie möglich an eine natürliche Gesprächssituation anzupassen, konnten Fragen aus dem Leitfaden auch außer der Reihe gestellt und beantwortet werden, wenn sich dies anbot. So kamen mehrere Interviewpartner mitunter selbst auf ein bestimmtes Thema zu sprechen und der Interviewleitfaden wurde eher als eine Richtschnur verstanden, der die unbedingt zu beantwortenden Fragen enthält, was aus sozial-wissenschaftlicher Perspektive absolut legitim ist (Gläser & Laudel 2010: 42).

Durchschnittlich dauerten die Interviews 60 Minuten. Nur zwei Interviews mussten vor dem Hintergrund eines erheblichen Zeitüberzugs abgebrochen werden, ohne dass alle Fragen des Leitfadens abgehandelt werden konnten.

Die Interviews wurden mit einem digitalen Diktiergerät aufgezeichnet und am selbigen Tag transkribiert. Die Mehrheit der Interviewpartner erklärten sich mit der Aufzeichnung einverstanden. Lediglich ein Gesprächspartner konnte nicht überzeugt werden.

2.2.5 Auswertung der Interviews

Das Experteninterview erzeugt ein Interviewprotokoll in Form eines Textes, der die auszuwertenden Rohdaten enthält. Im Gegensatz zu quantitativen Erhebungsmethoden sind diese Texte mit Unschärfen behaftet. So ist beispielsweise lange noch nicht klar, welche für die Untersuchung relevanten Informationen in einem Protokoll enthalten sind. Für die sich anschließende qualitative Auswertungsmethode ergibt sich dadurch das Problem, dass prinzipiell unscharfes Datenmaterial ausgewertet werden muss, das auch schwer interpretierbare, irrelevante und widersprüchliche Informationen enthalten kann (Gläser & Laudel 2010: 43).

In der vorliegenden Arbeit wir die freie Interpretation angewendet, die auch in der Forschungspraxis weit verbreitet ist. Sie stellt eine von mehreren Möglichkeiten dar, Experteninterviews auszuwerten. Aufgrund der schon geschilderten Unregelmäßigkeit des Interviewleitfadens und der starken Heterogenität der Fachdisziplinen der Interviewten konnten andere qualitative Auswertungsverfahren, wie sequenzanalytische Methoden oder die qualitative Inhaltsanalyse nicht angewendet werden (Gläser & Laudel 2010: 43).

Der Autor wird die getätigten Aussagen sinngemäß und komprimiert an entsprechender Stelle dieser Arbeit wiedergeben und damit ein Gesamtbild der Waldmehrungssituation in der Region Leipzig zeichnen. Der Leser erkennt zwar, dass die Aussage im Text auf einen interviewten Experten zurückzuführen ist, kann diesen aber nicht identifizieren, da ein Anonymisierungscode Anwendung findet. Hierbei handelt es sich um eine Buchstaben-Ziffer­Kombination, wobei "A" als Abkürzung für "Anonymus" fungiert, und die sich anschließende Nummer den entsprechenden Experten nach dem Zufallsprinzip verschlüßelt. Die Anonymisierung der Expertenaussagen wird deshalb vorgenommen, weil sich nicht alle Interviewpartner mit dem Zitieren einverstanden erklärt haben und außerdem politische Befindlichkeiten im Rahmen dieses Themas respektiert werden müssen. Demzufolge sind die transkribierten Interviews lediglich im unveröffentlichten Anhang II dieser Arbeit wiederzufinden, der ausschließlich den Betreuern vorbehalten bleibt.

2.3 Daten zur Waldfläche

Neben der Ermittlung qualitativer Aussagen wurden quantitative Daten vom Autor in Erfahrung gebracht, die die Darstellung der Waldmehrungssituation in der Region Leipzig unterstützen sollen. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Zahlenmaterial, das die Waldflächenentwicklung wiederspiegelt und damit als Argumentationsgrundlage für die Notwendigkeit der Waldvermehrung, zur Einschätzung bisheriger Aktivitäten und der Bewertung vorhandener Instrumente genutzt werden kann. Darüber hinaus sollten mengenmäßige Waldflächengewinne und -verluste zur Erstellung einer Waldflächenbilanz herangezogen werden. Die Abfrage solcher Daten und Zahlenreihen erfolgte in den meisten Fällen im Rahmen des Experteninterviews und betraf die entsprechenden Fachbehörden, die nach Annahmen des Autors über derartige Daten verfügen sollten. Ergänzt wurde diese Vorgehensweise durch Anfragen bei überregionalen Institutionen, wie der des Statistischen Landesamtes Sachsen oder des Staatsbetriebes Sachsenforst.

2.4 Potentialanalyse im Forstbezirk Leipzig

Im Rahmen der Bearbeitung des Themas hat der Autor zusätzlich, unter Betreuung des Kompensationsverantwortlichen, eine Flächen- und Potentialanalyse im Forstbezirk Leipzig vorgenommen. Sie fungiert in der vorliegenden Arbeit als Fall- bzw. Praxisbeispiel. Hierbei wurden landeseigene, zum Zwecke der Waldmehrung vorgesehene Landwirtschaftsflächen, die sich im Zuständigkeitsbereich des Forstbezirkes befinden, identifiziert, zusammen­getragen und auf ihre Aufforstungsmöglichkeit hin analysiert. Datengrundlage stellte das forstliche Grundbesitzerverzeichnis dar, dessen Grundstock sämtliche im Forstbezirk befindliche Landesflächen beinhaltet. Die Prüfung der Aufforstungsmöglichkeit erfolgte anhand existierender Fachplanungen, persönlicher Gespräche mit Revierleitern sowie eines geographischen Informationssystems. Geeignete Flurstücke wurden insbesondere auf bestehende rechtliche und naturschutzfachliche Restriktionen, Laufzeiten der Pachtverträge und auf Anschluß der Fläche an vorhandenen Wald hin untersucht. Im Ergebnis entstand ein Potential an aufforstungsfähigen sowie zur sonstigen waldbezogenen Kompensation geeigneten Flächen. Das Ergebnis erlangt durch ein eigens entwickeltes Kategoriensystem Praxisrelevanz.

3 Grundlagen und Rahmenbedingungen

3.1 Begriffe

Waldmehrung, was Vermehrung oder Ausdehnung der Waldfläche bedeutet, kann grundsätzlich auf zwei unterschiedlichen Wegen erfolgen: zum einen durch aktive Aufforstung, zum anderen durch Zulassung einer natürlichen Entwicklung, der Sukzession (Stichmann 2000: 36). In den überwiegenden Fällen erfolgt sie allerdings über gezielte Aufforstung, d.h., die Pflanzung junger Bäume auf Freiflächen. Findet die Aufforstung auf vorher waldfreien Flächen, wie Grünland, Ödland, Abbaugebieten oder landwirtschaftlich genutzten Flächen statt, so spricht man von einer Erstaufforstung oder Neuaufforstung. Das ist auch der Fall, wenn diese Flächen in früherer Zeit durch Rodung dem Wald abgerungen wurden (Stinglwagner et al. 2009: 49). Unter Erstaufforstung wird generell die Bepflanzung einer meist landwirtschaftlich bewirtschafteten Fläche mit Waldbäumen und Sträuchern verstanden (SBS 2012a). Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich um die erstmalige Bestockung einer Grundfläche mit Forstpflanzen, wobei eine gewisse Mindestfläche erreicht werden muss (Endres 2006: 122). KÖPF liefert folgende Definition: Erstaufforstung ist eine Änderung der Bodennutzungsart. Darunter sind Maßnahmen zu verstehen, durch die eine Nichtwaldfläche in eine Waldfläche überführt wird (Köpf 2002: 146). An dieser Stelle muss betont werden, dass Kurzumtriebs- und Weihnachtsbaumplantagen sowie Agroforstsysteme nicht als Wald im Sinne des Gesetzes gelten und demzufolge keinen Beitrag zur Vermehrung der Waldfläche leisten (§2 Abs. 2 BWaldG). Zu differenzieren sind die Begriffe Erst- und Ersatzaufforstung. Bei der Ersatzaufforstung handelt es sich um eine gesetzlich durchzuführende Maßnahme, die nach Waldumwandlung zum Ausgleich nachteiliger Wirkungen für die Schutz- und Erholungsfunktionen des Waldes vorzunehmen ist (§ 8 Abs. 3 SächsWaldG).

Der Begriff "Kompensationsmaßnahme" wird in vorliegender Arbeit des öfteren Verwendung finden. Er ist auf das naturschutzrechtliche Instrument, die "Eingriffsregelung" zurück­zuführen, die im Bundesnaturschutzgesetz sowie im Baugesetzbuch verankert ist (§ 14 BNatschG; § 1a BauGB). Dieses, mittlerweile auch als "Kernstück des modernen Naturschutzrechts" bezeichnete komplexe Instrument verpflichtet den Verursacher eines Eingriffs in Natur und Landschaft, den verbleibenden Schaden an anderer Stelle durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu kompensieren (Berchter 2007: 21). Derartige Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen werden nachfolgend unter dem gebräuchlichen Begriff "Kompensationsmaßnahmen" zusammengefaßt.

3.2 Waldmehrung - Für und Wider

Es gibt zahlreiche Gründe, weshalb einer Vermehrung der Waldfläche besondere Bedeutung zugesprochen wird. Im Folgenden werden einige aus der Literatur stammende Argumente angeführt, die generell bei der Diskussion um eine Vermehrung der Waldfläche oder der Anlage einer Erstaufforstung von Gewicht sind.

Das Ökosystem Wald zeichnet sich im Vergleich zu anderen Formen heutiger Landnutzung durch eine besondere Naturnähe sowie Umweltfreundlichkeit aus und erbringt die vielfältigsten Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen (SDW 1998:1). Neben der allseits bekannten Funktion als Holzlieferant treten zunehmend die Wohlfahrtswirkungen des Waldes und damit seine Bedeutung für die Umwelt in den Vordergrund (Endres 2006: 10). Sie beziehen sich auf den Boden- und Trinkwasserschutz, die Vorbeugung gegen Über­schwemmungen und Lawinen, den Klimaschutz sowie den Arten- und Biotopschutz (Ammer 2000). So stellen Wälder einen wichtigen Lebens- und Rückzugsraum für die heimische Tier- und Pflanzenwelt dar und sind damit ein unverzichtbarer ökologischer Ausgleichsraum gegenüber der intensiv genutzten Kulturlandschaft (SMUL 2011b). Weiterhin tragen sie entscheidend zur Erholung der Bevölkerung bei und erbringen vielfältige sozial-hygienische Leistungen für die Gesellschaft, in der Wald als "Restnatur" heute hohes Ansehen genießt (Härtel et al. 2000: Vorwort; Triebel 2002: 2). Vor allem in waldarmen, überwiegend ebenen, relativ dicht besiedelten Regionen wird Wäldern eine wichtige landeskulturelle Funktion zugesprochen, weshalb eine Waldvermehrung dort von der Allgemeinheit auch besonders erwünscht ist (Huss 2000). Generell wird durch die Anlage neuer Waldflächen eine Bereicherung des Landschaftsbildes und der Landschaftsstruktur erwartet (Ammer 2000). Erstaufforstungen in landwirtschaftlich geprägten Gebieten erbringen mehrere positive Leistungen, die stark mit Ressourcenschutz verbunden sind. Demnach sind Neuanpflanzungen in der Lage, die von einer Intensivlandwirtschaft ausgehenden Belastungen durch Biozideinsatz, Stickstoffüberdüngung, Drainierung und erosionsfördernde Bodenbearbeitung abzumildern. Oberflächenahe Abflüsse, hervorgerufen durch Stark- und Dauerregen, können gedämpft und Böden in Hanglagen stabilisiert werden (Stichmann 2000). In Über­schwemmungsgebieten kann Wald die Strömungsgeschwindigkeit verringern, und damit vor Schäden in Folge eines Hochwasserereignisses schützen (Härtel et al. 2000:10). Letztendlich erzeugen Wälder nachhaltig den wichtigen Rohstoff Holz, sichern damit Arbeitsplätze im ländlichen Raum und stellen einen Wirtschaftsfaktor dar. Sie binden mittel- bis langfristig auch das Treibhausgas Kohlendioxid und können damit aktiv zum Klimaschutz beitragen. Somit stellt die Anlage neuer Wälder nicht nur eine regionale, sondern zunehmend auch eine globale Bedeutung dar (Härtel et al. 2000: Vorwort; Düssel 2000). Demzufolge wird die Neuschaffung von Wäldern seit der Jahrtausendwende vermehrt als Möglichkeit propagiert, einen Beitrag zur Senkung des CO2-Gehaltes der Atmosphäre zu leisten. (Huss 2000).

Auf diese Multifunktionalität legt auch der Naturschutz Wert. Generell erfährt Wald­vermehrung Unterstützung, wenn sie auf intensiv genutzten Landwirtschaftsflächen stattfindet und zur Stabilisierung der ökologischen Situation beiträgt. In Agrarlandschaften wird der Anlage von Feldholzinseln besondere Bedeutung zugesprochen, da diese als Rückzugsraum und Trittsteinbiotope für Pflanzen und Tiere äußerst wertvoll sind. Allerdings ist darin keine Zustimmung zur Aufforstung an jedem Ort und in jeder Form zu verstehen (Stichmann 2000). So gibt es andererseits auch erhebliche Vorbehalte seitens des Natur- und Landschaftsschutzes gegen Aufforstungen. Kritisiert werden Aufforstungen auf landwirtschaftlichen Grenzertragsböden in Gebieten, die ohnehin schon einen hohen Waldanteil aufweisen und auf Flächen, welche aus Biotop- und Artenschutzgründen offen gehalten werden sollen (Plochmann & Thoroe 1991: 3).

Einwände sind auch aus dem Bereich der Landwirtschaft bekannt, die sehr häufig von einer Erstaufforstung betroffen ist. Schon 1991 stellen PLOCHMANN und THOROE fest, dass die Bereitschaft der Landwirte zur Aufforstung gering ist und diesen, vor dem Hintergrund einer Einkommensalternative, wenig attraktiv erscheint. Begründet wird dies mit der langen ertragslosen Zeit zwischen Anlage und Nutzung der Bestände, mit Beschränkungen durch die Forstgesetze und erheblicher Reduktion der Bodenpreise aufgeforsteter Flächen (Plochmann & Thoroe 1991: 2). Vor allem in intensiv landwirtschaftlich genutzten Regionen, das sind vorwiegend die waldarmen Gegenden, ist die Landwirtschaft nur widerwillig bereit, Flächen für Aufforstungen zur Verfügung zu stellen (Plochmann, & Thoroe 1991: 10). Das hängt zunehmend mit einem bundesweit anhaltenden Verlust landwirtschaftlicher Nutzfläche durch flächenbeanspruchende Baumaßnahmen zusammen. Vor allem die Beanspruchung land­wirtschaftlich genutzter Flächen für Kompensationsmaßnahmen bereitet Landwirtschafts­betrieben zunehmend Probleme (Leefken 2006: 4).

An dieser Stelle ist festzuhalten, dass vielfältige Interessen bezüglich der Flächennutzung als Hemmnis der Waldmehrung wirken (Härtel et al. 2000: 2). Vor allem in Ballungsräumen liegt oft eine starke Flächenkonkurrenz vor (Plochmann & Thoroe 1991: 10). Auch wenn die Waldfläche in den letzten Jahren leicht zugenommen hat, sind eine Reihe von Vorbehalten und administrative Hemmnisse für eine Politik der Waldmehrung zu konstatieren, so dass Bemühungen um eine Intensivierung der Erstaufforstung nur teilweise erfolgreich sind (SWN 2000; Köpf 2002: 125)

3.3 Politische Rahmenbedingungen

Den Zielstellungen staatlicher Waldmehrungspolitik ist zu entnehmen, ob und warum neuer Wald benötigt wird. Sie sind ökologischer, ökonomischer, umwelt- oder agrarpolitischer Ausrichtung (Triebel 2002: 2). Auch im neuesten Entwurf des Landesentwicklungsplanes (LEP) 2012, der die dritte Generation darstellt, hat sich der Freistaat Sachsen das Ziel gesetzt, den Waldanteil von derzeit 28,5 % auf 30 % zu erhöhen, was einer Aufforstungsfläche von rund 30.000 ha entspricht. Diese landespolitische Willenserklärung hat sich damit über Jahrzehnte nicht verändert. Schon im ersten sächsischen LEP von 1994, damals lag der Waldanteil noch bei 27 %, ist dieses Ziel verankert (SMI 2012). Die dadurch verdeutlichte Notwendigkeit der Maßnahme fußt auf der Tatsache, dass Sachsen im bundesweiten Vergleich als waldarmes Bundesland gilt (Härtel et al. 2000: 3). Die Waldmehrung zielt besonders auf die positiven ökologischen Wirkungen des Waldes ab, weshalb die Erhöhung des Waldanteils in ausgeräumten Agrarlandschaften und den Bergbaufolgelandschaften besonders fokussiert wird. Hinzu kommt eine unausgewogene Waldverteilung innerhalb des Landes. Außerdem soll durch die Neubegründung von Wäldern eine Anpassung an den Klimawandel, an Biodiversität und an die Sicherung der Funktionalität der Kulturlandschaft Rechung getragen werden, so der sächsische Landtag (SMI 2012). Weiterhin weist Sachsen eine relativ hohe Siedlungsdichte auf, die vielfältige und umfangreiche Leistungserwartungen der Menschen an die bestehenden und zukünftigen Wälder mit sich bringt (Härtel et al. 2000: 3).

Vor allem die Fachregierungserklärung des damaligen Staatsministers für Umwelt und Landwirtschaft, Steffen Flath, aus dem Jahre 2002 verdeutlicht das besondere politische Anliegen Sachsens, den Waldanteil zu erhöhen. Unter dem Titel "Eine moderne Forstpolitik für Sachsens Wälder" wird das forstpolitische Ziel, den Waldanteil auf 30 % zu erhöhen, an erste Stelle gesetzt. Neben der verstärkt angestrebten Aufforstung in Hochwasserentstehungs­gebieten der Mittelgebirge wird auch der Leipziger Region oberste Priorität zugesprochen (SMUL 2002: 10).

Der Anspruch, politische Ziele zu verwirklichen, wirft zwangsläufig die Frage auf, inwieweit und mit welchen Mitteln es möglich ist, Vorgaben staatlicher Politik erfolgreich umzusetzen (Härtel et al. 2000: 4). Die Waldmehrung wird im Freistaat Sachsen finanziell unterstützt. Von ihr wird ein positiver Effekt auf die Waldflächenausdehnung und die damit einhergehenden ökologischen und ökonomischen Funktionen des Waldes erwartet (SMUL 2011b). Die Förderung basiert im Wesentlichen auf der Umsetzung der "Verordnung zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds" (VO (EG) 1658/2005, ELER - VO), die den Rechtsrahmen für die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums als zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik für den Zeitraum 2007 bis 2013 festlegt. Der Europäische Landwirtschaftsfonds zur Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER) ist das zentrale Finanzierungsinstrument der EU in den Bereichen Landwirtschaft und ländlicher Raum (SMUL 2012a). Die Umsetzung der ELER-Verordnung auf Landesebene erfolgt über "regionale Entwicklungsprogramme", in denen die förderfähigen Maßnahmen, ihre Ausgestaltung und Mittelverteilung konkret festgelegt werden (Nölting 2006). In Anlehnung an den ELER enthält das sächsische Entwicklungsprogramm vier finanzielle Kernbereiche bzw. Schwerpunkte, in denen verschiedene Ziele aufgeführt sind, die mittels Förderung verwirklicht werden sollen. Unter dem Schwerpunkt II "Verbesserung der Umwelt und Landschaft" sind die für die vorliegende Thematik relevanten Maßnahmen "Erstaufforstung landwirtschaftlicher Flächen" sowie "Erstaufforstung nichtlandwirtschaftlicher Flächen" zu finden (SMUL 2011a). Deren Finanzierung erfolgt zu 80 % aus Mitteln des ELER; im Übrigen aus Mitteln des Haushaltes des Freistaates Sachsen (A14).

Die Förderung der Erstaufforstung landwirtschaftlicher Flächen besteht aus drei Säulen. Zum einen erfolgt sie als Erstaufforstungsinvestition, die dem Antragsteller im Rahmen einer Projektförderung als Anteilsfinanzierung gewährt wird. Diese einmalige Zuwendung beträgt 70 % der förderfähigen Ausgaben, worunter die Kulturbegründung mit all ihren notwendigen Arbeitsschritten fällt (Saat/Pflanzung, Kulturvorbereitung, Waldrandgestaltung, Zäunung). Des Weiteren wird eine Kultursicherungsprämie zur Pflege der Kultur für einen Zeitraum von 5 Jahren gewährt, die sich auf eine Höhe von 300 € pro Hektar und Jahr beläuft. Die dritte Säule wird Einkommensverlustprämie genannt. Hierbei handelt es sich um eine jährliche Prämie, welche die aufforstungsbedingten Einkommensverluste des Flächenbesitzers ausgleichen soll und über einen Zeitraum von 15 Jahren gezahlt wird. Diese bewegt sich je nach Art der Rechts subjekte (Antragsteller) zwischen 150 und 625 € je Hektar und Jahr. Vorraussetzung der Inanspruchnahme der Förderung sind das Vorliegen einer Erstaufforstungsgenehmigung, die Tatsache, dass der Zuwendungsempfänger Eigentümer oder Besitzer der Fläche ist, dass die Aufforstung mit standortgerechten Baumarten erfolgt und Vorgaben des sächsischen Waldgesetzes eingehalten werden. Als besonders entscheidend gilt allerdings die Tatsache, dass sich die geplante Erstaufforstungsfläche innerhalb der definierten Gebietskulisse "Ökologische Waldmehrung" befinden muss, die in der folgenden Abbildung dargestellt ist. Demnach ist die Erstaufforstung bisher landwirtschaftlich genutzter Flächen nur förderfähig, sobald sich diese innerhalb einer definierten Abgrenzung (Feldblock) befindet, die im Durchschnit eine Landwirtschaftliche Vergleichszahl (LVZ) gleich oder weniger als 45 aufweist, oder die Fläche in der Bergbaufolgelandschaft liegt (RL AuW 2007).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: ELER-Gebietskulisse "Ökologische Waldmehrung" Quelle: SMUL 2011b, modifiziert

Die in der Abbildung I rot unterlegten Flächen wiederspiegeln die förderfähigen Feldblöcke in Sachsen. Graue Flächen sind nicht förderfähig. Bei den weißen Flächen handelt es sich um nicht landwirtschaftlich genutzte Bereiche (Wald, Siedlung usw.). Zu beachten ist, dass die Karte keine Darstellung der Bergbaufolgelandschaft beinhaltet. Zur Gebietskulisse gehören neben der Bergbaufolgelandschaft schadstoffbelastete Böden, Hochwasserentstehungs- und Überschwemmungsgebiete sowie Bereiche in denen der Wald eine besondere Klimaschutz­funktion übernimmt (SMUL 2011b; RL AuW 2007).

Die zweite vom Entwicklungsprogramm aufgeführte Fördermaßnahme betrifft die Erstaufforstung nichtlandwirtschaftlicher Flächen. Dazu zählen ehemalige Militärobjekte und Industriebrachen. Im Gegensatz zur Erstaufforstung landwirtschaftlicher Flächen wird bei dieser Maßnahme lediglich die Erstaufforstungsinvestition gewährt, also die Anlegungskosten. Diese Maßnahme ist im gesamten Freistaat, d.h., landesweit förderfähig (SMUL 2011b; RL AuW 2007).

Die konkrete Umsetzung des Entwicklungsprogramms erfolgt in Sachsen über die Förderrichtlinie "Agrarumweltmaßnahmen und Waldmehrung (AuW/2007)". Hier sind die beschriebenen Maßnahmen im Teil B "ökologische Waldmehrung (ÖW)" rechtskräftig festgeschrieben. Verantwortlich für die Annahme und Bearbeitung der Förderanträge sind die zuständigen Außenstellen des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG). An dieser Stelle ist zu betonen, dass Bund, Land, regionale Gebiets­körperschaften, sowie öffentliche Unternehmen generell von der Förderung ausgeschlossen sind (SMUL 2011b; RL AuW/2007).

3.4 Gesetzliche und rechtliche Grundlagen

Waldmehrungszielsetzungen haben nicht nur politische, sondern auch eine rechtliche Begründung. Schon im Paragraph 1 des Bundeswaldgesetzes, in welchem der Zweck dieses Gesetzes formuliert ist, wird dass Ziel der Waldmehrung angeführt. Aufgrund seiner Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen ist der Wald nicht nur zu erhalten, sondern erforderlichenfalls auch zu mehren (§ 1 Abs. 1 BWaldG). Demnach ist die Anlage von Wald grundsätzlich als positiv anzusehen und nach dem Ansinnen des Gesetzgebers ausdrücklich erwünscht. Eine Verpflichtung besteht aber nicht.

Um willkürlichen Waldbegründungen und einer damit verbundenen Fehlentwicklung entgegenzuwirken, nahm der Gesetzgeber mit der Aufnahme einer Genehmigungspflicht von Aufforstungen in das Bundeswaldgesetz seine raumordnerischen Interessen sowie seine Rolle als Vermittler zwischen gegensätzlichen Nutzungsinteressen wahr (Triebel 2002: 1). Nach § 10 Abs. 1 des Gesetzes bedarf die Erstaufforstung von Flächen einer Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde. In Sachsen erfordert die Aufforstung nicht forstlich genutzter Grundstücke im Interesse einer ökologisch ausgewogenen Landschaftsgestaltung der Genehmigung durch die untere Landwirtschaftsbehörde. Diese entscheidet nach Anhörung der Gemeinde und im Benehmen mit der unteren Forst- sowie Naturschutzbehörde, soweit nicht nach anderen Vorschriften eine weitergehende Beteiligung vorgeschrieben ist. Eine Erstaufforstung ist grundsätzlich zulässig. Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn Ziele der Raumordnung oder zwingende Vorschriften des Naturschutzrechts entgegenstehen, die Aufforstung der Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht oder die Ertragsfähigkeit benachbarter Grundstücke erheblich beeinträchtigt würde (§ 10 SächsWaldG). Zwingende Gründe des Naturschutzrechts, die im Zweifelsfall gegen eine geplante Aufforstung sprechen, liegen dann vor, wenn gesetzlich geschützte Biotope nach § 30 oder besonders geschützte Tier- und Pflanzenarten nach § 44 des Bundesnaturschutz­gesetzes berührt bzw. beeinträchtigt würden. Diese Vorschriften erfahren durch Übernahme ins sächsische Naturschutzgesetz entsprechend Anwendung auf Landesrecht (§ 25 und § 26 SächsNatSchG). Des weiteren sind die Vorschriften und Verordnungen verschiedener Schutzgebiete zu beachten, deren Kategorien im vierten Kapitel des Bundesnaturschutzgesetzes aufgeführt sind. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens muss anhand verschiedener Kriterien geprüft werden, ob die Aufforstung mit den jeweiligen Vorgaben in Einklang gebracht werden kann (Plochmann & Thoroe 1991: 13). Von entscheidender Bedeutung ist das Schutzgebietssystem "Natura 2000", welches sich aus den besonderen Erhaltungsgebieten der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und den besonderen Schutzgebieten der Vogelschutzrichtlinie zusammensetzt. Es handelt sich um ein umfassendes rechtliches Instrumentarium zum Lebensraum- und Artenschutz in der Europäischen Union und fand 1998 Umsetzung in nationales Recht (BfN 2012). Alle Veränderungen und Störungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen können, sind demnach unzulässig ( § 33 Abs. 1 BNatSchG).

Darüber hinaus muss die Naturschutzbehörde im Rahmen ihrer Beteiligung abklären, ob die Erstaufforstung einen Eingriffstatbestand in Natur und Landschaft darstellt. Als Eingriff gelten Veränderungen der Gestalt oder der Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können (§ 8 Abs. 1 SächsNatSchG). Kommt es zu unvermeidbaren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft, ist der Verursacher verpflichtet, diese durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder in sonstiger Weise zu kompensieren (Ersatzmaßnahmen) (§ 9 Abs. 2 SächsNatSchG). In solchen Fällen wird die Aufforstung nur als zulässig erklärt, wenn für die betroffenen Arten oder Biotope an anderer Stelle ein Ausgleich erbracht werden kann. Die Eingriffsregelung ist im Prozess der Waldmehrung aber auch anderweitig von entscheidender Bedeutung. Demnach werden Erstaufforstungen zunehmend dafür genutzt, um Eingriffe in Natur und Landschaft, die verschiedenster Art sein und unterschiedliche Naturgüter betreffen können, auszugleichen bzw. zu ersetzen. Hier wird die Aufforstung als Kompensationsmaßnahme durchgeführt, die meist von Bauträgern umgesetzt werden muss, um die verloren gegangene Funktionalität von Natur und Landschaft an anderer Stelle wiederherzustellen (§ 9 SächsNatSchG).

3.5 Vorgaben der Raumordnung und Landesplanung

Raumordnung als überörtliche Planung bezeichnet die bestehende räumliche Ordnung eines Gebietes. In ihr werden Leitvorstellungen für die anzustrebende Entwicklung des Raumes erarbeitet. Die Raumordnung steht im Spannungsverhältnis zwischen kurzfristig orientierten Nutzungsabsichten von Kommunen, Unternehmen und Bürgern einerseits und den Anforderungen an eine nachhaltige Raumentwicklung andererseits. Daher ist es ihre wesentliche Aufgabe, zwischen Einzel- und Allgemeininteressen, zwischen kurzfristigen Nutzungsabsichten und der langfristigen Sicherung von Ressourcen und Raumfunktionen abzuwägen. Raumordnung und Raumplanung haben den Auftrag der Koordination unterschiedlicher Ansprüche an den Raum mit dem Ziel, einen Ausgleich für unterschiedliche Interessen zu schaffen (Weiland & Wohlleber-Feller 2007: 34). Bei der Raumplanung handelt es sich um ein System rechtlich, organisatorisch und inhaltlich voneinander abgegrenzter Planungsebenen bzw. Planungsträger (Bund - Land - Region - Gemeinde), die sich wechselseitig beeinflussen und durch vielfältige Informations-, Beteiligungs- und Abstimmungsnormen miteinander vernetzt sind (Weiland & Wohlleber-Feller 2007: 20). Gemäß § 8 Abs. 1 Raumordnungsgesetz (ROG) sind die Bundesländer verpflichtet, sowohl ein Raumordnungsplan für das gesamte Landesgebiet (Landesentwicklungsplan), als auch Raumordnungspläne entsprechend der Teilräume des Landes aufzustellen (Regionalpläne). Die Inhalte, Anforderungen und Verfahrensvorschriften zur Aufstellung der Pläne sind im Raumordnungsgesetz des Bundes sowie im Landesplanungsgesetz geregelt. Nach dem sächsischen Landesplanungsgesetz sind der Gesamtraum des Freistaates und seine Teilräume im Sinne der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung durch zusammenfassende überörtliche und fachübergreifende Raumordnungspläne einschließlich ihrer Verwirklichung zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 SächsLPlG). Für die Aufstellung des Landesentwicklungsplanes (LEP) Sachsen ist das Sächsische Staatsministerium des Innern, als oberste Raumordnungs- und Landesplanungsbehörde, zuständig. Der gegenwärtig als Rechtsverordnung gültige LEP 2003 ist auf einen Zeitraum von 10 Jahren ausgerichtet (SMI 2010: 23). Der Landesentwicklungsplan ist das fachübergreifende landesplanerische Gesamtkonzept zur räumlichen Ordnung und Entwicklung des Freistaates, der auf der Grundlage einer Bewertung von Natur und Landschaft sowie der Raumentwicklung beruht. Seine wesentliche Aufgabe ist es, die Nutzungsansprüche an den Raum in vertikaler (Land - Region - Gemeinde) als auch in horizontaler Richtung (Fachpolitiken) zu koordinieren und auf sozial ausgewogene sowie ökologisch und ökonomisch funktionsfähige Raum- und Siedlungsstrukturen hinzuwirken (SMI 2003: 1). Er enthält landesweit wichtige Festlegungen zur Siedlungs-, Freiraum- und Infrastruktur sowie zu speziellen Gebieten als sogenannte Ziele und Grundsätze der Raumordnung, die als "Handlungsaufträge" an die Träger der Regionalplanung zu verstehen sind (§ 8 ROG; § 3 SächsLPIG). Als Ziele gelten verbindliche Vorgaben zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, die von öffentlichen Stellen bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten sind. Hingegen handelt es sich bei den Grundsätzen um allgemeine Aussagen, die lediglich zu berücksichtigen sind (SMI 2003: 1). Neben den Festlegungen zur Raumstruktur werden im Plan außerdem Gebiete festgelegt, mit denen eine Priorisierung bestimmter Nutzungen erfolgt (Weiland & Wohlleber- Feller 2007: 57). Vorranggebiete sind für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen und schließen andere Nutzungen in diesem Gebiet aus, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen, Zielen oder Nutzungen der Raumordnung nicht vereinbar sind. In Vorbehaltsgebieten soll bestimmten, raumbedeutsamen Nutzungen bei der Abwägung mit konkurrierenden Nutzungen besonderes Gewicht beigemessen werden. Vorranggebiete gelten als "Ziele der Raumordung", bei Vorbehaltsgebieten handelt es sich um "Grundsätze der Raumordnung" (SMI 2003: 1).

Gemäß dem Ziel 9.4 des LEP ist der Waldanteil in Sachsen auf 30 % zu erhöhen. Dafür sind in den Regionalplänen Vorrang- und Vorbehaltsgebiete "Waldmehrung" auszuweisen, die sich an einer vorgegebenen Gebietskulisse orientieren sollen. Diese Kulisse zeigt landesweite Schwerpunkte der Waldmehrung grob auf, die in den Regionalplänen konkretisiert und ergänzt werden sollen (SMI 2003: 75). Vorgaben macht der LEP dahingehend, dass er Gebiete benennt, die für Aufforstungsmaßnahmen in Betracht kommen. Dabei handelt es sich um Bergbaufolgelandschaften, waldarme Regionen, Gebiete in denen Wald eine besondere Hochwasser- oder Bodenschutzfunktion hat, oder deren Böden stark erosionsgefährdet sind. An dieser Stelle ist festzustellen, dass die Region Leipzig wie kaum eine andere über diese Gegebenheiten verfügt. So schenkt der LEP einer möglichst umfassenden Bewaldung der Kippenflächen in der Region Leipzig besondere Beachtung. Dies erfolgt vor dem Hintergrund der Standortattraktivität dieses Verdichtungsraums, sowie der Ausbildung raumwirksamer Ausgleichsfunktionen durch den entstehenden Wald (SMI 2003: 76).

Alle untergeordneten räumlichen Planungen sind an den Festlegungen des LEP auszurichten. Als übergeordneter Gesamtplan enthält er allerdings keine parzellenscharfen Festlegungen. Der Auftrag der zeichnerischen Festlegung von Zielen und Grundsätzen zu entsprechenden Gebieten kommt daher der Regionalplanung zu. Damit wird gesichert, dass eine sachgerechte Entscheidung über die Raumnutzung und Regionalentwicklung in der Region selbst getroffen wird (SMI 2003: 2).

3.6 Situation in Sachsen

Mit einem Anteil von 55 % an der Gesamtfläche stellt die Landwirtschaft die dominierende Flächennutzungsart in Sachsen dar (SMI 2010: 68). Auffällig ist ein hoher Pachtflächenanteil von 86 % d.h., die Mehrheit der Landwirte bewirtschaftet Land, welches sich nicht in ihrem Eigentum befindet. Als Problem ist der anhaltende Entzug landwirtschaftlicher Nutzfläche zugunsten von Siedlungs- und Verkehrsflächen zu nennen, welcher sich voranging auf die Verdichtungsräume der Städte konzentriert (SMI 2010: 143). Siedlungs- und Verkehrsflächen haben in den letzten Jahren einen stetigen Zuwachs erfahren. Die tägliche Flächen­neuinanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrsflächen liegt in Sachsen bei ca. 8 ha pro Tag. Die höchsten Zuwächse treten hierbei im Landkreis Leipzig sowie in den Kreisfreien Städten Leipzig und Chemnitz auf. Landesweit nehmen Siedlungs- und Verkehrsflächen rund 12 % ein (SMI 2010: 68). Wald hat in Sachsen einen Anteil von 28,5 % an der Landesfläche und liegt damit unter dem bundesweiten Durchschnitt von 31 %. Lediglich 0,12 ha Wald stehen pro Einwohner zur Verfügung. Waldreichster Landkreis mit 45 % ist der Erzgebirgskreis, die geringsten Waldanteile haben der Landkreis Meißen mit ca. 13 % und Leipzig mit 14 %. Selbst die Städte Dresden und Chemnitz haben mit 22 % und 15 % größere Waldanteile (SMI 2010b: 68). Die folgende Abbildung 2 ermöglicht einen Überblick, indem die Waldflächenanteile sächsischer Gemeinden aufgezeigt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Waldflächenprozente der Gemeinden in Sachsen Quelle: AFC et al. 2010b, modifiziert

An dieser Stelle ist zu bemerken, dass die Waldflächenbilanz der vergangenen Jahre insgesamt positiv ausfällt. So stieg die Waldfläche allein im Zeitrum 2007 bis 2012 von 518.325 ha um 5.457 ha auf 523.782 ha (SBS 2012b). Zuwächse wurden vor allem durch Rekultivierungsmaßnahmen erreicht. Als Hauptverursacher für Waldflächen verluste ist der Bergbau zu nennen (SMUL 2011b: 67). Der sächsische Wald besteht zu 46 % aus Privat- und zu ca. 39 % aus Landeswald, womit der Freistaat den größten Forstbetrieb des Landes darstellt. Die forstbehördliche Struktur in Sachsen ist dreistufig aufgebaut: Die Oberste Forstbehörde ist das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft. Bei der oberen Forstbehörde handelt es sich um den Staatsbetrieb Sachsenforst, welcher aus einer Geschäftsleitung und 12 dezentralen Forstbezirken besteht. Sie sind für die Beratung und Betreuung des privaten Waldbesitzes, sowie die Bewirtschaftung und Verwaltung des Landeswaldes zuständig. Als untere Forstbehörde fungieren die Landkreise und Kreisfreien Städte, welche in ihrem Verwaltungsbereich für die hoheitlichen Aufgaben, d.h., die Vollzugsaufgaben nach dem sächsischen Waldgesetz zuständig sind (Braun & Eller 2009).

Mit dem Ziel der Modernisierung der öffentlichen Verwaltung fand im Jahr 2008 eine landesweite Kreisgebiets- und Funktionalreform statt, die die größte Veränderung der sächsischen Verwaltungslandschaft seit 1990 darstellt (SMI 2010: 3). Da sich die Auswirkungen dieser Verwaltungsreform durch veränderte Gebietsstrukturen und Aufgaben­wahrnehmung der Landkreise und Kreisfreien Städte auch in der Umsetzung der politischen Waldmehrungsziele in den Regionen wiederspiegeln, ist ihre Erwähnung notwendig. Die damit einhergehende Übertragung staatlicher Aufgaben auf die Kommunen, die den Einfluss der kommunalen Ebene stärken sollte, war unmittelbar mit der Schaffung größerer Landkreise verbunden. Im Ergebnis der Kreisgebietsreform wurde die Zahl der Landkreise von 22 auf zehn und die Zahl der Kreisfreien Städte von sieben auf drei reduziert. Hauptbestandteile der Funktionalreform war die Kommunalisierung von Aufgaben, d.h. die Übertragung staatlicher Aufgaben auf die kommunale Ebene, und die Aufgabenbündelung. Von der Kommunalisierung waren u.a. die Ämter für Landwirtschaft und der Staatsbetrieb Sachsenforst betroffen. Mit dem Ziel der Bündelung von Aufgaben wurde u.a. das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie neu geschaffen (SMI 2010: 20).

[...]

Final del extracto de 118 páginas

Detalles

Título
Waldmehrungspolitik in der Region Leipzig
Universidad
Dresden Technical University  (Forstpolitik)
Calificación
1,3
Autor
Año
2012
Páginas
118
No. de catálogo
V207997
ISBN (Ebook)
9783656353898
Tamaño de fichero
7475 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
waldmehrungspolitik, region, leipzig
Citar trabajo
Hermann Schneider (Autor), 2012, Waldmehrungspolitik in der Region Leipzig, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207997

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