Der Schwangerschaftsabbruch ist ein gesellschaftlich kontrovers diskutiertes Thema, ethisch-moralische, medizinisch-biologische und juristische Argumente treffen in teils erbittert geführten Auseinandersetzungen aufeinander, die Grundfragen menschlicher Existenz berühren. Zentrale Konfliktfelder ergeben sich hinsichtlich der Fragen, inwieweit der Schwangerschaftsabbruch ein Feld gesellschaftlicher Regulierung ist bzw. sein soll, sowie nach der Ausgestaltung dieser Regulierung. Normkonfikte im Kontext von Schwangerschaftsabbrüchen spiegeln sich daher insbesondere hinsichtlich der strafgesetzlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch und deren historischer Entwicklung wider. Die Untersuchung der Debatte um Inhalt und Ausgestaltung dieser Gesetze ermöglicht dann eine Analyse dieser Normkonflikte.
Nach langjähriger Debatte hat der Bundestag am 13. Mai 2009 das Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes beschlossen, das am 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist und in der Hauptsache auf eine Verbesserung der Auflärung, Information und psycho-sozialen Beratung der Schwangeren zielt, indem die beteiligten Ärzte zu umfangreicher Beratung verpflichtet werden und eine obligatorische Bedenkzeit von drei Tagen zwischen Diagnose bzw. Beratung und der Ausstellung der Indikation normiert wird.
Im Rahmen des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens sind drei fraktionsübergreifende Gesetzentwürfe zusammengeführt worden, die im Rahmen dieser Arbeit in das Zentrum der Betrachtungen gestellt werden. Das Erkenntnisinteresse richtet sich dabei auf die den Gesetzentwürfen zugrunde liegenden Normvorstellungen: Welche Verhaltensregeln werden in den Gesetzentwürfen aufgestellt? Welche Normen bilden den orientierenden Maßstab? Welche Ziele werden mit den Gesetzentwürfen angestrebt? In welcher Weise wird mit dem Normkonfikt hinsichtlich der kollidierenden Rechtsgüter des ungeborenen Lebens und der Schwangeren umgegangen? In der Gegenüberstellung der ursprünglichen Entwürfe und der beschlossenen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes hinsichtlich der Abwägung der Rechtsgüter der Schwangeren und des ungeborenen Lebens kann der damit verbundene Normkonflikt in seiner gegenwärtigen Form analysiert werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Problemaufriss
- Fragestellung, Vorgehensweise
- Begriffliche Abgrenzung Schwangerschaftsspätabbruch
- Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes
- Parlamentarische Initiativen
- Ziele, Inhalt der Gesetzesänderung
- Normvorstellungen im Kontext der Gesetzentwürfe
- Rechtsnormen als Verhaltensregeln – das Normenquadrat
- Gesetzentwurf der Abgeordneten Griese et al. (BT-Drs. 16/11347)
- Ziele, Inhalt, Normvorstellungen
- Verhaltensregeln für die Schwangere und die beteiligten Ärzte
- Gesetzentwurf der Abgeordneten Singhammer et al. (BT-Drs. 16/11106)
- Ziele, Inhalt, Normvorstellungen
- Verhaltensregeln für die Schwangere und die beteiligten Ärzte
- Gesetzentwurf der Abgeordneten Lenke et al. (BT-Drs. 16/11330)
- Ziele, Inhalt, Normvorstellungen
- Verhaltensregeln für die Schwangere und die beteiligten Ärzte
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Normkonflikte im Kontext von Schwangerschaftsspätabbrüchen, insbesondere im Hinblick auf die Gesetzesänderungen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes. Die Arbeit analysiert die verschiedenen parlamentarischen Initiativen, deren Ziele und Inhalte sowie die darin implizierten Normvorstellungen.
- Die Entwicklung und Regulierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland.
- Die unterschiedlichen Normvorstellungen der verschiedenen Gesetzentwürfe.
- Die Bedeutung der medizinisch-sozialen Indikation im Kontext von Schwangerschaftsspätabbrüchen.
- Die ethisch-moralischen und juristischen Konflikte im Zusammenhang mit Schwangerschaftsspätabbrüchen.
- Die Auswirkungen der Gesetzesänderungen auf die Praxis von Schwangerschaftsabbrüchen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Normkonflikte im Kontext von Schwangerschaftsspätabbrüchen ein und skizziert die Problematik der Gesetzgebung in diesem Bereich. Die Untersuchung konzentriert sich auf die Reform des Schwangerschaftskonfliktgesetzes von 1995 und deren Auswirkungen auf die strafrechtlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch. Die Arbeit erläutert die unterschiedlichen Normvorstellungen in den verschiedenen parlamentarischen Initiativen, die die Gesetzesänderung zum Ziel hatten, und analysiert die Folgen dieser Normvorstellungen für das Verhalten von Schwangeren und Ärzten.
Schlüsselwörter
Schwangerschaftsspätabbruch, Normkonflikte, Schwangerschaftskonfliktgesetz, Rechtsnormen, Verhaltensregeln, Indikationsregelung, Fristenregelung, medizinisch-soziale Indikation, embryopathische Indikation, Ethik, Moral, Recht, Medizin, Gesellschaft, Politik.
- Quote paper
- Marco Ferchland (Author), 2010, Normkonflikte im Kontext von Schwangerschaftsspätabbrüchen: Das Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/211149