Zur Fraktionsbildung im Reich während der letzten Jahre Kaiser Friedrichs II. (1241 - 1250)


Bachelor Thesis, 2010

45 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der Begriff Fraktion
2.1 Die Entwicklung von Fraktionen
2.2 Allgemeine Strukturen von Fraktionen

3 Geistliche Reichsfürsten im Streit zwischen Kaiser und Papst – die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier
3.1 Die Ambitionen des Erzbischofs von Mainz
3.1.1 Wechsel auf die Seite des Papstes
3.1.2 Der militärische und politische Kampf nach dem Seitenwechsel
3.2 Konrad I. von Hochstaden
3.2.1 Wahl zum Bischof und Annäherung an Siegfried III
3.2.2 Opposition gegen die Staufer und die niederrheinischen Fürsten
3.3 Der Fraktionswechsel des Erzbistums Trier
3.3.1 Erzbischof Dietrich II. und seine Nachfolge
3.3.2 Die Sicherung und Erweiterung des Erzbistums Trier unter Arnold II

4 Weltliche Reichsfürsten im Zwiespalt zwischen Kirche und Reich - Heinrich Raspe und Otto von Bayern
4.1 Heinrich Raspe - Einer der mächtigsten Fürsten des Reiches
4.1.1 Herrschaftsantritt und mehrfache Fraktionswechsel
4.1.2 Die Königswahl von 1246
4.1.3 Die Königsherrschaft Heinrich Raspes
4.2 Otto von Bayern
4.2.1 Herrschaftsantritt und Konflikte mit den Staufern
4.2.2 Wechsel von der päpstlichen in die kaiserliche Fraktion
4.2.3 Kampf auf der Seite der Staufer

5 Regensburg im Spannungsfeld zwischen Landesherren und Kaiser
5.1 Die Erhebung Regensburgs zur Freien Reichsstadt
5.2 Verteidigung der Unabhängigkeit und Frieden mit dem Bischof

6 Die Auswirkungen der Fraktionsbildung auf die Fürsten und das Reich

Quellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Der Konflikt zwischen Kaiser und Papst bestimmte große Teile der Regierungszeit von Kaiser Friedrich II., vor allem der Streit mit Papst Gregor IX. Dieser hatte den Kaiser 1227 exkommuniziert weil Friedrich ein Kreuzzugsversprechen nicht eingehalten hatte. Zwar wurde der Streit mit dem Frieden von San Germano vorerst beigelegt, aber er schwelte auch während der 1230er Jahre weiter. Grund für den Konflikt war vor allem die Italienpolitik des Kaisers, welche den Einflussbereich des Papstes gefährdete. Obwohl Friedrich zeitweise dem Kirchenbann unterlag, hielten die meisten Fürsten des Heiligen Römischen Reiches (kurz HRR oder Reich) weiter zu ihm. So konnte er den staufisch-welfischen Gegensatz beenden, indem er das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg schuf und den Welfen Otto das Kind damit belehnte. Als der Kaiser allerdings im Jahr 1239 zum zweiten Mal exkommuniziert wurde, begannen sich viele Fürsten von Friedrich zu distanzieren. Nachdem Gregor IX. 1241 gestorben war, zerbrach das Reich zunehmend in zwei Fraktionen, die Anhänger des Papstes und die des Kaisers.

In dieser Arbeit soll der Fokus auf dem Zeitraum von 1241, Tod des Papstes Gregor, bis 1250, Tod von Kaiser Friedrich II., liegen. Anhand von einigen Beispielen soll aufgezeigt werden, warum sich bestimmte Fürsten einer der beiden Fraktionen anschlossen, welche Ziele sie dabei verfolgten und letztlich auch, welche Auswirkungen dies auf das Reich hatte. Die Auswirkungen sind vor allem deshalb von Interesse, weil das Reich in diesem kurzen Zeitraum einen erheblichen Wandel durchlebte und das Königtum nach dem Ende der staufischen Herrschaft an Einfluss verloren hatte. Als Beispiele dienen neben den drei rheinischen Erzbistümern Köln, Mainz und Trier auch zwei weltliche Fürsten. Die Erzbischöfe in dieser Zeit waren Konrad I. in Köln, Siegfried III. in Mainz und Dietrich II., bzw. Arnold II. in Trier, die hier betrachteten weltlichen Fürsten sind Landgraf Heinrich Raspe aus Thüringen und der bayerische Herzog Otto II., der auch Pfalzgraf bei Rhein war. Diese fünf Personen sollen stellvertretend für die Fürsten des Reiches stehen, da sie die mächtigsten und wichtigsten Akteure im Streit zwischen Kirche und Kaiser im Reich gewesen sind. Außerdem soll am Beispiel der Stadt Regensburg aufgezeigt werden, dass auch Städte von der Spaltung in Papsttreue und Kaisertreue betroffen waren.

Bevor die Beispiel betrachtet werden, soll aber der Begriff Fraktion näher betrachtet werden und aufgezeigt werden, wie dieser Begriff für das Mittelalter verwendet werden kann. Hierfür gibt es derzeit keine allgemein gültige Definition, es ist aber auch nicht das Ziel, hier eine zu erstellen. Vielmehr soll nur geklärt werden, wie der Begriff Fraktion hier verwendet wird wie Fraktionen als Phänomen des Hoch- und Spätmittelalters entstanden sind.

Der Forschungsstand Friedrich II. betreffend ist sehr gut, sehr viele bekannte Quellen wurden bereits erfasst und ausgewertet. Allerdings sind die Quelleneditionen bei Weitem noch nicht vollständig. Dies gilt aber nicht nur für Friedrich II. sondern für nahezu alle Herrscher des Hoch- und Spätmittelalters.[1] Außerdem gibt es eine ganze Reihe von umfassenden Biographien, hierbei seien die Werke von Ernst Kantorowicz und Wolfgang Stürner genannt, wobei in dieser Arbeit nur die sehr aktuelle Veröffentlichung von Stürner Verwendung findet. Das Werk von Kantorowicz entspricht nicht mehr dem aktuellen Stand der Forschung. Das Friedrich II. als herausragende Persönlichkeit wahrgenommen wurde und wird hat zu der Fülle an Veröffentlichungen beigetragen. Die anderen hier dargestellten Personen und Städte sind bei weitem nicht so gut erforscht, aber zu Heinrich Raspe ist erst vor wenigen Jahren ein Sammelband erschienen, in dem viele Teilbereiche abgedeckt werden, die in dieser Arbeit betrachtet werden. Zusätzlich dazu sollen einige Regesten genutzt werden.[2]

2 Der Begriff Fraktion

Da es bislang keine allgemein gültige Definition des Begriffes Fraktion für das Mittelalter gibt wird die Entstehungsgeschichte der Fraktionen sowie deren politische Grundlagen hier kurz dargestellt. Es ist dafür notwendig, zunächst den Fokus auf Norditalien im beginnenden 13. Jahrhundert zu legen, da sich dort als erstes Fraktionen entwickelt haben. Dabei wird vor allem auf Jacques Heers, der in seinem Werk „Parties and political life in the medieval west“ zurückgegriffen, in dem dargestellt wird aufgrund welcher Machtstrukturen Fraktionen entstanden sind und wie sie organisiert waren.[3]

2.1 Die Entwicklung von Fraktionen

Die wohl bekanntesten Fraktionen waren die Guelfen und Ghibellinen, die ab 1216 in Florenz entstanden sind. Auf einem Festbankett war ein Streit ausgebrochen der sich zu einer Vendetta, oder Blutrache, zwischen den Familien Arrighi und Buondelmonti ausweitete. Diese beiden Familien bildeten den Kern der Fraktionen, ein größerer politischer Kontext existierte allerdings noch nicht. Im Verlauf der Vendetta versuchten beide Seiten, ihre jeweiligen Verbrechen durch politische Motive zu rechtfertigen. Da einige Familien, die mit den Arrighis verbündet waren, seit einigen Jahrzehnten auf der Seite der Staufer, die auch Waiblinger genannt wurden, standen, nannten sie sich nach diesen Ghibellinen. Da die Staufer zu diesem Zeitpunkt zusammen mit dem Papst gegen Kaiser Otto IV. vorgingen, stellten sie sich somit auch auf die Seite des Papstes. Ihre Gegner benannten sich ihrerseits nach den Welfen, aus deren Geschlecht Otto IV. entstammte, und standen somit gegen den Papst. Im weiteren Verlauf des 13. Jahrhunderts breiteten sich die Guelfen und Ghibellinen über Nord- und Mittelitalien aus. Da die Welfen zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr an der Macht waren und stattdessen die Staufer, und vor allem Kaiser Friedrich II., in immer größeren Gegensatz zu den Päpsten gerieten, wurden die Guelfen als Fraktion des Papstes wahrgenommen. Die Ghibellinen hingegen wurden zu den Vertretern der kaiserlichen Idee.[4]

Diese beiden Fraktionen stellten sich in die Gefolgschaft der jeweils größten Mächte dieser Zeit. Dennoch war der Konflikt zwischen den Fraktionen, die zunächst nur innerhalb von Florenz vorhanden waren, keineswegs aufgrund der Feindschaft von Kaiser und Papst entstanden sondern stellten Konflikte innerhalb der städtischen Oberschicht dar. Dabei gab es mehrere interne und externe Faktoren, die zu diesem Konflikt geführt hatten. Der bedeutendste externe Faktor war die unruhige politische Situation in Norditalien. Dieser Raum wurde zwar vom Kaiser für das Reich beansprucht, aber viele kleine lokale und regionale Mächte betrieben dort ebenfalls eine eigene territoriale Politik. So kam es oftmals zu kriegerischen Auseinandersetzungen da keine Zentralgewalt existierte, welche die Konflikte hätte beenden können. Aber auch innerhalb der Städte gab es Kämpfe zwischen Familien, die sich unterschiedlichen Fraktionen zugehörig fühlten, wie beispielsweise in Florenz. Grundlage dieser Konflikte war die Tatsache, dass wenige sehr reiche Familien die Kontrolle über den Reichtum der Städte hatten, etwa durch Landbesitz, und diese Familien untereinander Bündnisse oder Feindschaften pflegten. Im Grunde waren diese Familien für sich schon Fraktionen innerhalb der städtischen Gemeinde. Ein weiterer Faktor war, dass die Verwaltung und Regierung dieser Städte ebenfalls in der Hand der reichen Familien lag. Deshalb gab es keine Strukturen, welche die Oberschicht kontrollieren konnten, da alle drei Gewalten in ihrer Hand waren. Der dritte wichtige Faktor war die große Anzahl an Arbeitslosen und Tagelöhnern, die eine große Gruppe innerhalb der Gemeinde stellten und aufgrund ihrer ökonomischen und sozialen Lage sehr gewaltbereit waren. Wer die Kontrolle über diese Gruppe hatte, konnte mit ihrer Hilfe einen entscheidenden Vorteil beim Kampf gegen andere Familien und deren Klienten erlangen.[5]

Der Großteil der Bevölkerung nahm an diesem Kampf nicht teil.[6] Die Fraktionen in Norditalien bildeten einen Vorläufer für die Entwicklung in Westeuropa, und auch für das Reich. Hier gab es ähnliche Bedingungen für das Entstehen von Fraktionen, da esebenfalls kaum zentrale Machtstrukturen gab und sich eine mächtige Führungsschicht herausgebildet hatte, die ihre eigene Macht auf Kosten der übrigen Fürsten ausbauen wollte.

2.2 Allgemeine Strukturen von Fraktionen

Betrachtet man diesen Ausschnitt des Konfliktes zwischen Guelfen und Ghibellinen, so kann man bereits einige Charakteristika die Fraktionen des Hoch- und Spätmittelalters ableiten. Sie entstanden als Interessenvereinigungen von Adligen, ob das nun im Zuge einer Vendetta oder der Auseinandersetzung zwischen Kaiser und Papst war, und kaum eine verfügte über eigene Organisationsstrukturen. Es handelte sich also um informelle Verbindungen, die, nicht durch Verträge gefestigt worden waren, und jederzeit beendet werden konnten. Dies erklärt sich auch aus der Tatsache, dass viele Fraktionen aufgrund von fehlenden zentralen Machtstrukturen entstanden sind.[7]

Deshalb war Sizilien im 13. Jahrhundert nahezu gar nicht vom Streit zwischen Guelfen und Ghibellinen betroffen, da hier Friedrich II. herrschte.[8] Die fehlende Zentralgewalt sollte durch machtvolle Bündnisse vor Ort ausgeglichen werden und somit im eigenen Interesse genutzt werden. Deshalb wurde der Kampf zwischen den verschiedenen Fraktionen mit großer Härte geführt, da es darum ging, dem eigenen Machtbereich zu schützen und evtl. zu vergößern.[9] Dabei musste das Vorgehen einer Fraktion nicht zwangsläufig aus militärischen Aktionen bestehen sondern, konnte sich auch auf Propaganda oder das Entziehen von Unterstützung beschränken. Die Zugehörigkeit zu einer Fraktion war nicht bindend und ein Wechsel des politischen Lagers kam vor.

3 Geistliche Reichsfürsten im Streit zwischen Kaiser und Papst – die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier

3.1 Die Ambitionen des Erzbischofs von Mainz

3.1.1 Wechsel auf die Seite des Papstes

Siegfried III. von Eppstein war 1230 als Nachfolger seines Onkels, Siegfried II. von Eppstein, zum Erzbischof von Mainz gewählt worden und wurde in den folgenden Jahren zu einer wichtigen Stütze der kaiserlichen Reichspolitik. Zunächst vermittelte er im Streit zwischen Kaiser Friedrich II. und dessen Sohn König Heinrich (VII.) und war auch am Sturz Heinrichs auf dem Reichstag zu Mainz im Jahr 1235 beteiligt. Danach übernahm er für den Minderjährigen Konrad IV., der 1237 in Wien zum König erhoben worden war, die Regentschaft und wurde damit Reichsverweser. In dieser Position war Siegfried der wichtigste kaiserliche Vertreter nördlich der Alpen und genoss das uneingeschränkte Vertrauen Friedrichs. Auch nachdem der Kaiser durch Papst Gregor IX. im Jahr 1239 exkommuniziert worden war, blieb Siegfried weiterhin kaisertreu.[10]

Als Reichsverweser konnte Siegfried III. seine eigenen territorialen Ziele verfolgen und dabei auf die Unterstützung des Kaisers zählen. So wurde ihm 1232 das Kloster Lorsch von Friedrich II. überschrieben, das zuvor dem Pfalzgrafen bei Rhein gehörte. Deshalb kam es zum Streit mit Otto II., der sowohl Pfalzgraf als auch Herzog von Bayern war, der erst im Sommer 1238 beigelegt werden konnte.[11] Doch nicht nur das Kloster Lorsch war ein Streitpunkt in der Territorialpolitik des Erzbischofs. Auch auf die Wetterau sowie Teile Hessens und Thüringens versuchte Siegfried Ansprüche durchzusetzen. Dabei geriet er verstärkt in Konflikt mit Heinrich Raspe, der dort große Besitzungen hatte, die zum Teil auch Lehen des Erzbistums Mainz waren.[12] Diese beiden Fürsten brachten Friedrich II. in eine schwierige Position, da beide sehr mächtig waren und er keinen von ihnen als Gegner haben wollte. Dennoch konnte er keinen Ausgleich zwischen den beiden erzielen und Heinrich schloss sich der antistaufischen Fürstenopposition im Südosten des Reiches an.[13]

1240/41 veränderte sich das Gefüge des Reiches aber erheblich, da die Opposition der Fürsten im Südosten, vor allem des Königs von Böhmen und des Herzogs von Bayern, beendet wurde und beide Fürsten wieder auf die Seite des Kaisers zurück wechselten. Kurz darauf starb Papst Gregor IX. und Siegfried III. und Konrad I. sahen ihre Chance gekommen, ohne Einflussnahme seitens des Papstes ihre eigenen territorialpolitischen Ziele im Reich durchsetzen zu können. Damit wechselten gleichzeitig zwei der wichtigsten Fürsten des Reiches die Seiten und kämpften von nun an gegen den Kaiser.[14] Daraufhin erhielt Heinrich Raspe, einer der größten Rivalen Erzbischof Siegfrieds, das Amt des Reichsverwesers. Diese beiden Fürsten hatten also innerhalb weniger Jahre die Rollen getauscht.[15]

3.1.2 Der militärische und politische Kampf nach dem Seitenwechsel

Nachdem der Vertrag zwischen den Konrad und Siegfried geschlossen worden war, ließen beide unverzüglich die Exkommunikation Kaiser Friedrichs in ihrem Territorium verkünden und erklärten, dass sie der Kirche im Kampf gegen den verbrecherischen Kaiser beispringen müssten. Dies geschah, wie bereits genannt, nach dem Tod Gregors IX. und damit nachdem einer der größten Gegner Friedrichs Tod war. Die offiziell genannten Gründe können also keineswegs als ausreichende Begründung für diesen Schritt der beiden mächtigsten Prälaten im Reich herhalten. Vielmehr scheint es so, als ob ganz andere Gründe für diese Entwicklung ausschlaggebend waren, allen voran wohl der Versuch, das eigene Territorium auf Kosten des Reiches zu vergrößern.[16] Dies zeigt sich auch darin, dass beide umgehend in die Wetterau einfielen, ein Gebiet, das der Erzbischof von Mainz bereits seit langem unter seine Kontrolle bringen wollte.[17] Außerdem brach der Streit mit Otto II. wieder auf und Siegfried war weder in diesem Konflikt, noch bei seinen Ambitionen in Bezug auf die Wetterau von der uneingeschränkten Hilfsbereitschaft des Kaisers überzeugt.[18]

Am Beispiel Siegfrieds III. von Eppstein lässt sich sehr deutlich zeigen, dass die eigentlichen Ursachen der Reichsspaltung nicht im Streit zwischen Kaiser und Papst, bzw. Kirche, liegen. In den 1230er Jahren unterstützte Friedrich II. Siegfried in dessen Bemühungen um die Erweiterung des Mainzer Erzbistums und konnte sich deshalb auf seine Treue verlassen. Nach 1240 söhnte sich der Kaiser aber mit Herzog Otto II. aus[19], während dieser gleichzeitig wieder mit Siegfried in Streit geriet. Wie im bereits angesprochenen Fall von Siegfried III. und Heinrich Raspe führte der Versuch des Ausgleichs zwischen zwei konkurrierenden Fürsten dazu, dass sich einer vom Kaiser abwendete.[20] Als weiterer Grund mag gelten, dass Siegfried das Erzbistum Mainz um die Wetterau erweitern wollte, der Kaiser dieses Reichsland aber nicht abtreten wollte. Mit dem Tod des Papstes Gregor IX. ergab sich für Siegfried eine einmalige Chance, da er nun die Seite wechseln konnte, ohne dass ihn ein starker Papst in seinen Handlungen beeinflussen konnte.

Ab dem Jahr 1242 verlagerten sich die Kämpfe an den Mittelrhein und dort vor allem in die Regionen um Worms und Mainz. Konrad wurde zwar vom Grafen Wilhelm von Jülich gefangen genommen, Siegfried war aber auch ohne Hilfe durch den Erzbischof von Köln in der Lage, größere militärische Operationen durchzuführen. Da sich auch König Konrad IV. in diesem Gebiet aufhielt und in der zweiten Jahreshälfte auch begann, sich persönlich in die Kämpfe einzumischen, wurden die Feldzüge am Mittelrhein zum direkten Kampf zwischen Kaiser- und Papsttreuen. In dieser Situation stellten sich vor allem die Städte auf die Seite des Kaisers, bzw. des Königs, da ihnen neue Privilegien gewährt oder alte Privilegien bestätigt wurden. Worms war die wichtigste Stütze der kaiserlichen Politik, da sich die Stadt auch mit großen Truppenaufgeboten am Kampf beteiligte.[21] Die Stadt Mainz erhielt ebenfalls weitere Privilegien, stellte sich aber nicht vollständig auf die Seite des Königs, da die Privilegien insgesamt keine großen Auswirkungen auf die Stadt hatten.[22] Da die Feldzüge in den nächsten Jahren keine Entscheidung im Kampf herbeiführen konnten, da keine der beiden Seiten stark genug war, den Gegner endgültig zu besiegen, wird hier nicht weiter darauf eingegangen. Stattdessen werden die politischen Entwicklungen dargestellt.

Die wichtigsten Ereignisse in den ersten Jahren des Kampfes zwischen Erzbischof Siegfried und König Konrad waren die Wahl von Innozenz IV. zum Papst am 25. Juni 1243 sowie die Absetzung des Kaisers auf dem Konzil von Lyon am 17. Juli 1245. Der neue Papst hatte dadurch seine Entschlossenheit gezeigt, gegen Friedrich II. vorzugehen, in dem er einen Feind der Kirche sah.[23] Wie wichtig Innozenz IV. für den Kampf der Papsttreuen im Reich war, zeigte sich exemplarisch an der Königswahl Heinrich Raspes am 22. Mai 1246 in Veitshöchheim. Nicht nur, dass der Papst mit Philipp von Ferrara einen seiner eigenen Gesandten mit der Durchführung der Wahl beauftragte, er sagte auch sehr große finanzielle Mittel zu, um weitere Anhänger für seine Sache gewinnen zu können.[24] Wie auch sein Vorgänger Gregor IX. und seine Gegenspieler Friedrich II. und Konrad IV. war Innozenz darauf angewiesen, seine Politik mithilfe von Privilegien und finanziellen Zuwendungen durchzusetzen. Einer der Profiteure dieser Politik war Siegfried III., als er z.B. einen großen Teil der Unterstützungszahlungen für die Königswahl für sich behalten konnte.[25]

Wie auch schon vor 1241 für Kaiser Friedrich war Siegfried III. für Papst Innozenz IV. eine wichtige Stütze im Reich. Er nahm am Konzil von Lyon teil und organisierte danach die Königswahl Heinrich Raspes mit. Die Krönung des Gegenkönigs übernahm er ebenfalls, da die Königskrönung traditionell vom Mainzer Erzbischof durchgeführt wurde. Nach dem Tod Heinrich Raspes am 16. Februar 1247, nach einem gescheiterten Feldzug in Schwaben, war Siegfried federführend an der Wahl Wilhelms von Holland zum deutschen König beteiligt, den er ebenfalls krönte. Doch keiner der beiden Gegenkönige war eine Hilfe bei seinem Kampf um die Erweiterung seiner Herrschaft am Mittelrhein, so dass er gegen König Konrad weiterhin keine Entscheidung erzwingen konnte. Obwohl die päpstliche Fraktion im Reich nach 1245 immer stärker wurde und die antistaufischen Maßnahmen langsam begannen, ihre Wirkung zu zeigen[26], waren die papsttreuen Fürsten nicht stark genug, den Konflikt zu beenden. Bei der Belagerung von Ingelheim erkrankte Siegfried und starb am 9. März 1249 in Bingen.[27] Auf seinem Grabmal ist er als Königsmacher zu sehen, der zudem deutlich größer, und damit wichtiger, dargestellt ist, als Heinrich Raspe und Wilhelm von Holland.[28]

[...]


[1] Koch: Urkundenedition.

[2] Kantorowicz: Friedrich; Stürner: Friedrich II.; Werner: Heinrich Raspe.

[3] Heers: Parties.

[4] Herde: Guelfen, S. 35 – 39.

[5] Heers: Parties, S. 15 - 22.

[6] Vgl. Herde: Guelfen, S. 37 f..

[7] Heers: Parties, S. 101 - 115; S. 221.

[8] Herde: Guelfen, S. 39.

[9] Heers: Parties, S. 221 - 224.

[10] Schirrmacher: Siegfried III.

[11] Ebd.

[12] Vgl. Kap. 4.1 und Werner: Reichsfürst Heinrich, S. 130 - 134.

[13] Dopsch: Südosten, S. 84 - 87.

[14] Stürner: Friedrich II., S. 513.

[15] Werner: Reichsfürst Heinrich, S. 194 - 195.

[16] Stürner: Friedrich II., S. 513.

[17] Ficker: Regesta Imperii, S. 571 - 572, Nr. 3239.

[18] Stürner, Friedrich II., S. 514.

[19] Boshof: Herrschaftsverhältnis, S. 20.

[20] Dopsch: Südosten, S. 84 - 87.

[21] Keilmann: Stadtherrschaft in Worms, S. 97 - 104.

[22] Falck: Mainz im Mittelalter, S. 184.

[23] Stürner: Friedrich II., S. 516, S. 533 - 539.

[24] Werner: Reichsfürst Heinrich, S. 238 - 243.

[25] Cronica S. Petri Efordensis moderna, in: Monumenta Erphesfurtensia saec. XII. XIII. XIV., ed. Oswald Holder-Egger (MGH SS rer. Germ. 42, 1899), S. 240.

[26] Erkens: Fürsten und Reich, S. 363.

[27] Schirrmacher: Siegfried III.

[28] Heinz/Rothbrust/Schmid: Grabdenkmäler, S. 153.

Excerpt out of 45 pages

Details

Title
Zur Fraktionsbildung im Reich während der letzten Jahre Kaiser Friedrichs II. (1241 - 1250)
College
Christian-Albrechts-University of Kiel
Grade
1,3
Author
Year
2010
Pages
45
Catalog Number
V211253
ISBN (eBook)
9783656397731
ISBN (Book)
9783656397809
File size
613 KB
Language
German
Keywords
Friedrich II., Fraktion, Heiliges Römisches Reich
Quote paper
Julian Freche (Author), 2010, Zur Fraktionsbildung im Reich während der letzten Jahre Kaiser Friedrichs II. (1241 - 1250), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/211253

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