Lebensraum Institution

Alltagsgestaltung für Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung und/oder Verhaltensauffälligkeiten in einer dezentralisierten Institutionsform


Mémoire (de fin d'études), 2013

57 Pages, Note: Erfüllt


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Motivation und Begründung der Themenwahl
1.2 Eingrenzung des Themas und Begründung der Eingrenzung
1.3 Ziel und Begründung
1.4 Aufbau der Arbeit
1.5 Deklaration bezüglich des Umgangs mit der beruflichen Schweigepflicht
1.6 Geschlechtergerechte Sprache

2. Die dezentrale Institutionsform
2.1 Definition „Institution“
2.2 Institutionelle Geschichte
2.3 Deinstitutionalisierung
2.4 Leitbild
2.5 Organisationsprinzipien
2.6 Konzeption einer dezentralen Wohnform

3. Begriffsverständnisse „Geistige Behinderung“ und „Verhaltensauffälligkeiten“
3.1 Begriff: „Geistige Behinderung“
3.2. Begriff „Verhaltensauffälligkeiten“
3.3 Erklärungsansätze für Verhaltensauffälligkeiten

4. Lebensraum: Wohnen, Freizeit und Arbeit
4.1 Meine Definition von Lebensqualität
4.2 Bedingungen einer Institution, um Lebensqualität zu ermöglichen
4.3 Normalisierungsprinzip und die Umsetzung im sozialpädagogischen Alltag
4.4 Inklusion unter dem Schwerpunkt Wohnen
4.5 Teilhabe (Partizipation) und sinnstiftende Arbeit
4.6 „Freizeit ist Freiheit“

5. Klientenerfassungssystem „Individueller BetreuungsBedarf“ (IBB)
5.1 Vernetzung vom IBB und die Auswirkungen auf den Betreuungsalltag
5.2 Privatheit durch Verlaufsdokumentation möglich?

6. Schlussfolgerung
6.1 Beantwortung der Fragestellungen
6.2 Überprüfung der Zielerreichung
6.3 Lerngewinn
6.4 Konsequenzen/Perspektiven

7. Literaturverzeichnis

8. Quellenverzeichnis

9. Anhang
9.1 Leitbild Chupferhammer
9.2 Erläuterung zum Chupferhammer Leitbild
9.3 Konzept des Chupferhammers
9.4 Konzept Wohngemeinschaft Stofel

1. Einleitung

Der Trägerverein der Institution, in der ich arbeite und die in meiner Diplomarbeit Thema sein wird, wurde im Jahre 1981 gegründet. Für die Vision, die Anlass zur Gründung des Vereins gab, standen drei Hauptmotive im Vordergrund:

1. War es die Kritik an traditionell geführten Institutionen mit ihren Einschränkungen für die Bewohnenden, 2. war es die Schwierigkeit, für Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung und Verhaltensauffälligkeiten einen Wohnplatz zu finden, und 3. das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung. Ziel war, den Bewohnenden ein gutes Leben zu ermöglichen.

Ausgehend vom Gedanken einer Großfamilie entwickelten sich verschiedene kleinere Wohngemeinschaften. Da die Großfamilien alleine durch die Renten der Invalidenversicherung sich nicht finanzieren konnten, wurde eine Trägerschaft gegründet. Damit konnten von der Invalidenversicherung auch Betriebsbeiträge eingefordert werden. Von Beginn weg war der Gedanke der Normalisierung sehr prägend, welcher im Laufe der Jahre ins Leitbild eingeflochten und festgehalten wurde.

In einer der elf heute zum Verein gehörenden Wohngemeinschaften arbeite ich seit gut 4 Jahren. Diese Wohngemeinschaft wurde mit einem speziellen, neuartigen Konzept zur Wohngruppenentwicklung aufgebaut.

Das neuartige Konzept ist durch das Hauptmerkmal gekennzeichnet, dass ein Bewohner mit stark abweichendem Verhalten, der zuvor im Komplex einer psychiatrischen Klinik bis zu zwanzig Stunden pro Tag isoliert, fixiert und sediert worden ist, als nicht kündbar gesetzt worden ist. Dieser Bewohner war beim Eintritt in die Wohngemeinschaft 33 Jahre alt. Es wurde ein Team eingestellt, für das das Motto galt: „Der Bewohnende ist gesetzt. Die Betreuung muss so gestaltet werden, dass der Bewohner, sowie das Betreuungspersonal den Tag möglichst unverletzt überstehen. Wenn jemand geht, geht das Personal“. Es wurden ergänzend Bewohnende gesucht, welche sich vorstellen konnten, in einem Haus mit diesem Mitbewohner zu leben. Vier Jahre nach dem Einzug des genannten Bewohners war die Wohngemeinschaft mit insgesamt sechs Bewohnenden voll besetzt. Diese Bewohnenden sind zwischen 20 und 60 Jahre alt. Es sind drei Frauen und zwei Männer dazu gekommen, und so leben heute insgesamt drei Frauen und drei Männer in der Wohngemeinschaft zusammen.

1.1 Motivation und Begründung der Themenwahl

Ich arbeite seit 6 Jahren mit Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung und Verhaltensauffälligkeiten. Die Menschen, welche ich betreue, sind mir ans Herz gewachsen und sie haben bei vielen lebenstechnischen und emotionalen Bereichen wesentliche Fortschritte gemacht. Ich bin der Meinung, dass die Fortschritte der Bewohnenden durch individuell angepasste Rahmenbedingungen, kleine Wohneinheit und möglichst viel Selbstbestimmung ermöglicht und begünstigt wurden. Deshalb ist es mir wichtig, anhand dieser Diplomarbeit die Rahmenbedingungen einer Institution und die Möglichkeiten von Wohnformen zu bearbeiten. Ich möchte die Wohnform, in der ich zur Zeit arbeite, überprüfen und herausfinden, welche Bedingungen eine Institution bieten muss, damit einem Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung nach dem Normalisierungsprinzip eine gute Lebensqualität ermöglicht werden kann.

Meine persönliche Grundhaltung gegenüber Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung ist, dass diese Menschen grundsätzlich die gleichen Rechten und Pflichten haben wie die übrigen Mitglieder der Gesellschaft. Durch diese Diplomarbeit soll meine Haltung gefestigt und meine Perspektiven sollen erweitert werden.

Die Ebene, bzw. die Rolle der Gesellschaft bezüglich dieser Fragestellung, ist für mich äußerst interessant. Weiter stelle ich mir die Frage, welche Wechselwirkungen zwischen den Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung und/oder Verhaltensauffälligkeiten, sowie der Institution und dem Betreuungspersonal, durch einen Paradigawechsel oder andere Veränderungen im sozialpädagogischen Alltag, verändert werden könnten.

Für mich ist auch die neue Regelung der Finanzierung der Angebote für Menschen mit einer Rente noch nicht ganz durchsichtig. Ich bin der Meinung, dass eine Sozialpädagogin oder ein Sozialpädagoge wissen sollten, wie die Finanzierung geregelt ist und wie sie von der Institution kommuniziert wird.

1.2 Eingrenzung des Themas und Begründung der Eingrenzung

Die Eingrenzung erfolgt auf die Trägerschaft für die ich arbeite und eine ihrer Wohngemeinschaften. Die Trägerschaft umfasst insgesamt elf Wohneinheiten und eine geschützte Werkstätte, denen allen eine andere Art und Weise der Lebensgestaltung eigen ist. Ich will mich auf die Wohngemeinschaft in der ich arbeite fokussieren.

Ich werde die Theorien der Inklusion und des Normalisierungsprinzips mit einzubeziehen versuchen. Die Komplexität des gewählten Themabereichs erachte ich als sehr umfänglich. Deshalb möchte ich mich spezifisch auf die Wohngemeinschaft, in der ich tätig bin und über die ich am besten Bescheid weiß konzentrieren.

Wenn ich von Bewohnenden spreche, sind immer diejenigen gemeint, welche ich in der Wohngemeinschaft begleite.

Ich habe mir verschiedene Theorien ausgewählt, welche in der Fachliteratur immer wieder mit dem Normalisierungsprinzip in Verbindung gebracht werden. Ich denke, es macht Sinn, diese im direkten Vergleich genauer anzuschauen, um so konkrete Ergebnisse und Erkenntnisse zu erlangen. Es geht nicht darum, „das Rad neu zu erfinden“, sondern eine fachliche Auseinandersetzung anzustreben. Ich denke, ich werde durch diese Eingrenzung profitieren und somit meine Fragestellungen besser beantworten können.

Wie ist das Normalisierungsprinzip in einer dezentralen Wohnform in Bezug auf das Klientenerfassungssystem Individueller BetreuungsBedarf (IBB) im institutionellen Kontext unter der Berücksichtigung der Lebensqualität mit den Bewohnenden umsetzbar?

Durch die Beantwortung dieser Frage, weiß ich dann, wie ich meinen sozialpädagogischen Auftrag mit fachlicher Begründung umsetzen kann, welches die Schwerpunkte sind, und mit welchen Themen ich besonders achtsam umgehen muss.

Wenn ich weiß, wie das Normalisierungsprinzip in einer dezentralen Wohnform umgesetzt werden kann, weiß ich auch, welche Bedingungen geschaffen werden müssen um für die Bewohnenden eine gute Lebensqualität zu ermöglichen.

Wenn ich mir eine Meinung über das Klientenerfassungssystem IBB bilde, kann ich verstehen, wieso dieses für den sozialpädagogischen Arbeitsalltag wichtig ist. Ich erhoffe mir auch die Vor- und Nachteile des Klientenerfassungssystems IBB, bezogen auf die Lebensqualität der Bewohnenden, mir zu vergegenwärtigen um mit dem dadurch gewonnen Wissen mein Handeln bewusster gestalten zu können.

Welche Bedingungen muss die Institution erfüllen, um Bewohnenden mit Verhaltensauffälligkeiten und kognitiver Beeinträchtigung ein Zuhause zu ermöglichen?

Wenn ich die verschiedenen Theorien für die Alltagsgestaltung kenne, kann ich die förderlichen und hemmenden Bedingungen besser erkennen und sie entsprechend positiv beeinflussen.

Ich will damit sagen, dass die institutionellen Bedingungen, welche eine gute Lebensqualität für die Bewohnenden ermöglichen, erkannt werden müssen, um sie fördern und erhalten zu können. Es scheint aber auch ratsam zu sein, die hemmenden Bedingungen zu erkennen, um sie möglichst gering zu halten.

Für mich persönlich ist es wichtig, mit spezifischen Theorien vertraut zu sein, welche vor allem mit Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung und/oder Verhaltensausfälligkeiten in Bezug gebracht werden können.

Im Abschnitt der Diplomarbeit „Lebensraum“, wo es darum geht, das Wohnen, die Arbeit und die Freizeit von Menschen mit einer Beeinträchtigung zu erfassen, möchte ich Zusammenhänge verstehen, um bessere sozialpädagogische Interventionen umsetzen zu können.

1.3 Ziel und Begründung

Eine zeitgemäße Wohnform für Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung und/oder Verhaltensauffälligkeiten unter der Berücksichtigung der Lebensqualität wird fachlich erläutert.

Wenn ich mich mit einer zeitgemäßen Wohnform für Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung und/oder Verhaltensauffälligkeiten auseinandersetze, sehe ich die Weiterentwicklung und fachliche Verbesserung auf verschiedenen Ebenen; bei mir, im Team, sowie der Institution. Die Entwicklungen sollen dazu führen, dass die Lebensqualität für die Bewohnenden gesteigert wird. So können Ziele und Visionen angesprochen werden und es könnten sich neue Türen öffnen.

Eine fachliche Auseinandersetzung mit einer zeitgemäßen Wohnform kann mir Sicherheit und Ermutigung geben, auf verschiedenen Ebenen meine agogische Arbeit zu verbessern.

Die acht Bereiche des Normalisierungsprinzips sind spezifisch auf eine dezentrale Wohnform bezogen.

Da die Wohngemeinschaft nach dem Normalisierungsprinzip funktionieren soll, erachte ich es als sinnvoll, dies genauer zu erläutern und zu beschreiben. Ich will mir bewusst werden, was dies genau heißt und wie dies umgesetzt werden kann. So erhoffe ich mir, einen klareren, sozialpädagogischen Auftrag und sehe eine Chance darin, mir ein Standbein für meine weitere Bildung zu erarbeiten.

Das Klientenerfassungssystem (IBB) ist erläutert und unter der Berücksichtigung des Betreuungsalltags von Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung und/oder Verhaltensauffälligkeiten dargestellt.

Das Wissen über kantonale Bestimmungen und deren Auswirkungen auf die Arbeit der Sozialpädagogin oder des Sozialpädagoge ist meiner Meinung nach unabdingbar. Ich denke, ohne solche Vernetzungen zu kennen, kann die Begründung für eine Intervention oder Maßnahme nicht gewährleistet werden; besser gesagt, nicht überprüfbar gemacht werden. Um Entwicklung begünstigen zu können, muss ich für mich, für die Bewohnenden und für weitere Beteiligte, mein Handeln rechtfertigen, begründen, reflektieren und erklären können.

1.4 Aufbau der Arbeit

Auf dem Titelblatt ist bewusst kein Bild hinzugefügt worden, da es meinem ästhetischen Empfinden so eher entspricht.

In dieser Arbeit beginne ich zuerst mit der Geschichte der Institutionen. Darauf aufbauend befasse ich mich mit der Institution, in welcher ich arbeite; also einer aktuellen Institutionsform mit ihren Hauptmerkmalen.

Weiter folgen Ausführungen über die Begrifflichkeiten „geistige Behinderung“ und „Verhaltensauffälligkeit“ und es werden verschiedene Erklärungsansätze erläutert.

Im Hauptteil dieser Arbeit wird der Lebensraum von Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung und Verhaltensauffälligkeiten mit der Theorie des Normalisierungsprinzips und der Inklusion in Zusammenhang gestellt. Darauf folgend erläutere ich, unter theoretischer Sichtweise, das Klientenerfassungssystem (IBB), mit welchem ich zur Zeit in meiner sozialpädagogischen Tätigkeit konfrontiert bin. Ich werde es im Kontext des Betreuungsalltags beleuchten.

Um diese Diplomarbeit abzurunden, möchte ich die Wechselwirkungen zwischen dem Klientenerfassungssystem (IBB) und dem Lebensraum der Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung aufzeigen. Mit anderen Worten: Ich befasse mich mit dem Spannungsfeld zwischen den administrativen Aufgaben und meiner sozialpädagogischen Tätigkeit.

Für die Schlussfolgerung benötige ich noch die Beantwortung meiner Fragestellungen und die Überprüfung meiner Ziele, sowie die Darstellung meiner Erkenntnisse und Konsequenzen für den sozialpädagogischen Alltag. Die Erarbeitung meiner Diplomarbeit wird schließlich auch aufzeigen, worin mein persönlicher Lerngewinn besteht.

1.5 Deklaration bezüglich des Umgangs mit der beruflichen Schweigepflicht

Die Erwähnung der Trägerschaft und des Vereins, sowie der Wohngemeinschaft, ist mir von der Institutionsleitung ausdrücklich gestattet worden. Bewohnende, Angehörige sowie auch Mitarbeiter werden die richtigen Namen nicht erwähnt. Die in der Diplomarbeit verwendeten Namen werden fiktive sein. Die Ortschaften und auch Örtlichkeiten werden ebenfalls korrekt erwähnt. Die Daten und die Jahreszahlen werde ich nicht ändern.

1.6 Geschlechtergerechte Sprache

Die gendergerechte Sprache wende ich in meiner Verschriftlichung an, indem ich beide geschlechterspezifischen Namen ausschreibe, zum Beispiel „Sozialpädagogin“ und „Sozialpädagoge“ oder sie in der Mehrzahl schreibe.

2. Die dezentrale Institutionsform

2.1 Definition „Institution“

Es gibt verschiedene Definitionen für den Begriff „Institution“.

Ich nenne nun zwei, mir für meine Diplomarbeit relevante Definitionen:

„Erscheinungen geregelter Kooperation von Menschen, ein Zusammenwirken und Miteinanderumgehen, das weder zufällig noch beliebig so geschieht.“ (Gukenbiehl 1993, S.96, zitiert in Theunissen, 2012, S.60)

Wenn man nach Gukenbiehls Definition geht, erklärt diese, dass eine Institution auch eine „ganz natürlich Erscheinung“ sein kann. So betrachtet nämlich kann, jede Familie, kann jede Wohngemeinschaft eine Institution darstellen. Bei Institutionen für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen und/oder Verhaltensauffälligkeiten, gilt es zu berücksichtigen, dass diese den Wohnplatz, die Wohnverhältnisse, die Mitbewohnerinnen und die Mitbewohner möglichst selbstbestimmt aussuchen können, und dass sie nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

Ich denke, dass Institutionen im allgemeinen stärker durch die Perspektiven des Personals, als denn durch die der Bewohnenden geprägt werden. Für Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung, welche in einer Institution wohnen, ist dies besonders problematisch, da diese Institution ja ihr Zuhause sein sollte. Auf die obengenannte Definition bezogen kann man sich fragen, wo die Kooperation und das Zusammenwirken bleibt, wenn die Bewohnenden kaum das Angebot bekommen, ihren Wohnplatz oder die Wohnverhältnisse selbst auszusuchen. Infolge dessen stellen Institutionen oft besondere Anforderungen an Bewohnende und schließen nicht selten damit einzelne Personen aus:

Menschen mit besonderen Ansprüche und Bedürfnisse werden sodann oft von Institution zu Institution geschickt oder gehen in die Isolierung in einer psychiatrischen Klinik.

Obgleich ich diese kritischen Anmerkungen zu dieser Definition gemacht habe, möchte ich doch von dieser genannten Definition in dieser Diplomarbeit ausgehen.

Georg Theunissen spricht von vier verschiedenen Kennzeichnungen einer Institution für Menschen mit Behinderung:

- Eine Leitidee
- Einen Personalbestand (Menschen, die vorgesehene Rollen übernehmen)
- Regeln oder Normen
- Einen materiellen Apparat (Gegenstände, Räume)

(vgl. Theunissen, 2010, S. 60)

Diese Definition ist laut Theunissen lediglich beschreibend. Da ich der Ansicht bin, dass die Beziehungen und Wechselwirkungen von Menschen in Vordergrund stehen sollten, kommt dem Aspekt, wie viel Einfluss die Bewohneden auf die Leitidee, auf Regeln und Normen, und den materiellen Apparat; also wäre bspw. die Gegenstände oder Räume entsprechend definiert, eine entscheidende Bedeutung zu.

2.2 Institutionelle Geschichte

Ich gehe davon aus, dass durch die Industrialisierung die institutionelle Geschichte stark geprägt wurde. Unter anderem, weil die Menschheit das Verlangen nach Prosperität hat.

Dies lässt sich auch beobachten am Individuum in Bezug auf eigene Wünsche, Bedürfnisse und Ressourcen und im Streben nach einem finanziell besseren Status.

Die Industrialisierung entstand, meiner Meinung nach, orientiert am Streben des Individuums (Fabrikinhaber wie Fabrikarbeiter) nach besseren Lebensbedingungen.

Die besseren Lebensbedingungen, waren bspw. definiert durch die Finanzlage einer Familie und damit durch die Sicherheit in der Gewährleistung von lebensnotwendigen Mitteln, wie Ernährung, medizinische Versorgung, soziale Absicherung und geschützter Lebensraum, welcher nicht durch Krieg, Unruhe und Armut bedroht war.

Die Selbstverwirklichung ist und war ohne diese Grundbedingungen nicht realisierbar.

Die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung trat erst als realisierbar hervor, als die obengenannten Grundbedingungen vom Staat mehrheitlich gewährleistet wurden.

Die Ideen der individuellen Bedürfnisbefriedigung, weckten Hoffnungen auf eine ganzheitliche Zufriedenheit.

Das mechanistische Menschenbild beinhaltet, dass ein Individuum funktionalistisch verstanden wird.

Als Auswirkung ergab sich, dass Menschen mit gewissen Einschränkungen (wie sie in dieser Diplomarbeit genannt sind), von ihren Familien „abgegeben“ wurden, weil sie als Belastung gesehen und „verantwortlich“ gemacht wurden für das Verfehlen besseren Lebensbedingungen (für den Rest der Familie).

Anfangs standen die Kirchen als Anlaufstellen für die abgegebenen Personen zur Verfügung, da sie durch ihren Glauben verpflichtet waren, alle Menschen in jeder sozialen Lage aufzunehmen. Durch die große Nachfrage aber entstand ein Bedarf nach zusätzlichen Institutionen, welche „nicht funktionierenden“ Menschen neue Lebensräume bieten sollten. Industrialisierung, infolge der Individualisierung führten, zur Zeit aktueller den je, zum Egoismus. Dieser Egoismus führt und führte, bei kognitiv und physisch funktionierenden Menschen dazu, dass sie sich als Personen von den Menschen die als nicht funktionierend gelten, hervorheben – und zwar derart, dass die gesellschaftliche Lage von anderen eine mehr als sekundäre Rolle eingenommen hat.

Die Unterschiede beispielsweise zwischen den zwei sozialen Schichten, „vermögend“ oder „nicht-vermögend“ (Unterschicht/Oberschicht), wurden durch diesen Egoismus problematisch vergrößert. Die „Problemfälle“: Arbeitslose, Kranke, Behinderte, ect., bildeten die sogenannte „soziale Problematik“.

Die Oberschicht bildeten Menschen mit adliger Abstammung, Akademiker, Mediziner, Firmeninhaber, ect.

Zur Unterschicht gehörten Fabrikarbeiter, Bauern, beispielsweise Migranten aus Kriegsländern, ect.

Familien, zu welchen eine oder mehrere Menschen gehörten, die nicht den gesellschaftlichen Anforderungen entsprachen, versuchten diese abzuschieben:

Eine mehrköpfige Familie, welche ein behindertes Kind hatte, begründete das Abgeben des behinderten Kindes mit dem Verantwortungsbewusstsein sich dann als funktionierende Familie in der Gesellschaft anerkannt zu sein und den Grundbedarf abdecken zu können.

Das heißt, das Wohl der Familie war abhängig von jedem Einzelnen und nicht von der gegenseitigen Ressourcengewinnung, der Kompensationsbereitschaft und der Kompromissfindung: Die Familie ist nur so stark wie die Schwächste und/oder der Schwächste im Bunde.

Somit war es einfacher, die Schwächsten zu distanzieren, als sie zu fördern. Um die Familie zusammenzuhalten und um Stärke zu zeigen, musste die Familie die Schwächste und/oder den Schwächsten als nicht entwicklungsfördernd anschauen oder als nicht funktional genug für die Familie. Da die spezifische Förderung des Einzelnen einen gewissen Mehraufwand beinhaltete, sei dies durch den Zeitaufwand oder durch den finanziellen Aufwand, kam dies einer unsicheren Investition gleich.

Da dies des Egoismus’ wegen nicht der Fall war (unsichere Investition) und die eigenen Bedürfnisse im Vordergrund standen, kamen die Wünsche und Bedürfnisse der Schwächeren zu kurz. Daraus resultierten verschiedene Probleme, welche durch die Abschiebung der obengenannten Problemfälle entstanden: Die Personen, die nicht funktional genug waren, stellten nicht mehr nur für die betroffenen Familien Probleme dar, sondern sie wurden zum Problem für die gesamte Gesellschaft, letztlich für den Staat. Resultierend entstanden staatlich unterstützte Institutionen, wo Menschen mit Beeinträchtigungen untergebracht werden konnten. So sind meiner Meinung nach staatlich unterstützte Institutionen entstanden und haben sich die jeweiligen Weiterentwicklungen der Aufträge und des Angebots vollzogen.

Die institutionelle Geschichte steht meiner Ansicht nach eng in Verbindung mit der Geschichte der Professionalisierung der Sozialen Arbeit: Müller hat für mich in etwas veralteter Begrifflichkeit gut sichtbar gemacht, wie eng diese Verbindungen zu einander stehen. Er verweist darauf, wie Lebensorte für Menschen mit einer Beeinträchtigung sich immer wieder verändern und auf die Wichtigkeit, den geschichtlichen Hintergrund seines Arbeitsplatzes sowie seines Berufs zu kennen: „Die Soziale Arbeit ist ein alter Baum mit ungezählten Jahresringen. Seine Rinde bindet sehr unterschiedliche Traditionen unter Vorspiegelung einer trügerischen Einheitlichkeit zusammen. Wir müssen uns immer wieder von neuem daran erinnern, dass die Wurzeln unserer Berufe sowohl beim Aufseher im Arbeits- und Zuchthaus und der Armenpolizei des ausgehenden Mittelalters liegen, als auch bei den Fröbelschen Spielführerinnen und den ehrenamtlichen Kindergärtnerinnen der bürgerlichen deutschen Frauenbewegung. Paradigmatische Veränderungen haben die Soziale Arbeit nie in ihrer Gesamtheit erfasst, sondern nur einige Teilbereiche nach Maßgabe herangereifter gesellschaftlicher Entwicklung oder drohender sozialer Konflikte.“ (Müller, zitiert in Schilling, 2010, S.54)

Die Chronik der Sozialarbeit dargestellt:

- Armenpflege im Mittelalter (12./13. Jh.) mit dem theoretischen Modell von Thomas von Aquin (1224-1274)
- Armenpflege zu Beginn der Neuzeit (14.-16. Jh.) mit dem theoretischen Modell von Juan Luis Vives (1492-1540)
- Armenpflege zur Zeit des Absolutismus und der Aufklärung (17.-18. Jh.) mit dem theoretischen Modell von Thomas Robert Malthus (1766-1834)
- Armenpflege wechselt zu Armenfürsorge in der Zeit der Industrialisierung (18.-19. Jh.) mit sozialen Gesetzgebungen von Otto von Bismarcks (1815-1898)
- Armut und Wohlfahrtspflege im 20. Jahrhundert, mit dem theoretischen Modell der Fürsorge von Alice Salomon (1872-1948), humaner Fürsorge zu „Volks“pflege im Nationalsozialismus (1933-1945)

2.3 Deinstitutionalisierung

Wie die Geschichte der Institutionen zeigt, brauchte es Einrichtungen für Menschen, welche für die Gesellschaft im „normalen“ Alltag nicht mehr tragbar waren. Das Ziel war, die sozialen Problemfelder in der Gesellschaft zu reduzieren. Diese Institutionsformen waren vor allem zur Isolierung der Menschen mit kognitiven Beeinträchtigung und/oder Verhaltensauffälligkeiten von der Gesellschaft gedacht. Man ging davon aus, „dass man den Bedürfnissen dieser Menschen am besten gerecht werden könne, wenn man sie zusammen gruppiert und sie von anderen Menschen isoliert.“ (Polloway, zitiert in Theunissen, 2012 S. 60.)

Ende der 60er Jahre kamen staatliche Institutionsformen (Großeinrichtungen, Pflegeheime) ins Kreuzfeuer der Kritik. Es war nicht mehr zu verleugnen, dass psychische Schäden durch menschenverachtende Behandlung und den erschreckenden Verhältnissen durch bestimmte Formen der Institutionalisierung bedingt waren.

Der Prozess der Deinstitutionalisierung beinhaltete, dass die Auseinandersetzung mit der Institutionalisierung geführt werden musste und die Auflösung von bestimmten Institutionen gefordert wurde. Parallel zur ideologischen Forderung nach Auflösung aller Institutionen wurde nach Möglichkeiten gesucht, neue Institutionsformen mit dem bereits erwähnten Normalisierungsprinzip kompatibel zu machen. So wurden in Schweden und anderen Staaten Großeinrichtungen durch kleinere Wohnformen ersetzt. (vgl. Theunissen, 2012, S.61, Thimm, et al, 1985) .

2.4 Leitbild

Grundsatz 1

"Als Institution ist der Chupferhammer[1] ein Verbund von weitgehend eigenständigen,

gewollt unterschiedlich geführten Wohn- und Werkstätten mit

einem möglichst schlanken betrieblichen Überbau". (zitiert, siehe Anhang, „Leitbild“)

Erläuterungen:

Der Verein hat den Auftrag der Trägerschaft an die Institution Chupferhammer formuliert.

Die Institution hat zusätzlich drei weitere Ansprüche zu berücksichtigen: einerseits sind dies die Wünsche und Bedürfnisse der Bewohnenden, dann sind es die Forderungen der kantonalen Behörden und schließlich gilt es auch noch die Anliegen des Personals zu berücksichtigen. (vgl. siehe Anhang, „Erläuterung“)

Grundsatz 2

"Wir leben die solidarische Verantwortung des Einen für den Andern und wissen

um unsere eigene Abhängigkeiten und unsere eigene Verletzbarkeit." (zitiert, siehe Anhang, „Leitbild“)

Erläuterungen:

Wer seine eigene Existenz als nicht von Behinderung betroffene Person schätzt und sich bewusst ist, dass jeder Mensch zerbrechlich ist, ist dankbar für sein Leben und es stellt keine Selbstverständlichkeit dar, die Fähigkeit zur Hilfestellung zu haben. Es resultiert daraus eine akzeptierende Haltung behinderten Menschen gegenüber und diese Haltung ist Anlass für solidarisches Verhalten. (vgl. siehe Anhang, „Erläuterung“)

Grundsatz 3

"Mitbürgerinnen und Mitbürger, die als behindert bezeichnet werden, sind

wertvolle Glieder unserer Gesellschaft und der Chupferhammer ermöglicht ihnen

eine optimale Teilhabe und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.“ (zitiert, siehe Anhang, „Leitbild“)

Erläuterungen:

Die Institution Chupferhammer gibt sich den Auftrag, zwischen ausgrenzender Gesellschaft und den von Ausgrenzung bedrohten oder betroffenen Personen mit Behinderung vermittelnd zu wirken.

Die Gesellschaft ist auf Institutionen angewiesen, die Chance eröffnen gesellschaftliche Teilhabe für behinderte Personen zu ermöglichen.

Menschen mit schwerer Behinderung sind darauf angewiesen, dass jemand für sie ein institutionelles Angebot macht, das ihnen ein gutes und integriertes Leben ermöglicht. (vgl. siehe Anhang, „Erläuterung“)

Grundsatz 4

"Wir sind uns der Vielfalt menschlicher Existenzweisen bewusst und achten

die Würde jedes Menschen, unabhängig von einer möglichen Behinderung.“ (zitiert, siehe Anhang, „Leitbild“)

Erläuterungen:

Der Chupferhammer stellt sich mit dieser Aussage gegen jede Abwertung von behinderten Menschen. Der Chupferhammer begegnet den als behindert bezeichneten Personen mit Takt und Achtung, er sucht das Gleichgewicht zwischen den Freuden der Besonderheit und den Belastungen. Die Vielfalt menschlicher Existenzweisen wird als Bereicherung gesehen. Die Würde hängt nicht von wirtschaftlicher Verwertbarkeit ab. (vgl. siehe Anhang, „Erläuterung“)

Grundsatz 5

"Neben Rechten und Pflichten haben Personen mit geistiger oder psychischer

Behinderung Anspruch auf geschützte, aber trotzdem offene Lebensräume, in

denen sie ein, ihren Fähigkeiten und Wünschen entsprechendes, eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben führen können.“ (zitiert, siehe Anhang, „Leitbild“)

Erläuterungen:

Institutionelle angepasste Gestaltung von Lebensräumen, die als Schutz dienen und zugleich aber auch Offenheit, und Selbstbestimmung erlauben. Die weitgehende Übernahme der Verantwortung für ihren Lebensvollzug durch die behinderten Menschen, ist eine zentrale Forderung.

Zu erwähnen ist auch die anspruchsvolle Konzeption von gesellschaftlich integrierten Wohngemeinschaften, die auch Menschen mit massiv von der Norm abweichendem Verhalten ein Bleiberecht zugestehen und diese auch vor Ausgrenzung schützen. (vgl. siehe Anhang, „Erläuterung“)

Grundsatz 6

„Der Chupferhammer ist sich der hohen Ansprüche, die sich aus der gewählten

Lebens- und Unternehmenskultur ergeben bewusst und strebt die Erreichung

seiner Zielsetzung mit engagiertem und gut qualifiziertem Personal an.“ (zitiert, siehe Anhang, „Leitbild“)

Erläuterungen:

Dem Personal kommt eine zentrale Rolle zu. In dem es über großen Handlungsspielraum verfügt, kann es auch für die Bewohnenden Handlungsspielräume schaffen. Damit verbunden ist, dass Mitarbeitende im Chupferhammer bereit sein müssen, auch viel Verantwortung zu übernehmen. Die Arbeitsbedingungen werden durch administrative und fachliche Unterstützung möglichst begünstigt. Fortbildungsangebote werden geschaffen, um eine hohe Zufriedenheit des Personals zu erreichen. (vgl. siehe Anhang, „Erläuterung“)

2.5 Organisationsprinzipien:

Prinzip: Dezentralisation

Die Geschäftsführung führt die dezentralen Einheiten im Sinne einer Holdinggesellschaft. Der Chupferhammer ist dort, wo die Menschen mit Behinderung und ihre Betreuenden sind.

Der Verein hat seine Einheiten nicht in einem Dorf oder Ortschaft, sondern jede Einheit ist in einem andren Dorf, verteilt auf vier Kantone untergebracht. (vgl. siehe im Anhang „Konzeption“

Prinzip: Führen durch Delegieren

Die Wohneinheiten und die Abteilungen werden durch deren Leitung mit den benötigten Kompetenzen ausgestattet. Keine Leitungsebene fällt Entscheide, die ohne Schaden für die Gesamtorganisation nicht auf der hierarchisch nächst unteren Stufe gefällt werden können. Dieses Prinzip muss sich bis auf die konkrete Begleitung der Nutzerinnen und Nutzer erstrecken. Für Einheiten heißt dies, dass sie das Budget und den zugeteilten Stellenplan selbstverantwortlich einsetzen können. Die Einheiten und Abteilung sind kleine Institutionen, die Teil eines Institutionsverbundes sind. Verschiedene Lösungen und Lösungswege sind nicht nur toleriert, sondern erwünscht.

Die individuellen Wünsche und Bedürfnisse der Bewohnenden und der Mitarbeitenden in der Werkstatt ist zu berücksichtigen und ernst zu nehmen. (vgl. ebd.)

Prinzip: Globalbudgets

Jede Wohneinheit und Abteilung budgetiert jährlich für ihren Bereich. Anlässlich einer gemeinsamen Sitzung wird das Budget diskutiert und durch die Geschäftsführung festgelegt. Der Vorstand entscheidet dann über Budget und Gesamtrechnung des Vereins.

Die Trägerschaft handelt mit den Standortkantonen St.Gallen, Appenzell Ausserrhoden, Thurgau und Zürich Leistungsvereinbarungen aus, die den Handlungsspielraum definieren. (vgl. ebd)

Prinzip: Lean Management

„Der betriebliche Überbau besteht aus der Geschäftsführung sowie der teilzeitlichen Ass-istenz der Geschäftsführung, der Bereichsleitung Wohnen, der Bereichs-leitung/Rechnungs-führung Werkstatt, der Rechnungsführung Wohnbereich/Verein/Gesamtrechnung und dem Sekretariat (Ausführung im Auftragsverhältnis durch Werkstatt). Nur eine konsequente Auftragserteilung an die einzelnen Einheiten, eine klare Zuweisung der Betriebsmittel und die Bereitschaft der Leitungen der Wohneinheiten und der Abteilungsleitungen der Werkstatt zur Übernahme der zugewiesenen Verantwortung erlaubt einen einfachen Überbau.“ (zitiert siehe im Anhang, Konzeption)

Zwischenzeitlich hat durch die Kantonalisierung der Betriebsbeiträge und die Komplexität der Rechnungsstellungen der administrative Aufwand derart zugenommen, dass eine Geschäftsstelle mit einer höheren Personaldotation eingerichtet werden musste. (vgl. siehe im Anhang, Konzeption)

Prinzip: Normalisierung

Dadurch, dass die Wohneinheiten höchstens acht Plätze umfassen und in verschiedenen Dörfern oder Quartieren sind, wird dem Normalisierungsprinzip schon weitgehend entsprochen. Durch die Berücksichtigung der verschiedenen Bedürfnisse und Wünsche der Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung, ist die Vielfalt und Eigenartigkeit der Wohneinheiten schon gegeben.

Normalität gilt als gesellschaftliche, kulturelle Gewohnheit, welche hinterfragt, durchbrochen und verändert werden kann.

Maßnahmen, die vom landesüblichen Verhalten und von normalen Umgangsformen abweichen, erfordern eine hinlängliche Begründung, sonst sind sie als konzeptwidrig zu betrachten und zu unterlassen. (vgl. ebd)

Prinzip: Privatheit

Im Verein Chupferhammer sind die Wohngemeinschaften und die Wohnungen das Zuhause der Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung und erst sekundär die Arbeitsplätze des Betreuungspersonals. Es gilt den Wohnbereich als Privatbereich zu respektieren und zu schützen. Die Räume der Wohngemeinschaft haben privaten Charakter und sind keine halböffentliche Räume. Die Nutzerinnen und Nutzer haben den Status von Bewohnerinnen und Bewohnern einer Wohnung und sind hier weder Kunden noch Klienten und auch keine Gäste, sie sind hier zu Hause. (vgl. ebd)

Prinzip: Professionelle Begleitung

Im Mittelpunkt für das Betreuungspersonal steht die Gratwanderung zwischen den Rollen als angenehme und umgängliche Mitbewohnende und der Rolle der professionell tätigen Angestellten der Institution.

In der Gemeinschaft gilt das Recht der Bewohnenden auf weitgehende Selbst- und Mitbestimmung sowie auf Privatheit, um ein gutes Leben führen zu können. Die Professionellen haben sich in diesem Kontext taktvoll aufzuführen.

Die Professionalität erfordert von den bezahlten Angestellten aber auch ein reflektiertes, fachlich fundiertes und zu verantwortendes agogisches Handeln.

Der agogische Prozess wird nach der Vorgabe „Struktur agogischen Handelns“[2] strukturiert und nach vorgegebenen Kriterien dokumentiert. Zielsetzungen werden mit den Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung gemeinsam erarbeitet. Eine Rechenschaftspflicht über die agogische Arbeit besteht aber auch der Institutionsleitung und der gesetzlichen Vertretung gegenüber. (vgl. ebd)

Prinzip: Effektivität

Die Effektivität fragt nach der Zielerreichung der Institution. Der wichtigste Effekt ist „das gute Leben“ für die Nutzerinnen und Nutzer, das heißt auch die Umsetzung des Normalisierungsgedankens. Dann ist auch ein Ziel, dass die Einheiten und damit die Menschen mit Behinderung in Quartieren und Dörfern integriert leben können.

Der Verein ist überzeugt, unter dem Begriff der „institutionell abgesicherten Privatheit“ Räume anzubieten, die echten privaten Charakter haben. (vgl. ebd)

Prinzip: Effizienz

Die Effizienz besagt, ob das angestrebte Ziel mit klugem Mitteleinsatz, sachdienlicher Organisation, möglichst günstig und zeitgerecht erreicht wird. Die klare Organisation, die auf Delegation beruhende Führung und der haushälterische Umgang mit den finanziellen Mitteln führt zu einer hohen Effizienz und der Chupferhammer will damit jedem Vergleich mit anderen Institutionen standhalten. (vgl. ebd)

[...]


[1] Chupferhammer ist der anonymisierte Name des Vereins.

[2] Dieses Dokument ist Bestandteil unseres Qualitäts-Management-System (QMS)

Fin de l'extrait de 57 pages

Résumé des informations

Titre
Lebensraum Institution
Sous-titre
Alltagsgestaltung für Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung und/oder Verhaltensauffälligkeiten in einer dezentralisierten Institutionsform
Université
HFS Agogis Z  (Agogis Zürich - Höhere Fachschule für Sozialpädagogik Zürich)
Note
Erfüllt
Auteur
Année
2013
Pages
57
N° de catalogue
V211563
ISBN (ebook)
9783656397687
ISBN (Livre)
9783656398417
Taille d'un fichier
695 KB
Langue
allemand
Mots clés
lebensraum, institution, alltagsgestaltung, menschen, beeinträchtigung, verhaltensauffälligkeiten, institutionsform
Citation du texte
Alexandra Zilioli (Auteur), 2013, Lebensraum Institution, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/211563

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Titre: Lebensraum Institution



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