Die Existenzgründung einer Arztpraxis

Unter besonderer Würdigung tilgungsoptimierter Fremdfinanzierungsformen


Tesis (Bachelor), 2013

102 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Problemstellung
1.2. Zielsetzung und Gang der Arbeit

2. Strukturwandel im Gesundheitswesen
2.1. Die Entwicklung der ambulanten Versorgung
2.2. Wirtschaftliche und gesundheitspolitische Situation der Arztpraxis
2.3. Struktur und Aufteilung der Ärzteschaft

3. Voraussetzungen und Möglichkeiten der Niederlassung
3.1. Werdegang und Perspektiven eines Arztes
3.2. Optionen der ärztlichen Existenzgründung
3.2.1. Neugründung oder Übernahme
3.2.2. Einzelpraxis im Vergleich zur Kooperation
3.2.3. Medizinisches Versorgungszentrum
3.3. Neue Versorgungsstrukturen

4. Planungsphasen der Existenzgründung
4.1. Vorgründungsphase
4.1.1. Persönliche Anforderungen und das Gründungsteam
4.1.2. Formale Voraussetzungen und Ausrichtung der Praxis
4.2. Phase der Investitions- und Kostenplanung
4.2.1. Leistungsspektrum und Marketing
4.2.2. Praxisbewertung und Investitionskosten
4.3. Phase der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
4.3.1. Liquiditätsrechnung
4.3.2. Investitions- und Kostenanalyse

5. Existenzgründungsfinanzierung einer Arztpraxis
5.1. Grundlagen und Struktur der Finanzierung
5.1.1. Formen der Unternehmensfinanzierung
5.1.2. Systematik der Fremdkapitalaufnahme
5.1.3. Voraussetzungen und Prinzipien der Kreditierung
5.2. Grundformen kreditbasierter Fremdmittel
5.2.1. Tilgungsmodelle langfristiger Fremdmittel
5.2.2. Zinsvarianten und Zinsniveauentwicklung
5.2.3. Kurz- bis mittelfristiger Kapitalbedarf
5.3. Potentiale und Perspektiven der Praxisfinanzierung
5.3.1. Öffentliche Förderbanken
5.3.2. Tilgung versus Tilgungsaussetzung
5.3.3. Ratingverfahren

6. Ganzheitliche Betrachtung der Finanzierungsstruktur
6.1. Zusammenspiel von Praxis- und Privatinvestition
6.2. Fallbeispiel – Finanzierungskonzeption
6.2.1. Konzept 1: Klassische Finanzierung
6.2.2. Konzept 2: Hybride Finanzierung
6.2.3. Konzeptanalyse
6.3. Ableitung einer ganzheitlichen Finanzierungsstrategie

7. Schlussbetrachtung
7.1. Kritische Würdigung und empfehlenswerte Positionierung
7.2. Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Vergütung vertragsärztlicher Leistungen

Abbildung 2: Bestandteile des Gesamthonorars einer Arztpraxis

Abbildung 3: Entwicklung der MVZ Gesamtzahl

Abbildung 4: Medizinisches Erfolgskonzept

Abbildung 5: Leistungsspektrum einer Hausarztpraxis

Abbildung 6: Investitionsvolumina bei Einzelpraxisübernahmen

Abbildung 7: Positionen der laufenden Betriebskosten

Abbildung 8: Berechnungsgrundlage der Liquidität

Abbildung 9: Mindestumsatz-Kalkulation

Abbildung 10: InKo-Planungsparameter

Abbildung 11: InKo-Persönliche Ausgaben

Abbildung 12: InKo-Gesamtauswertung

Abbildung 13: Systematik der Finanzierungsvarianten

Abbildung 14: Grundformen der Tilgung

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Vertragsärzte nach Arztgruppen

Tabelle 2: Berufsziele des ärztlichen Nachwuchses – 2012

Tabelle 3: Motive der Standortanalyse

Tabelle 4: Bewertungsfaktoren zur Praxiswertermittlung

Tabelle 5: Tilgungsmodellvergleich

Tabelle 6: Vergleich: Tilgung versus Tilgungsaussetzung

Tabelle 7: Klassisches Finanzierungsmodell

Tabelle 8: Hybrides Finanzierungsmodell

Tabelle 9: Konzeptionsvergleich

1. Einleitung

1.1. Problemstellung

Der Beruf des Arztes[1] ist auf breiter Front als „Traumjob“ manifestiert. Die Möglichkeit kranken Menschen zu helfen, freiberuflich zu arbeiten und dabei noch lukrativ entlohnt zu werden, sind Merkmale einer erfüllenden Tätigkeit. Trotz vieler Vorzüge und positiver Aussichten verliert der Arztberuf zunehmend an Attraktivität. Hauptursache ist die Refinanzierung des deutschen Gesundheitssystems, und gleichzeitig die Vergütung, sowie Arbeitsbedingungen der Mediziner. In den letzten zwanzig Jahren haben Reformen und Reglementierungen der Politik massive strukturelle Veränderungen am Gesundheitsmarkt ausgelöst und eine Verunsicherung innerhalb der Ärzteschaft hervorgerufen. Das Resultat ist ein akuter Mangel an ärztlichem Nachwuchs. In Folge dessen haben viele niedergelassene Mediziner Probleme, einen Praxisnachfolger zu finden. Die Gefahr einer medizinischen Unterversorgung rückt die Niederlassung von Ärzten in den Fokus, da wirtschaftlich selbstständige Mediziner den Kern der ambulanten Versorgung in Deutschland abbilden.[2]

Die „Eigene Praxis“ stellt für viele Ärzte sowohl das erklärte beruflich Ziel, Fundament wirtschaftlichen Erfolgs, als auch die Existenzgrundlage dar. Jedoch haben sich speziell in diesem Bereich die ökonomischen und rechtlichen Anforderungen grundlegend geändert. Negativfaktoren wie lange Arbeitstage, die Einnahmenunsicherheit, und das Investitionsrisiko schrecken den Nachwuchs ab. Dabei bestehen auch unter Einfluss der aktuellen Gesundheitspolitik aussichtsreiche Optionen, ein gesichertes und weit überdurchschnittliches Einkommen zu erzielen. Perspektivisch werden sich die niedergelassenen Ärzte behaupten, die zum einen über die notwendige fachliche Qualifikation und zum anderen über betriebswirtschaftliches Wissen, als auch unternehmerische Fähigkeiten verfügen. Arztpraxen entwickeln sich zu klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU).[3] Das Medizinstudium ist jedoch nicht darauf ausgerichtet, den angehenden Arzt zu einem Unternehmer auszubilden, so dass i.d.R. nur unzureichende betriebswirtschaftliche Kenntnisse vor der Niederlassung bestehen. Besondere Bedeutung erhält in diesem Zusammenhang die Existenzgründungsplanung und -beratung, welche die Basis für eine erfolgreiche Selbstständigkeit bildet. Für die Existenzgründer stellt die aktuelle Situation eine besondere Herausforderung, aber auch Chance für die zukünftige Positionierung dar. Denn für Arztpraxen besteht ein klassischer Käufermarkt[4], welcher den niederlassungswilligen Medizinern eine hohe Auswahl an Möglichkeiten der Praxisübernahme bietet. Darüber hinaus begünstigen die historische Niedrigzinsphase[5], und staatliche Subventionen das Investitionsvorhaben. Ärzte werden zu Unternehmern, für die im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Praxisführung ein ganzheitliches Finanzkonzept besondere Bedeutung erlangt.[6]

1.2. Zielsetzung und Gang der Arbeit

Im Fokus dieser Arbeit steht die Existenzgründung von Arztpraxen[7] in Deutschland. Die Zielsetzung ist darauf ausgerichtet, die Niederlassung der ärztlichen Heilberufe unter Einfluss der Veränderungen im Gesundheitswesen, sowie auf Basis wirtschaftlicher Rahmendaten kritisch zu beurteilen. Kern der Analyse ist die Finanzierungsstruktur, welche unter ganzheitlichen Aspekten betrachtet wird. Ziel ist es, Möglichkeiten und Perspektiven anhand von praxisrelevanten Finanzierunginstrumenten darzustellen und aufbauend darauf, eine individualisierte Finanzierungskonzeption[8] für die Ärzteschaft abzuleiten.

Das umfangreiche Gesamtthema wird einleitend in Kapitel 2 allgemein beleuchtet, und die Entwicklung der ambulanten Versorgung anhand der gesundheitspolitischen Einflüsse dargestellt. Daraus abgeleitet wird der Status Quo, sowie die Struktur der Branche vor wirtschaftlichem Hintergrund erläutert. Abschnitt 3 vermittelt einen Überblick der alternativen Karriereoptionen junger Mediziner und betrachtet im weiteren Verlauf die Niederlassung als Arzt. Die notwendigen Voraussetzungen für den Weg in die eigene Praxis werden entlang des medizinischen Werdegangs herausgestellt. Der Hauptteil fokussiert in Punkt 4 die Existenzgründung und veranschaulicht die Planungsphasen, sowie betriebswirtschaftlichen Aspekte einer ärztlichen Niederlassung. Am Beispiel der Übernahme einer Hausarztpraxis wird eine Investitions- und Kostenanalyse durchgeführt und bewertet. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen werden im 5. Kapitel die Finanzierungsmöglichkeiten einer Arztpraxis aufgezeigt. Der Analyserahmen umfasst hierbei die Fremdfinanzierungsformen von Kreditinstituten. Nach einem fundamentalen Überblick werden die praxisrelevanten Verfahren thematisch eingegrenzt und anhand des Fallbeispiels, unter Berücksichtigung der aktuellen Finanzmarktlage, gegenübergestellt. Abschnitt 6 setzt die gewonnenen Ergebnisse in den ganzheitlichen Kontext und zeigt Potentiale und Perspektiven für die Finanzierungskonzeption auf. Abschließend erfolgt ein beurteilendes Resümee mit Zukunftsausblick und empfehlenswerter Positionierung für die Existenzgründer und bereits niedergelassene Mediziner[9].

2. Strukturwandel im Gesundheitswesen

Noch vor zwei Jahrzehnten galt die ärztliche Approbation[10] als Lizenz für wirtschaftlichen Wohlstand und soziale Anerkennung. Niedergelassene Mediziner aus dieser Zeit haben die „Goldenen Jahre“ miterlebt. Jeder Arzt konnte frei nach Belieben den Standort seiner Praxis wählen. Sämtliche Behandlungen am Patienten wurden vollständig vergütet, und parallel war ein Großteil der Altersvorsorge bereits durch den zukünftigen Praxisveräußerungserlös gesichert.[11] Heute stehen diese Kollegen vor dem Ruhestand und suchen Nachfolger. Bis 2020 schätzt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), dass ca. 48.500 Vertragsärzte[12] aus der ambulanten Versorgung altersbedingt ausscheiden. Gleichzeitig stehen jedoch immer weniger Ärzte zur Patientenversorgung zur Verfügung und die Zahl der ärztlichen Niederlassungen ist rückläufig. Die Ursachen sind vielseitig und können u.a. auf die Ökonomisierung der Medizin als auch den Strukturwandel im Gesundheitswesen zurückgeführt werden. Junge Ärzte meiden den Weg in die Selbstständigkeit aufgrund von Einnahmeunsicherheit, Investitionsrisiken und mangelnder Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Die Dramatik dieser Entwicklung wird daran deutlich, dass die Versorgung durch niedergelassene Ärzte die zentrale Rolle im Rahmen der ambulanten Versorgung einnimmt.[13]

2.1. Die Entwicklung der ambulanten Versorgung

Die demographische Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland hat entscheidenden Einfluss auf den Wandel im Gesundheitswesen. Im Normalfall stellt sich die Bevölkerungsstruktur als Pyramide dar, in der die älteren Menschen die Spitze und die Jungen den Boden bilden. Der demographische Umbruch ist in vollem Gange und sorgt dafür, dass sich diese Pyramide auf längere Sicht umkehrt. Perspektivisch wird sich die Einwohnerzahl minimieren. Sinkende Geburtenraten und stetig verbesserte medizinische Versorgung führen zu einer immer älter werdenden Bevölkerung.[14] Statistisch belegt ist, dass ältere Menschen häufiger erkranken und ärztliche sowie pflegerische Zuwendungen verstärkt in Anspruch nehmen. Die Leistungen, die von ärztlicher Seite zugunsten der Einzelperson erbracht werden, steigen an. Parallel führt die schrumpfende Gesellschaft dazu, dass nominal auch weniger Leute den Beruf des Arztes erlernen. Gepaart mit dem Attraktivitätsverlust der Niederlassung lässt sich aus diesen Fakten ableiten, dass zukünftig mehr Leistungen von weniger Ärzten erbracht werden müssen.[15]

Vor dem gesamtwirtschaftlichen Hintergrund erschweren Arbeitslosigkeit, sowie durch die Finanzkrise hervorgerufene mäßige Aussichten auf steigendes Wirtschaftswachstum die Situation. Eine sich stetig verteuernde Gesundheitsversorgung tangiert die Finanzierungsstabilität des deutschen Gesundheitswesens. Die Refinanzierung stellt seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) dar. Die Finanzierungsbasis der GKV bilden die hälftigen Beiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Gemäß der Sozialgesetzgebung werden durch diese Beiträge die Ernährer im Falle von Krankheit geschützt. Darüber hinaus werden auch Arbeitslose durch das System abgesichert, da die Beiträge von den Sozialkassen übernommen werden. Das ohnehin angespannte Gefüge der Sozialversicherung kann der GKV nur bedingt finanzielle Unterstützung bieten, da sich durch die schrumpfende Anzahl an arbeitenden Bürgern auch die Einzahlungen in die Sozialkasse gleichermaßen reduzieren. In der Vergangenheit wurde der steigende Kapitalbedarf durch eine Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge und Kürzung ärztlicher Leistungen kompensiert.[16] Aktuell wird noch die Hälfte aller Leistungen auf dem Gesundheitsmarkt von der GKV übernommen. Als Basis der ambulanten Versorgung fließen ca. 85 % dieser Honorareinnahmen[17] niedergelassenen Ärzten zu. Jedoch werden von Seiten der GKV die Bedingungen für die Erstattung der Behandlungskosten erschwert. Die Krankenkassen (KK), als ausführendes Organ, stellen besondere Ansprüche an die Qualität der erbrachten Leistung. Ohne Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zum Qualitätsmanagement (QM) ist heute die Führung einer Arztpraxis unmöglich. Desweiteren wurden eine Reihe von Restriktionen[18] für die Ärzteschaft eingeführt, die zu einer besseren Versorgung der Patienten führen sollen. Fakt ist aber, dass all diese Maßnahmen nicht dazu beitragen, dass sich das Budget zur Verteilung an die Leistungserbringer erhöht. Die Gewissheit, dass eine Verbesserung der GKV-Einnahmen nur über Kosteneinsparungen erzielbar ist, führt zu ansteigender Unsicherheit auf Seiten der niedergelassenen Ärzte. Zudem lässt dieser Zustand privat finanzierte Gesundheitsleistungen in den Fokus von Medizinern und KK rücken. Es ist zu erwarten, dass die Bereitschaft der Patienten steigen wird, für eine individuelle gesundheitliche Versorgung zusätzliches Geld zu investieren.[19]

2.2. Wirtschaftliche und gesundheitspolitische Situation der Arztpraxis

Aufgrund der Finanzierungsproblematik im Gesundheitswesen zeichnet sich prognostisch der Weg in die Zwei-Klassen-Medizin[20] ab. Wie bereits in vielen anderen Ländern praktiziert, werden spezielle medizinische Behandlungen ausschließlich mit privater Zuzahlung erbracht. Die GKV wird nur noch eine Basisversorgung garantieren können. Diese Entwicklung verändert die Rolle des Arztes. Für den Aufgabenbereich der Krankheitsbekämpfung und Notfallintervention werden die Mediziner auch in der Zukunft schwerpunktmäßig durch die GKV vergütet. Der Arzt als Berater der Patienten, welcher umfangreiche Behandlungsleistungen erbringt und hilft, Gesundheit zu erhalten, wird privat liquidieren. Damit sich die Zahlungsbereitschaft der Patienten auch als Praxisertrag widerspiegelt, muss der Arzt zum Unternehmer und Manager seiner Praxis werden.[21]

Die KBV vertritt die Kassenärzte in politischen Belangen auf Bundesebene sowie gegenüber den KK. Sie fungiert als Interessenvertretung und stellt die ärztliche Versorgung durch die Bedarfsplanung[22] sicher. In Kooperation mit den 17 unterstellten regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), ist die Honorarverteilung der vertragsärztlichen Leistungsvergütung die zentrale Aufgabe. Seit 2012 hat die KBV den einzelnen KVen mehr Spielraum bei der Vergabe der Gesamtvergütung zukommen lassen.[23] Ziel ist es, eine regionalspezifische und leistungsgerechte Honorarverteilung zu erreichen. Die KK stellen den einzelnen KVen einen festen Geldbetrag, die sogenannte Gesamtvergütung, zur Verfügung. Basis der Kalkulation ist der einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM), welcher das Leistungsverzeichnis[24] der GKV zur Vergütung medizinisch notwendiger Behandlungen abbildet. Jede Leistung ist mit einer individuellen Punktmenge ausgezeichnet, die multipliziert mit dem bundesweit identischen Punktwert von aktuell 3,5048 Cent, dem jeweiligen Euro-Gegenwert der Leistung entspricht. Das limitierte Gesamtbudget stellt die Summe aller abrechnungsfähigen Leistungen der Vertragsärzte dar. Jede KV kann eine eigene Vergabesystematik wählen, sowie die Verteilung individuell nach Fachgruppe, Praxisform und Leistung regeln. An der grundsätzlichen Budgetierungsproblematik ändert die Handlungsfreiheit jedoch nichts. Das Honorarbudget ist begrenzt und kann lediglich anders verteilt werden.[25] Jede KV stellt den einzelnen Ärzten ein Praxisbudget zur Verfügung. Die Vergabe wird regionsspezifisch individuell ausgelegt, wodurch in fast allen KV-Gebieten besondere Attribute entstehen. Schwerpunktmäßig orientieren sich jedoch die meisten KVen am bis Ende 2011 einheitlichen Verteilungssystem, welches in folgender Abbildung veranschaulicht wird.[26]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Anlehnung an: KBV (2010), o.S.

Abbildung 1: Vergütung vertragsärztlicher Leistungen

Die Gesamtvergütung wird hierbei auf die Bereiche der Haus- und Fachärzte gegliedert. Das Facharztbudget wird desweiteren auf die verschiedenen Fachgruppen verteilt und im Anschluss, wie das Budget der Hausärzte, den einzelnen Arztpraxen zugeordnet. Dabei setzt sich das individuelle Praxisbudget, in der am häufigsten angewandten Vergütungsform, aus drei Bestandteilen zusammen: Das Regelleistungsvolumen (RLV) deckt die üblichen, regelmäßigen Leistungen einer Arztpraxis der jeweiligen Fachrichtung ab. Qualifikationsgebundene Zusatzvolumina (QZV) werden nur Medizinern zugewiesen, die durch besondere Qualifikationen (z.B. Akupunktur[27]) zur Versorgung beitragen. Bis zur Summe aus RLV und QZV können alle erbrachten Leistungen aus diesen beiden Honorargruppen vollständig abgerechnet werden. Bei Überschreitung der Budgetgrenze werden weitere Leistungen nur noch mit einem reduzierten Punktwert vergütet, und somit das Honorar reduziert. Der Punktwert variiert in diesem Fall und liegt durchschnittlich bei unter 0,5 Cent. Den dritten Bestandteil bilden extrabudgetäre Leistungen, welche mengenunabhängig außerhalb des Praxisbudgets zum vollen Punktwert vergütet werden. Zu diesen Leistungen gehören bspw. ambulante Operationen oder Vorsorgeuntersuchungen, die speziell gefördert werden sollen. Eine Alternative zu der Kombination aus RLV und QZV sind durch die KV vergebene Individualbudgets. Selbige werde nach einem anderen Schema ermittelt, limitieren jedoch ebenfalls die Menge der abrechenbaren Leistungen.[28]

Eine theoretisch unbegrenzte Einkommensquelle der Ärzte bilden die Leistungen, die von der GKV als nicht notwendig angesehen und aus diesem Grund nicht abgedeckt werden. Sogenannte Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) oder Privatleistungen werden den Patienten gegen Selbstzahlung angeboten. Desweiteren fallen auch alle Behandlungen von Privatversicherten in diese Einkommensklasse. Als Orientierung und Leistungsverzeichnis dient die Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ), welche jede dieser Leistungen mit einem Basisbetrag (Einfachsatz) ausweist. Je nach Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand der Behandlung kann der Arzt einen höheren Faktor mit seinen Patienten vereinbaren. Das Gesamthonorar einer Arztpraxis kann sich folglich aus folgenden Vergütungsklassen zusammensetzen:[29]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Anlehnung an: KV Saarland (2010), S. 1 f.

Abbildung 2: Bestandteile des Gesamthonorars einer Arztpraxis

2.3. Struktur und Aufteilung der Ärzteschaft

Das Vertrauensverhältnis ist die Basis der Beziehung zwischen Arzt und Patient. Wenn medizinische Hilfe benötigt wird, kann grundsätzlich jeder zugelassene Arzt vom Patienten konsultiert werden. Damit ein Mediziner in Deutschland zur Behandlung am Patienten befähigt ist, muss er den Facharztstandard erfüllen. Voraussetzung für die Anerkennung als Facharzt ist eine mindestens fünfjährige Weiterbildung nach EU-Vorgaben, im Spezialgebiet der jeweiligen Arztgruppe[30], mit erfolgreich absolvierter Prüfung vor der Landeärztekammer. Desweiteren ist der Titel „Facharzt“ seit 1993 Voraussetzung, um die Zulassung als Vertragsarzt der GKV zu erhalten.[31]

Im Vertragsarztregister[32] per 2011 sind insgesamt 121.661 Vertragsärzte erfasst. Die Aufteilung auf die entsprechenden Arztgruppen ist nachfolgend tabellarisch dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Anlehnung an: Kassenärztliche Bundesvereinigung (2012), S. 61.

Tabelle 1: Vertragsärzte nach Arztgruppen

Bezugnehmend auf den demographischen Wandel ist zu vermerken, dass 28.188 aller Vertragsärzte älter als 60 und nur 5.106 jünger als 40 Jahren sind.[33]

Der Hausarzt nimmt als regelmäßig erste Anlaufstation der Patienten die zentrale Position innerhalb der gesundheitlichen Versorgung ein.[34] Er fungiert als Richtungsweiser und koordiniert die gesamte Behandlung. Durch den regelmäßigen Kontakt zum Patienten kennt er die Krankheitshistorie und kann Therapieschritte bestmöglich bestimmen. Im Rahmen der Behandlung wird individuell entschieden, ob eine Überweisung an die spezialisierten Fachärzte oder Kliniken erfolgt.[35] Zur primären Gruppe der Hausärzte zählen neben den Allgemeinmedizinern auch die hausärztlich tätigen Internisten, praktischen Ärzte, und die meisten Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin. Gemeinsam bilden sie, mit 46,6 % aller Mediziner, die größte Facharztformation.[36]

Im Rahmen dieser Arbeit wird der als Hausarzt bezeichnete Facharzt für Innere- und Allgemeinmedizin fokussiert und aufgrund der allgemeinen Aussagekraft, in den Mittelpunkt der Analyse gestellt.

3. Voraussetzungen und Möglichkeiten der Niederlassung

Der junge Mediziner steht zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn vor einer Reihe von bedeutenden Entscheidungen, die seinen Werdegang richtungsweisend beeinflussen. Das vielseitige Berufsbild eröffnet eine Fülle von Möglichkeiten, sich zu positionieren. Bei der Auswahl zwischen mehr als 30 Fachgruppen und dem vorherrschenden Ärztemangel in Deutschland sind die Perspektiven positiv. Der lange Weg zum praktizierenden Arzt ist jedoch beschwerlich und fordert umfangreiches Engagement, Entbehrung, als auch Zeiteinsatz. Entscheidend bei der Fokussierung innerhalb der Medizinsparte ist deshalb eine zielgerichtete Planung, um Form und Rahmen der zukünftigen Tätigkeit bestimmen und in Einklang mit den persönlichen Vorstellungen bringen zu können.[37]

3.1. Werdegang und Perspektiven eines Arztes

Der Weg in die eigene Praxis führt ausschließlich über das medizinische Hochschulstudium. Die Zulassungsanforderungen zum Studium werden bereits durch den Numerus Clausus (NC)[38] (ca. 1,0 – 1,6) präzisiert. In der Regelstudienzeit von 13 Semestern wird die Theorie und Praxis an einer Hochschule vermittelt. Zusätzlich muss eine viermonatige Famulatur[39] und ein einjähriges praktisches Jahr an einer Klinik absolviert werden. Mit erfolgreichem Bestehen der allgemeinen Grundausbildung erhält der Student die Approbation als Arzt und kann fortan als Assistenzarzt, unter Aufsicht eines Facharztes, praktizieren. Bis zu diesem Zeitpunkt verläuft das Studium bundesweit einheitlich, ohne Schwerpunkte in einer Fachgruppe zu setzen. Angeschlossen beginnt i.d.R. die berufsbegleitende Weiterbildung zum Facharzt. Damit der Mediziner zukünftig als Hausarzt niedergelassen tätig werden kann, muss er sich in einer fünfjährigen Ausbildung zum „Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin“ qualifizieren. Die Fortbildung in anderen Fachgruppen kann erheblich länger dauern. Nach insgesamt mindestens 13 Jahren theoretischer und praktischer Ausbildung stehen alle Optionen der ärztlichen Berufsausübung offen.[40]

Neben den klassischen Tätigkeitsfeldern im ambulanten Bereich oder Krankenhaus bilden die Sektoren Industrie und Verwaltung, als auch Lehre und Forschung, attraktive Alternativen. Körperschaften, Ämter und die freie Wirtschaft locken die hochqualifizierten Akademiker mit geregelten Arbeitszeiten und guten Einkommen. Der Horizont erstreckt sich dabei bis hin zu vollständig nichtkurativen Arbeiten. Auch das Ausland wirbt um die deutschen Fachkräfte. Länder wie Großbritannien, Frankreich, Niederlande und die Schweiz bieten mit humanen Arbeitsbedingungen und lukrativen Verdienstmöglichkeiten interessante Anreize. Die vielseitige und attraktive Auswahl trägt dazu bei, dass die Beschäftigung im klassischen medizinischen Berufsfeld rückläufig ist.[41]

Eine Umfrage durch den Ärzteverband Hartmannbund aus 2012 spiegelt das aktuelle Stimmungsbild und Wünsche des ärztlichen Nachwuchses repräsentativ wider. Von den knapp 4400 befragten Medizinstudenten können sich 44 % eine Tätigkeit außerhalb von Praxis und Klinik vorstellen. Die Mehrheit von 56 % hält den Arztberuf in seiner klassischen Form jedoch nach wie vor für ansprechend und gibt die Richtung für das aktuelle Berufsziel wie folgt an:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Anlehnung an: Anhang 3, S. 64 f.

Tabelle 2: Berufsziele des ärztlichen Nachwuchses – 2012

Der Trend zur Anstellung verstärkt den Strukturwandel in der ambulanten Medizin und übt Kritik an den geltenden Rahmenbedingungen für niedergelassene Ärzte. Positiv für die ambulante Patientenversorgung ist, dass nach einer Phase der Anstellung für 85 % der Befragten die Niederlassung als Arzt eine lohnenswerte Alternative bietet. Aus diesen Ergebnissen kann abgeleitet werden, dass sich ein Großteil der Studenten erst nach gemachten Erfahrungen im Angestelltenverhältnis der Existenzgründung gewachsen fühlt. Als Voraussetzung, um den Arztberuf attraktiver zu gestalten, geben die kommenden Mediziner die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, geregelte Arbeitszeiten, Bürokratieabbau und eine grundsätzlich bessere Vergütung an. Angetrieben durch die Feminisierung[42] im Arztsegment, wird die zentrale zukünftige Herausforderung der Kompromiss zwischen Beruf und Privatleben sein.[43]

3.2. Optionen der ärztlichen Existenzgründung

3.2.1. Neugründung oder Übernahme

Ist die Entscheidung für die Selbstständigkeit gefallen, sondiert der niederlassungswillige Arzt seine Möglichkeiten. Zu Beginn steht die sehr persönliche Entscheidung über Form und Rahmen der eigenen Praxis. Theoretisch besteht für jeden ärztlichen Existenzgründer die Auswahl, seine Niederlassung entweder an einem neuen Standort zu planen oder eine bereits am Markt etablierte Praxis zu übernehmen. Ob der Arzt die Wahlmöglichkeit zwischen den beiden Alternativen hat, ist jedoch entscheidend vom Niederlassungsort abhängig. In den meisten KV-Gebieten begrenzen Zulassungssperren die Standortfrage. Durch diese Reglementierung wird die Bedarfsplanung gesteuert, und auf der einen Seite der Fortbestand bestehender Praxen gesichert. Auf der anderen Seite wird der Neugründer jedoch in seiner Entscheidungsfreiheit limitiert.[44] Die Eröffnung einer neuen bzw. zusätzlichen Vertragsarztpraxis ist nur in offenen Planungsbereichen möglich. Diese sind aus Perspektive der KV unterversorgte, i.d.R. ländliche Gebiete und benötigen eine zusätzliche ärztliche Betreuung. Offene Planungsstellen werden regelmäßig durch die KVen aktualisiert und der Ärzteschaft veröffentlicht. Aus dem Blickwinkel der aktuellen Praxislandschaft hat die Neugründung nur sekundären Charakter. Der Ursprung dieser Annahme ist darin begründet, dass über 80 % der Praxisfinanzierungen in den letzten Jahren auf Übernahmen entfielen.[45] Die präferierte Gründungsform ist derzeit die einzige Möglichkeit, in gesperrten Gebieten eine Kassenzulassung zu erwerben. Im Zuge der Übernahme einer etablierten Praxis kann der Arzt u.a. vom positiven Image, gut ausgebildeten Personal und dem bereits vorhandenen Patientenstamm profitieren. Die gegebene Umsatz- und Kostenstruktur ermöglicht eine zielgerichtete betriebswirtschaftliche Planung und verschafft dem Nachfolger dadurch Sicherheit. Auf der Kehrseite ist eine ggf. beabsichtigte Standortverlegung erst sechs Monate nach Übernahme und ausschließlich mit Zustimmung durch die KV möglich. Bestehende Altverträge für bspw. Personal, Leasing[46] oder Mieträume müssen übernommen werden. Wird eine Praxis aus Altersgründen abgegeben, entsprechen häufig Praxisoptik, sowie die Ausstattung der medizinischen Geräte nicht mehr den heutigen Standards und verursachen Investitionsbedarf. Damit zwischen den positiven als auch negativen Attributen abgewogen und eine fundierte Übernahmeentscheidung getroffen werden kann, ist vor der Niederlassung eine umfassende Analyse und Prüfung der einzelnen Faktoren zwingend erforderlich.[47]

3.2.2. Einzelpraxis im Vergleich zur Kooperation

Die Einzelpraxis (EP) ist definitionsgemäß eine Praxis, die nur durch einen einzelnen Arzt betrieben wird. Sie entspricht dem klassischen Bild des Freiberuflers. Das Leistungsspektrum, sowie die Führung der Praxis, orientieren sich am Arzt als Praxisinhaber. Derzeit ist die Übernahme einer EP die dominierende Gründungsform am Gesundheitsmarkt. In dieser Struktur kann der selbständige Arzt seine individuellen Vorstellungen im Hinblick auf Praxisführung und Organisation frei wählen. Öffnungszeiten, Personalführung, Urlaubsplanung, Investitionsentscheidungen etc. können nach den Wünschen des Arztes ausgerichtet werden. Die Eigenständigkeit des Praxisinhabers betrifft jedoch auch das unternehmerische Risiko. Er trägt die Gesamtkosten für bspw. Finanzierung, Räumlichkeiten, Geräte und Mitarbeiter. Für Verbindlichkeiten sowie potentielle Schadensersatzansprüche haftet er persönlich und unbeschränkt. Der rechtliche Rahmen entspricht regelmäßig dem eines Einzelunternehmens[48]. Darüber hinaus muss er im Falle von Krankheit und Urlaub eigenständig für Vertretung sorgen.[49] Unabhängig ob Übernahme oder Neugründung, sinkt jedoch die Bedeutung der EP. In den alten Bundesländern reduzierte sich die Wahl der EP bei der ärztlichen Existenzgründung im Zeitraum 2008 bis 2010 von 52 % auf 45 %. Die Anzahl der bestehenden EP ist in den letzten Jahren ebenfalls rückläufig.[50] Ursachen für diesen Trend können aus einer gemeinsamen Umfrage von der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) und dem Deutschen Ärzte Verlag abgeleitet werden. Zum Thema „Zukunftsaussichten beruflicher Kooperationen“ wurden knapp 550 niedergelassene Mediziner und Krankenhausärzte befragt. Als Idealbild der medizinischen Berufsausübung ergibt sich die ärztliche Kooperation. Fast 42 % aller Befragten gaben als bevorzugtes Tätigkeitsfeld die Kooperation unter Ärzten an. Unter den niedergelassenen Medizinern stimmte sogar mehr als jeder zweite für die ärztliche Arbeit im Team.[51] Die Kooperation steht für intensiven Austausch unter Kollegen, Flexibilität, Synergieeffekte, ein erweitertes Leistungsspektrum, sowie verbesserte Zukunftsperspektiven. Neben den wirtschaftlichen Effekten, wie erhöhte Budgets und eine verbesserte Kostenstruktur, spielen sogenannte „Soft Facts“, z.B. Arbeitszeitgestaltung oder Risikodiversifizierung, eine wichtige Rolle. Die absolute Mehrheit der Ärzteschaft bevorzugt Kooperationsformen mit drei bis vier Partnern. Unter dem Überbegriff der Kooperation werden diverse Varianten der ärztlichen Zusammenarbeit verstanden. Im Folgenden werden Formen mit besonderer Praxisrelevanz für die niedergelassenen Ärzte dargestellt.[52]

Das Pendant zur EP ist die Gemeinschaftspraxis, welche heute als Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) bezeichnet wird. In der klassischen Form der örtlichen BAG schließen sich zwei oder mehr Mediziner zu einer Praxis an einem Standort zusammen, um gemeinsam ihrer ärztlichen Tätigkeit nachzugehen. Gemeinsam bilden sie sowohl eine organisatorische, als auch wirtschaftliche Einheit. Sie rechnen gemeinschaftlich mit der KV ab und teilen sich Umsatz und Kosten. Der Gewinn wird analog der prozentualen Beteiligung ausgeschüttet. Die gemeinschaftliche Nutzung betrifft Personal, Räume, Geräte und ebenfalls den Patientenstamm. Es ist irrelevant, ob die beteiligten Ärzte denselben oder unterschiedlichen Fachgruppen angehören. Die überwiegend verwendete Rechtsform entspricht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts[53] (GbR), gefolgt von der Partnerschaftsgesellschaft (PartG). Beide Typen unterscheiden sich elementar in Bezug auf die Haftungsregelung. Während die Parteien im Rahmen der GbR als Gesamtschuldner haften, d.h. jeder Arzt haftet nach außen für alle anderen, gilt Selbiges innerhalb der PartG nur für monetäre Verbindlichkeiten der Gemeinschaft. Für verursachte Behandlungsfehler haftet jeder Arzt ausschließlich persönlich.[54] Die BAG kann ebenfalls an mehreren Standorten überörtlich kooperieren (ÜBAG). Hierbei können die einzelnen Partner räumlich getrennt oder wechselseitig an den verschiedenen Betriebsstätten praktizieren. Voraussetzung ist, dass an jedem Praxisstandort mindestens ein Mitglied der ÜBAG hauptberuflich tätig ist. Prinzipiell ist dabei die Anzahl der Standorte unbegrenzt. Als limitierender Faktor muss jeder Arzt aber mindestens zwanzig Stunden pro Woche an der Betriebsstätte zur Verfügung stehen, an der sein Vertragsarztsitz zugeteilt ist. Desweiteren darf der einzelne Arzt an nur zwei weiteren Standorten agieren.[55] Die Teil-BAG beschreibt eine Form der Kooperation, die nur für spezielle ärztliche Leistungen gebildet wird. Selbige können örtlich als auch überörtlich geführt werden. Beispielhaft behandeln in einer solchen Gemeinschaft ein Neurologe[56] und ein Kinderarzt ausschließlich Minderjährige mit neurologischen Erkrankungen. Neben dieser Kooperation führen beide Parteien ihre EP autonom.[57]

Organisatorische Kooperationsformen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nur einzelne

Synergieeffekte nutzen, dabei wirtschaftlich jedoch unabhängig voneinander bleiben. Die Praxisgemeinschaft (PG) bildet bspw. einen räumlichen Zusammenschluss von mindestens zwei wirtschaftlich völlig selbständigen Praxen. Gemeinschaftlich können jedoch Personal, Räume oder Geräte genutzt werden, um dadurch Kostenvorteile zu erzielen. Apparate- oder Laborgemeinschaften schließen sich zu einer GbR zusammen, um kostenintensive Apparate wie Röntgengeräte bzw. Labore gemeinschaftlich zu nutzen. Die Kostenteilung wird hierbei i.d.R. nach Beanspruchung aufgeschlüsselt.[58] Grundvoraussetzung für alle vorgenannten Kooperationsformen ist, dass immer ein Kassenarztsitz einem Vertragsarzt unmittelbar zugeordnet ist. Es ist nicht gestattet, dass ein Vertragsarzt mehr als eine Kassenzulassung auf seinen Namen gemeldet hat. Sollte in Folge von Zulassungssperren ein Kassensitz vakant sein, ist eine beliebte Form der Arbeitsteilung das ärztliche Job-Sharing. Hierbei teilt der niedergelassene Arzt seinen Sitz und nimmt einen Kollegen der identischen Fachgruppe in freiberuflicher oder angestellter Form auf. Durch die Teilung erhöht sich nicht das Budget, aber es können andere Positiveffekte erzielt werden. Eine Möglichkeit wäre das Praxiseinstiegs- oder Überleitungsszenario für einen jungen Mediziner. Desweiteren kann das Job-Sharing eine Entlastung für den Praxisinhaber bieten, oder eine Option zur Ausweitung der Öffnungszeiten darstellen. Diese Variante entspricht ausschließlich der Arbeitsteilung und nicht der Volumenerweiterung für den GKV-Bereich.[59]

[...]


[1] In dieser Arbeit schließt die männliche Berufsbezeichnung „Arzt“, die Ärztinnen gleichermaßen ein.

[2] Vgl. Deutsche Eliteakademie (2012), o.S.; Hartmannbund (2011), o.S.

[3] Vgl. Frank, M. (2010), S. 2 f.

[4] Der Käufermarkt bezeichnet einen Zustand, in dem sich die Käufer in der stärkeren Position befinden. Aufgrund von steigendem Angebot und stetiger Nachfrage, entsteht ein Angebotsüberschuss.

[5] Eine Niedrigzinsphase entspricht einer Zeitspanne, in der das Zinsniveau, im historischen Vergleich, außerordentlich niedrig ist.

[6] Vgl. Frodl, A. (2004), S. 11 f; Lehmeier, P. (2004), S. 74; Deutsche Eliteakademie (2012), o.S.

[7] Im Rahmen dieser Arbeit werden ausschließlich die humanmedizinischen Arztpraxen analysiert.

[8] Eine Finanzierungskonzeption entspricht der Planungsgestaltung von Darlehen, welche sämtliche Finanzierungen eines Kreditnehmers betrachten und im Idealfall dessen Wünschen bestmöglich berücksichtigt. Aus dem Konzept, ergibt sich die Finanzierungsstruktur.

[9] Ein niedergelassener Arzt (=Mediziner), betreibt seine Arztpraxis wirtschaftlich selbstständig und auf freiberuflicher Basis. Die Ausführung kann er als Einzelperson oder in Kooperation durchführen.

[10] Die Approbation ist die staatliche Zulassung zur Ausübung der akademischen Heilberufe (z.B. Arzt).

[11] Vgl. Nienhaus, L. (2009), o.S.; Deutsche Eliteakademie (2012), o.S.

[12] Vertragsarzt ist jeder, der zur Behandlung von Patienten im Rahmen der GKV berechtigt ist.

[13] Vgl. Kassenärztliche Bundesvereinigung (2012), S. 6 ff.

[14] Vgl. Anhang 1, S. 62.

[15] Vgl. Frank, M. (2010), S. 4 f.

[16] Vgl. Gesetzliche Krankenkassen (2013), o.S.

[17] Honorareinnahmen entsprechen dem Umsatz eines Arztes aus den Leistungen der GKV.

[18] Restriktionen für Ärzte sind bspw. Vorgaben zur Zusammenarbeit mit stationären Krankenhäusern.

[19] Vgl. Fahlbusch, R. u.a. (2008), S. 2 f; Gesetzliche Krankenkassen (2013), o.S.

[20] Die Zwei-Klassen-Medizin entspricht einem Gesundheitssystem, in dem die ärztliche Behandlung von der sozialen Lage des Patienten abhängt. Unterscheidung zwischen Kassen- und Privatpatienten.

[21] Vgl. Blankart, C. u.a. (2009), S. 22 ff; Staudinger, C. (2004), S. 110 ff.

[22] Aus der Bedarfsplanung ergibt sich, wie viele Fachärzte in einer Region planungsgemäß praktizieren sollen, damit die medizinische Versorgung gewährleistet ist.

[23] Vgl. KBV (2011a), o.S.; Anhang 2, S. 63.

[24] Das Leistungsverzeichnis beinhaltet den Leistungsumfang der von der GKV getragen wird.

[25] Vgl. Bechmann, S. (2006), S. 125 ff; KV Berlin (2012), o.S.

[26] Vgl. Halbe, B. u.a. (2012), S. 12 ff.

[27] Die Akupunktur ist eine chinesische Behandlungsmethode, wobei dünne Nadeln dazu eingesetzt werden, bestimmte Punkte der Haut zu stimulieren, um dadurch Beschwerden und Krankheiten zu heilen.

[28] Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (2012), o.S.; Höhl, R. (2010), o.S.

[29] Vgl. Fischer, J. u.a. (2007), S. 6 ff.

[30] Die Arztgruppe entspricht einer Gruppe von Ärzten der identischen Fachrichtung.

[31] Vgl. Kirschner, G. u.a. (2007), S. 46 ff; Greiling, M., Dudek, M. (2009), S. 268 f.

[32] Das Vertragsarztregister beinhaltet alle in Deutschland zugelassenen Kassenärzte mit Approbation und Facharztanerkennung.

[33] Vgl. Zimmer, D. (2009), S. 46; Kassenärztliche Bundesvereinigung (2012), S. 61 f.

[34] Vgl. Mader, F., Weißgerber, H. (2005), S. 3 ff.

[35] Vgl. Heuteroth, V., Helton, A. (2010), S. 154 f.

[36] Vgl. Schmid-Domin, H. (2009), S. 51.

[37] Vgl. Studieren-im-Netz (2013), o.S.; Deter, H. (2010), S. 19 ff.

[38] Der NC entspricht wörtlich einer beschränkten Zahl. Der NC wird häufig dafür verwendet um die erforderliche Note des Hochschulabschlusses auszudrücken, die zur Studienteilnahme berechtigt.

[39] Die Famulatur entspricht einem Praktikum für Medizinstudenten im Krankenhaus oder einer Praxis.

[40] Vgl. Nagel, E. (2007), S. 318 ff; Busch, M., Rühl, O. (2004), S. 61 ff.

[41] Vgl. Kirchner, G. u.a. (2007), S. 5 f; Teske, A. (2010), S. 112 ff.

[42] Feminisierung bedeutet in diesem Fall, dass die Frauenquote im Arztberuf deutlich angestiegen ist.

[43] Vgl. Hartmannbund (2012), S. 4 ff.

[44] Vgl. Wegmann, J. (2006), S. 366 f; Steinbrück, R. (2009), S. 8 ff.

[45] Vgl. Fahlbusch, R. u.a. (2008), S. 41 f; Klapp, E. (2006), S. 23 ff.

[46] Das Leasing ist eine spezielle Form der Vermietung und Verpachtung von Konsum- und Anlagegütern.

[47] Vgl. Steinbrück, R. (2009), S. 10 ff; Ahrens, A. (2011), o.S.

[48] Das Einzelunternehmen befindet sich im alleinigen Besitz des Einzelunternehmers. Selbigen obliegt die Geschäftsführung als auch die Vertretung. Er haftet mit seinem Privat- und Betriebsvermögen persönlich und uneingeschränkt. Ein besonderer formeller Rahmen ist nicht vorgegeben.

[49] Vgl. KBV (2011b), o.S.; Nguyen, T., Oldenburg, J. (2006), S. 7 ff; Bleiber, R. (2010), 79 f.

[50] Vgl. apoBank (2011), o.S.

[51] Vgl. apoBank (2012a), o.S.

[52] Vgl. Wallhäuser, M. (2009), S. 51 ff; Fahlbusch, R. u.a. (2008), S. 43 f.

[53] Die GbR ist die Grundform der Personengesellschaft und stellt einen Zusammenschluss von mindestens zwei Personen dar, die ein gemeinschaftliches Ziel verfolgen. Vergleich §§ 705–740 BGB.

[54] Vgl. Ratzel, R., Luxenburger, B. (2007), S. 339 ff.

[55] Vgl. Werthern, M. (2009), S. 83.

[56] Der Neurologe ist ein Arzt für Erkrankungen des Nervensystems.

[57] Vgl. Zwingel, B., Preißler, R. (2008), 45 ff.

[58] Vgl. Narr, W. (2005), S. 739 f; Baumgärtner, W. u.a. (2012), S. 102 ff.

[59] Vgl. Henke, R., u.a. (2011), S. 42 f.

Final del extracto de 102 páginas

Detalles

Título
Die Existenzgründung einer Arztpraxis
Subtítulo
Unter besonderer Würdigung tilgungsoptimierter Fremdfinanzierungsformen
Universidad
FOM Duisburg
Calificación
1,7
Autor
Año
2013
Páginas
102
No. de catálogo
V212925
ISBN (Ebook)
9783656408574
ISBN (Libro)
9783656408802
Tamaño de fichero
1115 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Arztpraxis, Existenzgründung
Citar trabajo
Christopher Grzibek (Autor), 2013, Die Existenzgründung einer Arztpraxis, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/212925

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