Vergleichende Analyse der Kundenzufriedenheitsmessung in unterschiedlichen Ländern

Darstellung und kritische Würdigung nationaler Kundenzufriedenheitsindizes


Mémoire (de fin d'études), 2008

76 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 EINLEITUNG
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Vorgehensweise

2 KUNDENZUFRIEDENHEIT: DEFINITION UND EINORDNUNG
2.1 Der Begriff der Kundenzufriedenheit
2.1.1 Definition
2.1.2 Kundezufriedenheit, Kundenbindung und quantitative ökonomische Zielsetzungen
2.2 Kundenzufriedenheitsmessung im Kontext der empirischen Sozialforschung
2.2.1 Grundlagen
2.2.2 Erhebungsmethoden
2.2.3 Nationale Kundenzufriedenheitsindizes
2.2.3.1 Definition
2.2.3.2 Überblick über bestehende NKI
2.2.3.3 Zielgruppen und Zielsetzungen
2.2.3.4 Methodische Anforderungen
2.2.3.4.1 Allgemeine Anforderungen an empirische Erhebungen
2.2.3.4.2 Spezifische Anforderungen
2.2.3.5 Forschungsmethodik

3 KUNDENZUFRIEDENHEITSINDIZES AUF NATIONALER EBENE
3.1 Der Kundenmonitor Deutschland
3.1.1 Initiatoren und Historie
3.1.2 Zielgruppen und Zielsetzungen
3.1.3 Methodik der Datenerhebung
3.1.4 Einbezogene Branchen
3.1.5 Modelldesign
3.1.6 Analyse und Vergleich
3.2 Schwedisches Kundenbarometer / Schwedischer Qualitätsindex
3.2.1 Initiatoren und Historie
3.2.2 Zielsetzungen und Zielgruppen
3.2.3 Datenerhebung
3.2.4 Einbezogene Branchen
3.2.5 Modelldesign
3.2.6 Analyse und Vergleich
3.3 Der Swiss Index of Customer Satisfaction (SWICS)
3.3.1 Initiatoren und Historie
3.3.2 Zielsetzung
3.3.3 Datenerhebung
3.3.4 Modelldesign
3.3.5 Analyse und Vergleich
3.4 Das Norwegische Kundenbarometer
3.5 Der American Customer Satisfaction Index (ACSI)
3.5.1 Initiatoren und Historie
3.5.2 Zielgruppen und Zielsetzungen
3.5.3 Methodik der Datenerhebung
3.5.4 Einbezogene Branchen und Unternehmen
3.5.5 Modelldesign
3.5.6 Analyse und Vergleich

4 MULTINATIONALE PROJEKTE IN EUROPA: ECSI UND EPSI
4.1 Initiatoren und Historie
4.1.1 Der European Customer Satisfaction Index (ECSI)
4.1.2 Der European Performance Satisfaction Index (EPSI)
4.2 Datenerhebung
4.2.1 ECSI
4.2.2 EPSI
4.3 Einbezogene Branchen
4.3.1 ECSI
4.3.2 EPSI
4.4 Zielsetzung und Zielgruppen
4.5 Das Modelldesign
4.6 Analyse und Vergleich
4.6.1 Allgemeine Analyse
4.6.2 Länderübergreifende Vergleichbarkeit

5 SYNOPTISCHER VERGLEICH DER UNTERSUCHTEN NKI

6 KRITISCHE WÜRDIGUNG DES INSTRUMENTS NKI
6.1 Internationale Vergleichbarkeit
6.1.1 Divergenzen bei der Forschungsmethodik
6.1.2 Unterschiedliche Erwartungshaltungen
6.2 Nützlichkeit und Aussagekraft nach Adressatengruppen
6.2.1 Unternehmen
6.2.1.1 Kundenzufriedenheit und ökonomischer Erfolg
6.2.1.2 Kundenzufriedenheit und Kundenbindung
6.2.2 Konsumenten
6.2.3 Gesellschaft und Politik

7 RESÜMEE

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Kundenzufriedenheit

Abbildung 2 Kundenzufriedenheit: Erklärende und abhängige Variable

Abbildung 3 Verfahren der Kundenzufriedenheitsmessung

Abbildung 4 Modellierung des Konstrukts „Servicequalität“

Abbildung 5 Aggregation der Zufriedenheitsdaten

Abbildung 6 Skalierung der Fragen beim Deutschen Kundenmonitor

Abbildung 7 Ergebnisübersicht des Deutschen Kundenmonitors für das Jahr 2008

Abbildung 8 Strukturmodell des SKI

Abbildung 9 Strukturmodell des SWICS

Abbildung 10 Strukturmodell des Norwegischen Kundenbarometers

Abbildung 11 Strukturmodell des ACSI

Abbildung 12 Strukturmodell des ECSI/EPSI

Abbildung 13 KZ und Wirtschaftsleistung im Vergleich

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Zielgruppen und Ziele von NKI

Tabelle 2 Branchen und Branchengruppen des Deutschen Kundenmonitors 2007/2008

Tabelle 3 Branchen im SKI

Tabelle 4 In den SWICS einbezogene Branchen

Tabelle 5 Zusammensetzung des ACSI

Tabelle 6 Sektoren und Branchen im EPSI-Report 2008

Tabelle 7 Ausschnitt eines Fragebogens zum ECSI

Tabelle 8 KZ und Wirtschaftsleistung im Vergleich

Tabelle 9 Synopse

Tabelle 10 Ergebnisse des Norwegischen Kundenbarometers 2008 60

1 Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Die Zielsetzung der vorliegenden Diplomarbeit besteht in der Darstellung und kritischen Würdi­gung nationaler Kundenzufriedenheitsindizes (NKI). NKI sind definiert als branchenübergrei­fende periodische Erhebungen der Kundenzufriedenheit sowie zentraler Erfolgsfaktoren von Unternehmen und Institutionen einer Nation bzw. eines Wirtschaftsraumes durch neutrale (also unabhängige) Institutionen.1 Die relevanten Daten werden durch Befragungen der Konsumenten der Produkte und Dienstleistungen der einzubeziehenden Unternehmen ermittelt. Im Weiteren erfolgt dann eine Aggregation der Daten auf der Ebene von Branchen und Sektoren und schließ­lich auf volkswirtschaftlicher Ebene. Dadurch werden grds. branchen- und länderüb ergreifende Vergleiche der Kundenzufriedenheit möglich.

Kundenzufriedenheit und Kundenbindung werden in der Literatur als Schlüsselkonzepte für den Erfolg von Unternehmen angesehen.2 „Die zentrale Herausforderung für Unternehmen wird in der heutigen Zeit in der kontinuierlichen Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit ge­sehen.“3 Es wird davon ausgegangen, dass die Kundenzufriedenheit und Kundenbindung positiv mit quantitativen ökonomischen Erfolgsgrößen wie Umsatz, Marktanteil und Gewinn korrelie­ren.4 Aus der Sicht von Unternehmen bieten NKI die Möglichkeit eines gezielten Benchmarking und in der Folge einer Verbesserung der Satisfaction Driver, welche wiederum zu einer höheren Kundenzufriedenheit und einer Steigerung der quantitativen Erfolgsgrößen führt. Daneben sollen auch Konsumenten von NKI profitieren, etwa indem diese Entscheidungshilfen für die Leis­tungsauswahl bieten. Des Weiteren werden auch Regierungen, die Gesellschaft und Investoren als Zielgruppen von NKI genannt.

1.2 Vorgehensweise

Die Arbeit ist im Hauptteil in sechs Kapitel gegliedert. Im zweiten Kapitel, das sich an die Ein­leitung anschließt, werden die begrifflichen und konzeptionellen Grundlagen für die Arbeit ge­legt. Der Begriff der Kundenzufriedenheit wird definiert und in den Kontext der sonstigen quali­tativen und quantitativen ökonomischen Zielsetzungen von Unternehmen (Kundenbindung, Kundenwert, Umsatz, Gewinn etc.) gestellt. Des Weiteren wird in diesem Kapitel das Konzept des NKI in sonstige Methoden der Kundenzufriedenheitsmessung eingeordnet und hinsichtlich seiner Inhalte, Anforderungen, Forschungsmethodik und Zielsetzungen definiert.

In Kapiteln drei werden Kundenzufriedenheitsindizes auf nationaler Ebene in Europa und den USA untersucht. Im vierten Kapitel werden die Anstrengungen zur Etablierung eines gesamteu­ropäischen Indexes dargestellt. Obwohl auch in vielen Ländern außerhalb Europas bzw. Nord­amerikas Bestrebungen zur Etablierung von NKI existieren, soll in dieser Arbeit eine Beschrän­kung auf die genannten Regionen erfolgen, es wird also mehr Wert auf Tiefe als auf Breite der Darstellung gelegt. Die Beschränkung rührt auch daher, dass bei vielen NKI die Datenlage rela­tiv schlecht ist. Oftmals beschränken sich die dem Autor zugänglichen Informationen (weitge­hend) auf die Internetpräsenzen der fraglichen NKI, die in vielen Fällen nur in der jeweiligen Landessprache verfügbar sind. Hinzu kommt, dass viele neuere NKI von bereits bestehenden Indizes abgeleitet wurden (insbesondere dem schwedischen und amerikanischen Modell), so dass eine breitere Darstellung unvermeidlich zu Redundanzen führen würde.

Die Darstellung jedes NKI soll nach Möglichkeit einer identischen Systematik folgen, um die Vergleichbarkeit zu erhöhen. Für jeden NKI werden zunächst die wichtigsten Hintergrundinfor­mationen zu den Initiatoren und der Historie kurz umrissen. Im Anschluss daran werden die Zielsetzungen und Zielgruppen, die Methodik der Datenerhebung, die einbezogenen Bran­chen/Sektoren und das Modelldesign des jeweiligen Indexes dargestellt. Jeder Hauptabschnitt endet mit einem Abschnitt „Analyse“, in dem die Vor- und Nachteile des jeweiligen NKI erörtert werden sollen und ein Vergleich mit anderen Indizes erfolgt.

Das fünfte Kapitel enthält einen synoptischen Vergleich aller in der Arbeit behandelten NKI hin­sichtlich aller wesentlichen Eigenschaften der Modelle und der Datenerhebung.

Im sechsten Kapitel soll eine allgemeine kritische Würdigung des Instruments NKI vorgenom­men werden. Hier soll es nicht um die spezifischen Vor- und Nachteile einzelner Indizes gehen, sondern es sollen die Zielsetzungen, die allen NKI gemeinsam sind, darauf hin untersucht wer­den, ob sie mit den bestehenden Instrumenten tatsächlich erreicht werden können. Untersucht werden soll bspw. der tatsächliche Nutzen für Unternehmen, Konsumenten und die Gesell­schaft/Politik, die Korrelation mit quantitativen makroökomischen Daten wie dem Pro-Kopf-BIP und die Vergleichbarkeit über Ländergrenzen hinweg.

Das siebte und letzte Kapitel schließlich enthält ein Resümee, in dem die wesentlichen Erkenn­tnisse der Arbeit zusammengefasst werden.

2 Kundenzufriedenheit: Definition und Einordnung

2.1 Der Begriff der Kundenzufriedenheit

2.1.1 Definition

Kundenzufriedenheit kann als das Ergebnis eines psychischen Vergleichsprozesses zwischen den Erwartungen an eine Leistung vor dem Kauf und der Erwartungserfüllung nach dem Kauf durch Gebrauch bzw. Verbrauch der Leistung verstanden werden. Die Vorkaufserwartung kann dabei als Soll-Zustand, die Erwartungserfüllung als Ist-Zustand betrachtet werden.5 Die Grundlage des Vergleichs bilden die relevanten Merkmale der Leistung selbst, jedoch auch das Interaktionsver­halten des Leistungsanbieters (Beratungsqualität, Schnelligkeit, Freundlichkeit usw.). Das Inter­aktionsverhalten kann vor allem bei Dienstleistungen eine wesentliche Rolle spielen. Wie weiter unten zu zeigen sein wird, wird das Interaktionsverhalten in einigen NKI getrennt von den ei­gentlichen Leistungsmerkmalen erfasst.

Die beschriebene Modellierung der Kundenzufriedenheit wird auch als Confirmation/ Discon- firmation-Paradigma bezeichnet.6 Confirmation bedeutet, dass die Erwartung bestätigt wurde (Soll-Zustand = Ist-Zustand). Disconfirmation liegt vor, wenn der Ist-Zustand vom Soll-Zustand abweicht. Eine Untererfüllung der Erwartungen bedeutet negative Disconfirmation, eine Überer­füllung wird entsprechend als positive Confirmation definiert.

Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass Unzufriedenheit der Kunden zwei Ursachen haben kann: Zum einen zu hohe Erwartungen des Kunden (Soll-Zustand), zum anderen mangelhafte Leistungsmerkmale (Ist-Zustand). Entscheidend für die Vorkaufserwartung und das Ausmaß der Erwartungserfüllung ist die subjektive Wahrnehmung eines Kunden, nicht objektive Leistungs­merkmale. Selbst eine objektiv sehr gute Qualität der relevanten Leistungsmerkmale kann bei rein subjektiven Mängeln oder bei sehr (zu) hohen Erwartungen zu negativer Disconfirmation führen, während andererseits bei sehr niedrigen Vorkaufserwartungen auch objektiv ungenügen­de Leistungsmerkmale zu einer hohen Kundenzufriedenheit führen können. Ebenso können auf­grund unterschiedlich hoher Vorkaufserwartungen Leistungen mit identischen Eigenschaften bei verschiedenen Konsumenten ein unterschiedliches Maß an Kundenzufriedenheit auslösen.7

In der unten stehenden Abbildung wird die Wirkungsweise des Soll-Ist-Vergleichs veranschau­licht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kundenzufriedenheit ist selbst als ein Konstrukt zu charakterisieren, welches das Ergebnis einer Reihe von erklärenden Variablen ist. Letztere werden von Bruhn als „Teilzufriedenheiten“8 oder „Satisfaction Driver“ bezeichnet. Zur Messung der Kundenzufriedenheit wird diese daher sinn­vollerweise in die relevanten Determinanten zerlegt, wobei deren Ausprägung und Gewichtung das Ergebnis „Kundenzufriedenheit“ (Gesamtzufriedenheit) ergibt.

2.1.2 Kundezufriedenheit, Kundenbindung und quantitative ökonomische Ziel­setzungen

Nach Fornell hat die Kundenzufriedenheit „a direct impact on the primary sources of future re­venue streams for most companies” 9 und soll positiv mit der Profitabilität von Unternehmen kor­relieren.10 Nach Huber/Herrmann/Braunstein ist die Kundenzufriedenheit die11 „entscheidende Determinante des zukünftigen Unternehmenserfolgs“12. Zufriedenheit äußert sich im Wieder­kaufverhalten der Kunden und in positiver Mundpropaganda/Weiterempfehlungen , d.h. sowohl die zufriedenen Kunden selbst wie auch die durch Weiterempfehlungen beeinflussten Kunden
sorgen tendenziell für weitere Umsätze. Aus Unzufriedenheit resultieren die Abwanderung und/oder Beschwerden der Kunden sowie negative Mundpropaganda.13

Wie aus den Ausführungen im vorangegangenen Abschnitt bereits ersichtlich wird, kann Kun­denzufriedenheit wiederum als eine erklärende Variable der Kundenbindung angesehen wer- den,14 d.h. es wird davon ausgegangen, dass zwischen Kundenzufriedenheit und -bindung eine positive Korrelation besteht - wenngleich empirische Erhebungen zeigen, dass keineswegs jeder zufriedene Kunde automatisch eine starke Bindung an das betreffende Unternehmen entwickelt. Zufriedenheit kann somit als notwendige, jedoch für sich genommen noch nicht hinreichende Bedingung für eine starke Kundenbindung angesehen werden.15 Kundenbindung umfasst „das bisherige Kauf- und Weiterempfehlungsverhalten und ... die zukünftige Wiederkauf-, Zusatz­kauf- und Weiterempfehlungsabsichten (Goodwill) eines Kunden gegenüber einem Anbieter und dessen Leistungen“16. Insbesondere bei sehr hoher Kundenzufriedenheit und Kundenbindung kann nach Bruhn davon ausgegangen werden, dass direkte Auswirkungen auf ökonomische Er­folgsgrößen bestehen 17.

Die Förderung der Kundenzufriedenheit und -bindung ist für Unternehmen allerdings kein Selbstzweck. Beide zählen nicht zu den übergeordneten ökonomischen Zielsetzungen, sondern sie müssen aus diesen abgeleitet und als Subziele ökonomischer Ziele wie Gewinn, Unterneh­menswert, Umsatz oder Marktanteil eingestuft werden. Meffert/Bruhn sprechen daher im Zu­sammenhang mit Kundenzufriedenheit und Kundenbindung auch von vorökonomischen Zielset zungen.18 Es wäre somit verfehlt, pauschal eine Maximierung der Kundenzufriedenheit um jeden Preis zu fordern. Ein zufriedener Kunde ist für ein Unternehmen nur dann von Wert, wenn die Kundenbeziehung auch im Hinblick auf die ökonomischen Oberziele vorteilhaft ist.19 Die Kun­denzufriedenheit und Kundenbindung stehen daher in enger Beziehung zum Kundenwert20 Erst aus einer engen Kundenbindung und einem angemessenen Kundenwert ergibt sich eine profitab­le Kundenbeziehung.21 Idealerweise erfolgen daher Investitionen in die Kundenzufriedenheit kundensegmentspezifisch und in Abhängigkeit von Kundenwertanalysen, wie bspw. einer ABC- Analyse oder einer Kundendeckungsbeitragsrechnung. Diese Maxime wird in der unternehmeri- sehen Praxis befolgt, wenn es bspw. darum geht, den Beratungsaufwand bei Bankkunden in Ab­hängigkeit vom Wert ihrer Einlagen zu staffeln, wenn wertvolle Kunden im Callcenter sofort bedient werden, während weniger wertvolle Kunden zurückgestellt werden usw. (was ja die Zu­friedenheit der zurückgestellten Kunden negativ beeinflusst!). Dennoch wird nach Stahl et al. der Kundenwert heute oftmals zugunsten der Kundenzufriedenheit vernachlässigt. Die Autoren spre­chen daher möglicherweise nicht zu Unrecht von einer „Kostenfalle Kundenbegeisterung“22.

Die folgende Abbildung veranschaulicht die Entstehung von Kundenzufriedenheit aus den rele­vanten erklärenden Variablen sowie die abhängigen Variablen und die Einbettung in die ökono­mischen Zielsetzungen von Unternehmen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Kundenzufriedenheit: Erklärende und abhängige Variable

Eigene Darstellung

2.2 Kundenzufriedenheitsmessung im Kontext der empirischen Sozialfor­schung

2.2.1 Grundlagen

Kundenzufriedenheitsmessungen sind Teil der primären Marktforschung. Primärerhebungen umfassen die Sammlung, Aufbereitung und Auswertung von neuem Datenmaterial (Feldfor- schung)23. Der Vorteil von Primärerhebungen gegenüber Sekundärerhebung besteht darin, dass das Untersuchungsdesign exakt auf die eigene Untersuchung zugeschnitten werden kann.24

Weiterhin lassen sich im Rahmen der empirischen Forschung qualitative und quantitative For­schung unterscheiden. Quantitative Forschung bezieht sich auf die Sammlung und Auswertung von Daten in numerischer Form, qualitative Daten liegen entsprechend in nicht-numerischer Form vor. Soweit bei der Erhebung der Daten sorgfältig vorgegangen wird, sind numerische Da­ten i.d.R. objektiver als qualitative Daten. Sie können leichter gegengeprüft werden und erlauben bessere statistische Analysen.25 NKI stellen eine Form der qualitativen Forschung dar. Es muss hier also mit besonderer Sorgfalt vorgegangen werden, um subjektive Verzerrungen soweit als möglich zu minimieren. Nicht quantifizierbare Größen sind per definitionem nicht genau mess­bar. Solche Größen werden auch als latente Variable bezeichnet, während genau messba­re/quantifizierbare Größen als manifeste Variable bezeichnet werden.26 Daneben existieren auch Möglichkeiten, Kundenzufriedenheit bzw. einige der erklärenden Variablen objektiv zu messen, wie bspw. anhand von Wiederkaufraten (vgl. Abschnitt 2.2.2).27

In der Regel werden empirische Erhebungen in der Form von Stichproben durchgeführt. Dies gilt auch für NKI. Die Gesamtheit der Untersuchungsobjekte wird als Grundgesamtheit bezeich­net. Diese muss vor Beginn der Untersuchung definiert werden. Die Stichprobe muss für die Grundgesamtheit repräsentativ sein (vgl. Abschnitt 2.2.3.4.1).

2.2.2 Erhebungsmethoden

Es existiert eine ganze Reihe von Methoden zur Messung von Kundenzufriedenheit, die in der Literatur nach unterschiedlichen Kriterien systematisiert werden. Auf der obersten Ebene wer­den zunächst objektive und subjektive Verfahren unterschieden.28 Bei ersteren werden Merkmale zugrunde gelegt, die einer objektiven Messung zugänglich sind. Diese können sich entweder auf Produkte (produktorientierte Verfahren) oder den Absatz (absatzorientierte Verfahren) beziehen. Gängige Messgrößen sind: Umsatz(entwicklung) bzw. absolute oder relative Marktanteile oder der Gewinn. Der Vorteil dieser Verfahren liegt in ihrer Objektivität und Genauigkeit, problema­tisch ist jedoch der lediglich indirekte und unklare kausale Zusammenhang zwischen den gemes­senen Größen und der Kundenzufriedenheit, da Größen wie Umsatz oder Gewinn nicht nur durch das Konsumentenverhalten, sondern bspw. auch durch allgemeinen konjunkturelle Ent­wicklungen erklärt werden können.29 Im Extremfall kann selbst ein Unternehmen mit ausgespro­chen unzufriedenen Kunden sehr erfolgreich sein, bspw. wenn es sich um einen Monopolanbieter handelt.30

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 Verfahren der Kundenzufriedenheitsmessung

Quelle: Homburg/Fürst (2008), S. 613.

Mit subjektiven Verfahren werden die Zufriedenheitswerte von Konsumenten direkt gemessen. Unterscheiden lassen sich hier zum einen ereignisbezogene bzw. Spot-Verfahren, zum anderen merkmalsbezogene bzw. kumulative Verfahren. Bei den ereignisbezogenen Verfahren werden lediglich punktuell bestimmte Kundenkontaktereignisse untersucht, bspw. die Zufriedenheit mit dem Kauf eines Produktes. Solche Messmethoden können bei der punktgenauen Verbesserung von Leistungen oder des Interaktionsverhaltens helfen, sie bieten jedoch keinerlei Repräsentati­vität und lassen daher keine globalen Aussagen über die Kundenzufriedenheit im Hinblick auf ein Unternehmen zu. Im Rahmen von merkmalsbezogenen Verfahren wird ein breites Spektrum an Produkt-, Service- und Interaktionsmerkmalen untersucht, die zu einer Gesamtzufriedenheit kumuliert werden können.31

Die merkmalsbezogenen Verfahren lassen sich wiederum in implizite und explizite Verfahren untergliedern. Bei impliziten Verfahren werden wahrgenommene Leistungsdefizite anhand des Beschwerdeverhaltens der Kunden, Einschätzungen von Mitarbeitern mit Kundenkontakt oder Absatzmittlern erhoben und analysiert. Problematisch an diesem Verfahren ist, dass unzufriedene Kunden sich keineswegs immer beschweren, sondern bspw. oftmals einfach abwandern.32 Explizite Verfahren scheinen daher besser zur Messung der Kundenzufriedenheit geeignet. Bei diesen Verfahren werden Kunden direkt zu ihrer Zufriedenheit mit den Produkten, Dienstleistungen oder dem Interaktionsverhalten eines Unternehmens befragt.33

Bei den expliziten Verfahren lassen sich eindimensionale und multiattributive Verfahren unter­scheiden. Erstere messen die Zufriedenheit anhand einer einzelnen inhaltlichen Dimension, bspw. durch die Fragen: „Wie zufrieden sind Sie mit Produkt XY?“ oder „Würden Sie dieses Produkt wiederkaufen?“. Die Zufriedenheit ist hier also kein Konstrukt aus mehreren Einfluss­faktoren. Die eindimensionalen Verfahren sind nicht geeignet, die inhaltliche Komplexität der Kundenzufriedenheit hinreichend zu erfassen. Multiattributive Verfahren messen die Kundenzu­friedenheit dagegen mittels mehrerer Einflussfaktoren, das Ergebnis ist also ein Zufriedenheits­konstrukt.34 Solche Verfahren sind grds. besser geeignet als eindimensionale Verfahren, aller­dings ist es hier von entscheidender Bedeutung, die richtigen Einflussfaktoren zu identifizieren.

Weiterhin lassen sich im Rahmen der multiattributiven Verfahren reine Ex-post-Messungen und Ex-ante/Ex-post-Vergleiche unterscheiden. Bei letzteren werden die Erwartungen vor dem Kauf mit der Leistungserfüllung verglichen. Diese Art der Messung wird dem Wesen der Kundenzu­friedenheit als Soll-Ist-Vergleich gerecht, ist jedoch mit einer Reihe von Problemen behaftet. Insbesondere ergibt sich das praktische Problem, dass die Vorkauferwartungen auch tatsächlich vor einem (später tatsächlich erfolgenden) Kauf erhoben werden müssen, da nach dem Kauf er­hobene Vorkaufserwartungen zwangsläufig verzerrt sind; eine Ex-ante-Messung ist jedoch aus praktischen Gründen schwierig. In der Praxis dominieren daher reine Ex-post-Messungen. Auch hierbei können Erwartungen und Erfüllung jeweils separat gemessen werden, wobei sich jedoch wiederum das beschriebene Problem der Verzerrung der erinnerten Erwartung durch tatsächlich gemachte Erfahrungen ergibt.35

Somit bleibt festzuhalten, dass NKI zu den subjektiven, merkmalsbezogenen, expliziten, Mehr­dimensionalen Verfahren der Kundenzufriedenheitsmessung zählt, wobei die Urteile ausschließ- lich ex post erhoben werden. Die Erhebung von Ex-ante-Erwartungen wird nicht empfohlen, ist jedoch möglich.

2.2.3 Nationale Kundenzufriedenheitsindizes

2.2.3.1 Definition

Nationale Kundenzufriedenheitsindizes sind definiert als36

1. branchenübergreifende Messungen
2. der Kundenzufriedenheit sowie zentraler Erfolgsfaktoren
3. von Unternehmen und Institutionen
4. einer Nation bzw. eines Wirtschaftsraumes
5. mittels periodischer Erhebungen
6. durch neutrale (unabhängige) Institutionen.

Diese sechs Kriterien können als konstitutive Merkmale von NKI gelten. Hinsichtlich dieser Merkmale scheint in der Literatur weitgehende Einigkeit zu bestehen.37 In der Literatur wurde und wird neben dem Begriff „NKI“ auch „Kundenbarometer“38 gebraucht, jedoch scheint sich der Begriff „Index“ im Zusammenhang mit der Kundenzufriedenheitsmessung mehr und mehr durchzusetzen - wohl nicht zuletzt aufgrund der englischen Bezeichnung „Customer Satisfaction Index“. NKI messen überwiegend die Zufriedenheit und verwandte Merkmale von Endverbrau-chern. Daneben kann jedoch auch die Zufriedenheit von Firmenkunden in NKI einfließen.39

Von NKI zu unterscheiden sind Erhebungen im Rahmen der unternehmenseigenen Marktfor­schung. Aus Sicht der Unternehmen haben diese den Vorteil, dass die Forschungsmethodik exakt auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten werden kann, während NKI, da die Daten vergleich­bar und aggregierbar sein müssen, zwangsläufig pauschalisieren müssen. Unternehmenseigene Erhebungen sind wegen der mangelnden Vergleichbarkeit i.d.R. nicht für Benchmark-Studien geeignet. Weiterhin werden in der Literatur regionale Kundenbarometer unterschieden, mit de­nen die Kundenzufriedenheit in bestimmten Regionen oder einem lokalen Umfeld bestimmt wird. Theis ordnet solche Instrumente der Standortforschung im Handelsmarketing zu.40

2.2.3.2 Überblick über bestehende NKI

Die ersten NKI wurden Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre in Schweden, Deutschland und den USA Jahre initiiert. Diese NKI werden von Ertl als Kundenbarometer der ersten Generation bezeichnet. In den Jahren um die Jahrtausendwende wurden in Österreich, der Schweiz, Norwe­gen und anderen europäischen und außereuropäischen Ländern NKI der „zweiten Generation“ konzipiert.41 Hinzu kommen im selben Zeitraum die Bemühungen zur Etablierung eines suprana­tionalen Indexes auf europäischer Ebene. Die meisten NKI wurden und werden von Wissen­schaftlern konzipiert und betrieben, in einigen Ländern, darunter auch Deutschland, zeichnen jedoch profitorientierte private Unternehmen für NKI verantwortlich. Gegenwärtig werden zwar in vielen europäischen Ländern (einschließlich Russland) Daten erhoben, dabei handelt es sich jedoch, soweit nicht vorher schon nationale Indizes existierten, ausschließlich um Erhebungen im Rahmen des supranationalen europäischen Indexes.

Derzeit existieren nur wenige NKI, die ohne Unterbrechung über einen längeren Zeitraum hin­weg Daten geliefert haben und somit Zeitreihenanalysen erlauben. Unseres Wissens liegen nur für Schweden, Deutschland und die USA konsistente Kundenzufriedenheitsdaten für mehr als zehn Jahre vor. In einigen Fällen (bspw. das von Bruhn konzipierte Schweizer Kundenbarometer oder dem „Austrian Customer Satisfaction Barometer ACSB42 ) ist es bei Pilotstudien geblieben oder es werden nur sporadisch Daten für einige Branchen erhoben. Wegen der derzeit noch ge­ringen Zahl „langlebiger“ NKI werden auch einige der „kurzlebigen“ Indizes in die Untersu­chung einbezogen, obwohl diese streng genommen wegen der fehlenden periodischen Erhebung die Anforderungen an einen NKI nicht vollständig erfüllen.

2.2.3.3 Zielgruppen und Zielsetzungen

Als Zielgruppen von NKI lassen sich nach Bruhn Konsumenten, Unternehmen und die Gesell­schaft identifizieren.43 Fornell nennt des Weiteren auch Investoren und Regierungen bzw. Regu­latoren.44 Ertl nennt als Zielgruppen gegenwärtige und potenzielle Nachfrager, Führungskräfte und Mitarbeiter von Unternehmen, aktuelle und potenzielle Kapitalanleger und politische und gesellschaftliche Entscheidungsträger.45 Die Zielsetzungen von NKI unterscheiden sich entspre­chend in Abhängigkeit von den Zielgruppen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über Zielgruppen und Ziele von NKI. Es handelt sich um eine Zusammenstellung aus mehreren Lite­raturquellen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1 Zielgruppen und Ziele von NKI

Quelle: Bruhn/Murmann (1998), S. 52; S. 56. Fornell (1992), S. 6. Cassel (2006), S. 3. Bruhn/Stauss (2003), S. 771.

2.2.3.4 Methodische Anforderungen
2.2.3.4.1 Allgemeine Anforderungen an empirische Erhebungen

Zunächst müssen NKI die allgemeinen Anforderungen der sozialwissenschaftlichen empirischen Forschung erfüllen. Allgemein müssen empirische Erhebungen die folgenden Qualitätsmerkmale erfüllen: (1) Objektivität, (2) Validität, (3) Reliabilität und (4) Repräsentativität.46

Objektivität bedeutet, dass zwei Personen bei Anwendung derselben Forschungsmethodik auf denselben Sachverhalt zu den gleichen Ergebnissen, oder anders ausgedrückt: die Forschungser- gebnisse müssen unabhängig von den beteiligten Personen sein.47

Validität beschreibt, inwieweit die Forschungsmethodik geeignet ist, genau das zu messen, was zu messen beabsichtigt ist. Im Falle von Interviews oder Fragebögen müssen also die Fragen inhaltlich zur Aufgabenstellung passen.48

Reliabilität oder Verlässlichkeit beschreibt das Maß der Konsistenz und Plausibilität der Daten. Gerade bei Befragungen im Rahmen von Interviews oder mittels Fragebögen ist es besonders wichtig, die Beobachtungen willkürfrei zu halten, d.h. subjektive Einflüsse soweit wie möglich zu eliminieren. Eine Möglichkeit, die Verlässlichkeit der erhobenen Daten zu erhöhen ist die Technik des Cross-Checking (Plausibilitätsprüfung), d.h. das Gegenprüfen einer Frage durch eine andere (ähnliche) Frage zu einem späteren Zeitpunkt im Verlauf der Befragung.49

Repräsentativität, auch externe Validität genannt, gibt an, ob die erhobenen Daten bzw. die dar­aus gewonnenen Erkenntnisse über die konkreten Forschungsobjekte hinaus für die Grundge­samtheit, welcher die Objekte angehören, Gültigkeit besitzen (Generalisierbarkeit). Wenn Reprä­sentativität gegeben sein soll, ist also zu fordern, dass die Zusammensetzung der Stichprobe der Zusammensetzung der Grundgesamtheit entspricht. Die Repräsentativität wird tendenziell umso höher sein, je größer die Menge der untersuchten Objekte ist bzw. je größer die untersuchte Teilmenge relativ zur Grundgesamtheit ist.50

2.2.3.4.2 Spezifische Anforderungen

Ein NKI muss folgende methodische Anforderungen erfüllen:51

- Aggregationsgerechtigkeit der Zufriedenheitsinformationen
- Integration von volkswirtschaftlichen Erkenntnissen
- Ganzheitlichkeit des Variablensystems
- Hohe Aktualität und ausgewiesener Zukunftsbezug der Daten
- Langfristige Konstanz der methodischen Grundlagen
- Transparenz hinsichtlich der Aussagemöglichkeiten und Grenzen
- Adäquate Konzeptualisierung und Abgrenzung des Konstrukts
- Reliabilität, Validität und Objektivität des eingesetzten Messinstrumentariums

Nach Hackl/Scharitzer/Zuba muss ein NKI folgende Mindestanforderungen erfüllen:52

- Der Index muss den Wert einer Leistung für den Kunden wiedergeben
- Der Index muss für jede Leistung53 alle relevanten Merkmale erfassen, um Schlussfolge­rungen für den Wert der Leistung in der Wahrnehmung des Kunden zu ermöglichen
- Die Erhebung muss eine repräsentative Stichprobe umfassen
- Die Einbezogenen Leistungen (Waren) müssen bei der Berechnung des Indexes entspre­chend ihrem tatsächlichen Anteil an der Konsumtion in der Volkswirtschaft gewichtet werden

Einige der Anforderungen sind nicht weiter erklärungsbedürftig bzw. wurden bereits weiter oben erläutert. Aggregationsgerechtigkeit bedeutet, dass die Zusammensatzung der Stichproben auf Branchen-, Sektoren- und volkswirtschaftlicher Ebene möglichst repräsentativ für die jeweilige Grundgesamtheit sein sollte - wobei eine vollkommene Repräsentativität kaum zu erreichen sein dürfte. Bezüglich der inhaltlichen Anforderung gilt, dass möglichst viele Sektoren und Branchen und möglichst alle Schlüsselbranchen (z.B. in Deutschland Automobilindustrie) berücksichtigt werden sollten. Andernfalls kann ein NKI keine Repräsentativität für den gesamten Wirtschafts­raum beanspruchen.54 Konstanz der methodischen Grundlagen ist eine unabdingbare Vorausset­zung für Zeitreihenanalysen. Wenn innerhalb eines NKI im Zeitablauf die methodischen Grund­lagen geändert werden, ist ein sinnvoller Vergleich der Zufriedenheitsdaten aus unterschiedli­chen Perioden nicht möglich. Transparenz bedeutet insbesondere, dass die Messmethoden der einzelnen Konstrukte auch für Außenstehende nachvollziehbar sein sollen, denn nur dann kann die Reliabilität und Validität der Daten sinnvoll beurteilt werden.

2.2.3.5 Forschungsmethodik

Die Forschungsmethodik bei der Erhebung von Zufriedenheitsdaten im Rahmen von NKI unter­scheidet sich in den Grundlagen nicht von anderen Primärerhebungen. Grundsätzlich umfasst die Forschung im Rahmen von NKI folgende Schritte (nicht unbedingt in dieser Reihenfolge):55

1. Auswahl der Grundgesamtheit und der Zielgruppe
2. Identifikation der Ansprechpartner
3. Design der Stichprobe
4. Auswahl der Befragungsform
5. Modellierung
6. Gestaltung des Fragebogens
7. Durchführung der Befragung
8. Auswertung und Aggregation der Daten

Die Auswahl der Grundgesamtheit bezieht sich auf den eigentlichen Untersuchungsgegenstand. Wenn bspw. die Zufriedenheit mit Telekommunikationsdienstleistungen in Deutschland unter­sucht werden soll, wird die Grundgesamtheit aus allen inländischen Nutzern von Festnetz-, Mo­
bilfunk- und Intemetdienstleistungen gebildet. Um Repräsentativität und Aggregationsgerechtig­keit herzustellen, muss die Stichprobe so ausgewählt werden, dass sie in ihrer Zusammensetzung möglichst der Zusammensetzung der Grundgesamtheit entspricht. Wenn also bspw. Unterneh­men X in seiner Branche einen Marktanteil von 10% hält, dann sollten 10% der Befragten Kund von Unternehmen X sein. Als Befragungsformen kommen persönliche Interviews, Telefoninter­views oder die Versendung von Fragebögen in Betracht. Unseres Wissens werden Befragungen im Rahmen von NKI (fast) ausschließlich mittels computer aided telefon interviews (CATI) durchgeführt. Dies ist weniger zeit- und kostenintensiv als persönliche Befragungen oder die Versendung von Fragebögen und erlaubt somit bei einem gegebenen Zeit- und Kostenbudget die Befragung relativ vieler Personen.

Um die Fragebögen gestalten zu können, müssen die zu erfragenden Größen, deren Beziehung zueinander, die Skalierung der Antworten, die Anzahl und Reihenfolge der Fragen bzw. Fragen­blöcke, ggf. Art und Umfang der zu erfragenden persönlichen Daten usw. geklärt werden. Ideal­erweise basieren die Fragen auf einem Forschungsmodell. NKI basieren i.d.R. - jedoch nicht ausschließlich - auf relativ ausgefeilten Strukturmodellen, in denen die relevanten Variablen durch kausale Beziehungen miteinander verknüpft werden. Kausale Beziehungen werden sowohl zwischen den einzelnen Konstrukten (etwa Kundenzufriedenheit und Kundenbindung) wie auch zwischen den Konstrukten und deren Indikatoren hergestellt.56 Die Kundenzufriedenheit und andere Erfolgsfaktoren werden i.d.R. als latente - nicht direkt messbare - Größen modelliert, die aus einzelnen, manifesten - direkt messbaren - Indikatorvariablen zusammengesetzt sind. Die unten stehende Abbildung gibt ein Beispiel für die Modellierung des Konstrukts „Servicequali­tät“57 anhand von vier manifesten Indikatoren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4 Modellierung des Konstrukts „Servicequalität“ Eigene Darstellung

Die Servicequalität geht nun wiederum als eine von mehreren erklärenden Variablen mit einer bestimmten Gewichtung in nachgelagerte Konstrukte ein. Die generelle Problematik bei dieser Modellierung liegt zum einen in der Auswahl der Indikatorvariablen, zum anderen in der Ge­wichtung derselben. Eine Möglichkeit, die Erklärungskraft der Indikatoren für die latente Va­riable zu messen, besteht darin, neben den Indikatoren auch die Gesamtbeurteilung, also die la­tente Variable, abzufragen und im Folgenden für jeden Indikator und die latente Variable eine Korrelationsrechnung durchzuführen. Dies kann im Rahmen von Pilotstudien erfolgen. Ggf. kann dann eine Nachjustierung des Modells vorgenommen werden, indem einzelne Indikatoren, bei denen erwartete und tatsächliche Korrelation zu stark voneinander abweichen, eliminiert, ersetzt oder anders gewichtet werden.

Die Zufriedenheitsdaten werden bei den Konsumenten für einzelne Unternehmen oder sonstige Institutionen bzw. für deren Produkte und Dienstleistungen erhoben. Anschließend werden die Daten auf Branchenebene aggregiert. Branchen können wiederum zu Sektoren zusammengefasst werden. Im letzten Schritt erfolgt die Aggregation auf volkswirtschaftlicher Ebene - die eigentli­che Indexberechnung, der NKI ihren Namen verdanken. Bei der Aggregation muss auf jeder Ebene eine Gewichtung entsprechend dem Anteil der Unternehmen / Branchen / Sektoren an der Gesamtwertschöpfung der jeweils höheren Ebene erfolgen, um Repräsentativität zu erreichen. Die folgende Abbildung veranschaulicht den Prozess der Aggregation der Daten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5 Aggregation der Zufriedenheitsdaten

Eigene Darstellung

Eine Auswertung der Daten ist nun auf jeder der vier Ebenen möglich. Auf der ersten (unaggre- gierten) Ebene stehen die Daten einzelnen Unternehmen bspw. für Zeitreihenanalysen der Ent­wicklung der eigenen Zufriedenheitskennzahlen zur Verfügung. Mit den Daten der zweiten und dritten Ebene können einzelne Unternehmen ihre Position in der eigenen Branche/dem Sektor ermitteln, es können verschiedene Branchen miteinander verglichen werden usw.

[...]


1 Vgl. Bruhn/Murmann (1998), S. 49.

2 Vgl. O’Loughlin/ Coender (2002), S. 1.

3 Vgl. Wobbe (2003), S. 42.

4 Vgl. Fornell (1992), S. 6 f.

5 Vgl. Homburg/Becker/Hentschel (2008), S. 106.

6 Vgl. Homburg/Fürst (2008), S. 610. „Confirmation“ kann als „Bestätigung“, „Disconfirmation“ entsprechend als das Gegenteil („Verneinung“, „Widerruf“ etc.) übersetzt werden.

7 Vgl. Erlbeck, (1999), S. 54.

8 Vgl. http://www.swics.ch/deutsch/ergebnisse/modell.htm

9 Fornell (1992), S. 6.

10 Vgl. Fornell (1992), S. 7.

11 Huber/Herrmann/Braunstein (2006), S. 69.

12 Zur Auswirkung von Kundenempfehlungen vgl. ausführlich Helm (2008), S. 138 f.

13 Vgl. Homburg/Becker/Hentschel (2008), S. 108.

14 Vgl. Huber/Herrmann/Braunstein (2006), S. 74.

15 Vgl. Homburg/Becker/Hentschel (2008), S. 105.

16 Homburg/Fürst (2008), S. 611.

17 http://www.swics.ch/deutsch/konzept/methodik/method.htm

18 Vgl. Meffert/Bruhn (2006), S. 757.

19 Im Extremfall könnte ein Unternehmen die Zufriedenheit seiner Kunden dadurch maximieren, dass es seine War­en zu einem sehr niedrigen und nicht kostendeckenden Preis anbietet. Trotz hoher Zufriedenheitswerte könnte das Unternehmen keinen Gewinn erzielen, die langfristigen Folgen wären Illiquidität und Konkurs.

20 Vgl. Stahl et al. (2006), S. 223.

21 Vgl. Smidt/Marzian (2001), S. 35. Vgl. auch Töpfer/Mann (1996), S. 30.

22 Stahl et al. (2006), S. 223. Eine ausführliche Analyse zur Wirtschaftlichkeit des Kundenbindungsmanagements findet sich bei Bruhn/Georgi (2008), S. 645 ff.

23 Vgl. Hamann/Erichson (2000), S. 76 f.; Kuß (2007), S. 40.

24 Vgl. Bruns (1999), S. 130.

25 Vgl. Czinkota/Kotabe (2001), S. 131.

26 Vgl. Cassel (2006), S. 8.

27 Voraussetzung hierfür ist, dass die Kundendaten mit Käufen in Verbindung gebracht werden können, was i.d.R. bei hochwertigen Konsumgütern wie etwa Autos der Fall ist, aber auch bei Fast Moving Consumer Goods in Verbindung mit den heute weit verbreiteten Kundenkarten.

28 Vgl. Matzler/Bailom (2006), S. 243.

29 Vgl. Homburg/Fürst (2008), S. 612.

30 Als Beispiel bietet sich das Unternehmen Microsoft an.

31 Vgl. Homburg/Fürst (2008), S. 614.

32 Vgl. Matzler/Bailom (2006), S. 243.

33 Vgl. Homburg/Fürst (2008), S. 614 f.

34 Vgl. Homburg/Fürst (2008), S. 614.

35 Vgl. Homburg/Fürst (2008), S. 614.

36 Vgl. Bruhn/Murmann (1998), S. 49.

37 Vgl. bspw. auch EPSI-Report 2006, S. 17.

38 So Bruhn, M./Murmann, B. (1998), S. 49.

39 Vgl. Bidom (2004), S. 91.

40 Vgl. Theis (2007), S. 407 f.

41 Vgl. Ertl (2001), S. 13.

42 Vgl. Hackl/Scharitzer/Zuba (1996).

43 Vgl. Bruhn/Murmann (1998), S. 52-54.

44 Vgl. Fornell (1992), S. 6.

45 Vgl. Ertl (2001), S. 9.

46 Vgl. Naderer (2007), S. 27 f.

47 Vgl. Naderer (2007), S. 27.

48 Vgl. Albert (1989), S. 52 f.

49 Vgl. Albert (1989), S. 53. Vgl. Blaxter et al. (1996), S. 18 ff.

50 Vgl. Blaxter et al. (1996), S. 18 ff.

51 Vgl. Bruhn/Murmann (1998), S. 65.

52 Vgl. Hackl/Scharitzer/Zuba (1996), S. 87. (Eigene Übersetzung)

53 Im Original: „Commodity“: „Ware“, „Gut“.

54 Vgl. Bruhn/Murmann (1998), S. 49 f.

55 Vgl. auch Homburg/Fürst (2008), S. 619.

56 Vgl. Meffert/Bruhn (2006), S. 757-759.

57 Vgl. Cassel (2006), S. 8.

Fin de l'extrait de 76 pages

Résumé des informations

Titre
Vergleichende Analyse der Kundenzufriedenheitsmessung in unterschiedlichen Ländern
Sous-titre
Darstellung und kritische Würdigung nationaler Kundenzufriedenheitsindizes
Université
University of Applied Sciences Mittweida
Note
1,0
Auteur
Année
2008
Pages
76
N° de catalogue
V215645
ISBN (ebook)
9783656462415
ISBN (Livre)
9783656463245
Taille d'un fichier
918 KB
Langue
allemand
Annotations
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Mots clés
vergleichende, analyse, kundenzufriedenheitsmessung, ländern
Citation du texte
Lutz Herbst (Auteur), 2008, Vergleichende Analyse der Kundenzufriedenheitsmessung in unterschiedlichen Ländern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215645

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