Die mittelalterliche Polemik gegen Juden ist dominiert von christlichen Autoren. Antijüdische Polemik von muslimischer Seite ist eher die Seltenheit. Noch geringere Aufmerksamkeit wird der jüdischen Entgegnung geschenkt, die sich speziell gegen muslimische Angriffe richtet. In dieser Arbeit kommt von allem ein wenig vor. Hier werden zwei Persönlichkeiten aus verschiedenen Zeiten behandelt. Die beiden Protagonisten dieser Betrachtung sind sich nie begegnet. Auch hatte der eine nie die Möglichkeit, sich gegenüber dem anderen zu rechtfertigen. Zu jener Zeit, als Salomo ben Abraham Ibn Adret lebte und wirkte, war Aḥmad Ibn Ḥazm al-Andalusī schon mehr als 200 Jahre lang tot. Während der eine im christlichen Aragón lebte und dort mit Dominikanermönchen diskutierte, musste der andere zwei Jahrhunderte zuvor den Zerfall des Kalifats von Córdoba miterleben. Der Muslim argumentierte gegen alle ihn umgebenden Glaubensgemeinschaften, die relevanten wie die irrelevanten gleichermaßen. Der Jude dagegen stieß auf den Mönch Ramon Martí, einen Christen – und schrieb eines der wichtigsten Beispielwerke jüdischer Polemik seiner Zeit. Was bewog Salomo Ibn Adret dazu, sich – noch dazu in einem geradezu unerhört bösen Ton – dem „Ismael“ (wie er Ibn Ḥazm anonymisierend und gleichzeitig verallgemeinernd nennt) zuzuwenden? Und was war der Gegenstand der Auseinandersetzung?
Mit den Hintergründen und unmittelbaren Umständen des Dialogs über die Jahrhunderte, den polemischen Elementen sowie den handfesten Inhalten möchte ich mich in dieser Arbeit ein wenig eingehender befassen. Dazu orientiere ich mich einerseits an verschiedenen Übersetzungen unterschiedlicher Wissenschaftler, aber auch an den Originaltexten.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Einleitung
- Salomo Ibn Adret: Sein Wirken im mittelalterlichen Katalonien und die Begegnung mit Ramon Martí
- Aḥmad Ibn Ḥazm al-Andalusī: Sein Leben und sein Werk
- Ibn Ḥazms Al-fiṣal fī l-milal wa-l-ahwāʾ wa-n-niḥal
- Rezeptionsgeschichte und Struktur
- Überblick über den Inhalt des Fiṣal fī l-milal wa-l-ahwāʾ wa-n-niḥal und die Methodologie des Ibn Ḥazm
- Die Themen und Argumente des Ibn Ḥazm gegen das Judentum anhand
- Ibn Adrets Antwort auf Al-fiṣal fī l-milal wa-l-ahwāʾ wa-n-niḥal
- Überblick über Adressaten, Leserschaft und Rezeptionsgeschichte der Streitschrift
- Vokabeln der Polemik
- Inhaltliche Auseinandersetzung mit Al-fiṣal fī l-milal wa-l-ahwāʾ wa-n-niḥal
- Zusammenfassung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieser Arbeit ist es, die Polemik zwischen den beiden Gelehrten Salomo Ibn Adret und Aḥmad Ibn Ḥazm im Kontext der mittelalterlichen Religionsdiskussionen zu beleuchten. Die Arbeit untersucht die gegenseitigen Vorwürfe, die sich gegenseitig erhoben wurden, insbesondere die Frage nach der Authentizität der Torah und die Abrogationsdebatte. Darüber hinaus werden die jeweiligen Lebensumstände und die Rolle der beiden Gelehrten in ihren jeweiligen Gesellschaften betrachtet.
- Die Authentizität der Torah
- Die Abrogation im Judentum
- Die Rolle der Rabbiner
- Die jüdische Überlieferungskette
- Die Polemik im Mittelalter
Zusammenfassung der Kapitel
Im ersten Kapitel wird ein kurzer Einblick in die Biographie von Salomo Ibn Adret gegeben, wobei seine Rolle als Rabbiner und seine Auseinandersetzung mit christlichen Gelehrten im Fokus stehen. Im zweiten Kapitel wird Aḥmad Ibn Ḥazm al-Andalusī vorgestellt, sein Leben und sein Werk, sowie sein relevantes Werk Al-fiṣal fī l-milal wa-l-ahwāʾ wa-n-niḥal werden beleuchtet. Der dritte Teil behandelt Ibn Ḥazms Werk und seine Argumente gegen das Judentum, die sich hauptsächlich auf die angebliche Verfälschung der Torah und die Abrogation der jüdischen Gesetze beziehen. Im vierten Kapitel werden Ibn Adrets Reaktionen auf Ibn Ḥazms Kritik an der Torah untersucht, die in Form einer Streitschrift verfasst wurde, die er auf Hebräisch schrieb. In dieser Streitschrift verteidigt er die Authentizität der Torah, widerspricht den Argumenten zur Abrogation und verteidigt die Rolle der Rabbiner als Interpreten der Schrift.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen wie: Religionspolemik, mittelalterliches Judentum, Islam, Torah, Abrogation, Überlieferung, Rabbiner, Ibn Adret, Ibn Ḥazm, Al-fiṣal fī l-milal wa-l-ahwāʾ wa-n-niḥal, Streitschrift.
- Quote paper
- Thorsten Muth (Author), 2013, Die Polemik zwischen Ibn Hazm und Ibn Adret, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215835