In Gesellschaft, Wirtschaft und Politik wird seit Jahren über die zunehmende
Zahl an Insolvenzen geklagt. So mussten im Jahr 2002 mehr als
37.000 Unternehmen Insolvenz anmelden. Nimmt man Privat- und
Nachlassinsolvenzen noch hinzu, so steigt die Zahl auf mehr als 84.000
Insolvenzen.1 Dies entspricht einem Anstieg seit 1991 von über 630 %.2
In Anbetracht der Regelsätze der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung
könnte der Eindruck entstehen, dass die Notsituation eines
Unternehmens oder Privatmanns ein einträgliches Geschäft für den
Verwalter ist. Jedoch kommen im Eröffnungsverfahren auf den vorläufigen
Insolvenzverwalter und nach Eröffnung des Verfahrens auf den
Insolvenzverwalter zahlreiche haftungsrechtliche Risiken zu. Schließlich
ist er allen am Verfahren Beteiligten gegenüber verantwortlich. Es mag
dahinstehen, ob die seit 1. Januar 1999 geltende Haftungsregelung der
§§ 60 ff. InsO eine Haftungsverschärfung gegenüber der alten Generalklausel
des § 82 KO darstellt.3 Insolvenzverwalter berichten jedoch von
einer zunehmenden Bereitschaft der Gläubiger, ihn persönlich in Anspruch
zu nehmen.4 So bieten gerade masseunzulängliche Verfahren
für den Insolvenzverwalter ein erhebliches Haftungsrisiko. Die spezielle
Haftungsnorm des § 61 InsO normiert nun expressis verbis die Haftung
des Verwalters für die Nichterfüllung von Masseverbindlichkeiten. Danach
ist der Insolvenzverwalter dem Massegläubiger zum Schadensersatz
verpflichtet, wenn eine Masseverbindlichkeit, die durch eine
Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist, aus der
Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden kann, § 61 S. 1 InsO. [...]
1 Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Deutschland in Zahlen (2003):
S. 52.
2 Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Deutschland in Zahlen (2003):
S. 52; Berechnung des Verfassers.
3 Zur Diskussion sei auf Abschnitt 3.3.5. verwiesen.
4 Vgl. van Bühren NZI 2003, 465. Der Autor ist Anwalt in der versicherungsrechtlichen
Branche und schildert seine Erfahrung.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Feststellung der Masseunzulänglichkeit und das Verfahren nach §§ 208 ff. InsO
- 2.1. Zum Begriff der Masseunzulänglichkeit
- 2.2. Die Feststellung und Anzeige der Masseunzulänglichkeit
- 2.3. Wirkungen der angezeigten Masseunzulänglichkeit
- 2.4. Einstellung des Verfahrens
- 2.5. Besonderheiten des Verfahrens bei Masseunzulänglichkeit
- 2.5.1. Erneute Anzeige der Masseunzulänglichkeit
- 2.5.2. Rückkehr zum normalen Verfahren
- 2.5.3. Problematik der Haftung des Insolvenzverwalters im Rahmen des Verfahrens bei Masseunzulänglichkeit
- 3. Die Haftung des Insolvenzverwalters bei Masseunzulänglichkeit, § 61 InsO
- 3.1. Rechtsnorm
- 3.1.1. Normentwicklung
- 3.1.2. Normzweck
- 3.2. Haftungstatbestände
- 3.2.1. Die Haftung des Insolvenzverwalters gegenüber Massegläubigern
- 3.2.2. Die Haftung des vorläufigen Insolvenzverwalters für nicht erfüllte Masseverbindlichkeiten
- 3.2.3. Haftung bei fehlerhafter Anzeige der Masseunzulänglichkeit
- 3.3. Einzelheiten zur Haftung nach § 61 InsO
- 3.3.1. Verschulden
- 3.3.2. Umfang der Haftung
- 3.3.3. Kausalität
- 3.3.4. Verjährung
- 3.3.5. Exkulpation
- 3.4. Pflichtverletzungen außerhalb der Insolvenzordnung
- 3.5. Eintritt der Haftpflichtversicherung
- 3.1. Rechtsnorm
- 4. Maßnahmen der Haftungsbegrenzung
- 4.1. Vertraglicher Haftungsausschluss
- 4.2. Haftungsfreies wirtschaftliches Ermessen: Business Judgement Rule?
- 4.3. Anzeige der Masseunzulänglichkeit
- 4.4. Absicherung über Insolvenzgericht, Gläubigerausschuss und Gläubigerversammlung
- 4.5. Rechtsprechung und Literatur: Finanz- respektive Liquiditätsplanung
- 5. Finanzplanung
- 5.1. Pflichten des Insolvenzverwalters zur Erstellung eines Finanzplans
- 5.2. Begriff der Liquidität
- 5.3. Bedeutung von Liquidität
- 5.3.1. Gesundes Unternehmen
- 5.3.2. Unternehmen in der Krise
- 5.3.3. Insolventes Unternehmen
- 5.4. Begriff und Wesen der Finanzplanung
- 5.4.1. Planung
- 5.4.2. Planungsgrundsätze
- 5.4.3. Stellung der Finanzplanung im Rahmen der Gesamtplanung
- 5.4.4. Integrierte Finanzplanung
- 5.4.5. Arten der Finanzplanung
- 5.5. Umfang, Erstellung und Ablauf der Finanzplanung
- 5.5.1. Umfang der Finanzplanung
- 5.5.1.1. Kapitalbedarfsplanung
- 5.5.1.2. Kapitaldeckungsplanung
- 5.5.1.3. Liquiditätsplanung
- 5.5.2. Inhalt
- 5.5.3. Erstellung
- 5.5.4. Prognose
- 5.5.4.1. Subjektive Planzahlenbestimmung
- 5.5.4.2. Extrapolierende Verfahren
- 5.5.4.3. Kausale Prognosen
- 5.5.5. Kontrolle und Plananpassung
- 5.5.5.1. Ermittlung und Analyse der Abweichungen
- 5.5.5.2. Maßnahmen des Insolvenzverwalters zur Liquiditätssteuerung
- 5.5.5.2.1. Zurückweisung von Zahlungsverpflichtungen, Verwertungen und Zwangsvollstreckungen
- 5.5.5.2.2. Leistungswirtschaftliche Maßnahmen
- 5.5.5.2.3. Umfinanzierung
- 5.5.5.2.4. Aufnahme neuer Kredite
- 5.5.5.2.5. Maßnahmen der Gläubigerbanken
- 5.5.5.2.6. Maßnahmen der Kreditoren
- 5.5.5.2.7. Maßnahmen der öffentlichen Hand
- 5.5.5.2.8. Maßnahmen der Gesellschafter
- 5.5.5.2.9. Kapitalbeteiligungsgesellschaften
- 5.5.5.2.10. Abwicklung schwebender Geschäfte
- 5.5.5.2.11. Behandlung von Arbeitsverhältnissen
- 5.5.5.2.12. Erstellung eines Sozialplans
- 5.5.5.2.13. Behandlung von Betriebsrenten
- 5.5.5.2.14. Insolvenzgeld
- 5.5.5.2.15. Anfechtungsmöglichkeiten nach Verfahrenseröffnung
- 5.5.5.2.16. Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen
- 5.5.1. Umfang der Finanzplanung
- 6. Einsatz von EDV - Planungstools
- 7. Fallbeispiel
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht die Anforderungen an die Finanzplanung des Insolvenzverwalters, um dessen Haftung gemäß § 61 InsO zu vermeiden. Die Arbeit beleuchtet die rechtlichen Grundlagen der Haftung und analysiert verschiedene Strategien zur Haftungsbegrenzung.
- Haftung des Insolvenzverwalters nach § 61 InsO
- Bedeutung der Finanzplanung in Insolvenzverfahren
- Maßnahmen zur Vermeidung von Haftung
- Analyse von Rechtsprechung und Literatur
- Praktische Anwendung durch Fallbeispiel
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Diese Einleitung führt in die Thematik der Haftung des Insolvenzverwalters bei Masseunzulänglichkeit ein und skizziert den Aufbau der Arbeit. Sie begründet die Relevanz der Thematik und erläutert die Forschungsfrage, der die Arbeit nachgeht.
2. Die Feststellung der Masseunzulänglichkeit und das Verfahren nach §§ 208 ff. InsO: Dieses Kapitel definiert den Begriff der Masseunzulänglichkeit, beschreibt das Verfahren zur Feststellung und Anzeige sowie die daraus resultierenden Wirkungen. Es analysiert die Besonderheiten des Verfahrens bei Masseunzulänglichkeit, insbesondere die Problematik der Haftung des Insolvenzverwalters in diesem Kontext. Die einzelnen Unterkapitel beleuchten die juristischen Schritte und die damit verbundenen Konsequenzen detailliert.
3. Die Haftung des Insolvenzverwalters bei Masseunzulänglichkeit, § 61 InsO: Dieses Kapitel analysiert eingehend die Rechtsnorm des § 61 InsO, seine Normentwicklung und den Normzweck. Es beschreibt die verschiedenen Haftungstatbestände, differenziert zwischen der Haftung des Insolvenzverwalters und des vorläufigen Insolvenzverwalters und untersucht die Haftung bei fehlerhafter Anzeige der Masseunzulänglichkeit. Die detaillierte Betrachtung der Einzelheiten der Haftung (Verschulden, Umfang, Kausalität, Verjährung, Exkulpation) bildet den Kern dieses Kapitels. Das Kapitel schließt mit der Betrachtung von Pflichtverletzungen außerhalb der Insolvenzordnung und dem Eintritt der Haftpflichtversicherung ab.
4. Maßnahmen der Haftungsbegrenzung: Dieses Kapitel präsentiert verschiedene Strategien zur Haftungsbegrenzung des Insolvenzverwalters. Es untersucht Möglichkeiten des vertraglichen Haftungsausschlusses, die Anwendung der Business Judgement Rule und die Bedeutung einer korrekten Anzeige der Masseunzulänglichkeit. Weiterhin werden Absicherungsmechanismen über Insolvenzgericht, Gläubigerausschuss und Gläubigerversammlung beleuchtet. Die Kapitel schließt mit einer Analyse relevanter Rechtsprechung und Literatur zur Finanz- und Liquiditätsplanung ab.
5. Finanzplanung: Das Kapitel widmet sich ausführlich der Finanzplanung des Insolvenzverwalters. Es beginnt mit der Beschreibung der Pflichten des Insolvenzverwalters, definiert den Begriff der Liquidität und untersucht deren Bedeutung in verschiedenen Unternehmenssituationen (gesundes, krisengeschütteltes und insolvendes Unternehmen). Es geht dann auf den Begriff und das Wesen der Finanzplanung ein, einschließlich der Planungsgrundsätze, der Stellung der Finanzplanung in der Gesamtplanung, integrierter Finanzplanung und verschiedener Arten der Finanzplanung. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Umfang, der Erstellung und dem Ablauf der Finanzplanung, inklusive der Prognosemethoden (subjektiv, extrapolierend, kausal) sowie der Kontrolle und Plananpassung mit Maßnahmen zur Liquiditätssteuerung. Die verschiedenen Maßnahmen zur Liquiditätssteuerung werden detailliert erklärt, angefangen bei der Zurückweisung von Zahlungsverpflichtungen bis zur Behandlung von Betriebsrenten und Anfechtungsmöglichkeiten.
Schlüsselwörter
Insolvenzverwaltung, Masseunzulänglichkeit, § 61 InsO, Haftung, Finanzplanung, Liquidität, Gläubiger, Haftungsbegrenzung, Business Judgement Rule, Masseverbindlichkeiten.
Häufig gestellte Fragen zur Diplomarbeit: Haftung des Insolvenzverwalters bei Masseunzulänglichkeit
Was ist der Gegenstand dieser Diplomarbeit?
Diese Diplomarbeit untersucht die Anforderungen an die Finanzplanung des Insolvenzverwalters, um dessen Haftung gemäß § 61 InsO zu vermeiden. Sie beleuchtet die rechtlichen Grundlagen der Haftung und analysiert verschiedene Strategien zur Haftungsbegrenzung. Die Arbeit umfasst die rechtlichen Grundlagen der Insolvenzverwaltung bei Masseunzulänglichkeit, die Haftung des Insolvenzverwalters nach § 61 InsO, die Bedeutung der Finanzplanung in Insolvenzverfahren, Maßnahmen zur Vermeidung von Haftung, eine Analyse von Rechtsprechung und Literatur sowie eine praktische Anwendung anhand eines Fallbeispiels.
Was wird unter Masseunzulänglichkeit verstanden und welches Verfahren ist damit verbunden?
Die Arbeit definiert den Begriff der Masseunzulänglichkeit und beschreibt das Verfahren nach §§ 208 ff. InsO zu dessen Feststellung und Anzeige. Sie analysiert die Auswirkungen der angezeigten Masseunzulänglichkeit, die Möglichkeiten der Verfahrensstellung und Besonderheiten des Verfahrens bei Masseunzulänglichkeit, einschließlich der erneuten Anzeige, der Rückkehr zum normalen Verfahren und der Haftungsproblematik des Insolvenzverwalters.
Wie wird die Haftung des Insolvenzverwalters nach § 61 InsO geregelt?
Die Arbeit analysiert detailliert § 61 InsO, seine Normentwicklung und seinen Normzweck. Sie beschreibt verschiedene Haftungstatbestände, differenziert zwischen der Haftung des Insolvenzverwalters und des vorläufigen Insolvenzverwalters und untersucht die Haftung bei fehlerhafter Anzeige der Masseunzulänglichkeit. Die Analyse umfasst Verschulden, Haftungsumfang, Kausalität, Verjährung und Exkulpation. Zusätzlich werden Pflichtverletzungen außerhalb der Insolvenzordnung und der Eintritt der Haftpflichtversicherung behandelt.
Welche Maßnahmen zur Haftungsbegrenzung werden vorgestellt?
Die Arbeit präsentiert verschiedene Strategien zur Haftungsbegrenzung, darunter vertraglicher Haftungsausschluss, die Anwendung der Business Judgement Rule, die Bedeutung der korrekten Anzeige der Masseunzulänglichkeit und Absicherungsmechanismen über Insolvenzgericht, Gläubigerausschuss und Gläubigerversammlung. Sie analysiert zudem relevante Rechtsprechung und Literatur zur Finanz- und Liquiditätsplanung.
Welche Rolle spielt die Finanzplanung in der Insolvenzverwaltung?
Die Arbeit widmet sich ausführlich der Finanzplanung des Insolvenzverwalters. Sie beschreibt die Pflichten des Insolvenzverwalters, definiert den Begriff der Liquidität und untersucht deren Bedeutung in verschiedenen Unternehmenssituationen. Sie beleuchtet den Begriff und das Wesen der Finanzplanung, Planungsgrundsätze, die Stellung der Finanzplanung in der Gesamtplanung, integrierte Finanzplanung und verschiedene Arten der Finanzplanung. Ein Schwerpunkt liegt auf Umfang, Erstellung und Ablauf der Finanzplanung, inklusive Prognosemethoden und Kontrolle sowie Plananpassung mit Maßnahmen zur Liquiditätssteuerung (z.B. Zurückweisung von Zahlungsverpflichtungen, Leistungswirtschaftliche Maßnahmen, Umfinanzierung, Behandlung von Arbeitsverhältnissen, Sozialplan, Betriebsrenten, Insolvenzgeld, Anfechtungsmöglichkeiten, Schadensersatzansprüche).
Welche Planungstools werden betrachtet?
Die Arbeit erwähnt den Einsatz von EDV-Planungstools, jedoch ohne detaillierte Beschreibung spezifischer Software oder Methoden.
Gibt es ein Fallbeispiel?
Ja, die Arbeit enthält ein Fallbeispiel zur praktischen Anwendung der behandelten Themen.
Welche Schlüsselbegriffe sind zentral für die Arbeit?
Zentrale Schlüsselbegriffe sind Insolvenzverwaltung, Masseunzulänglichkeit, § 61 InsO, Haftung, Finanzplanung, Liquidität, Gläubiger, Haftungsbegrenzung, Business Judgement Rule und Masseverbindlichkeiten.
- Citation du texte
- Simon Lixfeld (Auteur), 2004, Anforderungen an die Finanzplanung des Insolvenzverwalters zur Vermeidung der Haftung gemäß § 61 InsO, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21836