Lehrgedicht ist Lehrgedicht und Liebeselegie ist Liebeselegie. Diese beiden Gattungen miteinander zu vereinbaren, ist auf den ersten Blick ein Ding der Unmöglichkeit. Entstehen Liebeselegien aus der Klage heraus, keine Kontrolle über das eigene Liebesleben zu haben, so beschäftigen sich Lehrgedichte mit Themen, die lehrbar und kontrollierbar sind, meist aus den Bereichen der Landwirtschaft, Naturwissenschaft und Technik. Doch der augusteische Dichter Ovid wagte den Spagat und schuf um die Zeitenwende zwei Lehrgedichte, die diese beiden Gattungen miteinander in Einklang bringen sollten: Die Ars amatoria (Liebeskunst) und die Remedia amoris (Heilmittel gegen die Liebe). Diese Lehrgedichte mit sowohl formaler als auch thematischer Verwandtschaft zur Liebeselegie stellten ein Novum dar. Diese Hausarbeit wird sich mit der Ars amatoria auseinandersetzen, seinem ersten Lehrgedicht, das die Liebesthematik behandelt. Sie lehrt in den ersten beiden Büchern, wie die Frau im Kontext der Werbung und der Liebesbeziehung durch den Mann beherrscht werden kann.
Bei der Untersuchung des Werks wird der historische Kontext immer wieder eine Rolle spielen, da der antike Leser einige Passagen anders verstand als wir heute. Die römische Antike kannte durch ihre patriarchalische Prägung eine völlig andere Rolle der Frau als die Moderne. Die Frage der Geschlechterhierarchien stellte sich weit weniger als in heutiger Zeit, sie waren festgelegt und mussten nur gepflegt bzw. kommuniziert werden. Dies wirft unmittelbar die Frage nach den Instrumenten der Kommunikation auf, zu denen auch Gewalt zählen könnte. Diese Hausarbeit beschäftigt sich deshalb mit der Frage, wie Ovid in seinem Werk zum Thema Gewalt gegen Frauen steht und was er Männern in dieser Hinsicht vermitteln möchte. Gewalt wird dabei hauptsächlich als rein körperliche Gewalt verstanden, rein psychische Gewalt wird nicht Gegenstand der Untersuchung sein, wobei Mischformen auftreten können. Gegenstand der Untersuchung sind sowohl die Werbung der Frau als auch der konkrete Geschlechtsakt. Da das dritte Buch der Ars amatoria die Frauen als Leserschaft anspricht, beschränkt sich die Arbeit im Wesentlichen auf die ersten beiden Bücher.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- „arte regendus Amor": Liebe als erlernbare Fähigkeit
- Jagd
- Der amator als kundiger Jäger
- Unterschiede zwischen Tierjagd und Liebesjagd
- Vergewaltigung
- Vergewaltigung in der Antike
- Rechtliche Situation
- Funktion der Vergewaltigung: Mittel oder Zweck?
- Einschlägige Textstellen in der Ars amatoria
- Vergewaltigung in der Antike
- Zusammenfassung
- Literaturverzeichnis
- Primärliteratur
- Sekundärliteratur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Ars amatoria, dem ersten Lehrgedicht Ovids, das die Liebesthematik behandelt. Sie lehrt in den ersten beiden Büchern, wie die Frau im Kontext der Werbung und der Liebesbeziehung durch den Mann beherrscht werden kann.
- Ovids Darstellung von Gewalt gegen Frauen in der Ars amatoria
- Die Rolle der „ars" (Fähigkeit, Kunst) in der Liebesbeziehung
- Die Jagdmetaphorik in der Ars amatoria
- Die rechtliche und soziale Situation von Vergewaltigung in der römischen Antike
- Ovids Verhältnis zu den Geschlechterrollen und Geschlechterhierarchien seiner Zeit
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Ars amatoria, seine Tradition und seine Rolle ein. Anschließend wird der Begriff der „ars" im Sinne von Ovid erläutert. Die Funktion der „ars" ist zielführend für die Fragestellung des Gewalteinsatzes, da sie als übergeordnetes Konstrukt die Voraussetzung für den kontrollierten Umgang zwischen den Geschlechtern darstellt.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Werbung der Frau aus der Distanz. Da Ovid hier einige Jagdmotive einfließen lässt, stellt sich die Frage, ob zwischen Tier- und Liebesjagd überhaupt Unterschiede herausgearbeitet werden können und ob der Gewalteinsatz gegen Tiere und gegen Frauen differenziert wird oder nicht.
Das dritte Kapitel, gleichzeitig das größte, nimmt nach der erfolgreichen Liebesjagd den Einsatz von Gewalt im eigentlichen Geschlechtsakt ins Visier. Da sich methodische Schwierigkeiten ergeben aus der Tatsache heraus, dass die Antike mit dem Thema Vergewaltigung anders umgeht als wir heute und völlig andere Aspekte eine Rolle spielen, muss zunächst eine Einführung in die Vergewaltigung in der Antike gegeben werden, aufgegliedert in rechtliche und soziale Aspekte. Im Anschluss richtet sich der Blick wieder auf die Ars amatoria, aus der einige einschlägige Textstellen exemplarisch herangezogen werden, die sich mit dem Einsatz von Gewalt beschäftigen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Ars amatoria, Ovid, Liebe, Gewalt, Frauen, Geschlechterrollen, Geschlechterhierarchie, Jagdmetaphorik, Vergewaltigung, römische Antike, Ehegesetze, Ehebruch, Psychagogie, Domination, Erotodidaxe, amor longus, und die Funktion der „ars" in der Liebesbeziehung.
- Citation du texte
- Andreas Lins (Auteur), 2013, Gewalt in Ovids Ars amatoria, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/229897