Die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern erfolgt in der Praxis häufig durch
Personalberatungsunternehmen. Personalberater werden von Unternehmen beauftragt, die
Unterstützung bei der Suche und Auswahl von Kandidaten für wichtige Führungspositionen
benötigen. Im Folgenden wird allein die Methode der Direktansprache wettbewerbsrechtlich
analysiert, da die Suche per Zeitungsannonce oder Internet eine Initiative des wechselwilligen
Arbeitnehmers erfordert, weshalb sich naturgemäß keine direkten wettbewerbsrechtlichen
Verstöße der Personalberatung ergeben können. Unter der Direktansprache, dem sog.
„Headhunting“ ist die aktive Kontaktaufnahme eines Beraters (Headhunters) mit potentiellen
Kandidaten zu verstehen, deren Wechselwilligkeit des Arbeitsplatzes bis zu diesem Zeitpunkt
noch nicht bekannt ist. Angesprochen werden überwiegend Führungskräfte, die dem
Anforderungsprofil einer vakanten Position entsprechen und die sich zum Zeitpunkt der
Kontaktaufnahme noch in einem Arbeitsverhältnis befinden1. Eine Abwerbung mittels Verleitung zur ordnungsgemäßen Vertragsauflösung, also unter
Einhaltung gesetzlicher Kündigungsfristen ist grundsätzlich zulässig2. Eine
Wettbewerbswidrigkeit kann sich nur aus besonderen Begleitumständen ergeben, die die
Abwerbung im konkreten Fall als unlauter oder sittenwidrig erscheinen lassen. Dafür genügt es
nicht, dass eine fremde Arbeitskraft durch das Versprechen eines höheren Lohns oder besserer
Arbeitsbedingungen zur Kündigung veranlasst wird. In einer freien Marktwirtschaft, in der
qualifizierte Mitarbeiter einen Erfolgs- und Wettbewerbsfaktor darstellen, muss jeder
Unternehmer damit rechnen, dass seine Beschäftigten kündigen, wenn ihnen bessere
Bedingungen geboten werden. Insbesondere auch bei Schlüsselkräften ( Spezialisten ) ist eine
auf ordnungsgemäße Lösung des Vertragsverhältnisses gerichtete Abwerbung nicht unlauter.
Auch eine planmäßige Vorgehensweise ist für sich allein kein besonderer Umstand, der die
Sittenwidrigkeit einer Abwerbung i.S.d. § 1 UWG begründet.3 Unter „planmäßig“ versteht der
BGH, ein auf Dauer angelegtes, zielbewusstes Vorgehen des Abwerbenden. Es muss sich dabei
um feststellbare äußere Umstände handeln, insbesondere die Zielrichtung der Abwerbung ist
maßgebend. [...]
1 Kreikebaum, Hartmut, Personalberatung im europäischen Binnenmarkt, 1994 Seite 11
2 OLG Koblenz in GRUR 1988, S.43f
3 BGH in GRUR 1979, S. 553f
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- A. Grundsätzliche Zulässigkeit
- B. Eindeutig unzulässige Formen des Headhintings – Problem der Sittenwidrigkeit
- I. Verleitung zum Vertragsbruch
- II. Ausnutzung fremden Vertragsbruchs
- III. Unlautere Verleitung zur Vertragsauflösung
- 1. Anwerbung durch verwerfliche Willensbeeinflussung
- 2. Planmäßiges Abwerben zum Zweck der Mitbewerberbehinderung
- 3. Planmäßiges Abwerben zum Zweck der Mitarbeiterausbeutung
- 4. Ausspannen unter Missbrauch eines Vertrauensverhältnisses
- C. Direktansprache am Arbeitsplatz zwecks Abwerbung - sittenwidriges
Verhalten i.S.d. § 1 UWG?
- I. Ansätze der Befürworter eines Verbotes der telefonischen Direktansprache
am Arbeitsplatz
- 1. Bei der telefonischen Direktansprache am Arbeitsplatz handelt es sich um ein Eindringen in eine fremde Betriebsphäre
- 2. Grundrechtsrelevante Abwägung
- 3. Nachahmungseffekt
- II. Stellt die Direktansprache am Arbeitsplatz ein sittenwidriges Verhalten
im Sinne des § 1 UWG dar?
- 1. Verwilderung der Sitten im Wettbewerb - Vergleich mit der Produktreklame
per Telefon bzw. Telefax
- a. Unterschiede tatsächlicher Art
- b. Fehlende Alternativen zur telefonischen Direktansprache
- 2. Eindringen in fremde Betriebsphäre
- a. Vergleichbarkeit des telefonischen Erstkontaktes mit dem körperlichen Eindringen
- b. Abhalten des Dienstverpflichteten von Erbringung seiner Leistungserbringungspflicht gegenüber seinem jetzigen Dienstherrn
- c. Ausnutzung fremd finanzierter betrieblicher Kommunikationssysteme mit Blockadeeffekt
- 3. Eingriff in das Loyalitätsverhältnis
- 4. Belästigung des Umworbenen oder Freiheit des Individuums?
- 5. Verstoß gegen § 823 I BGB – Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
- 1. Verwilderung der Sitten im Wettbewerb - Vergleich mit der Produktreklame
per Telefon bzw. Telefax
- III. Zusammenfassung
- I. Ansätze der Befürworter eines Verbotes der telefonischen Direktansprache
am Arbeitsplatz
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert die Rechtslage der Direktansprache, auch als "Headhunting" bekannt, im Arbeitsrecht und speziell unter dem Aspekt des Wettbewerbsrechts. Der Fokus liegt auf der Frage, ob und inwieweit die aktive Kontaktaufnahme von Personalberatern mit potenziellen Kandidaten, die sich noch in einem Arbeitsverhältnis befinden, als sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG einzustufen ist.
- Grundsätzliche Zulässigkeit der Abwerbung
- Eindeutig unzulässige Formen des Headhuntings, insbesondere Verleitung zum Vertragsbruch und Ausnutzung fremden Vertragsbruchs
- Unlautere Verleitung zur Vertragsauflösung durch verwerfliche Willensbeeinflussung, planmäßiges Abwerben und Ausspannen unter Missbrauch eines Vertrauensverhältnisses
- Direktansprache am Arbeitsplatz als sittenwidriges Verhalten i.S.d. § 1 UWG
- Abwägung der Interessen des Arbeitnehmers, des Arbeitgebers und der Personalberater
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet den Kontext des Headhuntings und die Zielsetzung der Arbeit. Kapitel A behandelt die grundsätzliche Zulässigkeit der Abwerbung, wobei festgestellt wird, dass eine ordnungsgemäße Vertragsauflösung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen zulässig ist. Kapitel B widmet sich den unzulässigen Formen des Headhuntings, wie etwa Verleitung zum Vertragsbruch und Ausnutzung fremden Vertragsbruchs. Kapitel C analysiert die Direktansprache am Arbeitsplatz unter dem Blickwinkel des Wettbewerbsrechts und beleuchtet die Argumente für und gegen ein Verbot der telefonischen Direktansprache.
Schlüsselwörter
Headhunting, Direktansprache, Wettbewerbsrecht, Sittenwidrigkeit, § 1 UWG, Arbeitsrecht, Vertragsbruch, Vertragsauflösung, Personalberatung, Abwerbung, Anwerbung, Mitarbeitergewinnung, Planmäßigkeit, Vertrauensverhältnis, Betriebsphäre, Grundrechte, Abwägung, Loyalitätsverhältnis, Belästigung.
- Quote paper
- Oliver Kettner (Author), 2001, Headhunting - Ein Problem unserer Gesellschaft?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23132