Der Vater-Vorteil

Die exklusive Bedeutung des Vaters für die psychische Entwicklung des Kindes im Kleinkind-, Schulkind- und Jugendalter


Bachelorarbeit, 2013

48 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


1. Einleitung

„Neue Väter und ihre unterschiedsbildende Bedeutungen für die psychische Entwicklung des Kindes – Wunschvorstellung oder umsetzbares Ideal?“ Mit dieser Fragestellung soll die vorliegende Arbeit beginnen. Gleichzeitig leitet diese Überlegung in ein junges und aktuell an neuem Interesse gewinnendes Forschungsgebiet ein.

Lange Zeit wurde der Vater-Kind-Beziehung sowie der väterlichen Rolle innerhalb des Familiensystems wenig bis überhaupt kein Forschungsinteresse hinsichtlich ihrer entwicklungspsychologischen Bedeutung für das heranwachsende Kind entgegengebracht (Dornes, 2006, Fthenakis, 1985, Seiffge-Krenke, 2001, 2012, Oberndorfer & Rost, 2002). Die Vater-Dimension galt über viele Jahre als eine zu vernachlässigende Größe in der humanwissenschaftlichen Forschung (Petri, 1999). Das bis heute nur beschränkte Vorhandensein von Längsschnittstudien ist ein weiteres Indiz für die zurückhaltende Gewichtung vom Vater als Forschungsgegenstand im vergangenen Jahrhundert (Seiffge-Krenke, 2009a). Im Zeitraum von 1970-2008 bezogen gerade mal 1,5 % aller Studien über Kinder und Jugendliche deren Väter in die Untersuchungen mit ein. Von dieser ohnehin geringen Studienzahl kam auf 5 Studien zum Vater-Kleinkind-Verhältnis nur eine zur Beziehung zwischen Vätern und Jugendlichen. Die Bedeutung des Vaters für junge Erwachsene wurde infolge dieses deutlich werdenden Forschungstrends nochmal um einiges weniger behandelt (Pfaff & Seiffge-Krenke, 2008). Immerhin konnte von 1997-2008 ein leichter Forschungsanstieg mit 50-70 neuen Studien pro Jahr zum Vater und seiner Bedeutung verzeichnet werden (Seiffge-Krenke, 2009b). Lothar Schon spricht in seinem Buch „Sehnsucht nach dem Vater“ trotzdem von einem Gefühl des Mangels, das sich beim Sichten der Literatur zum Thema Väter bei ihm einstellte (Schon, 2010, S.11).

Erst die Ergebnisse der Arbeitsgruppe um Margarethe Mahler Anfang der sechziger Jahre stießen einen Perspektivenwechsel und ein Bestreben des differenzierten, kontinuierlichen Aufarbeitens und Schließens dieses wissenschaftlichen Defizits an (Petri, 1999). Bei der Betrachtung der vergleichsweise kurzen Forschungsgeschichte zu den einzelnen Aufgaben und Funktionen des Vaterseins und deren Bedeutung für das Kind wird schnell deutlich, dass gemessen am Forschungsumfang primär die Themen Gewalt und Missbrauch durch den Vater von Interesse waren. Die schädigende Wirkung des Vaters in der Beziehung zu seinen Kindern stand dadurch im Fokus (Seiffge-Krenke, 2009a). Die Mutterzentriertheit in der Bindungstheorie (Bowlby 1969) und die ausführlichen Beobachtungen der Mutter während ihrer Interaktion mit dem Kleinkind (Ainsworth et al., 1978) führten zu dem vorübergehenden Forschungsziel, die Ähnlichkeit zwischen Müttern und Vätern belegen zu wollen (Seiffge-Krenke 2009a). Über einen langen Zeitraum von einer Defizithypothese ausgehend, bei der die Mütter den Vätern quantitativ und qualitativ überlegen waren (Seiffge-Krenke, 2009a), rückten erst spät die distinktiven Funktionen des Vaters und deren einzigartige Bedeutung für das aufwachsende Kind in den Mittelpunkt der Untersuchungen (Schon, 2010, Seiffge-Krenke, 2001).

Die vorliegende Arbeit in Form einer Literaturrecherche soll einen Einblick in den aktuellen Stand der Forschung zur Bedeutung des Vaters für die psychische Entwicklung seiner Kinder geben. Es ist Ziel des Autors über die Darstellung von Ergebnissen aus den unterschiedlichen kindlichen Entwicklungsstadien Argumente für die These zu liefern, dass der Vater als real-erfahrbare Bezugs –und Bindungsperson für die psychische Entwicklung des Kindes unentbehrlich ist.

Wie verändern sich seine distinktiven Funktionen mit dem Älterwerden der Kinder? Lohnt es sich weiterhin, verstärkt in die wissenschaftliche Aufarbeitung und Forschung zu diesem spezifischen Thema zu investieren?

Um die entwicklungsphasenbezogene Spezifität des väterlichen Beitrags aufzeigen zu können, legt der Autor im Kleinkindalter einen thematischen Schwerpunkt auf die Spielfeinfühligkeit, sowie den Triangulierungs -und Individuationsprozess. Im Schulkindalter steht der Zusammenhang zwischen väterlichem Engagement und der Ausprägung einer Geschlechtsrollenidentität, sowie der Entwicklung kognitiver und emotionaler Prozesse beim Kind im Fokus. In der Phase des Jugend -und jungen Erwachsenenalters schließlich wird der Vater in seiner Funktion als Rollenmodell und Vorbild für Autonomie und als Ratgeber bei beruflichen und zukunftsbezogenen Fragen betrachtet.

Existieren diese distinktiven Funktionen, die den Vater zu einer bedeutungsvollen, weil einzigartigen Bezugsperson für das Kind werden lassen, tatsächlich oder reicht es aus, fürsorgliches, involviertes, und engagiertes väterliches Verhalten mit dem Begriff „mütterliche Vaterschaft“ (Seiffge-Krenke & Schneider 2012, S.124) zu umschreiben?

Nicht nur die statistischen Auswertungen des Mikrozensus 2010, wonach Väter mit mindestens einem Kind im Haushalt über das gesamte Erwerbsleben zum Teil bis zu fünf Stunden pro Woche länger arbeiten als kinderlose Männer (Bundesministerium für Bevölkerungsforschung, 2010), wirft zusätzlich die Frage auf, ob wir tatsächlich auf dem Weg zu den in letzter Zeit so häufig genannten „neuen“ Formen des Vaterseins sind?

2. Geschichtlicher Wandel des Vaterbildes und Veränderungen der Vaterrolle innerhalb der Familie

Zu Beginn dieser Arbeit und zur besseren Einordnung des aktuellen Forschungsstandes soll der „Wandel“ des Vaterbildes und der Vaterrolle zunächst historisch beschrieben werden. Hierfür erscheint es sinnvoll, nach einem Verweis auf eine mögliche erste Sichtweise des Vaters in der Religion, einen kurzen Abriss der familialen Ordnung in der Epoche des antiken Roms, der veränderten Familiensituation mit Beginn der Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, sowie der entscheidenden Entwicklungen und Veränderungen der Vaterforschung von 1970 bis heute zu skizzieren.

Als ein in der Geschichte wichtiges und stark prägendes Rollenmodell für politisches und zwischenmenschliches Handeln, das sowohl für die Betrachtungsweise und das Verständnis der Vaterfigur als auch für die ihr zugemessenen Bedeutung von Relevanz war, gilt das Gottesbild des Alten und Neuen Testaments (Drewermann, 1991). Ängstigend-krankmachende Sichtweisen wie die des verinnerlichten unerbittlich strafenden Richtergottes (Jaksche, 1992) oder das Bild einer Gottesvergiftung (Moser, 1980) stehen ermutigenden, positiv-anerkennenden Betrachtungsweisen des „kirchlichen Vaters“ (Drewermann, 1991) gegenüber.

Einige Autoren des Alten Testaments nutzten die Metapher eines sich rächenden, grausamen und sogar mordenden Ur-Vaters. Hart und streng wie beispielsweise in der Überlieferung von der Heimsuchung Israels (Hesekil 9,4-11), der Sintflut (1. Mose 6,17) oder der Todesstrafe für die Sabbatschändung (4. Mose 15, 32ff).

Im Neuen Testament vollzieht sich dann ein erster Wandel in der Vorstellung dieses Gottes. In seiner Rolle als religiöser, transzendenter Vater wird er nun, wie die Taufszene Jesu verdeutlicht, als barmherzig, liebevoll, zugewandt und sich kümmernd beschrieben (Lukas 3, 21-22). Das Opfern seines eigenen Sohnes und die Befreiung der Gläubiger von der Last ihrer Sünden kann als ein Höhepunkt dieses liebenden Vaterseins gesehen werden (Johannes 3,16).

Schon in den biblischen Schriften und der jüdisch-christlichen Tradition wird dem Vater neben der Wandlungsfähigkeit seines Verhaltens und dem hervorgehobenen Fokus auf den Sohn (u.a. Gleichnis vom verlorenen Sohn, Lukas 15, 11-32) ein Bezug zum „Göttlichen“ zugeschrieben, der ihn von anderen Familienmitgliedern in besonderer Weise unterscheidet und hervorhebt.

Während der historischen Epoche des antiken Roms hatte der Vater den Status des heiligen, mächtigen, unantastbaren und einzigartigen Familienoberhaupts, patria potestas oder pater familias, inne. Dieser rechtfertigte die absolute und uneingeschränkte väterliche Gewalt im damaligen Familiensystem (Le Camus, 2006, Lenzen, 1991). Der Vater herrschte über seine Frau und die in der Familie lebenden Kinder. Das Herstellen von Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn galt, oft unter dem Einsatz von Gewalt, als ein zentrales Erziehungsziel (Seiffge-Krenke, 2012). Rechtlich gesehen galt der Körper des Kindes als Eigentum des Vaters (Seiffge-Krenke, 2009a, Rigos, 2010). Der Machtgipfel dieses Patriarchats drückte sich ganz real in der Entscheidungsgewalt des Vaters über Leben und Tod seiner neugeborenen Kinder aus (Le Camus, 2006). Die vorherrschende Moral schreibt dem Vater ein distanziertes und hartes Verhalten vor (Le Camus, 2006). Es war ihm überlassen, das „tolle liberum“, das Ritual des Vaterwerdens, das symbolisch im Aufheben des Neugeborenen vom Boden und damit in der Anerkennung dessen Recht auf Leben bestand, auszuführen. Erst mit dieser bewusst getroffenen Entscheidung begann die damalige Vaterschaft (Le Camus, 2006, Spillmann, 1980).

Söhne, in der Regel die Erstgeborenen, weckten bis zum Alter von sechs Jahren, Töchter häufig ihre gesamte Kindheit und Jugend über, wenig bis gar kein Interesse seitens des Vaters. Ignoranz und allenfalls selektive Aufmerksamkeit brachte dieser ihnen entgegen (Seiffge-Krenke, 2009a; Barth, 1997). Dies kann u.a. mit der damals vorherrschenden hohen Kindersterblichkeit im frühen Kindesalter zusammenhängen. Laut dem Berliner Institut für Bevölkerung und Entwicklung (2008) starben in der Zeit der späten Antike und dem beginnenden Mittelalters ein Viertel bis ein Drittel der Kinder vor der Mündigkeit. Seiffge-Krenke (2012) spricht von „wenig Liebe, viel Gewalt“ als ein Erziehungsprinzip der zurückliegenden Jahrhunderte. Disziplinierung und Bestrafung waren typische Verhaltensweisen der Väter in dieser Zeit. Eigentlich konträr zu diesem abweisenden Umgang erscheinend, war es die alleinige Aufgabe des Vaters für den Schutz und die Sicherheit der Familie zu sorgen (Seiffge-Krenke, 2009a).

Die im 18. Jahrhundert beginnende Industrialisierung wird in der Geschichte der Vaterrolle häufig als ein kritischer Einschnitt ausgemacht (Huber, 2006). Mit der Übernahme seiner neuen Rolle als „distant breadwinner“ in einer mehr und mehr anonymisierten Arbeitswelt nahm seine Macht in der Familie zunehmend ab (Petri, 2007, Pleck & Pleck, 1997). Mann und Frau waren gezwungen die Familienrollen neu aufzuteilen (Fthenakis, 1985). Mitscherlichs Werk “Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft“ von 1963 bringt schon im Titel den damals empfundenen Autoritäts –und Präsenzverlust des Vaters in der Gesellschaft zum Ausdruck. Als ein vom Lohn der Fabriktätigkeit abhängiger Arbeiter reduzierte sich seine Greif– und Sichtbarkeit für das Kind und damit auch sein Einfluss in der Familie deutlich (Dornes, 2006, Petri, 2007). Mitscherlich beklagte u.a. die Auswirkungen der, durch die Vaterlosigkeit eingeschränkten Identifizierungsmöglichkeiten der Kinder, auf deren psychische Strukturbildung (Petri, 2007).

Das am ersten Januar 1900 rechtskräftig gewordene Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) definiert Vaterschaft erstmals als „einen Status, der nicht durch freie Willensentscheidungen außer Kraft gesetzt oder einer anderen Person übertragen werden konnte“. Das rechtskräftige Vaterbild setzte zwingend die Einhaltung eines „Sets von Regeln“ dem Kind gegenüber voraus (Scheiwe, 2006, S. 37). Trotz dieses Gesetzesbeschluss trat das Recht der Kinder auf gewaltfreie Erziehung tatsächlich erst 2002 in Kraft (Seiffge-Krenke, 2012).

An dieser Stelle soll kurz auf die, durch die beiden Weltkriege bedingte, Vaterlosigkeit hingewiesen werden. Mathias Franz, ein deutscher Vaterforscher, spricht von verheerenden bis in die Gegenwart spürbaren psychischen Spuren einer durch einen abwesenden Vater gekennzeichneten Nachkriegsgeneration (Franz, 2010). Empirisch konnte in mehreren Langzeitstudien auch noch 50 Jahre nach Kriegsende eine große Häufung an psychischen und psychosomatischen Beschwerden (u.a. Depression, soziale Ängste und Misstrauen) bei den zwischen 1939 und 1945 geborenen Kriegskindern nachgewiesen werden (Franz, 2000). Diese und ähnliche Befunde weisen darauf hin, dass eine frühe Vaterabwesenheit einen erheblichen Risikofaktor für das Kind darstellt im Laufe des Lebens an einer „seelischen Erkrankungen“ zu leiden (Dornes, 2006, S.320).

In der heutigen Zeit wird rückblickend insbesondere frühen psychoanalytischen Theorien und Konzeptionen ein stark hemmender Einfluss auf die Beschäftigung mit dem Vaterthema zugeschrieben (Fthenakis, 1985, Lamb, 1976). Trotz der anfangs von Freud vertretenen Meinung, die Vater-Kind-Beziehung sei im Hinblick auf die psychosexuelle Entwicklung des Kindes von größerer Bedeutung als die Beziehung zur Mutter, beschränkte sich das Interesse weitgehend auf die von Freud propagierte phallische Entwicklungsstufe mit Beginn des vierten Lebensjahres des Kindes (Fthenakis, 1985). Das Kind sei demnach erst in der Lage eine trianguläre Beziehung zu beiden Eltern einzugehen, wenn es den Geschlechtsunterschied begriffen habe. Der Vater wird in Freuds Darstellungen eher als Kontrahent mit einem gespannten, unterschwellig- gewaltbereiten und aggressiven Verhältnis zum Sohn dargestellt (Franz, 2010, Seiffge-Krenke, 2012).

In der Zeit um 1970, unter anderem mit den Publikationen des Psychoanalytikers Abelin und dessen Prägung des Begriffs der frühen Triangulierung, die er bereits beim Kleinkind im Alter von 18 Monaten beobachten konnte (Abelin, 1971, 1975), kommt es in der entwicklungspsychologischen Forschung zu einer Wiederentdeckung des Vaters und zur Anerkennung seiner Wichtigkeit (Dammasch, 2011). Unter anderem wurde der elterlichen Beziehungsqualität und der triadischen Kompetez der Eltern verstärktes Interesse entgegengebracht. Auch die Relevanz innerer Repräsentanzen des Vaters für den Aufbau einer triangulären Struktur beim Kind wurde in den letzten 40 Jahren zunehmend beforscht (Stiehler, 2006, Dammasch & Metzger, 2012, Schon 2010).

Als Folge der Emanzipationsbewegung und der damit zusammenhängenden verbesserten schulischen Ausbildung erlangten viele Frauen eine eigenständige Berufstätigkeit und forderten nun von ihren Männern die Unterstützung bei Familienaufgaben (Huber, 2006). Zu beobachten ist seither ein Vater, der bemüht ist, die Forderungen von Frau und Kind zu erfüllen, so Dornes (2006). Eine egalitäre Rollenaufteilung, die auch in den Definitionen des „neuen Vaters“ ganz aktuell immer wieder genannt wird (Seiffge-Krenke, 2009a) und auf die später etwas genauer eingegangen werden soll.

Dieser kurze Abriss zeigt, dass die Funktion und Rolle des Vaters innerhalb des Familiensystems schon immer Veränderungen hinsichtlich biologischer, psychologischer, rechtlicher und soziologischer Faktoren unterworfen war und auch gegenwärtig ist (Barth, 1997, Obernhofer&Rost, 2002).

Ganz aktuelle Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass die Zahl der Männer, die Elternzeit und Elterngeld in Anspruch nehmen, weiter steigt. Vor der Einführung des Elterngeldes 2007 waren es knapp 3,5% der Männer, 2008 bereits 20% und im Jahr 2010 bezogen 171736 Väter (25%) Elterngeld. Für im Jahr 2010 geborene Kinder lag die Dauer der genommenen Elternzeit der Väter in Deutschland bei durchschnittlich 2,5 Monaten. Mütter bezogen im Schnitt 11,4 Monate Elterngeld. Immerhin ein Viertel der deutschen Väter nahm sich mehr als die zwei Partnermonate von der Arbeit frei (Destatis, 2012a). Vergleicht man diese Zahlen mit denen aus Schweden, das als weltweit erstes Land 1974 ein Elterngeldmodell einführte und wo mittlerweile neunzig Prozent der Männer das Recht auf zwei „daddy month“ nutzen, stellt man fest, dass deutsche Eltern noch immer stärker dem traditionellen Modell verfallen sind und von dem Elterngeldangebot nur zögerlich Gebrauch machen (Bresinski & Walter, 2011, S.9). Eine Befragung von 1000 Vätern im Alter zwischen 25 und 45 Jahren ergab, dass 29,6 % überhaupt nicht wussten, dass sie mehr als zwei Monate Elternzeit hätten nehmen dürfen (Väter gGmbh, 2012).

3. Literaturrecherche

Der vorliegenden Arbeit liegt als Methode eine umfangreiche Literaturrecherche zugrunde. Die gefundene und einbezogene Literatur wurde durch den Autor auf ihre Relevanz für das Thema der Arbeit hin geprüft, sowie vergleichend analysiert und sortiert. Nur Literatur, die in ihren Forschungsergebnissen einen Bezug zum Thema aufwies, wurde miteinbezogen.

3.1. Vorgehen

Für einen ersten Überblick über das Arbeitsthema „Die distinktive Bedeutung des Vaters für die psychische Entwicklung des Kindes im Kleinkind-, Schulkind- und Jugendalter“ wurde zunächst in der Universitätsbibliothek Mainz, sowie in der Institutsbibliothek des psychologischen Instituts der Johannes Gutenberg Universität Mainz nach deutschsprachiger Literatur gesucht. Diese sollte die Entwicklung der bisherigen Forschung und deren Ergebnisse zu dem genannten Thema überblickartig zusammenfassen.

Primär beschränkte sich diese Suche auf Bücher des Fachbereichs Entwicklungspsychologie und, wenn vorhanden, dann speziell auf Bücher zur Vaterforschung. Anhand der Inhaltsverzeichnisse wurde zunächst festgestellt, ob Kapitel allgemein zum Thema der Vaterbedeutung vorliegen. War dies der Fall, dann wurde untersucht, unter welchem Aspekt der jeweilige Buchautor die Bedeutung des Vaters in Beziehung zur Entwicklung des Kindes gesetzt hatte. Hierbei wurde das Buch „Die Seele des Kindes“ von Martin Dornes aus dem Jahr 2006 identifiziert, das in Kapitel acht eine Sammlung der aus Dornes´ Sicht zentralen Studien und Forschungsergebnisse der vergangenen Jahre zur entwicklungspsychologischen Vaterbedeutung darstellt. Nützlich und hilfreich waren die enthaltenen Daten zu den differentiellen Vatereffekten bei der Geschlechtsrollen- und Autonomieentwicklung, zum Konzept der Triangulierung aus systemischer und psychoanalytischer Sicht, sowie zum historischen Entwicklungsprozess. Inge Seiffge-Krenke geht in ihrem Buch „Psychotherapie und Entwicklungspsychologie“ in der 2. Auflage von 2009 in Kapitel sieben ebenfalls auf aktuelle Forschungsergebnisse ein, differenziert aber noch deutlicher zwischen den verschiedenen Entwicklungsphasen und thematisiert zusätzlich die Akzentuierung des Geschlechts der Kinder im väterlichen Verhalten. Bemerkenswert sind auch zwei Bücher von Wassilios Fthenakis, „Väter: Band 1“ und „Engagierte Vaterschaft“ (Fthenakis, 1985, 1999), aus denen u.a. eine brauchbare Übersicht zum Wandel der Vaterrolle in der Familie, sowie den Auswirkungen von väterlichem Engagement auf die Kindesentwicklung verwendet werden konnte. Eingang in diese Arbeit fand auch Literatur mit einem Erscheinungsjahr, das vor 2000 liegt.

Für die weitere Literaturrecherche wurden zwei unterschiedliche Vorgehensweisen gewählt. Zum einen nutzte der Autor die Online-Suchmaschine der UB Mainz, sowie die über die Universität Mainz zugänglichen Literaturdatenbanken PSYNDEX und Web of Science zur Eingabe von Suchbegriffen und Autoren. Nach dem Identifizieren relevanter Literatur wurden zum Teil zusätzlich die Online-Bibliotheken Wiley, Jstor und Sagepub für den Dokumentenzugriff verwendet.

Zum anderen wurde das „Schneeballprinzip“ in Form des Sichtens der Literaturverzeichnisse von Zeitschriftenartikeln und Büchern namhafter Autoren in englischer und deutscher Sprache nach Texten über die Vaterbedeutung eingesetzt. Die Originaltexte der so in den Literaturangaben identifizierten Artikel, Studien und Bücher wurden dann über Online-Suchportale wie der elektronischen Zeitschriftenbibliothek (EZB) der Universität Mainz, Google Scholar oder über Google gesucht. Die Suche nach diesem Verfahren und die gefundene Literatur wurde dann je nach thematischem Schwerpunkt „schneeballartig“ weiter spezifiziert. Hierbei war unter anderem ein im Online-Publikationsverzeichnis des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefundener umfangreicher Übersichtsartikel von Jörg Fegert et al. (2011) über Vaterschaft und Elternzeit hilfreich, da er einen breiten und aktuellen Literaturverweis bot. Auch der Artikel von Daniel Paquette (2004) “Theorizing the father-child relationship: Mechanisms and developmental outcomes” fungierte als Ausgangspunkt für weitere Literatursuche.

Gibt man den Suchbegriff „Bedeutung des Vaters“ in die Suchmaschine der UB Mainz ein liefert diese dazu 7 Treffer. Die Online-Suchmaschine PSYNDEX zeigt bei gleichem Stichwort 107 Treffer an (02.05.2013). Beschränkt man die Suche auf einen Veröffentlichungszeitraum von 2000 bis heute erscheinen dort noch 43 Ergebnisse. Nach Betrachtung der Titel, ließen sich bereits 11 Ergebnisse ausschließen. Bei der Eingabe des Begriffs „Psychische Entwicklung des Kindes“ zeigte dieselbe Suchmaschine 22 Ergebnisse an, von denen lediglich 4 einen Bezug zum Thema herstellten.

Insgesamt finden sich über die Suchmaschine der UB Mainz und auch über die deutlich mehr Literatur umfassende Recherchedatenbank PSYNDEX nur wenige Artikel zur Bedeutung des Vaters. Dies lässt auf ein vergleichbar geringes Forschungsinteresse in den letzten Jahren zu diesem entwicklungspsychologischen Themengebiet schließen. Um einen Gesamtüberblick über die online vorhandene Literatur zur Vaterforschung zu bekommen, wurde der Begriff „V?ter“ bei PSYNDEX eingegeben. 1860 Ergebnisse wurden angezeigt. Beschränkt man die Suche auf den Zeitraum zwischen 2000 und 2013 bleiben noch 743 Treffer.

Um vermehrt Studien in englischer Sprache ausfindig zu machen, wurde die Suchmaschine Web of Science verwendet. Mit dem Begriff „Paternal influence on child development” als Thema (Topic) liefert diese Datenbank 216 Treffer von denen deutlich mehr als die Hälfte dieses Thema nur peripher behandelten. Für den Begriff „Father-child relationship“ wurden in PSYNDEX 19 Ergebnisse angezeigt, von denen 14 Artikel einen Bezug zum Thema aufwiesen.

Insgesamt ergaben sich 36 Quellen deren Abstracts vom Autor auf Relevanz und Gültigkeit hin überprüft wurden. Nochmals wurden einige Artikel aussortiert und so insgesamt 19 Journal- und Zeitschriftenartikel identifiziert, deren Aufnahme in die Literaturliste dem Autor als berechtigt erschien (s. Anhang - Tabelle 1.).

Es ist darauf hinzuweisen, dass für die vorliegende Arbeit das „Schneeballrechercheprinzip“ die meiste brauchbare und schließlich auch verwendete Literatur lieferte, da damit zu einzelnen spezifischen Aspekten des väterlichen Umgangs mit dem Kind deutlich exakter und präziser recherchiert werden konnte als mit den zum Teil unübersichtlichen und wenig validen Online-Suchmaschinen.

3.2. Tabellarischer Überblick der verwendeten Studien

Zur übersichtlichen Darstellung der verwendeten Studien zu den einzelnen distinktiven Verhaltensweisen des Vaters in der Interaktion mit seinen Kindern unterschiedlichen Alters wurde eine Tabelle angefertigt, die Stichprobe, Methodik, Hypothesen und zentrale Ergebnisse der Studien kurz aufführt und beschreibt (s. Anhang). Es ist darauf hinzuweisen, dass nicht auf jede einzelne, der aufgelisteten Studien, im Text näher eingegangen wird.

4. Die distinktive Bedeutung des Vaters in unterschiedlichen Entwicklungsphasen

In diesem Kapitel soll gezielt auf die distinktive Bedeutung des Vaters für die kindliche Entwicklung eingegangen werden. Die auf empirischen Studien basierenden und hier dargestellten Ergebnisse beziehen sich auf die Lebensspanne vom Säuglings- und Kleinkindalter bis in die Adoleszenz und ins junge Erwachsenenalter.

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Ende der Leseprobe aus 48 Seiten

Details

Titel
Der Vater-Vorteil
Untertitel
Die exklusive Bedeutung des Vaters für die psychische Entwicklung des Kindes im Kleinkind-, Schulkind- und Jugendalter
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Psychologisches Institut)
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
48
Katalognummer
V232443
ISBN (eBook)
9783656495987
ISBN (Buch)
9783656495789
Dateigröße
853 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
bedeutung, vaters, entwicklung, kindes, kleinkind-, schulkind-, jugendalter, triangulierung, spielfeinfühligkeit, funktion, rollenmodell, autonomie, individuation, auswirkungen, engagements
Arbeit zitieren
Yves Steininger (Autor:in), 2013, Der Vater-Vorteil, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232443

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