Der Umgang der Staatenwelt mit einem autoritären Regime. Die Fallstudie Myanmar

Von Isolation bis Engagement


Dossier / Travail, 2011

17 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Einordnung und Eingrenzung der Fragestellung
1.2 Grundlegendes über Myanmar

2. Die Sanktionspolitik der USA und der EU
2.1 Isolation als Strategie zum Wandel
2.2 Ursachen für das Scheitern der Sanktionspolitik

3. Das „constructive engagement” der ASEAN
3.1 Von der Nichteinmischung zu Einbindung und konstruktivem Dialog
3.2 Ursachen für die ausbleibenden Erfolge

4. Konklusion und Ausblick

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

1.1 Einordnung und Eingrenzung der Fragestellung

“Despite years of good intentions, neither sanctions by the United States nor engagement by others succeeded in improving the lives of the Burmese people.” (Barack Obama 2010)

Derzeit werden mindestens 25% aller Nationalstaaten autoritär regiert (vgl. Köllner 2008: 1). Myanmar 1 ist einer dieser Staaten. Seit 1962 von einem Militärregime beherrscht, stellt es momentan die weltweit längst andauernde Militärdiktatur dar. Das Militär schlug 1988 während des Volksaufstandes „8888 Uprising“ in Rangun (heute Yangon) gewaltlose Demonstrationen Hunderttausender nieder, verweigerte 1990 die Anerkennung der verlorenen demokratischen Wahl und hielt sich an der Macht. Nach der erneuten Niederschlagung von gewaltlosen Demonstrationen 2007 und der Verweigerung der Annahme von Hilfsgütern nach dem Zyklon Nargis 2008, steht das Militärregime 2010/11 erneut im Fokus der Kritik: Dem Regime wird Wahlfälschung vorgeworfen, da es in den Wahlen vom 7.11.2010 (den ersten seit 1990) angeblich 76,5% der Sitze gewann (vgl. Gyi, 18.11.2010).

Auch Menschenrechtsverletzungen durch das Militärregime, wie der Einsatz von Kindersoldaten, Zwangsarbeit, Folter sowie die Unterdrückung und Inhaftierung von Oppositionellen sind umfassend belegt (siehe Amnesty International 2010).

In der internationalen Staatenwelt gibt es keinen Konsens über einen einheitlichen Umgang mit Myanmar (vgl. Bünte 2007: 5). Ab 1988 reagierte die EU, und in drastischerer Form auch die USA, mit umfassenden Sanktionen auf die Geschehnisse im Land. Diese leiteten das „Jahrzehnt der Sanktionen“ (Rudolf 2006: 7) in der internationalen Politik ein. Resolutionen des UN-Sicherheitsrats im Fall Myanmar scheiterten bislang am Veto von Russland und China mit der Begründung, dass Myanmar keine Bedrohung für die internationale Sicherheit darstelle (vgl. Bünte 2007: 5). Die UN kann somit höchstens eine vermittelnde Rolle einnehmen.

Die Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) nahm Myanmar 1997 in die Gemeinschaft auf. Die Strategie der ASEAN gegenüber Myanmar, das „constructive engagement“, ist der praktische Gegensatz zu den Sanktionen des Westens.

Statt Isolation werden die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen aufrechterhalten und weiterhin in das Land investiert, während zugleich Menschenrechte und Demokratie eingefordert werden.

Wenn Militärregierungen in der Regel als die kurzlebigsten autoritären Regime gelten (vgl. Köllner 2008: 1), weshalb wird Myanmar dann trotz breiter oppositioneller Aktionsfront seit nahezu 50 Jahren durch die Militärjunta beherrscht? Welche Bedingungen oder Einflüsse hemmen die Möglichkeiten gezielter Beeinflussung der Politik des Landes?

Der Erfolg von Sanktionen wird in der Wissenschaft kontrovers diskutiert. Diese Hausarbeit wird von der Annahme ausgehen, dass beide skizzierte Modelle, gemessen an ihren tatsächlichen Zielen, überwiegend politisch erfolglos geblieben sind. Im Fall Myanmar entspricht diese Auffassung der eingangs zitierten Regierungserklärung und wird auch vom Großteil der Forschung geteilt (exemplarisch Bünte 2007: 5, Englehart 2010: 10, Haacke 2008: 351, Holliday 2005: 603, Steinberg 2004: 52). Aufbauend darauf geht die kausal-analytische Arbeit der folgenden Frage nach: Wie gestaltete sich die Außen- und Sicherheitspolitik der USA, EU sowie der ASEAN seit 1988 in Bezug auf Myanmar und warum sind diese Modelle bis heute weitgehend erfolglos geblieben?

Nach einer kurzen Vorstellung der politischen Gegebenheiten Myanmars (1.2) werden dazu in einem ersten Schritt die Sanktionspolitik und die Ursachen des Scheiterns analysiert (2.). Im zweiten Schritt stellt die Hausarbeit der westlichen Politik das constructive engagement der ASEAN gegenüber und untersucht es ebenfalls auf Hürden des politischen Erfolgs (3.). Diese Arbeit kann keine allgemeingültigen Aussagen über Einsetzbarkeit und Erfolg von Sanktionen treffen, sondern bietet eine Fallstudie zu den Ursachen im empirischen Fall „Myanmar“ und möchte mit dieser gewonnen Erkenntnis erörtern, welche Veränderungen die beste Aussicht auf Erfolg haben könnten (4.).

Die Untersuchung beginnt 1988, da die Niederschlagungen der Proteste einen entscheidenden Tiefpunkt in der jüngeren Geschichte des Landes darstellen und erster Auslöser für das Handeln aus dem Ausland waren.

1.2 Grundlegendes über Myanmar

Myanmar ist ein Vielvölkerstaat und gehört zu den ethnisch heterogensten Ländern der Welt (vgl. Bünte 2007: 2). Die verschiedenen Minderheiten bilden rund ein Drittel der Gesamtbevölkerung. Nach der britischen Kolonialherrschaft ließen mehrere Bürgerkriege der Minderheiten um Autonomie Myanmar zu einem „fragmentierte[n] Staatsgebilde“ (Bünte 2007: 2) werden. Ein Grundproblem Myanmars sei daher, dass sich „Fragen von Staatsbildung und Demokratisierung überschneiden“ (Bünte 2007: 7).

Nach den Bürgerkriegen und einer Phase gescheiterter Demokratie (1951-1962) wurde das Militär zum historischen Ordnungshüter und „Bauherren der Nation“ (Bünte 2007: 3), worauf sich bis heute die argumentative Legitimation des Militärs gründet². Es folgten Jahrzehnte der Stabilisierung und des Machtgewinns der Militärregierung durch die wirtschaftliche Öffnung Myanmars nach Ende des Kalten Krieges. Das Land ist ressourcenreich an Bodenschätzen wie Jade und Edelsteinen und hat große Gasreserven. Durch Investitionen und Exporte dieser konnte das Militär viel Geld verdienen und seine Macht ausbauen. Zudem bilden Myanmar, Laos und Thailand das „Goldene Dreieck“, das für den Anbau von Schlafmohn für die Opium- und Heroinproduktion bekannt ist.

1988 gründete Aung San Suu Kyi die Oppositionspartei „National League for Democracy“ (NLD), wurde nach den Wahlen mit Unterbrechungen 15 Jahre unter Hausarrest gestellt und zur Ikone der Freiheitsbewegung des Landes.

Bünte definiert Myanmar mit folgenden Merkmalen als „Problemstaat“: schwache Staatlichkeit, schlechte Regierungsführung, umstrittene Herrschaftslegitimation, und eingeschränkte externe Akzeptanz“ (Bünte 2007: 1).

2. Die Sanktionspolitik der USA und der EU

2.1 Isolation als Strategie zum Wandel

Sanktionen werden beschrieben als Instrument der Außenpolitik eines Staates zur Bestrafung des „regelwidrigen“ Verhaltens eines anderen Staates, um dessen Politik zu beeinflussen. Damit haben Sanktionen Parallelen zu drei Grundinstrumenten der Kriminalitätsbekämpfung: Bestrafung, Abschreckung, Rehabilitation. Die umfassenden Wirtschaftssanktionen im Fall Myanmar liegen der Annahme des rational handelnden Staates zugrunde (vgl. Rudolf 2006: 6), demzufolge Sanktionen größtmögliche Schäden verursachen sollen, um die „Nutzen-Kosten-Kalkulation“ (ebd.) des bestraften Staates entscheidend zu verändern. Nach dieser Logik sollen diese so starken wirtschaftlichen Druck ausüben, dass die Opposition im Staat gestärkt wird und der Schaden einer Beibehaltung der eigenen Politik ihren Nutzen übersteigt (vgl. Brooks 2002: 12). Insbesondere die umfassenden und mehrmals erweiterten Wirtschaftssanktionen bestimmen das Bild der Herangehensweise an Myanmar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zusammengestellt nach: (Bünte 2007: 6), (Englehart 2010: 10), (Holliday 2005: 609), (Hufbauer 2007: 150), (ICG 2004: 15), (U.S. Department of State 2010)

Ein Motiv für die Sanktionierung Myanmars war es ein moralisches Zeichen gegen autoritäre Regime zu setzen, um Demokratie in der Welt zu stärken. Zudem wurden die Regierungen durch Menschenrechtsorganisationen und Exilanten zum Handeln gedrängt sowie die amerikanische Haltung stark nach der Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi ausgerichtet (vgl. Steinberg 2004: 45). Die erklärten Ziele der Isolation Myanmars waren die Freilassung Suu Kyis, eine Solidarisierung und Stärkung der Opposition (NLD) sowie Demokratisierung und Anerkennung der Wahlen von 1990.

[...]


1 Die Militärregierung hat 1989 den Landesnamen von Burma in Myanmar (offiziell: Republik der Union Myanmar) geändert, was von der Opposition nicht anerkannt wurde. Die Verwendung des Namens ist zum Politikum geworden: Einige Staaten, Wissenschaftler und Teile der Medien verwenden weiterhin den Namen Burma (Englisch) bzw. Birma (Deutsch). In dieser Hausarbeit wird, ohne politische Intention, der aktuelle Landesname Myanmar verwendet.

2 Dieses Selbstverständnis zeigt sich auch in der Eigenbenennung der Regierung: „State Law and Order Restoration Council“ (SLORC) bis 1997, danach Umbenennung in „State Peace and Development Council“ (SPDC).

Fin de l'extrait de 17 pages

Résumé des informations

Titre
Der Umgang der Staatenwelt mit einem autoritären Regime. Die Fallstudie Myanmar
Sous-titre
Von Isolation bis Engagement
Université
Free University of Berlin  (Otto-Suhr-Institut)
Cours
Einführung in die Internationale Sicherheitspolitik
Note
1,0
Auteur
Année
2011
Pages
17
N° de catalogue
V262771
ISBN (ebook)
9783656511069
ISBN (Livre)
9783656510741
Taille d'un fichier
10383 KB
Langue
allemand
Mots clés
Myanmar, Burma, Sanktion, Politikwissenschaft
Citation du texte
Christopher King (Auteur), 2011, Der Umgang der Staatenwelt mit einem autoritären Regime. Die Fallstudie Myanmar, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/262771

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