Das Jahrhundert der Pax Britannica


Research Paper (undergraduate), 2013

27 Pages, Grade: 1,9


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort

2. Begriffsdefinition

3. Militärwesen

4. Administrative Ordnung

5. Wirtschaftliche Organisation

6. Resümee

7. Quellen

8. Literatur

1. Vorwort

Das britische Kolonialreich befand sich im 19. Jahrhundert auf dem Höhepunkt seiner Weltmachtstellung: Von den karibischen Inseln bis nach Neuseeland, über „einen Kontinent, hundert Halbinseln, fünfhundert Vor-gebirge, tausend Seen, zweitausend Flüsse, zehntausend Inseln.“1 reichten seine Besitzungen.

Auch der Einfluss des Empires auf die Innenpolitik eigentlich unabhängiger Staaten wie China, Argentinien oder Siam zu dieser Zeit machen sein Erbe in der heutigen Welt unverkennbar: Die englische Sprache und Kultur, das Militärwesen und das Rechtssystem sowie die Wirtschaftsordnung haben Einzug in den ehemaligen Kolonien gehalten.2

Des Weiteren trug Großbritannien durch seine Vormachtstellung wesentlich dazu bei, „dass Europa und die Welt zwischen 1815 und 1914 hundert Jahre lang von der Katastrophe des großen Krieges verschont blieben.“3 Die Epoche zwischen dem Wiener Kongress und dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wird deshalb auch als Pax Britannica bezeichnet.

Welche Strukturen standen hinter dieser Zeit des Friedens? In dieser Seminararbeit wird zuerst versucht, den Begriff Pax Britannica genauer zu definieren, bevor der Aufbau des Militärwesens, dann die administrative Ordnung und abschließend die wirtschaftliche Organisation des britischen Empire im 19. Jahrhundert näher untersucht werden.

Bei der Bearbeitung der Thematik waren vor allem die Werke von Klaus Hildebrand, Peter Wende und Jürgen Osterhammel von großer Hilfe: Letzterer ist mit seiner durchweg problemorientierten Einführung in die Geschichte der von Europa ausgehenden Kolonialherrschaft sowie ihren .

unterschiedlichen Formen und vielfältigen Auswirkungen von Anfang an ein wichtiger Leitfaden gewesen. Klaus Hildebrands Werk zur Geschichte des klassischen Empire und dessen Auflösung akzentuierte die Darstellung auf das 19. Jahrhundert während Peter Wendes Studie diese Arbeit durch Ihre ausführliche Darstellung der Strukturen des Weltreiches sowie die Rolle der Peripherie ergänzte.

2. Begriffsdefinition

Beginnt man eine Untersuchung der Pax Britannica mit einer grundlegenden Definition, wird man zuerst in den umfangreicheren Enzyklopädien fündig: So war die Pax Britannica laut The Oxford English Dictionary eine durch die britische Seeherrschaft etablierte Periode relativen Friedens in Europa und der Welt zwischen 1815 und 1914,4 also zwischen dem Wiener Kongress – der das Ende der napoleonischen Kriege besiegelte – und dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges.

Diese allgemein gehaltene Definition wurde bereits auf der vorigen Seite mit dem Verweis auf Klaus Hildebrand, „dass Europa und die Welt […] hundert Jahre lang [nur] von der Katastrophe des großen Krieges verschont blieben.“ eingegrenzt, es also durchaus zu „kleineren“ Konflikten kam. Wie „friedlich“ dieses Jahrhundert also tatsächlich war, wird in dem darauf folgenden Kapitel näher behandelt.

Der erste belegte Gebrauch des Begriffes „Pax Britannica“ findet sich bei einer Darstellung der Burenkriege aus dem Jahr 1905,5 man kann also anhand der Quellenlage davon ausgehen, dass dieser Begriff nicht zeit-genössisch verwendet wurde, sondern erst im Nachhinein in der Rückschau und in Kenntnis der Gegebenheiten des 19. Jahrhunderts entstand.

Des Weiteren fällt bei der Namensgebung dieser Epoche die Nutzung der lingua latina und der bewusste Verzicht auf das Modern-English- .

Äquivalent „British Peace“ auf. Kann man das Britische Empire mit der Pax Britannica in die Nachfolge des antiken Römischen Imperiums und der Pax Romana stellen? Lassen sich die Briten vielleicht sogar als „Römer-volk der Neuzeit“ bezeichnen, wie es Heinrich von Treitschke 18586 schrieb?

Vom Standpunkt einer eurozentrischen Geschichtsschreibung aus gesehen, die mit guten Argumenten in der Expansion Europas den ent-scheidenden Faktor für den Prozess der Formierung der heutigen Welt erblickt, kommt der Geschichte des britischen Imperiums eine heraus-ragende Bedeutung zu, in vielem vergleichbar der Roms für die Geschichte der Mittelmeerwelt der Antike.“7

Zudem erhoben beide Reiche den Anspruch auf eine Führungsrolle in der Welt, welche sie durch ihre militärische, wirtschaftliche und zivilisatorische Vormachtstellung begründeten. Kulturen und Nationen, die sich dieser Herrschaft nicht beugten, mussten mit der Anwendung institutionalisierter, wirtschaftlicher und gegebenenfalls militärischer Gewalt rechnen.

Es finden sich aber auch deutliche Unterschiede zwischen den beiden Imperien: Während Rom Jahrhunderte über die damals bekannte Welt herrschte, war London nur ansatzweise für eine kurze Zeitspanne im 19. Jahrhundert zugleich Weltmacht im Sinne einer unbestrittenen Hegemonialmacht. Außer Australien und Neuseeland besaß Großbritannien auf keinem Kontinent ein konkurrenzloses imperiales Monopol, stattdessen musste es sich bemühen, rivalisierende Großmächte im Zaum zu halten.8

Auch wenn das römische Reich weitaus länger als das britische bestand .

und die Geschlossenheit und Größe seines Machtbereichs im Rahmen der damals erschlossenen Welt die des Empires übertraf, verkörperte das Jahrhundert der Pax Britannica dennoch eine erstaunliche Zeitspanne – insbesondere angesichts der mit Beginn der Neuzeit einsetzenden allgemeinen Beschleunigung der demographischen, technischen und damit auch generellen historischen Entwicklung.9

Des Weiteren ist auch das britische Erbe, also „das Ausmaß, in dem es die Welt veränderte und deren Zukunft prägte10 mit dem römischen vergleichbar. Ohne dabei so weit zu gehen wie einige moderne britische Historiker, die ihre Darstellungen der Geschichte des Empire mit Untertiteln versehen wie „How Britain Made the Modern World“ oder „Making a British World“.11 lassen sich die heutige Grenzen sowie die politischen Verfasstheiten zahlreicher außereuropäischer Staaten damit begründen, dass sie einmal Teil des Empire waren. Auch die Be-völkerungen vieler Staaten tragen den Stempel der britischen Herrschaft: Neben den britischen Migrationsströmen schufen unter anderen auch die Nachfahren der als Sklaven verkauften Afrikaner, die auf britischen Schiffen nach Amerika und Karibik transportiert wurden, sowie die chinesischen und indischen Wanderarbeiter neue Gesellschaften und auch Nationalitätenkonflikte als Hinterlassenschaft des Empires.12

3. Militärwesen

Wie bereits angemerkt, war das 19. Jahrhundert keineswegs so friedlich, wie es die Bezeichnung Pax Britannica evoziert: So kam es in dem Zeitraum zwischen 1815 und 1914 neben historischen Auseinander-setzungen wie dem amerikanischen Sezessionskrieg von 1861 bis 1865 auch zu Konflikten zwischen Großmächten wie im Deutsch-Französischen .

Krieg in den Jahren 1870 bis 1871.13

Da diese Kriege allerdings immer lokal begrenzt waren und keine größeren Ausmaße annahmen – wie es zum Beispiel noch bei den napoleonischen Kriegen der Fall war – ist die Aussage, dass es in dieser Zeit keine „großen Kriege“ gab, dennoch haltbar.

Dass diese räumlich begrenzten Kriege dafür keine Ausnahme waren, zeigt ein Blick in die durch Militärinterventionen und Kolonialkriege ge-zeichnete britische Geschichte. Es gab Konflikte über Landrechte in Siedlungskolonien, wie dem Maori-Krieg in Neuseeland, sowie kommerzielle Kriege zur Öffnung neuer Märkte oder deren Bewahrung, wie den Opium-Kriegen in China:

It may be true […] that Trade ought not to be enforced by Cannon

Balls, but on the other hand Trade cannot flourish without security,

and that security may often be unattainable without the Protection

of physical force.”14

Zudem gab es die gewaltsame Niederschlagung von Rebellionen, wie dem Sepoy-Aufstand in Indien, und auch reguläre militärische Konflikte.15 Letztere trug Großbritannien hauptsächlich mit dem zaristischen Russland aus, das im 19. Jahrhundert der einzige ernstzunehmende Rivale für das Empire war. Im sogenannten „Great Game“ versuchten beide Großmächte jahrzehntelang das Machtvakuum in Zentralasien auszufüllen, das nach der Schwächung des Osmanischen Reiches sowie der persischen und chinesischen Dynastien entstanden war.16

Während der 64-jährigen Regentschaft Königin Victorias fanden zahlreiche Feldzüge statt, wobei es sich – abgesehen vom Krimkrieg 1853 .

[...]


1 Hyam, Ronald: The British Empire in the Edwardian Era, in: Louis, William Roger: Oxford History of the British Empire, Oxford 1999, S. 48.

2 vgl. Watts, Carl P.: Pax Britannica, in: Hodge, Carl Cavanagh: Encyclopedia of the Age of Imperialism – 1800-1914, Westport 2007, S. 547-50.

3 Hildebrand, Klaus: No intervention – Die Pax Britannica und Preußen 1865/66 – 1869/70 – Eine Unter-suchung zur englischen Weltpolitik im 19. Jahrhundert, München 1997, S. 27.

4 vgl. Simpson, John und Weiner, Edmund : The Oxford English Dictionary (2. Auflage), Oxford 1989, S. 571.

5 vgl. Fletcher-Vane, Francis Patrick: Pax Britannica in South Africa, London 1905.

6 Treitschke, Heinrich von: Die Grundlagen der englischen Freiheit, in: Haym, Rudolf: Preußische Jahrbücher (Band 1), Berlin 1858, S. 368.

7 Wende, Peter: Das Britische Empire – Geschichte eines Weltreichs, München 2008, S. 325.

8 vgl. Osterhammel, Jürgen: Die Verwandlung der Welt – Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts (2. Auflage), München 2009, S. 660.

9 vgl. Wende: Empire, S. 325.

10 Ebd., S. 326.

11 Ferguson, Niall: Empire – How Britain made the Modern World, London 2003. Nasson, Bill: Britannia’s Empire – Making a British World, Stround 2004.

12 vgl. Wende: Empire, S. 326.

13 vgl. Watts: Pax Britannica, S. 547-550.

14 Newbury, Colin Walter: British Policy towards West Africa – Select Documents 1786-1874, Oxford 1992, S. 120.

15 vgl. Jackson, Ashley: The Colonial Empire an Imperial Defence, in: Kennedy, Greg: Imperial Defence –The Old World Order 1856-1956, London 2008, S. 234-250.

16 vgl. Osterhammel: Verwandlung, S. 649. bis 1856, der ebenfalls in das „Great Game“ fällt – nicht um Auseinandersetzungen zwischen Großmächten handelte, sondern um begrenzte militärische Aktionen in Übersee zur Machtdemonstration und Herrschaftsfestigung des Mutterlandes in der Peripherie.

Excerpt out of 27 pages

Details

Title
Das Jahrhundert der Pax Britannica
College
LMU Munich
Grade
1,9
Author
Year
2013
Pages
27
Catalog Number
V263014
ISBN (eBook)
9783656518907
ISBN (Book)
9783656518648
File size
452 KB
Language
German
Keywords
Pax, Britannica, Jahrhundert, Militär, Wirtschaft, Administration, 1900, 1800, Großbritannien, London
Quote paper
Kevin Spitz (Author), 2013, Das Jahrhundert der Pax Britannica, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263014

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